Das Werk des Herrn in der eigenen Seele beschleunigen

– Robert L. Millet, Nachrichten der Kirche

  • 9. Januar 2015

„Echtes Wachstum“ und tiefe Bekehrung sind gewiss das Ergebnis, wenn man beharrlich und kontinuierlich nach dem Evangelium lebt, doch wie zeigen sie sich eigentlich? Wie können wir im Laufe der Zeit erkennen, ob wir überhaupt echtes Wachstum erleben? Was nehmen wir in unserer Aufgabe als Jünger wahr?

Das Wichtigste aus dem Artikel

  • Wir müssen nicht nur das Werk des Herrn beschleunigen, sondern auch „echtes Wachstum“ fördern, indem wir wahre Bekehrung erfahren und uns Gott und dessen Kirche und Reich vollständig weihen.

„Wir brauchen ein Zeugnis und eine Gewissheit, die zu echtem Wachstum führen und dazu, dass wir uns vollständig bekehren und weihen. Auf diese heilige Weise wird das Werk des Allmächtigen in unserer Seele beschleunigt.“ – Robert L. Millet, emeritierter Professor für Schriften des Altertums

In den vergangenen Jahren haben die Führer der Kirche uns darauf hingewiesen, dass sich in der heutigen Zeit eine bedeutende Prophezeiung erfüllt. Der Herr hat gesagt: „Siehe, ich werde mein Werk in seiner Zeit beschleunigen.“ (LuB 88:73.) Beschleunigen bedeutet, dass man sich schneller bewegt oder auch schneller handelt.

Die führenden Brüder haben die Heiligen der Letzten Tage dazu aufgerufen, insbesondere in drei Bereichen das Werk zu beschleunigen: 1) Sie sollen sich um diejenigen kümmern, die derzeit nicht die Segnungen des wiederhergestellten Evangelium empfangen haben. 2) Sie sollen diese Segnungen denjenigen zugänglich machen, die gestorben sind, ohne die Chance gehabt zu haben, die notwendigen Bündnisse und Verordnungen des Evangeliums einzugehen. 3) Sie sollen die Armen und Bedürftigen unter uns ausfindig machen und sich um sie kümmern.

Solch selbstloses Handeln – Missionsarbeit, Tempelarbeit und der Dienst am Nächsten – gehört zu unseren Aufgaben als Jünger des Herrn Jesus Christus. Der Apostel Jakobus, ein Bruder unseres Herrn, erklärte, dass sich wahre Christen so verhalten – er bezeichnete dies als „reinen und makellosen Dienst vor Gott“. Zu diesem reinen und makellosen Dienst vor Gott gehörte jedoch noch etwas, nämlich sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren (siehe Jakobus 1:27). Diese Facette des christlichen Glaubens hat mit der eigenen geistigen Entwicklung zu tun.

Wir haben nicht nur viel über das Beschleunigen des Werks gehört, sondern auch, wie wichtig es ist, „echtes Wachstum“ zu fördern und zu unterstützen, also dass man wahre Bekehrung erfährt und sich Gott und dessen Kirche und Reich vollständig weiht. Diese Art Wachstum ist gewiss das Ergebnis, wenn man beharrlich und kontinuierlich nach dem Evangelium lebt, doch wie zeigt sie sich eigentlich? Wie können wir im Laufe der Zeit erkennen, ob wir überhaupt echtes Wachstum erleben? Was nehmen wir in unserer Aufgabe als Jünger wahr? Hier ein paar Punkte zum Nachdenken:

1. Wir entwickeln im Herzen den Wunsch, mehr zu tun, um das Werk des Herrn voranzubringen und ein besserer Mensch zu werden. So erging es wohl auch Abraham, der zwar schon ein Nachfolger der Rechtschaffenheit war, sich jedoch wünschte, „jemand zu sein, der viel Erkenntnis besaß, und ein besserer Nachfolger der Rechtschaffenheit zu sein und mehr Erkenntnis zu besitzen“ (Abraham 1:2). Abraham wollte also mehr tun und mehr erreichen.

2. Nach und nach sehen wir die Gebote und Gesetze sowie die Anweisungen der Kirche mit anderen Augen – sie stellen für uns keine Fangschienen, Barrikaden oder Hindernisse mehr da, die uns davon abhalten, das Leben zu genießen, sondern eine großherzige Geste des gütigen himmlischen Vaters, die uns hilft und führt. Der Heiland verhieß den Heiligen, die sich im Land Missouri versammelten und die Welt hinter sich gelassen und den Weg des Evangeliums betreten hatten, dass sie „mit Segnungen von oben gekrönt werden, ja, und mit nicht wenigen Geboten und mit Offenbarungen zu ihrer Zeit“ (LuB 59:4). Wir können die Segnungen eines Gesetzes jedenfalls nicht empfangen, wenn wir es nicht halten oder nicht beachten. Johannes, der geliebte Jünger des Herrn, erklärte: „Denn die Liebe zu Gott besteht darin, dass wir seine Gebote halten. Seine Gebote sind nicht schwer [sie sind nicht bedrückend und belasten uns nicht].“ (1 Johannes 5:3.)

