Neue Initiative im Seminarunterricht zum Beherrschen der Lehre

– Marianne Holman Prescott, Nachrichten der Kirche

  • 28. Juli 2016

Eine Seminarklasse in der Dominikanischen Republik. Im Laufe des kommenden Jahres setzen die Seminarlehrer in aller Welt im Unterricht eine neue Initiative um, damit ihre Schüler das Evangelium besser verinnerlichen können: das Beherrschen der Lehre.  Foto mit freundlicher Genehmigung von Chad H. Webb

Das Wichtigste aus dem Artikel

  • Das neue Programm zum Beherrschen der Lehre ersetzt das alte mit den Lern­schrift­stellen.
  • Es dient dazu, dass die Schüler sich mit der Lehre befassen, Fragen stellen und einander unterweisen.
  • Es soll sie anleiten, auf geistiger Ebene eigenständig zu werden.

„Die Initiative bietet keineswegs einfach hundert Antworten auf hundert Fragen – es geht darum, wie man über etwas nachdenkt, sich mit vertrauenswürdigen Quellen befasst und dann eine Frage aus der Sicht des Evangeliums stellt, nicht aus der Sicht der Welt.“ – Chad H. Webb, Administrator für Seminar und Institut

Im Laufe des kommenden Jahres setzen die Seminarlehrer in aller Welt im Unterricht eine neue Initiative um, damit ihre Schüler einen Bezug zwischen der Lehre des Evangeliums und ihrem alltäglichen Leben erkennen können: das Beherrschen der Lehre.

Elder M. Russell Ballard vom Kollegium der Zwölf Apostel stellte die neue Initiative im Februar bei dem jährlichen Abend mit einer Generalautorität vor, einer Übertragung für alle Lehrkräfte und Administratoren von Seminar und Institut. Sie soll das Lehren und Lernen des Evangeliums erleichtern und gleichzeitig vertiefen.

„Es ist erst eine Generation her, dass unsere jungen Leute im Grunde nur über von der Kirche veröffentlichtes Material Zugriff auf Informationen über unsere Geschichte, unsere Lehre und unsere Sitten und Gebräuche hatten“, erklärte Elder Ballard in seiner Ansprache. „Kaum ein Schüler kam mit anderen Auslegungen in Berührung. Unsere jungen Leute führten überwiegend ein behütetes Leben.“

Elder Ballard zufolge sei das damalige Lehrmaterial zwar gut gemeint gewesen, es bereite die Schüler jedoch nicht mehr auf ihr heutiges Umfeld vor. Die Schüler dürften sich auf keinen Fall davor scheuen, nachzufragen, wenn ihnen die Lehre des Evangeliums vermittelt wird.

„Schüler können sofort auf praktisch alles über die Kirche zugreifen, und das von jedem erdenklichen Standpunkt aus betrachtet“, so Elder Ballard. „Was sie heute auf ihren mobilen Geräten sehen, stellt ihren Glauben wohl ebenso auf die Probe, wie es ihn fördert.“

Damit die Schüler in Bezug auf die Lehre und die Geschichte der Kirche besser informiert, geschult und geistig unterwiesen werden können, wurde dem Lehrplan für das Seminar nun das Beherrschen der Lehre hinzugefügt.

„Die jungen Leute sind gründlich mit der digitalen Welt vertraut, wo sie jeden Tag buchstäblich mit Stimmen und Nachrichten aus der Welt bombardiert werden“, erklärt Elder Kim B. Clark, General­autorität-Siebziger und Bildungsbeauftragter der Kirche. „Viele dieser Stimmen und Nachrichten stellen Fragen und bringen aktuelle Themen auf den Tisch, die sich direkt auf unseren Glauben beziehen.“

Im Rahmen des neuen Programms zum Beherrschen der Lehre haben die Seminarschüler im Unterricht die Chance, sich mit der Lehre zu befassen, Fragen zu stellen und einander zu unterweisen. Es soll den Schülern aufzeigen, wie man das Verständnis von der Lehre in alltäglichen Situationen anwenden kann.

„Überlegen Sie nur, worauf wir sie letzten Endes vorbereiten“, so Elder Clark. „Sie sollen sich darauf vorbereiten, den Tempel des Herrn zu betreten und dort heilige Bündnisse mit ihm zu schließen – und sie sollen begreifen, was das tatsächlich bedeutet.“

Was ist mit dem Beherrschen der Lehre gemeint?

Zehn Punkte bilden die Grundlage für das neue Programm zum Beherrschen der Lehre. Neun davon, die sogenannten Punkte der Lehre, wurden dem Lehrplan für Jugendliche entnommen, Komm und folge mir nach!. Bei dem ersten Punkt, „Geistige Erkenntnis erlangen“, geht es darum, wie man auf die Weise des Herrn Wahrheit erkennt.

