1990–1999
Sein Kreuz auf uns nehmen
April 1992


Sein Kreuz auf uns nehmen

„Gottesliebe bedeutet, daß man auf die Menschen zugeht … und ihnen hilft, bis sie ihre alte Lebensweise ändern und voll Freude zum himmlischen Vater kommen.”

Ich fühle mich sehr klein, und ich bete aufrichtig um den Geist und um Unterstützung vom Herrn.

Im 3. Buch Nephi lesen wir: „Siehe, ich bin ein Jünger Jesu Christi, des Gottessohnes. Ich bin von ihm berufen worden, sein Wort unter diesem Volk zu verkünden, damit sie immerwährendes Leben haben können.” (5:13.)

Ich komme aus Korea und bin um die halbe Welt gereist, um Zeugnis zu geben, daß das Evangelium Jesu Christi wahr ist. Korea hat manchen Krieg erlebt. Ich habe schon viel Kummer und viele Veränderungen gesehen. Aber ich habe auch viele Wunder erlebt. Ich bin in Korea geboren und habe immer dort gelebt. Dort liegen meine geliebten Vorfahren, darunter mein Vater und meine Mutter und die Eltern meiner Großeltern, begraben.

Vier unserer fünf Kinder sind jetzt in Korea. Viele unserer guten Freunde und unsere Geschwister und ihre Familie sind jetzt dort.

Bis letzten August habe ich niemals irgendwo anders als in Korea gewohnt, aber damals bin ich nach Salt Lake City berufen worden. Der Herr hat mich berufen, unter seinem Volk sein Wort zu verkünden.

Aber die Erste Präsidentschaft hat mir angeraten, Generalautorität zu werden, ein Jünger des Herrn, und zwar vor allem anderen.

Ehe ich zu weit gehe, will ich sagen: „Kam sä harn ni ta!” Kam sä ham ni ta ist ein koreanischer Ausdruck tiefster Dankbarkeit.

Ich bin dem himmlischen Vater dankbar für seine Liebe und für seinen großen Segen. In den verzweifelten Zeiten voller Schwierigkeiten und den ganzen Krieg lang war ich fast am Ende und fühlte mich völlig hilflos. Es gab für mich keine Hoffnung und keine Zukunft. Ich dachte, ich sei völlig aus der Bahn geraten und hätte nicht die geringste Chance im Leben.

Durch meine liebevollen Eltern hat der himmlische Vater für mich Wunder gewirkt. Ich habe es geschafft, mich zu erheben und weiterzumachen.

Hier und da habe ich Unterkunft und etwas zu essen bekommen. Es war nicht viel, aber es hat ausgereicht, daß ich nicht aufgegeben habe und daß ich schließlich hier mit Ihnen zusammen in diesem historischen, großartigen Tabernakel sein kann - umgeben von den erwählten Führern der Kirche des Herrn.

Also kann ich dem himmlischen Vater sagen: „Kam sä ham ni ta!” Ich bin dankbar für meine guten Eltern und für ihre große Liebe und den wunderbaren Einfluß, den sie auf mein Leben ausgeübt haben. Ich bin auch zutiefst dankbar für Dr. Kim Ho Jik, den ersten koreanischen Heiligen der Letzten Tage, den demütigsten und selbstlosesten Menschen, der mir je begegnet ist. Dieser große Mann hat die Handvoll verarmter junger koreanischer Mitglieder in der Zeit der Drangsal geführt, so daß im Land der Morgendämmerung, Korea, die Grundlage für das Werk des Herrn gelegt werden konnte - dadurch, daß diese scheinbar hilflosen Menschen das Evangelium Jesu Christi gelernt und fest zur Sache des Herrn gestanden haben. Seine Liebe zu Gott und seine Liebe zu mir haben in meinem Leben viele Wunder gewirkt. Ich habe mir vorgenommen, ein gutes Mitglied der Kirche zu sein, so wie er es war ein guter Vater, ein guter Ehemann und sogar ein guter Übersetzer, so wie er es war. Ich weiß, daß er und mein Vater heute aus der Geisterwelt herabblicken und mir zulächeln. Ich bin dankbar für Sie, meine Brüder und Schwestern. Kam sä ham ni ta!

