Wir sind unseres Glückes Schmied


 

Meine lieben Brüder und Schwestern, es ist mir eine große Ehre, heute Abend zu Ihnen sprechen zu dürfen. Ich bewundere die jungen Erwachsenen der Kirche sehr, und freue mich, heute Abend ein wenig Zeit mit Ihnen zu verbringen.

Ein paar Tausend sind hier in diesem schönen Tabernakel. Viele andere, die ich nicht sehen kann, sind in tausenden Gemeindehäusern in aller Welt versammelt. Aber ich weiß, dass Sie aufmerksam und interessiert sind. Trotz der Distanz, die uns trennen mag, kann der Heilige Geist zugegen sein, wo auch immer wir sein mögen. Mehr noch als die Satellitenübertragung schafft die Anwesenheit des Heiligen Geistes ein besonderes Band zwischen uns allen. Ich bete darum, dass er bei uns sein möge, dass er uns heute Abend lehren und führen und inspirieren möge.

Das Leben hält viele Überraschungen bereit

Wir befinden uns in einem prächtigen Raum, einem geschichtlichen Denkmal, durch das dem Glauben und dem Fleiß der Pioniere, die Salt Lake City gründeten, Ehre erwiesen wird. Als ich das Tabernakel zum ersten Mal betrat, war ich sechzehn. Es war auf meiner ersten Reise in die Vereinigten Staaten. Mein Vater hatte vorgeschlagen, dass ich ihn bei einer Geschäftsreise nach Kalifornien begleite. Als Jugendlicher, der in Südfrankreich aufwuchs, machte ich bei dieser Einladung Freudensprünge. Endlich kam ich nach Amerika! Noch mehr freute ich mich darüber, dass wir auch ein Wochenende in Salt Lake City verbringen und die Generalkonferenz besuchen wollten.

Ich erinnere mich gut an unsere Ankunft in Utah in unserem gemieteten Ford Mustang. Wir verbrachten viele Stunden im Auto und sahen unterwegs Schneeverwehungen und nicht enden wollende Wüsten, beeindruckende orangefarbene Schluchten und majestätische Berge. Die Landschaft war genau so, wie ich mir den amerikanischen Westen vorgestellt hatte. Ich hielt die Augen offen, in der Hoffnung, am Straßenrand einen Cowboy oder Indianer zu entdecken.

Am nächsten Tag saßen wir dank eines lieben Freundes hier im Tabernakel in einer der ersten Reihen und nahmen an den Konferenzversammlungen teil. Ich war sehr beeindruckt. In den Versammlungen versuchte ich mich an die wenigen englischen Worte zu klammern, die ich verstand. Ich erinnere mich an Präsident Ezra Taft Bensons Ansprache – nicht unbedingt an seine Worte, aber an den tiefen Eindruck, die sie in meinem jungen Herzen hinterließen. Mir kam es vor, als erlebte ich einen Traum, ein wundervolles Abenteuer.

Wie hätte ich mir damals vorstellen können, was heute Abend hier stattfindet? Hätte ich mir vorstellen können, in ebendiesem Tabernakel zu sprechen – vor so vielen Zuhörern? Nie und nimmer!

Das Leben hält viele Überraschungen bereit, nicht wahr? Selbst vor fünf Jahren hätte ich mir dies nicht vorstellen können. Da wohnte ich mit meiner Familie in Paris, und unser Leben schien in geregelten Bahnen zu verlaufen. Unsere fünf Kinder wurden alle in derselben Klinik in der Nähe geboren. Wir hätten uns das Leben gar nicht anders oder woanders vorstellen können als in diesem friedlichen Viertel am Rande von Paris, umgeben von unseren Kindern und den bald zu erwartenden Enkeln. Dann rief Präsident Monson eines Abends bei uns zuhause an, und unser Leben wurde auf den Kopf gestellt.

Seit damals haben meine Familie und ich die Freuden entdeckt, die das Leben in Utah bereithält: die historischen Stätten der Kirche, das Wandern in den Bergen, Grillfeste im Garten bei Sonnenuntergang, Hamburger aller Art (die besten und die schlechtesten!), Footballspiele der Cougars … oder der Utes. Und wer weiß, der Cowboy, den Sie morgen an der Straße sehen, könnte ich sein!

Die Zukunft ist auf keiner Landkarte verzeichnet

Meine Aufgabe als Mitglied der Präsidierenden Bischofschaft ist spannend und inspirierend. Diese Erfahrung unterscheidet sich jedoch völlig von dem, was ich in meiner Jugend geplant hatte. Als Kind wollte ich Archäologe werden. Meine Großmutter hatte sich darum gekümmert, dass ich eine gute Ausbildung erhielt. Sie gab mir ein Buch über den jungen Pharao Tutanchamun, und so begeisterte ich mich zunehmend für die Kulturen des Altertums. Ich verbrachte viele Wochenenden damit, Zeichnungen historischer Schlachten anzufertigen. Die Wände meines Zimmers waren voll von diesen Bildern. Ich träumte davon, eines Tages nach Ägypten zu reisen und an Ausgrabungen von ägyptischen Tempeln und Grabstätten der Pharaonen mitzuwirken.

Vier Jahrzehnte später bin ich immer noch kein Archäologe und werde wahrscheinlich auch keiner mehr werden. Ich war nie in Ägypten, und mein Berufsfeld, bevor ich Generalautorität wurde, war der Nahrungsmittelvertrieb. So viel zu meinen Kindheitsplänen!

Die Jugend ist im Allgemeinen die perfekte Zeit, Pläne zu schmieden. Jeder von uns hat seine Kinderträume. Als junger Erwachsener sollten Sie immer noch Träume für Ihre Zukunft haben, jeder von Ihnen! Vielleicht handelt es sich um die Hoffnung auf sportlichen Erfolg, die Erschaffung eines großen Kunstwerks oder den Erwerb eines Diploms oder einer beruflichen Stellung, die Sie mit Fleiß und Ausdauer anstreben. Vielleicht haben Sie ein sehr kostbares Bild vor Augen: Ihren künftigen Mann oder Ihre künftige Frau – das Aussehen, die Eigenschaften, die Augenfarbe oder Haarfarbe, und die hübschen Kinder, mit denen Sie gesegnet sein werden.

