1990–1999
Propheten
April 1991


Propheten

„Lehren Sie ihre Worte beim Familienabend. Unterstützen Sie sie im Privatleben und in der Öffentlichkeit; beten Sie für sich allein und mit der Familie für sie.”

Brüder und Schwestern, ich war dreizehneinhalb Jahre Sekretär des Kollegiums der Zwölf Apostel, und mein Zeugnis von den lebenden Propheten ist dadurch sehr gestärkt worden. Der Herr hat durch den Propheten Joseph Smith gesagt, die zwölf Apostel seien berufen, die „besonderen Zeugen des Namens Christi in aller Welt zu sein” (LuB 107:23).

Ein Prophet hat eine besondere Gabe des Geistes, nämlich die prophetische Gabe. Während ich Sekretär der Zwölf war, habe ich diese Männer, die der Vater im Himmel als besondere Zeugen seines Sohnes Jesus Christus berufen hat, beobachtet.

Die Sitzungen am Donnerstagmorgen im oberen Raum des Tempels waren für mich immer ein besonderes Erlebnis. Ich war oft zutiefst bewegt, wenn ich gehört habe, wie die Mitglieder des Kollegiums zum Vater im Himmel gebetet haben, und habe daran gedacht, daß sie die Zwölf Apostel sind, die der Vater im Himmel erwählt hat und die von den Mitgliedern als Propheten, Seher und Offenbarer bestätigt werden. Wenn Präsident Hunter die Zwölf durch die Tagesordnung führte, mußte ich immer an Abschnitt 107, Vers 27 im Buch, Lehre und Bündnisse’ denken, wo es heißt: „Und jede Entscheidung, die von einem dieser Kollegien getroffen wird, muß einstimmig sein, das heißt, jedes Mitglied des betreffenden Kollegiums muß mit der Entscheidung einverstanden sein, damit eine solche Entscheidung dieselbe Kraft und Gültigkeit hat wie die der anderen.”

Die Mitglieder des Kollegiums der Zwölf bemühen sich, den Eingebungen des Geistes gemäß zu leben. Sie äußern ihre Meinung. Allerdings können sie auch gut zuhören, und sie sprechen, wenn der Heilige Geist sie dazu bewegt. Ihnen geht es in der Kollegiumssitzung darum, zuzuhören und die lenkende Hand des Geistes zu spüren, die immer zu einstimmigen Entscheidungen führt. Voll Staunen habe ich beobachtet, wie die Macht des Geistes den Zwölf in Sinn und Herz gedrungen ist und den Entscheidungsprozeß beeinflußt hat.

Die Entscheidungen, die der Rat der Ersten Präsidentschaft und der Rat der Zwölf treffen, sind vom Geist beeinflußt, weil diese Männer immer darum bemüht sind, sich an den Rat des Herrn in Abschnitt 107, Vers 30 und 31 im Buch, Lehre und Bündnisse’ zu halten, der da lautet: „Die Entscheidungen dieser Kollegien - oder eines davon - sollen in aller Rechtschaffenheit getroffen werden: in Heiligkeit und Herzensdemut, mit Langmut und Glauben und Tugend, Mäßigkeit, Geduld, Frömmigkeit, brüderlichem Wohlwollen und Nächstenliebe - denn dies ist die Verheißung: Wenn dies alles reichlich in ihnen vorhanden ist, werden sie in der Erkenntnis des Herrn nicht ohne Früchte bleiben.”

Die Mitglieder der Ersten Präsidentschaft, des Kollegiums der Zwölf, der Siebzigerkollegien und der Präsidierenden Bischofschaft sind wirklich Männer, die darum bemüht sind, im Herzen rein zu sein. Rechtschaffenheit, Liebe und Einigkeit sind in ihren Kollegiumssitzungen deutlich zu verspüren.

Die Zwölf lieben Präsident Hunter, und Präsident Hunter liebt die Zwölf. Sein behutsamer Führungsstil, der voll Überzeugungskraft ist, lädt in alle ihre Sitzungen den Geist des Herrn ein. Präsident Hunter wird mir hoffentlich verzeihen, wenn ich ein Erlebnis erzähle, in dem die große Liebe zum Ausdruck kommt, die unter den Zwölf herrscht und die den Heiligen Geist in ihren Sitzungen willkommen heißt.

