Zum Auftakt


 

Meine Brüder und Schwestern, ich freue mich, zu Beginn dieser weltweiten Führerschaftsschulung etwas über die neu überarbeiteten Handbücher der Kirche sagen zu dürfen. Immer wenn es um das Thema Handbücher geht, denke ich an ein Erlebnis zurück, das ich in den 70er Jahren hatte. Damals war ich für die Arbeit der Kirche in Ostdeutschland, also in der ehemaligen DDR, zuständig.

Die DDR-Regierung hatte strikt verboten, bei Besuchen Material der Kirche mitzubringen. Daher bat mich Präsident Spencer W. Kimball, die Neuausgabe des damaligen Handbuchs Allgemeine Anweisungen auswendig zu lernen, nach Ostdeutschland zu reisen und dort das Handbuch für die treuen Führer der Kirche abzutippen. Es wäre natürlich für jeden ein unmögliches Unterfangen gewesen, das ganze Buch auswendig zu lernen, aber dennoch las ich es gründlich und prägte mir die Grundzüge von der ersten bis zur letzten Seite ein. Ich fuhr nach Ostdeutschland und bat die dortigen Führer der Kirche, mir ein Büro, eine Schreibmaschine und einen Stapel Papier zur Verfügung zu stellen. Dann machte ich mich an die Arbeit.

Nach ein, zwei Stunden hatte ich bereits einige Seiten gefüllt. Ich stand auf, um mich zu strecken, und sah mich im Raum um. Da entdeckte ich auf einem Regal hinter mir eine Neuausgabe des Handbuchs Allgemeine Anweisungen in deutscher Sprache! Offensichtlich hatte es jemand über die Grenze geschmuggelt. Seit dieser Zeit kenne ich mich mit dem Inhalt dieses Buches erstaunlich gut aus.

Seit Juli dieses Jahres kann die Kirche über 14 Millionen Mitglieder verzeichnen. Seit der Gründung der Kirche im Jahr 1830 ist die Mitgliederzahl stetig gewachsen, und sie wird in tausenden Einheiten in aller Welt weiterhin steigen. Es wäre nahezu unmöglich, die Richtlinien, Bestimmungen und Programme der Kirche immer richtig auszuführen, hätten wir nicht diese Handbücher, die den Führern der Kirche in all den Sprachen, die Sie vertreten, zur Verfügung stehen. Die Handbücher werden für Sie von unschätzbarem Wert sein. Sie wurden wieder und wieder gelesen, korrigiert und abermals gelesen.

Die meisten von Ihnen haben einige Exemplare erhalten. Lesen Sie darin. Setzen Sie sich mit ihrem Inhalt auseinander. Halten Sie sich daran. Wenn wir als Erste Präsidentschaft an jedem Arbeitstag zu unseren Besprechungen zusammenkommen, müssen wir uns notwendigerweise auch mit den Fehlern befassen, die den Führenden in Ausübung ihres Amtes unterlaufen, und wir müssen diese korrigieren. Die meisten Fehler ließen sich leicht vermeiden, wenn die Verantwortlichen mit dem Handbuch vertraut wären und die darin niedergelegten Richtlinien und Bestimmungen befolgten.

In den vergangenen Jahren hat das Büro der Ersten Präsidentschaft hunderte Anträge erhalten, nicht ordnungsgemäß ausgeführte Verfahren anzuerkennen. Auch die Anträge, nicht ordnungsgemäß ausgeführte heilige Handlungen zu annullieren, gehen, wenn es auch nicht ganz so viele sind, in die Hunderte. Ein Bereich, in dem häufig Fehler passieren, sind die Disziplinarräte. Es gibt zwei Arten von Räten: den Disziplinarrat in der Gemeinde oder im Zweig und den Pfahl-Disziplinarrat. Beide erfüllen recht unterschiedliche Aufgaben, und wenn man sich an die konkrete Aufgabenverteilung hält, läuft auch nichts schief.

Leider ist das nicht immer der Fall. Beispielsweise ist es vorgekommen, dass Älteste von einem Bischofsrat ausgeschlossen wurden, obwohl Träger des Melchisedekischen Priestertums eigentlich vor einem Pfahl-Disziplinarrat gehört werden müssen. Werden Bestimmungen nicht korrekt eingehalten, müssen wir als Erste Präsidentschaft das betreffende Verfahren anerkennen oder ein neues veranlassen. Wenn wir mit den Richtlinien und Bestimmungen nicht vertraut sind, können sich Abweichungen in unsere Programme einschleichen.

Ich denke da an ein Erlebnis zurück, das ich vor vielen Jahren hatte, als ich Bischof war. Eines Sonntags wollten wir im Eröffnungsteil unserer Priestertumsversammlung einen jungen Mann zum Amt eines Priesters ordinieren. An diesem Tag war ein Hoher Rat zu Besuch, der auch Tempelarbeiter war. Ich stellte den Stuhl so auf, dass der junge Mann den Anwesenden zugewandt war, und wollte gerade mit der Ordinierung beginnen, als mich der Hohe Rat unterbrach. „Bischof“, sagte er, „ich mache es immer so, dass diejenigen, die ordiniert werden, dem Tempel zugewandt sind.“ Er drehte den Stuhl so um, dass der junge Mann in Richtung des Tempels sitzen würde. Mir fiel gleich auf, dass dieser Brauch nicht rechtens war.

Mir war auch klar, dass er Potenzial hatte, sich noch weiter zu verbreiten. Obwohl ich viel jünger war als der Hohe Rat, wusste ich, was zu tun war. Ich stellte den Stuhl wieder so hin, dass er den Versammelten zugewandt war, und sagte: „In unserer Gemeinde sind wir immer den Mitgliedern zugewandt.“

Im Laufe der Jahre haben wir etliche Bestrebungen wohlmeinender Führungsbeamter, einige Programme der Kirche zu ändern, korrigieren müssen. Da gab es brennende Kerzen auf dem Abendmahlstisch, vor Ort beschlossene Abweichungen von der Dauer der Versammlungen, die Abschaffung der Sonntagsschule im sonntäglichen Versammlungsblock. Es wurden kreative Ansätze gefunden, die Frauen für die Besuchslehrarbeit in großen Gruppen zusammenzurufen. Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen. Es ist schier unmöglich, alle Veränderungen, Fehler oder Probleme, zu denen es kommen kann, anzusprechen.

Der springende Punkt ist jedoch in fast allen Fällen: Würden die Führungsbeamten das Handbuch nur lesen, verstehen und sich daran halten, kämen derartige Probleme gar nicht erst auf. Ob Sie schon Ihr Leben lang Mitglied der Kirche sind oder erst relativ kurz dabei, ziehen Sie das Handbuch zu Rate, wenn Sie sich wegen einer Richtlinie oder Bestimmung nicht sicher sind. Vielleicht meinen Sie bloß, Sie wüssten, was zu tun ist, und sind in Wirklichkeit auf dem Holzweg. Das Handbuch gibt uns Sicherheit.

Meine Brüder und Schwestern, zu welcher Führungsposition Sie auch gerade berufen sein mögen: Die neuen Handbücher werden von großem Wert für Sie sein. Es wird ein Segen für Sie und für alle sein, denen Sie dienen, wenn Sie sie lesen, verstehen und sich daran halten. Das bezeuge ich Ihnen im Namen Jesu Christi. Amen.