Wie viele Ihrer Wünsche werden sich erfüllen? Das Leben ist voller Ungewissheit. Entlang des Lebensweges tauchen immer wieder Überraschungen auf. Wer weiß, was morgen sein wird, wo Sie in ein paar Jahren sein und was Sie tun werden. Das Leben ist wie ein spannender Roman, dessen Handlung schwer zu erraten ist.

Es wird Schlüsselmomente geben, die den Lauf Ihres Lebens im Handumdrehen verändern können. Ein solcher Moment kann aus einem Blick entstehen oder aus einer Unterhaltung, einem ungeplanten Ereignis. Valérie und ich erinnern uns noch genau an den Augenblick, als wir uns ineinander verliebten. Es war bei einer Chorprobe der JAE-Gemeinde in Paris. Es geschah völlig unerwartet! Wir kannten einander von Kindesbeinen an, hatten aber nie romantische Gefühle füreinander gehabt. Aber an diesem Abend spielte ich Klavier und sie sang im Chor. Unsere Blicke trafen sich und etwas geschah. Eine Sekunde verband uns in alle Ewigkeit!

Neue Möglichkeiten werden sich Ihnen eröffnen, wie zum Beispiel die jüngste Erklärung von Präsident Monson zum Mindestalter für den Missionsdienst. Nach dieser Erklärung des Propheten gibt es wahrscheinlich tausende junge Männer und junge Frauen in der Kirche, die gerade dabei sind, ihre Pläne zu ändern, um auf Mission zu gehen.1

Manchmal ergeben sich Kursänderungen im Leben aus unerwarteten Problemen oder Enttäuschungen. Aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, dass wir unsere Lebensumstände nur zum Teil im Griff haben.

Und dennoch mögen die meisten Menschen das Unbekannte nicht. Die Ungewissheit des Lebens erzeugt in manchen einen Mangel an Vertrauen, eine Zukunftsangst, die auf verschiedene Weise offenbar wird. Einige schrecken aus Angst vor Misserfolg davor zurück, sich festzulegen, selbst dann, wenn sich gute Gelegenheiten darbieten. Sie zögern zum Beispiel die Eheschließung hinaus, die Ausbildung, die Gründung einer Familie. Sie kümmern sich nicht um einen festen Arbeitsplatz, sondern ziehen es vor, einfach in den Tag hineinzuleben oder ihr behagliches Elternhaus nicht zu verlassen.

Eine andere Lebensphilosophie, die uns einschränkt, wird durch folgende Maxime verdeutlicht: „Iss, trink und sei lustig, denn morgen sterben wir.“ (2 Nephi 28:7.) Diese Aussage lässt vermuten, dass wir ja nicht wissen, was morgen ist, und alle einmal sterben werden und dass wir uns deshalb dem gegenwärtigen Augenblick hingeben sollten. Diese Denkweise legt es nahe, dass man sich allen auftretenden Vergnügungen sofort hingibt, ohne Rücksicht auf künftige Konsequenzen.

Folgen Sie dem Weg ins Glück

Meine lieben Brüder und Schwestern, meine heutige Botschaft an Sie lautet, dass es einen anderen Weg gibt als den der Furcht und des Zweifels oder den der Genusssucht – einen Weg, der zu Frieden, Zuversicht und Gelassenheit führt. Sie können nicht alle Ihre Lebensumstände bestimmen. Ihnen wird sowohl Gutes als auch Schwieriges begegnen, wie Sie es nie erwartet haben. Ich sage Ihnen jedoch, dass Ihr Glück in Ihren eigenen Händen liegt. Sie sind Ihres Glückes Schmied.

Präsident Dieter F. Uchtdorfs weise Worte von der letzten Generalkonferenz sind mir im Gedächtnis geblieben, nämlich:

„Je älter wir werden, desto mehr halten wir Rückschau und erkennen, dass es auf die äußeren Umstände eigentlich gar nicht ankommt; sie bestimmen nicht, wie glücklich wir sind. …

Wir bestimmen, wie glücklich wir sind.“2

Nein, ob Sie glücklich sind, hängt tatsächlich nicht von Ihren Lebensumständen ab. Vielmehr hängt es von Ihrer geistigen Vorstellungskraft ab und von den Grundsätzen, auf die Sie Ihr Leben aufbauen. Diese Grundsätze lassen Sie glücklich sein, ungeachtet der unerwarteten Probleme und Überraschungen, denen Sie auf Ihrem Lebensweg hier auf der Erde zwangsläufig begegnen.

Heute Abend habe ich vor, einige dieser wichtigen Grundsätze mit Ihnen durchzugehen.

1. Erkennen Sie Ihren eigenen Wert

Der erste Grundsatz lautet: Erkennen Sie Ihren eigenen Wert.

Diesen Sommer verbrachten meine Familie und ich einige entspannte Tage in der Provence, einer herrlichen Gegend in Südfrankreich. Eines Abends, als die Sonne gerade untergegangen war und die umgebende Landschaft in der Dunkelheit versunken war, beschloss ich, mir einen Moment Ruhe zu gönnen, und legte mich in einen Liegestuhl vor dem Haus. Alles war so dunkel, dass ich Mühe hatte, überhaupt etwas zu erkennen. Ich begann, den Himmel zu erforschen. Zuerst war er von undurchdringlicher Schwärze. Plötzlich erschien ein Licht am Himmel, wie ein Funke, dann zwei, dann drei. Nach und nach gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, und ich konnte unzählige Sterne bewundern. Was ich zuerst für einen dunklen Himmel gehalten hatte, verwandelte sich in die Milchstraße.