Viele werden sich daran erinnern, daß man Präsident Hunter vor einigen Jahren sagte, er werde nie wieder gehen können. Aber sein Glaube und seine Entschlossenheit waren stärker als diese Diagnose. Täglich, ohne großes Getue und ohne daß andere davon wußten, hat er unbeirrbar und voll Glauben und in der festen Überzeugung, er werde wieder gehen können, eine sehr anstrengende Therapie mitgemacht. In diesen schwierigen Monaten haben seine Brüder von den Zwölf jeden Tag in ihren Kollegiumssitzungen und im persönlichen Gebet für ihn gebetet.

Monate später, an einem Donnerstagmorgen, ging ich in Präsident Hunters Büro, um einen Tagesordnungspunkt für die Sitzung im Tempel zu besprechen, die an dem Morgen stattfinden sollte. Ich erfuhr, daß er schon fort war und daß er zu Fuß zum Tempel ging. Ich konnte es kaum glauben und lief schnell hinter ihm her. Als ich ihn einholte, ging er mit einer Gehhilfe. Wir gingen zusammen zum Aufzug und fuhren in den dritten Stock. Dann gingen wir den Flur hin-

unter zum oberen Raum des Tempels. Als er den Raum betrat, standen die Zwölf auf und applaudierten. Gerührt sahen sie zu, wie er zu seinem Stuhl ging und sich mühsam setzte. Dann gingen sie alle voll überströmender Liebe und Zärtlichkeit auf ihn zu und umarmten ihn, drückten ihm einen Kuß auf die Stirn und zeigten ihm, wie sehr sie ihn liebten und bewunderten. Dann setzten sich alle, und Präsident Hunter dankte ihnen und sagte: „Niemand hätte gedacht, daß ich einmal wieder laufen kann, aber mit der Hilfe des Herrn und meiner Entschlossenheit und vor allem dank des Glaubens meiner Brüder von den Zwölf habe ich es geschafft.” Präsident Hunter ist ein Beispiel dafür, wie man auch in großen Schwierigkeiten unbeirrbar den Glauben wahren kann. Die Zwölf sind ein Beispiel dafür, wie man um derer willen, die große Schwierigkeiten durchmachen, in Glauben und Beten beharren kann.

Brüder und Schwestern, ich erzähle Ihnen das, weil ich dabei war. Ich wünsche mir von Herzen, Ihren Glauben an die Erste Präsidentschaft und an das Kollegium der Zwölf, die wir als Propheten, Seher und Offenbarer bestätigen, zu bewahren.

Diese Männer sind dem Herrn sehr nahe. Das beobachte ich. Ich erlebe, wie die Macht des Heiligen Geistes ihnen das Herz und den Sinn berührt und in ihren Worten Ausdruck findet. Ich staune darüber, wie einig sich die Erste Präsidentschaft und die Zwölf darin sind, dem Herrn zu dienen. Christus und seine Propheten sind eins. Ich sehe immer wieder, wie die beiden Ratgeber und die Zwölf unseren Propheten und Führer, Präsident Benson, lieben und unterstützen. Und ich habe aus eigener Beobachtung ein Zeugnis davon, daß man unerschütterlichen Glauben an den einigen Rat der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf haben kann. Sie führen einen auf dem Weg der Rechtschaffenheit, des Glücklichseins und des Seelenfriedens.

Meine Frau und unsere Kinder haben es sich zur Gewohnheit gemacht, den Rat der Propheten zu lesen und darauf zu hören. Wir sind in unserer Familie, im Beruf und ganz persönlich reich gesegnet.

Brüder und Schwestern, uns stehen gefährliche, schwierige Zeiten bevor. Ich ermahne die Heiligen: achten Sie auf die Propheten, studieren Sie ihre Worte. Lehren Sie ihre Worte beim Familienabend. Unterstützen Sie sie im Privatleben und in der Öffentlichkeit; beten Sie für sich allein und mit der Familie für sie. Dann finden Sie den inneren Frieden, der alles Verstehen übersteigt.

Ich bezeuge Ihnen, daß es den Vater im Himmel wirklich gibt und daß Jesus der Messias ist, der Erretter aller, die zu ihm kommen, und daß seine erwählten Propheten heute auf der Erde zu finden sind. Im Namen Jesu Christi. Amen