Die Kirche fordert Gesetze zum Schutz der Religionsfreiheit

– Sarah Jane Weaver, Nachrichten der Kirche

  • 10. Februar 2015

Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel spricht bei einer Pressekonferenz am Dienstag, dem 27. Januar 2015, im Konferenzzentrum in Salt Lake City. Die Führer der Kirche Jesu Christi haben sich erneut für Gesetze eingesetzt, die einerseits die Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen unterbinden und andererseits die Religionsfreiheit schützen.  Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

„[Wir brauchen] dringend Gesetze, mit denen religiöse Gruppierungen und jeder Einzelne vor Diskriminierung und Benachteiligung geschützt werden, wenn sie die Grundrechte auf Redefreiheit und freie Religionsausübung für sich beanspruchen. Diese Rechte bilden den Kern unserer Identität als Nation; sie sind ein Vermächtnis an die Bürger dieses Landes.“ – Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel

Bei einer Pressekonferenz am 27. Januar brachten die Führer der Kirche ihre Sorge über die „zunehmende Spannung und Polarisierung“ zwischen Befürwortern von Religionsfreiheit und Befürwortern von Rechten für Homosexuelle zum Ausdruck.

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„Wir müssen Wege finden, wie wir anderen gegenüber, die andere Ansichten, Wertvorstellungen oder Bräuche haben als wir, Respekt erweisen. Derweil darf man uns nicht zwingen, unsere eigenen Ansichten, Wertvorstellungen und Bräuche abzulegen oder uns davon zu distanzieren“, erklärte Elder Jeffrey R. Holland. „Am besten schützt man die Rechte eines jeden Staatsbürgers, wenn man die Rechte anderer auf die gleiche Weise schützt, wie man es für sich selbst wünscht.“

Bei der Pressekonferenz, die im Konferenzzentrum in Salt Lake City abgehalten wurde, sprachen Elder Holland und Elder Dallin H. Oaks, beide vom Kollegium der Zwölf Apostel, sowie Schwester Neill Marriott von der JD-Präsidentschaft über Religionsfreiheit. Elder D. Todd Christofferson, ebenfalls vom Kollegium der Zwölf Apostel, leitete die Medienveranstaltung.

Die Führer der Kirche sprachen zwar vorwiegend zur amerikanischen Bevölkerung, sie wandten sich jedoch auch an die weltweit 15 Millionen Mitglieder der Kirche, von denen sich viele „mit den gleichen Fragen auseinandersetzen wie wir in den Vereinigten Staaten“.

Elder D. Todd Christofferson vom Kollegium der Zwölf Apostel spricht bei der Pressekonferenz am Dienstag, dem 27. Januar 2015, im Konferenzzentrum in Salt Lake City. Die Führer der Kirche Jesu Christi haben sich erneut für Gesetze eingesetzt, die einerseits die Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen unterbinden und andererseits die Religionsfreiheit schützen. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

Schwester Neill F. Marriott von der Präsidentschaft der Jungen Damen bei der Pressekonferenz am 27. Januar 2015. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel bei seinen Ausführungen auf der Pressekonferenz am 27. Januar 2015. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel spricht bei der Pressekonferenz am 27. Januar 2015. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

Elder Jeffrey R. Holland und Elder Dallin H. Oaks geben sich nach der Pressekonferenz die Hand. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

„Wer über die Kirche gut informiert ist und sich mit ihrer Lehre und ihrem Standpunkt in gesellschaftspolitischen Fragen auskennt, weiß, dass wir heute keine Änderung in der Lehre der Kirche ankündigen werden“, sagte Elder D. Todd Christofferson vom Kollegium der Zwölf Apostel. „Dennoch möchten wir einen Weg aufzeigen, wie wir alle trotz unterschiedlicher Meinung in diesen komplexen Fragen gemeinsam zu einer Lösung finden können, die allen gerecht wird.“

Elder Christofferson erwähnte, die Kirche pflege zwar täglich Umgang mit den Medien, aber Pressekonferenzen fänden nicht allzu oft statt – „vielleicht alle ein, zwei Jahre, wenn wir eine größere Bekanntmachung haben oder ein wichtiges Thema ansprechen möchten. Und genau das ist heute der Fall.“

Schwester Marriott, die zuerst sprach, sagte, in den USA gebe es eine große Debatte in Bezug auf Ehe, Familie, das Gewissen des Einzelnen und kollektive Rechte sowie den Stellenwert von Religionsfreiheit in der Gesellschaft. „Wie diese Debatte letzten Endes ausgeht, wird sich in hohem Maße darauf auswirken, wie Millionen Menschen aus unterschiedlichen Verhältnissen, die zudem unterschiedliche Ansichten und Wertvorstellungen haben, auf absehbare Zeit hinaus harmonisch zusammenleben können.

