1990–1999
Dankbarkeit
April 1994


Dankbarkeit

Ich glaube, eine der größten Sünden, derer wir Kinder des himmlischen Vaters schuldig sind, ist die Undankbarkeit.

Der Psalmist stellt die Frage: „Seh’ ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?

Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.

Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt.” (Psalm 8:4-7.)

Das führt vor Augen, wie wichtig wir, seine Kinder, im Plan der Sterblichkeit und des ewigen Lebens sind. Wir kennen auch das Wort des Herrn an Ijob, den er fragte:

„Wo warst du, als ich die Erde gegründet? Sag es denn, wenn du Bescheid weißt. Wer setzte ihre Maße? Du weißt es ja. Wer hat die Meßschnur über ihr gespannt? Wohin sind ihre Pfeiler eingesenkt? Oder wer hat ihren Eckstein gelegt,

als alle Morgensterne jauchzten, als jubelten alle Gottessöhne?” (Ijob 38:4-7.)

Wir waren im Rat im Himmel, als dieser Plan vorgestellt wurde, und wir waren glücklich über die Möglichkeit und die Segnung, auf die Erde kommen und einen Körper empfangen zu dürfen, der uns die Erfahrung von Gut und Böse zugänglich machen sollte. Brüder und Schwestern, wie dankbar sind wir doch dafür, daß wir an diesem Erlösungsplan teilhaben dürfen; es geht uns nicht so, wie Paulus es den Korinthern schrieb: „Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.” (l Korinther 15:19.) Sind wir bereit, für die Segnungen und die Erkenntnis, die wir erhalten, Dank zu sagen?

Ich glaube, eine der größten Sünden, derer wir Kinder des himmlischen Vaters schuldig sind, ist die Undankbarkeit. Präsident Joseph F. Smith sagte in einer Ansprache, daß ein Mensch, der mit mehr Gaben und größerem Verstand gesegnet ist und mächtiger und erfolgreicher als seine Mitmenschen wird, oftmals diesen Erfolg seiner eigenen Energie, seiner eigenen Arbeit und seinem eigenen Verstand zuschreibt. Statt in allen Belangen seines Erfolgs die Hand Gottes anzuerkennen, ignoriert er Gott völlig und nimmt sich selbst die Ehre.

Bei all den großartigen Entdeckungen der Wissenschaft, in der Kunst und in allem materiellen Fortschritt unserer Tage sagt die Welt: „Wir haben das vollbracht!” Der einzelne sagt: „Ich habe das vollbracht”, und er schreibt es nicht Gott zu und gibt nicht ihm die Ehre. Präsident Smith fährt fort: „Eine der größten Sünden, derer die Bewohner der Erde schuldig sind, ist die Sünde der Undankbarkeit.” (Journal of Discourses, 25:52.)

Ich nehme an, daß die meisten von uns das nicht als schwerwiegende Sünde betrachten. Wir haben die starke Neigung, im Gebet - im Flehen zu Gott - um weitere Segnungen zu bitten. Ich glaube, wir müßten beim Beten viel mehr für die Segnungen Dank sagen, die wir schon empfangen haben. Natürlich haben wir es nötig, daß der Herr uns jeden Tag segnet. Wenn wir aber hinsichtlich des Betens sündigen, dann darin, für die täglichen Segnungen nicht hinreichend dankbar zu sein. Gott freut sich nicht über die Bewohner der Erde, sondern er ist zornig auf sie, weil sie nicht in allem seine Hand anerkennen wollen.

„Und in nichts beleidigt der Mensch Gott, oder gegen niemanden entflammt sein Grimm, ausgenommen diejenigen, die nicht seine Hand in allem anerkennen und die seinen Geboten nicht gehorchen.” (LuB 59:21.)

In Lukas, Kapitel 17, finden wir ein klassisches Beispiel für Undankbarkeit, wie es der Erretter schildert:

„Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa.

Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!

Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und während sie zu den Priestern gingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, daß er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.

Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm. Dieser Mann war aus Samarien. Da sagte Jesus: Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.” (Lukas 17:11-19.)

