1990–1999
Ein göttliches Rezept für geistige Heilung
April 1994


Ein göttliches Rezept für geistige Heilung

Ich gebe Zeugnis, daß es zwar körperliche Krankheiten gibt, die nicht geheilt werden können, daß aber jedes geistige Leiden durch das Sühnopfer Jesu Christi geheilt werden kann.

Nach Elder Scotts großartiger Ansprache über das Heilen möchte ich, dessen Beruf der des Arztes war, einige Beobachtungen hinzufügen. In den mehr als vierzig Jahren, in denen ich praktizierte, habe ich viele Patienten gesehen, die krank oder verletzt waren. Ich möchte Ihnen etwas verraten: ein Arzt kann keinen Patienten heilen. Diese wunderbare und komplizierte Maschine, die wir den menschlichen Körper nennen, hat einen großartigen Heilmechanismus eingebaut. Der Arzt kann weiter nichts tun, als Bedingungen zu schaffen, die der Heilung zuträglich sind.

In meiner Tätigkeit als Arzt habe ich schnell gelernt, daß der himmlische Vater bei einem verletzten oder kranken Körper bereits für einen grundlegenden Heilungsprozeß gesorgt hat. Ich habe auch gelernt, daß die Heilung von der Einstellung des Patienten abhängig ist. Diejenigen, die auf den Vater im Himmel vertrauten und Glauben an die Macht des Priestertums ausübten, wurden oft schneller wieder gesund.

Ich habe Wunder erlebt! Oft habe ich gesehen, daß Menschen wieder völlig gesund wurden, obwohl meine medizinische Erfahrung mir eine unheilvolle Prognose nahegelegt hatte. Ich habe aber auch erlebt, daß die Gebete von Menschen, die voller Glauben auf den Herrn vertrauten und um Segnungen baten, nicht so beantwortet wurden, wie sie es wünschten.

Der Herr hat eine Bedingung für heilende Segnungen genannt: „Wer den Glauben an mich hat, gesund zu werden, und nicht für den Tod bestimmt ist, wird gesund werden.” (LuB 42:48; Hervorhebung hinzugefügt.) Selbst wenn jemand sich voller Glauben auf den Segen des Herrn verläßt, wird seine Gesundheit nicht wiederhergestellt, wenn die ihm zum Sterben bestimmte Zeit gekommen ist. Wie Nephi uns sagt, muß der Tod über alle Menschen kommen, um den barmherzigen Plan des großen Schöpfers zu erfüllen. (Siehe 2 Nephi 9:6.)

Präsident Spencer W. Kimball hat geschrieben: „Wenn alle Kranken, für die wir beten, geheilt würden; wenn alle Rechtschaffenen beschützt und alle Schlechten vernichtet würden, dann wäre das ganze Programm des Vaters aufgehoben … Niemand brauchte durch Glauben zu leben. … Leid, Kummer, Enttäuschung oder sogar den Tod gäbe es kaum oder gar nicht, und wenn diese nicht bestünden, gäbe es auch weder Freude noch Erfolg noch Auferstehung noch ewiges Leben.” (Faith Precedes the Miracle, Seite 97.)

So wie ich in meiner ärztlichen Praxis kranken Patienten geholfen habe, ist es jetzt meine Aufgabe, Menschen, die ernstlich gesündigt haben, zu helfen, so daß sie umkehren und wieder zur vollen Gemeinschaft im Evangelium gelangen können, indem sie ein „Rezept” befolgen, das der Herr ausgestellt hat. In dieser Aufgabe habe ich viel Kummer, Gewissensbisse, Schmerz und Leid gesehen, weil die Betreffenden Gesetze übertreten hatten, die der Vater im Himmel uns gegeben hat, damit wir glücklich sein können. Ich habe auch gesehen, wie großer Kummer über eine Familie kam, weil einer in der Familie gesündigt hatte. Ich habe immer wieder gesehen, was wir alle schon wissen sollten - schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht.

Der einzige, der eine kranke Seele heilen kann, ist der große Arzt selbst, unser Vater im Himmel, durch seinen Sohn Jesus Christus. Jesus hat denen, die mit voller Herzensabsicht zu ihm kommen und Umkehr üben, versprochen, sie zu heilen (siehe 3 Nephi 18:32). Die Kirche kann nicht heilen; die Priestertumsführer heilen nicht; nur ein allmächtiger Gott kann das Wunder der geistigen Heilung vollbringen. Lassen Sie mich kurz erklären, was man selbst tun kann, um den geistigen Heilungsprozeß zu fördern, wenn die Seele durch Sünde befleckt wurde.