In jeder demokratischen Gesellschaft gibt es Unterschiede. Diese führen oft zu Spannungen“, so Schwester Marriott. „Vor Spannungen muss man keine Angst haben, solange sie nicht so extrem werden, dass sie das Grundgerüst eines Landes niederzureißen drohen. …

In der Debatte, über die wir heute sprechen, geht es darum, den einen in seinen Rechten zu unterstützen, ohne den anderen seiner Rechte zu berauben. Auf der einen Seite stehen die Befürworter der Rechte für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle. Diese Bewegung entstand, nachdem Homosexuelle jahrhundertelang verhöhnt und verfolgt wurden und sogar von Gewaltanwendung bedroht waren. Letzten Endes hat der Großteil der Gesellschaft erkannt, dass eine solche Behandlung schlichtweg falsch war und dass die Grundrechte des Menschen – wie etwa der Anspruch auf eine Arbeitsstelle oder eine eigene Wohnung – nicht von dessen sexueller Orientierung abhängig sein dürfen.“

Sie erklärte, die Kirche glaube daran, dass sexuelle Beziehungen nur dann nicht gegen Gottes Gesetz verstoßen, wenn sie zwischen einem Mann und einer Frau bestehen, die miteinander verheiratet sind. „Dieses Gebot und diese Lehre stammen aus den heiligen Schriften. Es steht uns nicht frei, etwas daran zu ändern. Gott ist jedoch liebevoll und barmherzig. Ihm liegen alle seine Kinder gleichermaßen am Herzen, und er erwartet von uns, dass wir einander liebevoll und gerecht behandeln.“

Aus diesem Grund habe sich die Kirche öffentlich für Gesetze und Bestimmungen eingesetzt, die sich gegen eine Benachteiligung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche richten, sagte sie.

Elder Oaks führte aus, dass diejenigen, die ihre Religion frei ausüben möchten, jedoch beobachten, dass die wertvollen Freiheiten, die ihnen in der Verfassung der Vereinigten Staaten zugesichert werden, kontinuierlich verfallen.

„Wenn man jemandem Fanatismus vorwirft, bloß weil er sich von seinen religiösen Ansichten und seinem Gewissen leiten lässt, so wirkt sich dies abschreckend auf die Redefreiheit und die öffentliche Debatte aus“, so Elder Oaks. „Wenn jemand religiös ist und deswegen öffentlich bedroht oder benachteiligt wird, wenn er seinen Arbeitsplatz verliert oder einen Schaden erleidet, weil er in der Öffentlichkeit seine Stimme erhoben, etwas gespendet oder sich an einer Wahl beteiligt hat, ist der wahre Verlierer unsere Demokratie.“

Solche Methoden seien genauso falsch, wie wenn man jemandem aufgrund seiner Hautfarbe oder seines Geschlechts einen Arbeitsplatz, eine Wohnung oder öffentliche Dienstleistungen verweigert, erklärte er.

„Die gesetzgebenden Versammlungen aller Bundesstaaten werden derzeit aufgefordert, die Gesetzgebung dahingehend zu stärken, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle bei der Arbeits- und Wohnungssuche gerecht behandelt werden. Die Führung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hat diesen Maßnahmen bereits öffentlich zugestimmt. Gleichzeitig brauchen wir jedoch auch dringend Gesetze, mit denen religiöse Gruppierungen und jeder Einzelne vor Diskriminierung und Benachteiligung geschützt werden, wenn sie die Grundrechte auf Redefreiheit und freie Religionsausübung für sich beanspruchen. Diese Rechte bilden den Kern unserer Identität als Nation; sie sind ein Vermächtnis an die Bürger dieses Landes.“

Elder Oaks sagte, die Kirche bekräftige noch einmal die folgenden Grundsätze, die auf der Lehre Jesu Christi beruhen und allen Menschen gerecht werden – auch den religiösen:

1. „Wir gestehen jedermann das gottgegebene und verfassungsmäßige Recht zu, seinen Glauben auszuleben, wie es ihm sein Gewissen gebietet, solange er nicht das Wohl und die Sicherheit anderer gefährdet.“

2. „Wir beanspruchen die gleiche Freiheit des Gewissens für alle Menschen überall: Mögen sie sich selbst für eine Religion ihrer Wahl entscheiden oder auch für gar keine, wenn das ihr Wille ist.“

3. „Wir glauben, dass die Gesetzgebung so ausgeglichen zu gestalten ist, dass einerseits die Freiheiten aller Menschen geschützt werden und andererseits auf abweichende Wertvorstellungen Rücksicht genommen wird.“

4. „Wir lehnen Verfolgung und Benachteiligung jeglicher Art ab, ob sie sich auf Hautfarbe, ethnische Zugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, wirtschaftliche Umstände oder Unterschiede in Bezug auf Geschlecht oder sexuelle Orientierung gründet.“
 

Schwester Neill F. Marriott von der Präsidentschaft der Jungen Damen spricht bei der Pressekonferenz am 27. Januar 2015. Foto von Scott G. Winterton, Deseret News.

Elder Oaks schloss mit den Worten: „Wir rufen die Regierungen auf kommunaler, regionaler und überregionaler Ebene dazu auf, für das Wohl all ihrer Bürger zu sorgen und Gesetze zu erlassen, die die grundlegenden religiösen Freiheiten von Einzelnen, Familien, Kirchen und weiteren religiösen Organisationen schützen, jedoch auch die Rechte von schwulen, lesbischen, bisexuellen und transsexuellen Mitbürgern bei der Arbeits- und Wohnungssuche sowie bei der Nutzung von Einrichtungen wie Hotels, Restaurants und öffentlichen Verkehrsmitteln – Rechte, die in vielen Teilen des Landes noch fehlen.“

Elder Holland sagte, die Rechte aller Menschen zu wahren – auch die religiösen Rechte – erfordere „Weisheit, Urteilsvermögen, Mitgefühl und Fairness. … Die Angelegenheit ist ernst, also müssen wir sie ernsthaft und mit Bedacht erörtern und jede Partei zuvorkommend behandeln.“

Er merkte an, die Debatte umfasse die „in der Verfassung garantierten Rechte der Religionsgemeinschaften …, gemäß ihrem Glauben zu handeln. Dazu gehört das Recht, ihre Glaubensansichten von der Kanzel aus, in Unterrichtsräumen ihrer Kirche oder auch in der Öffentlichkeit kundzutun, ihre eigenen Amtsträger auszuwählen und ihren Anhängern unbehindert zu helfen. Dazu gehört ferner das Recht, ihr kirchliches Eigentum gemäß ihrem Glauben zu nutzen.“ Zu den religiösen Rechten müsse gehören, dass eine Familie Gott verehren und ihre Religion bei sich daheim ausleben darf, fuhr Elder Holland fort.

Er erklärte, dass jeder, der einem Glauben anhängt, außer dem institutionellen Schutz sein verfassungsmäßiges Recht bewahren müsse. „Mit gutem Willen, Verständnis für den anderen und Kompromissbereitschaft lässt sich erkennen, dass keines dieser Rechte in die Rechte homosexueller Männer und Frauen eingreift, die selbst entscheiden, wie sie ihr Leben führen möchten.“

Zum Schluss verwies Elder Holland auf eine Erklärung der Kirche aus dem Jahr 1835, die heutzutage in Lehre und Bündnisse 134 zu finden ist.

„In dieser Schriftstelle werden beide Aspekte, für die wir uns heute ausgesprochen haben, untermauert“, sagte Elder Holland. „Zunächst einmal sind wir alle vor Gott rechenschaftspflichtig, was die Ausübung unserer Glaubensansichten anbelangt. Wir rufen daher alle Heiligen der Letzten Tage auf, ihre Religionsfreiheit auf verantwortungsvolle Weise auszuüben. Zweitens wird in der Schriftstelle dargelegt, wie die Regierung das öffentliche Interesse schützen soll, ohne in die Entscheidungsfreiheit – die ‚Freiheit der Seele‘, wie es dort heißt – einzugreifen.

Etwa 180 Jahre später legt die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage noch genauso Nachdruck darauf, dass jeder ein verantwortungsvoller Staatsbürger sein muss, während sie sich ebenso unermüdlich für Religionsfreiheit einsetzt.“