Ich gebe öffentlich meiner Dankbarkeit Ausdruck. Ich bin dankbar dafür, daß ich Ihnen heute bezeugen kann: Ich kenne und verstehe den Plan unseres Vaters, ich kann ihn mit Hingabe und Dankbarkeit annehmen, denn ich kenne den Plan und den Zweck, zu dem wir hier auf Erden sind. Ich bin dankbar dafür, daß der Herr uns so sehr liebt, daß er zugelassen hat, daß sich sein einziggezeugter Sohn für uns geopfert hat. Ich bin auch dankbar für Joseph Smith, den Propheten, der ein Prophet Gottes war und ist und immer sein wird, ordiniert und erwählt, am Anfang der Evangeliumszeit der Fülle zu stehen und alle Schlüssel innezuhalten, die die Türen zum Reich Gottes aufschließen.

Ich bin dankbar, daß der Herr mir gewährt, daß ich in seinem Dienst stehen darf. Ich bin bestrebt, mich seinen heiligen Prinzipien und seinen Kindern hier auf Erden zu weihen.

Ich bin dankbar für das, was ich im Fleische erlitten habe, denn es ist mir zum Segen geworden, und ich habe dadurch Geduld, Langmut, Glauben und Mitgefühl gegenüber den weniger Glücklichen gelernt. Ich bin dankbar für mein Erbe, nämlich für die großartigen Vorfahren, die sich dem Werk des Herrn gewidmet und ihr Wohlergehen und selbst ihr Leben für ihren Glauben an Gott geopfert haben. Wie gesegnet bin ich doch dadurch, daß ich ehrbare Eltern habe, die mich auf liebevolle und freundliche Weise durch Tat und Beispiel die Grundsätze der Errettung lehrten.

Dankbar bin ich für meine liebevolle Partnerin für die Ewigkeit, die den Herrn liebt und seinen Plan kennt. Sie ist eine Frau von großer Geduld und großem Verständnis. Ich bin dankbar für meine Kinder und Enkel, die mich unterstützen und stärken. Als Vater kenne ich die Freude, die mir meine Kinder schenken, wenn sie mir ihre Wertschätzung und Liebe bekunden. Ich könnte mir keine besseren Kinder und Enkel wünschen.

Ich bin dankbar dafür, daß ich mit denen zu Rate sitzen durfte, die für das Reich Gottes auf der Erde Verantwortung tragen. Es sind großartige Männer, engagierte Männer, Männer, die einander und die ihren Gott vorbehaltlos lieben.

Wie gesegnet bin ich dadurch, daß ich mich den Heiligen in aller Welt zugesellen durfte! Es hat mir Freude und Zufriedenheit geschenkt und mein Zeugnis davon gestärkt, wie der Herr wirkt.

Ich bin wahrlich weit über das hinaus gesegnet worden, was ich verdiene. Für die kommende Zeit hoffe ich nur, daß man von mir sagen wird, wie Abraham Lincoln es ausdrückt: „Wenn ich dereinst sterbe, dann sollen diejenigen, die mich am besten kannten, von mir sagen, daß ich überall da eine Distel ausgerupft und eine Rose gepflanzt habe, wo ich dachte, daß eine Rose gedeihen könnte.” Ich habe im Laufe meines Lebens gelernt, daß Widrigkeiten nur verkleidete Segnungen sind, wenn wir sie demütig, gläubig und standhaft hinnehmen. Alles, was wir erleiden und geduldig ertragen, macht aus uns einen mitfühlenderen und sanfteren Menschen, der die Ausbildung erhalten hat, um derentwillen er auf die Welt gekommen ist.

Gott helfe uns, für unsere Segnungen dankbar zu sein, niemals der Undankbarkeit schuldig zu werden und in unseren Kindern die gleiche Dankbarkeit zu wecken. Der Herr hat gesagt: „Und wer alles mit Dankbarkeit empfängt, der wird herrlich gemacht werden; und die Dinge dieser Erde werden ihm zufallen, ja, hundertfältig und mehr.” (LuB 78:19.)

Der große Grundsatz der Dankbarkeit kann, wenn er täglich Teil unseres Lebens und Betens wird, uns als einzelne, als Mitglieder der Kirche und als Eltern und Familie erheben und segnen.

Dieses Zeugnis, verbunden mit ungeheuchelter Liebe gegenüber allen Kindern des himmlischen Vaters, gebe ich demütig und im Namen Jesu Christi. Amen.