Neulich backte unsere achtjährige Enkelin eifrig Plätzchen. Sie hatte ein Rezept von ihrer Mutter bekommen, aber ein Bestandteil des Rezeptes war ihr völlig unklar. Da wurden zwei Teelöffel Soda verlangt. Sie kannte aber nur Sodawasser (Mineralwasser) und fragte ihre Eltern: „Ist es egal, welche Sorte man nimmt?” Als die Plätzchen fertig waren, schmeckten sie abscheulich. Die Mutter nahm an, daß der Mißerfolg darin begründet war, daß ihre Tochter einen halben Teelöffel Salz mit einer halben Tasse Salz verwechselt hatte!

Wenn schon die Zutaten für ein Plätzchenrezept wichtig sind, wieviel wichtiger sind dann die Bestandteile eines Rezeptes für geistige Heilung? Und wieviel wichtiger ist es, daß wir die Anweisungen nicht falsch verstehen, so wie es bei den Plätzchen geschehen ist?

Der himmlische Vater hat uns ein göttliches Rezept zum Heilen gegeben, das ewige Gültigkeit hat. Ich will die Bestandteile dieses Rezeptes nennen, wie der Herr sie seinen Dienern und uns als seinen Kindern gegeben hat.

Der erste Bestandteil ist, daß man erkennt, wodurch die geistige Krankheit verursacht worden ist. In der Heilung des menschlichen Körpers nennen wir das die Diagnose, und ihr geht eine gründliche Untersuchung und das Erstellen einer Krankengeschichte voraus. Bei der geistigen Heilung nennt man dies „bekennen”. Es ist nicht nur nützlich, sondern notwendig, daß wir unsere geistige Persönlichkeit gründlich und regelmäßig untersuchen. Bei ernsthaften Verfehlungen ist es immer notwendig, daß wir unsere Sünden bekennen (siehe LuB 58:43). Ein guter Beginn ist das Tempelinterview mit dem Bischof. Das ist eigentlich ganz ähnlich wie die Krankengeschichte, die der Arzt vor der Diagnose aufstellt.

Wo stehen wir in bezug auf den Herrn? Sind wir mit unserem geistigen Zustand zufrieden? Gefällt uns unser Zustand? Ist der Heilige Geist unser Begleiter? Erkennen wir die Eingebungen des Geistes? Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen bei der Selbstuntersuchung können uns helfen, eventuelle geistige Krankheiten zu erkennen.

Der zweite Bestandteil ist echte Zerknirschung und Reue in bezug auf alle Fehler, die wir möglicherweise finden. Hiervon spricht der Erretter, wenn er sagt: „Und ihr sollt mir als Opfer ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist darbringen. Und wer mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist zu mir kommt, den will ich mit Feuer und mit dem Heiligen Geist taufen.” (3 Nephi 9:20.)

Ich bin sicher, daß unsere eigenen Gebrechen uns immer deutlicher werden, je mehr es uns gelingt, dem Vater im Himmel näherzukommen. Der Herr hat uns angewiesen: „Naht euch mir, und ich werde mich euch nahen; sucht mich eifrig, dann werdet ihr mich finden.” (LuB 88:63.)

Kummer und Trauer allein sind noch keine geistige Heilung, doch begleiten sie fast immer Sünde und Vergehen.

Ein dritter Bestandteil besteht darin, daß wir diejenigen, die wir durch unser Vergehen verletzt haben, um Vergebung bitten sollen. Und sie haben die Pflicht zu vergeben, wie der Herr machtvoll gesagt hat: „Ich, der Herr, vergebe, wem ich vergeben will, aber von euch wird verlangt, daß ihr allen Menschen vergebt.” (LuB 64:10.)

Neulich kamen über meinen Schreibtisch die bitteren Worte eines Vaters, der vor Jahren geirrt hatte und jetzt bußfertig war. Er litt darunter, daß seine Söhne und Töchter sich weigerten, ihm zu vergeben. Das ging sogar so weit, daß sie sich nach mehr als fünf Jahren immer noch weigerten, mit ihm zu sprechen. Der Herr sagt uns in LuB 64:9: „Darum sage ich euch: Ihr sollt einander vergeben; denn wer die Verfehlungen seines Bruders nicht vergibt, der steht schuldig vor dem Herrn; denn auf ihm verbleibt die größere Sünde.”