Ich dachte: „So ähnlich verhält es sich mit unserer Beziehung zu Gott. Wie viele Menschen glauben, dass er weit weg ist oder überhaupt nicht existiert? Diesen Menschen kommt das Leben sehr schwarz und finster vor. Sie nehmen sich nicht die Zeit oder machen sich nicht die Mühe, den Himmel zu betrachten und zu entdecken, dass Gott da ist, so nah.“

Meine Gedanken wanderten weiter. Ich dachte über die Unendlichkeit des Universums nach, das sich vor meinen Augen entfaltete, und über meine eigene Bedeutungslosigkeit, und ich fragte mich: „Was bin ich angesichts solcher Größe und Majestät?“ Eine Schriftstelle kam mir in den Sinn. Es ist eine besonders schöne Schriftstelle, ein Psalm Davids, dessen Dichtkunst mich immer inspiriert.

„Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt:

Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ (Psalm 8:4,5.)

Darauf folgt diese tröstliche Aussage:

„Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ (Psalm 8:6.)

Dies ist das Paradoxon und das Wunder der Schöpfung. Das Universum ist unermesslich und unendlich. Doch zugleich ist jeder von uns in den Augen unseres Schöpfers von einzigartigem Wert, herrlich und unendlich. Meine körperliche Existenz ist nahezu unbedeutend, aber mein Wert ist in den Augen meines Vaters im Himmel unermesslich.

Präsident Uchtdorf hat erklärt:

„Wo auch immer Sie sich befinden, wie Ihre Lebensumstände auch aussehen mögen, Sie wurden nicht vergessen. Wie dunkel Ihre Tage auch erscheinen mögen, wie unbedeutend Sie sich fühlen mögen, wie tief Sie auch im Schatten zu stehen meinen – Ihr Vater im Himmel hat Sie nicht vergessen. Ja, er liebt Sie mit grenzenloser Liebe. …

Das erhabenste, mächtigste und herrlichste Wesen im Universum kennt Sie und denkt an Sie! Sie werden geliebt von einem König, der über unendlichen Raum und immerwährende Zeit herrscht!“3

Zu wissen, dass Gott uns kennt und uns persönlich liebt, ist wie ein Licht, das unser Leben erleuchtet und ihm einen Sinn verleiht. Ich weiß noch, wie eine junge Frau nach einer Fireside, die ich in Rom abhielt, zu mir kam. Mit bewegter Stimme erzählte sie mir von ihrer Schwester, die eine Zeit großer Sorge und Angst durchlebte. Und dann fragte sie mich: „Was kann ich tun, damit sie erkennt, dass ihr Vater im Himmel sie liebt?“

Ist das nicht die entscheidende Frage? Wie können wir erkennen, dass Gott uns liebt? Oft hängt unser Selbstwertgefühl von der Liebe und der Aufmerksamkeit ab, die wir von unseren Mitmenschen erhalten. Doch diese Liebe fehlt manchmal. Die Liebe der Menschen ist oft unvollkommen, unvollständig oder selbstsüchtig.

Dagegen ist die Liebe Gottes vollkommen, vollständig und selbstlos. Wer immer ich bin, ob ich Freunde habe oder nicht, ob ich beliebt bin oder nicht und selbst wenn ich mich zurückgewiesen oder verfolgt fühle, habe ich die absolute Gewissheit, dass mein Vater im Himmel mich liebt. Er weiß, was ich brauche; er versteht meine Sorgen; er ist darauf bedacht, mir Segen zu erweisen. Wie sehr er mich liebt, kommt am großartigsten darin zum Ausdruck, dass er „die Welt so sehr geliebt [hat], dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Johannes 3:16). Er ersparte dem Erretter nicht den bitteren Kelch, und gewiss litt er selbst Qualen, als er seinen Sohn im Garten Getsemani und am Kreuz leiden sah. Christus sühnte für die Sünden aller Menschen, und ein Teil des großen Sühnopfers war für mich bestimmt und ist für mich am heutigen Tag reserviert. Dieses unermessliche Geschenk des Vaters und des Sohnes bestätigt meiner Seele, wie wertvoll ich ihnen bin.

Meine Brüder und Schwestern, stellen Sie sich vor, was es Ihnen bedeuten würde, wenn Sie sich so sehen könnten, wie Gott Sie sieht. Was wäre, wenn Sie sich selbst mit so viel Wohlwollen, Liebe und Vertrauen betrachteten, wie Gott es tut? Stellen Sie sich vor, welche Auswirkung es auf Ihr Leben hätte, wenn Sie Ihr ewiges Potenzial so begreifen könnten, wie Gott es versteht. Wenn Sie in der Lage wären, sich mit seinen Augen zu betrachten, welchen Einfluss hätte dies auf Ihr Leben?

Ich bezeuge, dass Gott da ist. Suchen Sie ihn! Forschen und studieren Sie. Beten und bitten Sie. Ich verheiße Ihnen, dass Gott Ihnen greifbare Zeichen seiner Existenz und seiner Liebe zu Ihnen zukommen lässt. Es mag die Antwort auf ein Gebet sein; es mag der sanfte Einfluss des Heiligen Geistes sein, der Sie tröstet oder Ihnen Mut zuspricht; es mag eine plötzliche Inspiration sein oder neue Kraft, die Sie ganz gewiss nicht allein aufgebracht haben; es mag ein Angehöriger, ein Freund oder ein Priestertumsführer sein, der sich zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort befindet, was für Sie ein Segen ist. Wenn Sie Gott suchen, wird er Sie auf die eine oder andere Weise wissen lassen, dass er da ist.

2. Werden Sie der, der Sie sind

Nun ein zweiter Grundsatz fürs Glücklichsein: Werden Sie der, der Sie sind.