Je mehr wir in den heiligen Schriften forschen, desto mehr Muster, Verbindungen, Parallelen und Grundsätze entdecken wir, die aufzeigen, wie wir leben sollen.

3. Je mehr wir in den heiligen Schriften forschen, desto mehr Muster, Verbindungen, Parallelen und Grundsätze entdecken wir, die aufzeigen, wie wir leben sollen. Die heiligen Schriften werden im täglichen Leben immer relevanter. In gewisser Weise werden die Worte der Propheten unsere eigenen Worte. Viele können sich immer noch an die letzte Ansprache von Elder Bruce R. McConkie erinnern – sein letztes Zeugnis. Er sagte über die Wahrheiten in Bezug auf das Sühnopfer Christi: „Wenn ich von diesem Wunderbaren spreche, werde ich das mit eigenen Worten tun, auch wenn Sie vielleicht denken, es handle sich dabei um Worte der Schrift, von anderen Aposteln und Propheten gesprochen.

Es ist wahr, dass sie zuerst von anderen verkündet worden sind, aber jetzt sind es meine Worte, denn der Heilige Geist Gottes hat mir Zeugnis gegeben, dass sie wahr sind, und jetzt ist es so, als wenn der Herr sie mir zuerst offenbart hätte. Dadurch habe ich seine Stimme gehört und kenne sein Wort.“ („The Purifying Power of Gethsemane“, Frühjahrs-Generalkonferenz 1985.)

4. Unser Studium vom Evangelium erleuchtet uns immer mehr und bekräftigt zunehmend unseren Glauben. Unter der Woche werden wir regelmäßig geistig genährt und gestärkt. Der Besuch in der Kirche – wo wir vom heiligen Abendmahl nehmen, unterwiesen und inspiriert werden und uns daran erfreuen, mit anderen Mitgliedern unseres Glaubens zusammenzukommen – ist daher nicht die einzige Möglichkeit, erbaut zu werden und unser Wissen vom Evangelium zu vertiefen. Der Sabbat bildet eher den Schlussstein einer geistig ergiebigen Woche.

5. Unser Glaube ist fester und entschlossener. Unbeantwortete Fragen machen uns weniger Sorgen. Kurzum: Wir beginnen, Zweifel aus Herz und Verstand zu verbannen. Cyprian von Karthago, einer der großen Verfechter des Glaubens nach dem Tod der Apostel, sagte: „In mein Herz, von Sünde gereinigt, kam ein Licht aus der Höhe. Und ganz plötzlich und auf wundersame Weise war die Gewissheit über jeglichen Zweifel erhaben.“ (Zitiert von Harold B. Lee in: Stand Ye in Holy Places, 1974, Seite 57.)

6. Wir verspüren stärkere Liebe und Treue gegenüber der Apostel und Propheten, die ja den Auftrag haben, das Reich Gottes seiner Bestimmung zuzuführen. Der Herr hat in neuzeitlicher Offenbarung (LuB 1:38; 21:5) erklärt, dass ihre Worte wahrhaft seine Worte werden. Ihr Rat wird sein Rat. Präsident Harold B. Lee pflegte zu sagen: „Niemand ist vollständig bekehrt, bis er erkennt, dass die Macht Gottes auf den Schultern der Führer dieser Kirche ruht, und ihm dieses Zeugnis wie Feuer ins Herz dringt.“ (The Teachings of Harold B. Lee, 1996, Seite 520.) Wir sehen den Zustand der Welt und der Gesellschaft plötzlich mit den Augen der führenden Brüder.

7. Wenn wir dann im Laufe der Zeit geistig heranreifen, wird unser Glaube zu Gewissheit. Tatsächlich bringen uns persönliche Offenbarung und der regelmäßige Umgang mit dem Geist Gottes an den Punkt, wo unser „Glaube an den Herrn unerschütterlich“ wird (Enos 1:11; siehe auch Jakob 7:5). Die Überzeugung zeigt sich außerdem, indem wir uns verpflichten. Da wahrer Glaube eine Entscheidung mit sich bringt (siehe Neil L. Andersen, „Es ist doch wahr, oder? Was ist dann noch wichtig?“, Frühjahrs-Generalkonferenz 2007), stimmen wir mit den Heiligen der Letzten Tage aus der Anfangszeit der Kirche überein: Das Reich Gottes – oder nichts!

Mehr als einmal hörte ich Präsident Gordon B. Hinckley darüber sprechen, dass die Mitglieder der Kirche das Evangelium von ihrem Kopf in ihr Herz bringen müssen. Ja, als Nachfolger Jesu Christi müssen wir einen Grund für die Hoffnung haben, die uns erfüllt (siehe 1 Petrus 3:15) – wir müssen die Lehren und Grundsätze des wiederhergestellten Evangeliums begreifen, das sowohl unseren Verstand beflügelt und erfüllt als auch unser Herz beschwichtigt und beruhigt. Außerdem brauchen wir ein Zeugnis und eine Gewissheit, die zu echtem Wachstum führen und dazu, dass wir uns vollständig bekehren und weihen. Auf diese heilige Weise wird das Werk des Allmächtigen in unserer Seele beschleunigt.

Robert L. Millet ist emeritierter Professor für Schriften des Altertums und ehemaliger Dekan für Religionsunterricht an der Brigham-Young-Universität in Provo.