Ich frage mich, ob auf diesen Kindern tatsächlich „die größere Sünde” verbleibt. In meiner jetzigen Berufung habe ich viele gesehen, die anscheinend einfach nicht in der Lage sind, einem anderen zu vergeben oder ihre eigenen Sünden hinter sich zurückzulassen. Dies ist bestimmt einer der wichtigeren Bestandteile für eine geistige Heilung.

Der vierte Bestandteil: Die Sünde muß vollständig abgelegt werden. Zu oft sehe ich, wie jemand, der umgekehrt ist, später wieder auf die alten, sündigen Wege gerät. Wenn das geschieht, dann kehren die Sünden zu dem Betreffenden zurück, der wahrscheinlich gar nicht wirklich umgekehrt war. Wir lesen: „Ich, der Herr, will euch keine Sünde zur Last legen; geht eures Weges und sündigt nicht mehr; aber zu der Seele, die sündigt, werden die früheren Sünden zurückkehren, spricht der Herr, euer Gott.” (LuB 82:7.)

Ein fünfter Bestandteil: Man muß alle Gebote Gottes befolgen. Das bedeutet, daß jemand, der ernsthafter Verfehlungen schuldig und bußfertig ist, nicht wirklich umkehrt, bevor er seinen Zehnten voll zahlt oder das Wort der Weisheit völlig hält, moralisch rein ist oder den Sabbat heiligt.

Sechstens, man muß den Herrn um Gnade, Stärke und Vergebung anflehen, bis man durch den Heiligen Geist „Frieden im Gewissen” (Mosia 4:3) erhält. Dies ist der Kern des Sühnopfers unseres Herrn und Erretters Jesus Christus. Als König Benjamin seine Predigt abgeschlossen hatte, schaute er auf die Menge, „und siehe, sie waren zur Erde gefallen …

Und sie hatten sich selbst in ihrem fleischlichen Zustand erblickt, geringer als selbst der Staub der Erde. Und sie alle riefen laut wie mit einer Stimme, nämlich: O sei barmherzig, und wende das sühnende Blut Christi an, damit wir Vergebung empfangen für unsere Sünden und damit uns das Herz rein gemacht werde.” (Mosia 4:1,2.)

Dann „kam der Geist des Herrn über sie, und sie wurden von Freude erfüllt, weil sie Vergebung für ihre Sünden empfangen hatten” (Vers 3). Der Bußfertige empfängt die Vergebung vom Herrn. Er merkt durch die Kraft des Heiligen Geistes, wenn er Vergebung erhalten hat.

Der letzte, siebente Bestandteil: Man muß bis zum Ende des Erdenlebens treu sein und dienen. Diese sieben Bestandteile stellen das Rezept für geistige Heilung dar und gestatten uns, „mit voller Herzensabsicht” (LuB 17:1) zum Herrn zu kommen. Der Prophet Nephi hat erklärt, was das bedeutet: „Wenn ihr dem Sohn mit voller Herzensabsicht nachfolgt; indem ihr keine Heuchelei und keine Täuschung vor Gott verübt - sondern mit wirklichem Vorsatz - wenn ihr von euren Sünden umkehrt … siehe, dann werdet ihr den Heiligen Geist empfangen; … und dann könnt ihr mit Engelszunge reden und dem Heiligen Israels Lob zurufen.” (2 Nephi 31:13.)

Ich rate jedem dringend, der solch eine geistige Heilung braucht, dieses göttliche Rezept des Erretters zu befolgen. Kommen Sie zu ihm. Erkennen Sie Ihre Sünden. Kehren Sie vollständig um. Lassen Sie sich von den Priestertumsführern helfen. Seien Sie langmütig und geduldig. Flehen Sie darum, daß das Sühnopfer des Erretters für Sie wirksam werde. Und erlauben Sie ihm dann, Sie zu heilen.

Wir singen ein Lied, in dem das gut erklärt wird:

O, die ihr einsam seid, die ihr nicht mehr

hofft, beugt euch dem Gnadenthron, kniet vor ihm

dann. Trost wird dem wunden Herz, denn es gibt

keinen Schmerz,

den Gott, der Vater, nicht bald heilen kann. (Siehe Gesangbuch.)

Ich gebe Zeugnis, daß es zwar körperliche Krankheiten gibt, die nicht geheilt werden können, daß aber jedes geistige Leiden durch das Sühnopfer Jesu Christi geheilt werden kann. Das wird sicher geschehen, wenn wir die von Gott verschriebenen Bestandteile verwenden, die solch eine Heilung ermöglichen. Ich bezeuge seine heilende Macht und verspreche, daß sein Rezept das einzige Heilmittel ist, um Frieden, Glück und Seelenruhe zu erlangen. Im Namen Jesu Christi. Amen.