Die Worte „Werde der, der du bist“ werden Pindar, einem berühmten griechischen Dichter, zugeschrieben.4 Sie klingen paradox. Wie kann ich der werden, der ich bereits bin?

Lassen Sie mich diesen Grundsatz anhand einer Geschichte verdeutlichen. Neulich sah ich mir einen Film an mit dem Titel Vergissmichnicht. Der Film erzählt die Geschichte von Marguerite, einer erfolgreichen Bankerin, die ein hektisches Leben führt, angefüllt mit Reisen und Konferenzen in aller Welt. Sie ist verheiratet, meint aber, sie habe keine Zeit für ein Kind.

An ihrem 40. Geburtstag erhält sie einen geheimnisvollen Brief, in dem steht: „Liebe Ich, heute bin ich sieben Jahre alt und ich schreibe dir diesen Brief, um dich an die Versprechen zu erinnern, die ich gemacht habe, als ich vernünftig genug war, und um dich daran zu erinnern, wer ich werden möchte.“ Marguerite erkennt plötzlich, dass die Verfasserin dieses Briefes niemand anders ist als sie selbst im Alter von sieben Jahren. Es folgen mehrere Seiten, auf denen das kleine Mädchen detailliert beschreibt, was es im Leben erreichen will.

Marguerite erkennt, dass das, was aus ihr geworden ist, überhaupt nicht dem entspricht, was sie als junges Mädchen werden wollte. Als sie beschließt, das zurückzugewinnen, was sie sich als Kind vorgestellt hat, wird ihr sorgfältig geplantes und organisiertes Leben vollständig auf den Kopf gestellt. Sie versöhnt sich mit ihrer Familie und beschließt, den Rest ihres Lebens der Aufgabe zu widmen, Menschen in Not zu helfen.5

Meine lieben Freunde, wenn Sie heute einen Brief aus Ihrer Vergangenheit erhielten, was stünde darin? Was würde ein Brief enthalten, den Sie mit acht Jahren am Tag Ihrer Taufe an sich selbst geschrieben hätten? Ich möchte sogar noch weiter zurückgehen. Wenn es Ihnen möglich wäre, einen Brief aus Ihrem vorirdischen Leben zu erhalten, was stünde darin? Welche Auswirkung hätte ein solcher Brief aus einer vergessenen, aber sehr realen Welt auf Sie, wenn Sie ihn heute erhielten?

Dieser Brief könnte etwa so lauten: „Lieber oder liebe Ich, ich schreibe dir, damit du dich daran erinnerst, wer ich werden möchte. Ich jauchzte vor Freude über die Möglichkeit, auf die Erde zu kommen. Ich weiß, dass das Leben auf der Erde ein wichtiger Übergang ist, der mich befähigt, mein Potenzial zu erreichen und für immer bei meinem Vater im Himmel zu leben. Hoffentlich erinnerst du dich daran, dass es mein größter Wunsch ist, ein Jünger unseres Heilands Jesus Christus zu werden. Ich befürworte seinen Plan, und wenn ich auf der Erde bin, will ich ihm bei seinem Erlösungswerk helfen. Bitte vergiss auch nicht, dass ich zu einer Familie gehören will, die in alle Ewigkeit zusammen sein wird.“

Der letzte Gedanke erinnert mich an ein schönes Lied aus dem französischen Gesangbuch der Kirche – ein Lied, das es in keinem Gesangbuch eines anderen Landes gibt. Es heißt „Souviens-toi“, was „Erinnere dich“ bedeutet, und ist mit einer Melodie aus der Sinfonie Aus der Neuen Welt von Antonín Dvořák unterlegt. Es ist ein Lied, das ein Vater oder eine Mutter dem neugeborenen Kind singt.

Ich möchte gern die dritte Strophe daraus vorlesen:

Vergiss nicht, mein Kind: Am Anbeginn der Zeit

waren wir Freunde, die im Wind spielten.

Dann kam der Tag, als wir uns voll Freude entschieden,

Gottes großen Plan des Lebens anzunehmen.

An jenem Abend, mein Kind, versprachen wir uns,

durch Liebe und durch Glauben wiedervereint zu werden.6

„Vergiss nicht, mein Kind.“ Eines der großen Abenteuer im Leben ist es, herauszufinden, wer wir wirklich sind und woher wir kamen, um dann konsequent im Einklang mit unserer Identität und dem Zweck unseres Daseins zu leben.

Brigham Young hat gesagt: „Die größte Lektion, die man lernen kann, ist, sich selbst zu kennen. … Man muss hierher kommen, um das zu lernen. … Niemand kann sich selbst durch und durch kennen, ohne das, was von Gott ist, mehr oder weniger zu verstehen; noch kann irgendjemand das, was von Gott ist, lernen und verstehen, ohne sich selbst zu kennen: Der Mensch muss sich selbst kennen, oder er kann niemals Gott kennen.“7

Neulich wiesen mich meine Töchter darauf hin, dass dieser Grundsatz in dem Film Der König der Löwen ausgezeichnet veranschaulicht wird. Ihre Generation ist mit der Musik und den Bildern dieses Films aufgewachsen. Sicher kennen Sie die Szene, als Simba von seinem Vater Mufasa, dem verstorbenen König, aufgesucht wird. Nach dem Tod seines Vaters flieht Simba aus dem Königreich, weil er sich am Tod seines Vaters schuldig fühlt. Er will der Verantwortung als Thronerbe entfliehen.

Sein Vater erscheint ihm und warnt ihn: „Du hast vergessen, wer du bist, und somit auch mich. Hör auf dein Herz, Simba. Du bist zu etwas anderem bestimmt. Du musst deinen Platz im Kreis des Lebens einnehmen.“ Dann wird diese Aufforderung mehrmals wiederholt: „Vergiss niemals, wer du bist. … Vergiss niemals, wer du bist.“

Von diesem Erlebnis erschüttert, entschließt sich Simba, seine Bestimmung anzunehmen. Er vertraut seinem Freund, dem Affen und Schamanen an, der Wind habe „sich wohl gedreht“.