Einer von Ihnen hat mich das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi gelehrt und mich getauft. Ihre Liebe hat mich überhaupt erst dazu gebracht, das Evangelium anzunehmen. Dann sind all diese Jahre viele großartige Kirchenführer zu uns gekommen und haben uns belehrt und geschult.

Präsident Lee, Präsident Kimball, Präsident Benson, Präsident Hinckley, Präsident Monson und viele andere große Führer sind gekommen, um uns zu helfen und uns zu ändern - voll großer Liebe zum Herrn.

In Korea hat Präsident Hinckley viele Male geweint, und wir haben alle gespürt, wie sehr er den Herrn und die armen Menschen in den ostasiatischen Ländern liebt. Kam sä ham ni ta!

Als wir im letzten Herbst unser Haus in Korea verlassen haben, sind viele unserer Brüder und Schwestern zum KimPo-Flughafen gekommen, um sich von uns zu verabschieden. Auch vier unserer Kinder waren darunter, halb verloren und halb weinend. Sie waren so stolz auf ihre Eltern. An dem Tag standen meine Frau und ich auf der Seite der Abflughalle, wo sonst unsere Gäste gestanden hatten, wenn wir uns von ihnen verabschiedet hatten.

Der KimPo-Flughafen - ich kenne ihn sehr gut. Ich war oft dort, vor allem um Besucher abzuholen und Gäste zu verabschieden. Jedes Mal wenn ich den KimPo-Flughafen besucht habe, habe ich zu mir selbst oder zu meiner Frau gesagt: „Nicht ich! Niemals! Ich tue alles für sie. Ich fahre sie und übersetze für sie und was sonst noch anfällt. Aber mehr nicht! Ich bleibe zu Hause und bin ein guter Lehrer für die Evangeliumslehreklasse in der Sonntagsschule!” Der Herr hat mein egoistisches Flüstern wohl gehört.

Elder Maxwell, Sie haben uns erklärt, was es kostet, ein Jünger zu sein. Und Sie haben auch gesagt: „Es gibt keinen Mengenrabatt und keinen Pauschalpreis.” (Men and Women of Christ, Salt Lake City, 1991, Seite 24.)

Ich mußte das sehr rasch lernen, und ich bin dankbar für Ihren guten Rat und Ihren Ansporn. Wir wohnen jetzt in Tokio. Nur der Herr kennt den Grund dafür. In Tokio müssen wir alles von vorn lernen, auch den neuen Lebenssinn. Wir müssen die Sprache lernen, die Kultur, das Gesellschaftssystem und wie man von einer Stadt in die nächste kommt. Aber vor allem lernen wir die Menschen kennen und lieben.

Im Evangelium nach Markus lesen wir: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.” (Markus 8:34.) Es ist nicht leicht, dieses Kreuz zu tragen, aber es ist auch nicht zu schwer, denn Gott lebt, und er liebt uns.

Ich begegne in unserem Gebiet hier und da vielen „müden Führern”. Dann nehme ich sie in den Arm und sage ihnen, daß ich sie lieb habe, weil ich ein starkes Zeugnis vom lebendigen Gott und von seiner großen Liebe habe.

Ich denke, Gottesliebe bedeutet, daß man auf die Menschen zugeht und etwas Gutes für sie tut und ihnen hilft, bis sie ihre alte Lebensweise ändern und voll Freude zum himmlischen Vater kommen.

Viele Krankheiten und Probleme in der Welt, einschließlich der Krankheit Inaktivität in der Kirche, heilt nur die Gottesliebe.

Möge diese Gottesliebe Ihrer Familie Frieden schenken. Ich liebe Sie, und Kam sä harn ni ta! Ich weiß, daß Gott, unser himmlischer Vater, lebt und daß Jesus Christus unser Erretter ist. Joseph Smith war ein wahrer Prophet des Herrn in dieser Evangeliumszeit.

Im Namen Jesu Christi. Amen.