„Wenn wir den Jugendlichen vermitteln, wie sie auf die Weise des Herrn geistige Erkenntnis erlangen, können sie besser verinnerlichen, wie man sich mit den heiligen Schriften und den Worten der Propheten befasst, wie man betet und im Glauben handelt und wie man dann auch nach dem, was man dazugelernt hat, lebt“, erklärt Chad H. Webb, Administrator für Seminar und Institut. „Zum anderen geht es beim Beherrschen der Lehre darum, dass sie sich mit der Lehre befassen, wie sie in den heiligen Schriften dargelegt ist. So finden sie Antworten und sind darauf vorbereitet, auf Fragen zur Lehre, zur Geschichte und zu gesellschaftlichen Themen zu antworten.“

Die neun Punkte der Lehre lauten:

  1. Die Gottheit
  2. Der Erlösungsplan
  3. Das Sühnopfer Jesu Christi
  4. Die Wiederherstellung
  5. Propheten
  6. Priestertum und Priestertumsschlüssel
  7. Heilige Handlungen und Bündnisse
  8. Ehe und Familie
  9. Die Gebote

Wenn sich die Jugendlichen nun künftig mit der Lehre des Evangeliums befassen, bilden im Lehrplan drei Grundsätze den Schwerpunkt:

  1. Im Glauben handeln
  2. Themen und Fragen aus einem ewigen Blickwinkel betrachten
  3. Tieferes Verständnis durch gottgegebene Quellen erlangen

„Die Initiative bietet keineswegs einfach hundert Antworten auf hundert Fragen“, so Bruder Webb. „Es geht darum, wie man über etwas nachdenkt, sich mit vertrauenswürdigen Quellen befasst und dann eine Frage aus der Sicht des Evangeliums stellt, nicht aus der Sicht der Welt.“

Das neue Programm zum Beherrschen der Lehre ersetzt das alte mit den Lernschriftstellen, bei denen die Schüler lediglich bestimmte Schriftstellen aus den Standardwerken auswendig gelernt haben. Es ist jedoch nach wie vor abgestimmt auf die heilige Schrift, die aktuell behandelt wird.

„Beim Beherrschen der Lehre geht es also um Themen oder Punkte der Lehre, nicht um eine bestimmte Reihenfolge“, erläutert Elder Clark. „Die Schriftstellen sind nach wie vor Bestandteil des Ganzen, und auch zum Beherrschen der Lehre gehören 25 Schriftstellen, aber der Schwerpunkt liegt auf Themen, auf Punkten der Lehre.“

Man kann eine Lektion auf ein paar Minuten begrenzen und in den täglichen Unterricht einbauen oder mehrere Lektionen zusammenfassen und einen Unterricht pro Woche darauf verwenden. Letzten Endes entscheidet der Lehrer selbst, wann er das Beherrschen der Lehre in den Unterricht integriert. Thematisch geht es in den Lektionen unter anderem darum, sich mit den heiligen Schriften und den Worten der Propheten zu befassen, schwierige Fragen zu stellen und zu beantworten sowie Fallstudien zu analysieren.

„Das Ziel ist ähnlich wie bei den Lernschriftstellen, aber weitaus effektiver und praxisbezogener“, so Bruder Webb. „Wir nehmen alle Standardwerke durch, also wird an sich nicht der Unterricht, sondern lediglich die Übungen zu den Lernschriftstellen werden ersetzt. Außerdem wird das Ganze insofern erweitert, als die Schüler eingehender erarbeiten müssen, inwiefern eine Lehre Antwort auf ihre Fragen bildet und inwiefern sie die Grundsätze des Evangeliums auf ihre individuelle Situation beziehen können.“

Fragen stellen und beantworten

Elder Ballard hob in seiner Ansprache hervor: „Ihre Schüler brauchen auch mehr als je zuvor in unserer Geschichte die segensreiche Gelegenheit, Zusammenhänge und Inhalte der Lehre und der Geschichte durch Studium und durch Glauben zu lernen. Das muss von einem reinen Zeugnis begleitet werden, damit sie erleben können, wie man sich gereift und dauerhaft zum Evangelium bekehrt und sich sein Leben lang Jesus Christus verpflichtet.“

Es ist für die Jugendlichen der Kirche heutzutage gar nicht ungewöhnlich, Fragen zu stellen oder etwas gefragt zu werden. Laut Bruder Webb hofft man, dass die Schüler ihre Fragen im Unterricht einbringen und der Lehrer eine „Atmosphäre voller Glauben schafft, wo man einander vertraut und ein Schüler nicht denkt, niemand wolle seine Frage beantworten und daher suche er die Antwort lieber im Internet“.

Elder Clark fügt hinzu: „Solche Fragen kommen ja von Altersgenossen – und die Schüler sehen sich ihnen täglich, in den sozialen Medien sogar stündlich gegenüber. Die Fragen gehören zu ihrem Leben dazu – sie werden jeden Tag damit konfrontiert. Wir hatten den starken Eindruck, wir sollten den Seminarunterricht so gestalten, dass Fragen nicht nur gebilligt, sondern gern besprochen werden. Wir besprechen die Fragen und finden dabei heraus, wie sich die Schüler mit etwas Hilfestellung von unserer Seite mit eigenen Fragen befassen können, und zwar so, dass sie, wenn möglich, eine Antwort darauf finden und darüber hinaus nach und nach lernen, wie man auf geistiger Ebene eigenständig sein kann.“

Viele Seminarlehrer wissen, dass Fragen oftmals den Geist einladen und eine Chance bieten, den Schülern etwas Bestimmtes sehr einprägsam aufzuzeigen.

„Wenn ein Lehrer sich zutraut, Fragen so aufzugreifen, dass es dem Verständnis dient und gleichzeitig die Lehre widerspiegelt, begrüßt er diese Art Unterrichtsgespräch viel eher, als wenn er sich unwohl fühlt und nicht weiß, wie er sich verhalten soll“, so Bruder Webb. „Unsere Lehrer legen also hoffentlich mehr Selbstvertrauen an den Tag und besprechen diese Art Fragen gern.“

Die Schulung für alle Lehrkräfte hat am 14. Juni mit der Übertragung der jährlichen Schulung für Seminarlehrer begonnen. Außerdem werden im Laufe der kommenden Monate in aller Welt weitere Schulungen in Vorbereitung auf das neue Schuljahr stattfinden.