Der Affe erwidert: „Veränderungen sind gut.“

Und Simba sagt: „Es ist aber nicht einfach. Ich weiß, was ich zu tun habe. Aber wenn ich zurückgehe, muss ich mich meiner Vergangenheit stellen. Ich bin so lange davor geflohen.“

„Wo gehst du hin?“, fragt ihn der Affe.

„Ich gehe zurück!“, ruft Simba.8

Wir alle können unseren Platz im Kreis des Lebens einnehmen oder wieder einnehmen. Werden Sie der, der Sie wirklich sind. Sie werden glücklich sein und Ausgewogenheit im Leben finden, wenn Sie Ihre wahre Identität als Kind unseres himmlischen Vaters finden, erkennen und annehmen und dann im Einklang mit dieser Erkenntnis leben.

3. Vertrauen Sie auf Gottes Verheißungen

Nun möchte ich einen dritten Grundsatz fürs Glücklichsein ansprechen: Vertrauen Sie auf Gottes Verheißungen.

Mir gefallen diese motivierenden Worte von Präsident Thomas S. Monson: „Die Zukunft ist so hoffnungsvoll wie Ihr Glaube.“9 Ob wir im Leben erfolgreich und glücklich sind, hängt zum großen Teil von unserem Glauben und Vertrauen ab, dass der Herr uns führt und leitet, damit wir unsere Bestimmung erfüllen.

Mir ist aufgefallen, dass die Männer und Frauen, die beachtliche Meisterleistungen im Leben vollbringen, oft von frühester Kindheit an großes Vertrauen in ihre Zukunft hatten. Ein Beispiel dafür ist Winston Churchill, der berühmte britische Staatsmann. Er hatte schon als junger Mann unerschütterliches Vertrauen in seine Zukunft. Als er mit 23 Jahren in einem Kavallerieregiment in Indien diente, schrieb er seiner Mutter: „Ich glaube an meinen Stern, dass ich in der Welt etwas zu vollbringen habe.“10 Was für ein prophetischer Gedanke! Er konnte sich tatsächlich vorstellen, dass er zu einer Schlüsselfigur in der Geschichte seines Landes werden würde, und er wurde der Mann, der Großbritannien im Zweiten Weltkrieg zum Sieg führte.

Ich glaube, dass jeder von Ihnen, den jungen Mitgliedern der Kirche Jesu Christi, viel mehr als einen Stern am Himmel hat, der Sie leitet. Gott wacht über Sie und hat Ihnen Verheißungen gemacht.

Eine Schriftstelle aus Maleachi steht im Mittelpunkt der Wiederherstellung des Evangeliums. Der Engel Moroni zitierte sie jedes Mal, wenn er dem jungen Joseph Smith erschien. Der Engel zitierte den Propheten Elija: „Und er wird die Verheißungen, die den Vätern gemacht worden sind, den Kindern ins Herz pflanzen, und das Herz der Kinder wird sich ihren Vätern zuwenden.“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:39.)

Meine jungen Brüder und Schwestern, dank der Wiederherstellung sind Sie die Kinder der Verheißung. Sie werden die Ihren Vätern gemachten Verheißungen als Erben empfangen. Durch diese Verheißungen des Herrn gehören Sie zu einer königlichen Generation.

Viele von Ihnen, zu denen ich gerade spreche, zählen edle Pioniere zu ihren Vorfahren, große Seelen, die durch ihren Mut und ihr Opfer dazu beitrugen, die wiederhergestellte Kirche aufzurichten. Generationen tapferer Heiliger sind Ihnen vorangegangen. Wieder andere, die mir heute zuhören, sind in ihrer Familie und ihrem Land Pioniere. Sie sind das erste Bindeglied einer Kette, die in die Ewigkeit reichen wird. Wie Ihre Geschichte oder Ihr Erbe auch aussehen mag, als Mitglieder der Kirche sind Sie geistig mit einer Familie verbunden. Geistig werden Sie alle zu Nachkommen der Väter, wie es die Propheten vorhergesagt haben, und zu Erben der Verheißungen, die Gott ihnen gemacht hat.

Lesen Sie noch einmal Ihren Patriarchalischen Segen. In diesem Segen bestätigt der Herr, dass Sie zu einem der zwölf Stämme Israels gehören und deswegen, wenn Sie treu sind, Erbe der großartigen Segnungen werden, die Abraham, Isaak und Jakob verheißen wurden. Gott verhieß Abraham, dass „alle, die dieses Evangelium empfangen … nach [seinem] Namen genannt werden und [seinen] Nachkommen zugezählt werden und … aufstehen und [ihn als ihren] Vater preisen“ werden (Abraham 2:10). Wenn Sie Ihren Patriarchalischen Segen lesen, achten Sie besonders auf die Verheißungen, die der Herr an Sie richtet. Denken Sie über eine jede nach. Was bedeutet sie Ihnen?

Diese Verheißungen sind greifbar, und wenn wir unseren Teil tun, wird der Herr seinen Teil tun. Mir gefallen die Worte, die Alma an dem Tag sprach, als er seinem Sohn Helaman die heiligen Aufzeichnungen aushändigte:

„Denke daran, denke daran, mein Sohn Helaman …

Wenn du … die Gebote Gottes hältst und mit diesen Dingen, die heilig sind, so tust, wie der Herr es dir gebietet, … siehe, dann kann keine Macht der Erde oder der Hölle sie dir nehmen, denn Gott ist mächtig, alle seine Worte zu erfüllen.

Denn er wird alle seine Verheißungen erfüllen, die er dir macht; denn er hat seine Verheißungen erfüllt, die er unseren Vätern gemacht hat.“ (Alma 37:13,16,17.)

Die Erfüllung von Gottes Verheißungen ist immer mit Gehorsam gegenüber den Gesetzen verbunden, die mit ihnen einhergehen. Der Herr sagt: „Ich, der Herr, bin verpflichtet, wenn ihr tut, was ich sage; tut ihr aber nicht, was ich sage, so habt ihr keine Verheißung.“ (LuB 82:10.)

Andererseits garantieren diese Verheißungen nicht, dass alles, was sich in unserem Leben ereignet, unseren Erwartungen und Wünschen entspricht. Vielmehr garantieren Gottes Verheißungen, dass das, was sich ereignet, im Einklang mit seinem Willen ist. Manchmal treten unerwartet Prüfungen auf, die wir überwinden müssen; manchmal lassen verheißene Segnungen lange auf sich warten. Aber die Zeit wird kommen, da wir wissen werden, dass diese Prüfungen und diese Aufschübe zu unserem Besten waren und unserem ewigen Fortschritt dienten. Was mehr können wir uns wünschen?

Das Wichtigste, was wir uns im Leben wünschen können, ist, unseren Willen mit dem Willen des Herrn in Einklang zu bringen und seinen Zeitplan für unser Leben zu akzeptieren. Er weiß alles von Anfang an, er hat eine andere Perspektive als wir, und er liebt uns mit unendlicher Liebe.

Lassen Sie mich diesen Grundsatz mit einer eigenen Erfahrung verdeutlichen. Als ich jung war, beschloss ich, mich auf die Aufnahmeprüfung der besten Wirtschaftshochschulen Frankreichs vorzubereiten. Diese Vorbereitung dauerte ein Jahr, war sehr schwierig und erforderte täglichen Einsatz. Zu Beginn des Jahres beschloss ich, ungeachtet dieser schwierigen Herausforderung niemals wegen des Lernens die Versammlungen am Sonntag oder den wöchentlichen Institutsunterricht zu versäumen. Ich nahm sogar die Berufung zum Sekretär in meiner JAE-Gemeinde an, was mehrere Stunden Arbeitsaufwand in der Woche bedeutete. Ich vertraute darauf, dass der Herr meine Treue anerkennen und mir helfen würde, meine Ziele zu erreichen.

Am Ende des Jahres, als die Prüfungen näherrückten, war ich überzeugt, mein Bestes gegeben zu haben. Ich betete und fastete noch inständiger. Als ich die Prüfung an der angesehensten Hochschule antrat, war ich voller Zuversicht, dass der Herr meine Wünsche erfüllen würde. Leider entwickelten sich die Ereignisse völlig anders, als ich erhofft hatte. Die mündliche Prüfung in meinem stärksten Fach war entgegen aller Erwartungen eine Katastrophe – die Note, die ich bekam, verhinderte meine Aufnahme an dieser begehrten Hochschule. Ich war völlig verzweifelt. Wie konnte der Herr mich im Stich lassen, wo ich doch so treu ausgeharrt hatte?

Als ich mich an der zweiten Hochschule auf meiner Liste zur mündlichen Prüfung vorstellte, war ich voller Zweifel und sehr unsicher. An dieser Hochschule bestand die wichtigste Prüfung in einem 45-minütigen Gespräch mit einer Prüfungskommission, geleitet vom Direktor der Hochschule. Das Gespräch nahm seinen gewohnten Gang, bis man mir eine scheinbar unbedeutende Frage stellte: „Wir wissen, dass Sie viel gelernt haben, um sich auf diese Prüfung vorzubereiten. Wir würden aber gern wissen, was Sie außer dem Lernen sonst noch so unternehmen.“ Mir blieb fast das Herz stehen! Ein Jahr lang hatte ich nur zweierlei getan: lernen und in die Kirche gehen! Ich wusste also, dass dies die Stunde der Wahrheit war. Ich befürchtete jedoch, dass die Kommission meine Mitgliedschaft in der Kirche negativ bewerten würde. Aber ich beschloss sekundenschnell, meinen Grundsätzen treu zu bleiben.

Ich sagte: „Ich gehöre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an.“ Dann beschrieb ich etwa eine Viertelstunde lang, was ich in der Kirche machte: die Versammlungen am Sonntag, den Institutsunterricht, meine Aufgaben als Gemeindesekretär.

Als ich geendet hatte, meinte der Direktor der Hochschule: „Ich freue mich, das von Ihnen zu hören. Als ich jung war, habe ich in den Vereinigten Staaten studiert. Einer meiner besten Freunde war ein Mormone. Er war ein bemerkenswerter junger Mann von großer Menschlichkeit. Ich halte die Mormonen für sehr gute Menschen.“

Was für eine Erleichterung! Ich erhielt an diesem Tag eine der bestmöglichen Noten, wodurch ich mit Anerkennung an der Hochschule aufgenommen wurde.

Ich dankte dem Herrn für seine Güte. Damals konnte ich mich allerdings nicht dazu durchringen, mein Versagen an der begehrtesten Schule zu akzeptieren. Lange Zeit trug ich das Gefühl mit mir herum, versagt zu haben, ja, ungerecht behandelt worden zu sein. Es dauerte mehrere Jahre, bis ich verstand, was für ein wunderbarer Segen es war, dass ich an der Schule meiner Träume nicht aufgenommen worden war. In der zweiten Schule begegnete ich wichtigen Leuten. Die Vorteile meiner Bekanntschaft mit diesen Menschen wurden in meiner gesamten beruflichen Laufbahn offenkundig, und sie sind für mich und meine Familie bis heute von Bedeutung. Heute weiß ich, dass der Herr meine Schritte bereits in jungen Jahren lenkte, da er wusste, welche Aufgabe er mir später im Leben übertragen würde.

Meine Brüder und Schwestern, wenn Sie nach besten Kräften alles getan haben und sich die Dinge nicht so entwickeln, wie Sie es erhofft und erwartet haben, seien Sie bereit, den Willen des Vaters im Himmel anzunehmen. Wir wissen, dass er uns nichts auferlegt, was nicht irgendwann zu unserem Besten sein wird. Hören Sie auf die beruhigende Stimme, die uns ins Ohr flüstert: „Alles Fleisch ist in meiner Hand; seid ruhig und wisst, dass ich Gott bin.“ (LuB 101:16.)

Neulich sah ich einen sehr bewegenden Film über die Geschichte der Handkarrenabteilungen Willie und Martin. Im Mai 1856 verließen zwei aufeinanderfolgende Gruppen mit mehr als tausend Heiligen England, um nach Utah auszuwandern. Als sie sechs Monate später am Ende einer gefährlichen Reise im Salzseetal eintrafen, fehlten mehr als 200 von ihnen. Die meisten waren auf dem Weg zu dem Ort, den sie „Zion“ nannten, an Krankheit, Hunger oder Erschöpfung gestorben.

Einer der Pioniere, die im Film dargestellt wurden, beeindruckte mich tief. Er überschüttete die Abteilung mit guter Laune und Begeisterung. Er war jedoch nicht gerade einer der typischen Pioniere. Als kleiner, schwerbehinderter Mann war er selbst ein Wunder! Ich erfuhr, dass dieser tapfere Pionier Robert Pierce hieß und aus Cheltenham in England stammte.

Einer seiner Reisegefährten beschrieb ihn als „einen der schlimmsten Krüppel, die ich je eine Reise unternehmen sah. Seine unteren Gliedmaßen waren gelähmt und sein Körper schwer entstellt, aber er war stark im Glauben. Er war in der Lage, sich mithilfe von Krücken mit erstaunlicher Geschwindigkeit vorwärtszubewegen.“11

Eines Tages schlug Robert Pierce den falschen Weg ein und verlor die Abteilung aus den Augen. Einige Männer machten sich auf den Weg, ihn zu suchen, und trafen ihn in einer sehr misslichen Lage an. Ich zitiere ihre Worte:

„Zu unserem Entsetzen sahen wir zwei große graue Wölfe um einen alten Baum herumstreichen und ein halbes Dutzend Adler über dem Baum schweben und darauf warten, dass er aufhören würde, zu schreien und mit seinen Krücken zu gestikulieren, damit sie sich auf ihn stürzen und ihn in seiner verkrampften Position unter den Baumwurzeln verschlingen könnten. …

Wir kamen gerade noch rechtzeitig, ihn seinem Schicksal zu entreißen, zogen ihn heraus und setzten ihn auf einen Wagen, den wir mitgebracht hatten, um zum Lager zurückzufahren.“

Und nun ein Einblick in Roberts ausgeglichenen Charakter: „Wie der arme Kerl bettelte, dass wir ihn zu Fuß gehen ließen! Er hatte nämlich, als wir uns auf den Weg machten, versprochen, dass er jeden Meter nach Salt Lake City zu Fuß gehen würde.“

Nun folgt der traurige Teil der Geschichte: „Nach seiner Rettung konnte er jedoch nur noch wenige Tage weitermachen. Am Ende des sechsten Tagesmarsches fanden die Mühen dieser Welt für ihn ein Ende, und er wurde am Ufer des Elkhorn begraben.“12

Schwester Jolene Allphin, die die Geschichte von Robert Pierce zusammenstellte, sagte über ihn: „Es ist in der Tat bemerkenswert, dass Robert Pierce 600 Meilen auf Krücken gewandert war, ehe er den Strapazen der Reise erlag. Es war sein Herzenswunsch, sich mit den Heiligen in Zion zu versammeln und keinem seiner Weggefährten zur Last zu fallen. … Robert wollte keine Almosen und keine Sonderbehandlung.“13

Brüder und Schwestern, ich stellte mir die Frage: Warum ließ Gott es zu, dass dieser Mann, der so großen Glauben hatte und den er auf so wunderbare Weise vor den Wölfen und den Adlern gerettet hatte, nur wenige Tage später am Wegesrand starb?

Er starb mit großer Gelassenheit. In dem Film sagt er kurz vor seinem Tod:

„Die Missionare haben mir gesagt, ich sei wichtig und würde eines Tages einfach großartig sein! …

Ich wollte immer einen starken Körper. Jetzt bekomme ich ihn. Wenn ihr nach Zion kommt, denkt an mich.“14

Wenn ich an Robert Pierce denke, kommen mir Worte in den Sinn, die Paulus in seinem Brief an die Hebräer schrieb:

„Voll Glauben sind diese alle gestorben, ohne das Verheißene erlangt zu haben; nur von fern haben sie es geschaut und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind. …

Mit diesen Worten geben sie zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen. …

Nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen.“ (Hebräer 11:13,14,16.)

Zum Schluss erkannte Robert Pierce, dass das Himmelreich – nicht das Salzseetal – sein endgültiger Bestimmungsort war.

Das gilt für uns alle. Die Verheißungen des Herrn sichern uns unseren endgültigen Bestimmungsort zu. Die Route dorthin verläuft bei uns allen ganz unterschiedlich, gemäß dem Vorherwissen Gottes. Unsere Lebensumstände mögen sich ändern, unerwartete Ereignisse mögen eintreten, Probleme mögen aufkommen, aber was Gott uns verheißen hat, ist durch unsere Treue garantiert.

Schwester Ann C. Pingree hat ganz wunderbar erläutert, was es bedeutet, auf die Verheißungen des Herrn zu vertrauen. Zunächst zitierte sie Elder Bruce R. McConkie wie folgt:

„‚Der Glaube in seiner vollkommensten und reinsten Form setzt die unerschütterliche Gewissheit und … das völlige Vertrauen darauf voraus, dass [Gott] unser Flehen erhört und unsere Bitten erfüllt‘, wenn die Zeit gekommen ist. Wenn wir dies glauben, können auch wir heute und in Zukunft ‚fest im Glauben‘ stehen.“

Dann fuhr sie fort:

„Es kommt nicht darauf an, wo oder unter welchen Umständen wir im Einzelnen leben. Wir können täglich durch Rechtschaffenheit einen Glauben an Christus beweisen, der sich über die Sorgen, Enttäuschungen und unerfüllten Verheißungen des Erdendaseins erhebt. Es ist herrlich, wenn man einen Glauben hat, der einen befähigt, sich auf den Tag zu freuen, an dem sich alles erfüllt, was den Heiligen verheißen wurde.”15

Meine Brüder und Schwestern, meine heutigen Lebensumstände unterscheiden sich offenkundig sehr von den Plänen, die ich hatte, als ich in Ihrem Alter war. Dennoch glaube ich nicht, dass ich jemals so glücklich war. Wenn mir jemand, als ich zwanzig war, mein Leben bis zum heutigen Tag geschildert hätte, dann hätte ich vermutlich ohne zu zögern zugestimmt!

Ihre Zukunft ist so hoffnungsvoll wie Ihr Glaube

Ich möchte noch etwas über Valérie und mich sagen. Je mehr ich über den Verlauf unseres Lebens nachdenke, desto mehr gelange ich zu der Überzeugung, dass eines entscheidend war: Wir hatten beide in unserer Jugend das ewige Leben vor Augen. Wir wollten eine ewige Familie gründen. Wir wussten, warum wir auf der Erde sind, und kannten unsere Ziele für die Ewigkeit. Wir wussten, dass Gott uns liebt und dass wir in seinen Augen von großem Wert waren. Wir hatten völliges Vertrauen darauf, dass er unsere Gebete auf seine Weise und zu der von ihm bestimmten Zeit erhören würde. Ich weiß nicht, ob wir bereit waren, seinen Willen in allem anzunehmen, weil wir das erst lernen mussten – und noch immer lernen. Aber wir wollten unser Bestes geben, dem Herrn zu folgen und uns ihm zu weihen.

Ich bezeuge mit Präsident Monson, dass Ihre „Zukunft … so hoffnungsvoll [ist] wie Ihr Glaube“. Ob Sie glücklich sind, hängt weitaus mehr von den Grundsätzen ab, für die Sie sich entschieden haben, als von äußeren Lebensumständen. Bleiben Sie diesen Grundsätzen treu. Gott kennt Sie und liebt Sie. Wenn Sie im Einklang mit seinem ewigen Plan leben und an seine Verheißungen glauben, wird Ihre Zukunft strahlend sein!

Haben Sie Träume und Ziele? Das ist gut. Arbeiten Sie von ganzem Herzen daran, dass sie in Erfüllung gehen. Überlassen Sie den Rest dem Herrn. Er wird Sie dahin führen, wohin Sie sich selbst nicht führen können; er wird Sie zu dem machen, zu dem Sie sich selbst nicht machen können.

Nehmen Sie zu jeder Zeit seinen Willen an. Seien Sie bereit, dorthin zu gehen, wohin er sie ruft, und das zu tun, was er von Ihnen verlangt. Werden Sie zu dem Menschen, den er aus Ihnen machen will.

Ich bete darum, dass Sie die Liebe des Vaters im Himmel spüren und erkennen, wie Sie sich selbst so vertrauen können, wie er Ihnen vertraut. Ich bete, dass Sie immer treu sein werden, allzeit und überall. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich Sie lieb habe und das Beispiel und die Kraft, die Sie der ganzen Welt geben, zutiefst bewundere und achte.

Ich bezeuge, dass dieses Leben ein wunderbarer Augenblick der Ewigkeit ist. Wir haben hier ein herrliches Ziel, nämlich uns vorzubereiten, Gott zu begegnen. Sein Sohn Jesus Christus lebt, und sein Sühnopfer ist ein unermessliches Geschenk seiner Liebe, das die Tür zu ewigem Glück öffnet. Die Kirche Jesu Christi ist wieder in ihrer vollkommenen Form auf der Erde, mit einem Propheten Gottes an der Spitze. Es ist eine außerordentliche Freude und eine Ehre, dieser Kirche anzugehören. Im Namen Jesu Christi. Amen.

Notes

  1. Siehe Thomas S. Monson, „Willkommen zur Konferenz!“, Ensign oder Liahona, November 2012, Seite 4f.

  2. Dieter F. Uchtdorf, „Erfüllte Beschlüsse ersparen Bedauern“, Ensign oder Liahona, November 2012, Seite 23

  3. Dieter F. Uchtdorf, „Vergissmeinnicht“, Ensign oder Liahona, November 2011, Seite 122f.

  4. Siehe Pindar (ca. 522–443 v. Chr.), Pyth. 2.72

  5. Originaltitel: L‘âge de raison, Frankreich 2010, Regie: Yann Samuell

  6. „Souviens-toi“, Cantiques (französisches Gesangbuch), Nr. 179

  7. Discourses of Brigham Young, Hg. John A. Widtsoe, Seite 269

  8. Originaltitel: The Lion King, USA 1994, Regie: Rob Minkoff und Roger Allers

  9. Thomas S. Monson, „Seien Sie guten Mutes“, Ensign oder Liahona, Mai 2009, Seite 92

  10. Winston Churchill, zitiert in: John Charmley: Churchill: The End of Glory, A Political Biography, 1993, Seite 20

  11. John William Southwell, zitiert in: Jolene S. Allphin: Tell My Story, Too, 8. Auflage 2012, Seite 287

  12. Southwell in Tell My Story, Too, Seite 287

  13. Allphin, Tell My Story, Too, Seite 288

  14. 17 Miracles, USA 2011, Regie: T. C. Christensen

  15. Anne C. Pingree, „Das Verheißene von fern schauen“, Ensign oder Liahona, November 2003, Seite 14