1990–1999
Stärkeren Glauben entwickeln
April 1994


Stärkeren Glauben entwickeln

Es wird immer Ablenkungen geben, … wenn wir uns aber dafür entscheiden, uns an den Herrn zu wenden, an ihn zu glauben, ihm zu folgen, dann können wir stärkeren Glauben entwickeln.

Drei meiner Enkelinnen sind Junge Damen. Sie halten es für erstaunlich, daß ich mich tatsächlich daran erinnern kann, wie es war, als ich in ihrem Alter war. Ich erinnere mich wirklich an vieles - an manches, was sehr schwer war, und an manches, was sehr schön war. Ich erinnere mich vor allem an eine Zeit, als ich sehr glücklich war. Ich war siebzehn Jahre alt. Meine Freunde und ich gingen zu einer Fireside, wo der Sprecher uns etwas über die Liebe des Erretters erzählte. Er sagte uns, wir könnten auf den Erretter vertrauen, daß er uns führen und für uns da sein würde, daß unser Glaube an ihn wachsen könne und wir glücklicher als je zuvor sein könnten.

Er sagte weiter, daß wir mitmachen müßten. Wir müßten etwas tun. Wir müßten uns dafür entscheiden, an den Erretter und seine Liebe zu glauben. Wir müßten ihn um seine Hilfe bitten und uns darin üben, den ganzen Tag an ihn zu denken.

Der Sprecher schlug vor, wir sollten, um uns selbst daran zu erinnern, an den Erretter zu denken, auf die Schulglocke achten, die ja im Lauf des Tages oft läutet. Jedesmal, wenn wir die Glocke hörten, sollten wir still für uns beten, selbst wenn wir die Augen offen hatten oder den Gang entlanggingen. Wir sollten dem himmlischen Vater für unsere Segnungen danken, vor allem für unseren Erretter. Wir konnten ihm sagen, daß wir ihn lieben, und ihn um Hilfe bitten. Der Sprecher sagte, daß wir auf diese Weise mehrmals am Tag in nur wenigen Sekunden üben konnten, an den himmlischen Vater und den Erretter zu denken.

Da gab es noch etwas, was der Sprecher vorschlug, nämlich daß wir gleich nachdem wir für uns gebetet hatten, auch für jemand anders beten sollten - einen Freund, einen Lehrer, einen Fremden - und den himmlischen Vater bitten, diese Person zu segnen.

Er warnte uns und sagte, zu Beginn käme es uns vielleicht seltsam vor, wenn wir es aber versuchen wollten, könnten wir wirklich von der Liebe Gottes erfüllt werden, unser Glaube würde wachsen und wir würden Freude empfinden.

Für mich hörte sich das wunderbar an. Ich wollte es versuchen. Ich konnte kaum glauben, wie oft die Glocke im Lauf des Tages läutete. Wenn ich sie hörte, hielt ich inne. „Himmlischer Vater, ich danke dir. Bitte segne mich und segne Dorene. Ich weiß, daß sie Probleme hat.” Zunächst war es seltsam, aber schon bald stellte ich fest, daß ich nicht nur, wenn die Glocke läutete, sondern noch viel öfter am Tag an den himmlischen Vater und den Erretter dachte. Ich weiß noch, wie ich einmal morgens über ein schlammiges Feld ging und eine winzige gelbe Blume entdeckte. Wahrscheinlich handelte es sich um Unkraut, aber ich fand die Blume wunderschön und hatte das Gefühl, Gott habe sie nur für mich erschaffen. Ich liebte ihn so sehr. Mein Glaube war stärker geworden, und ich war glücklich.

Uns dafür zu entscheiden, stärkeren Glauben an den Erretter zu entwickeln, ist nicht einfach. Es kostet Überwindung, aber der Friede, die Freude und die Liebe, die wir verspüren, sind jede Mühe wert.

Manchmal, wenn wir uns sehr anstrengen, um etwas zu ändern - zum Guten zu ändern - stoßen wir auf vieles, was uns behindert oder ablenkt. Eine meiner Lieblingsgeschichten aus der heiligen Schrift ist eine Geschichte über Petrus. Wenn ich euch diese Geschichte jetzt vorlese, dann denkt über Petrus nach und darüber, was geschah, als er sich ablenken ließ.

Jesus und seine Jünger hatten gerade fünftausend Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen gespeist. Jesus forderte die Jünger auf, „ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken.

Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um in der Einsamkeit zu beten. Spät am Abend war er immer noch allein auf dem Berg. Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind.

In der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen; er ging auf dem See. Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. Doch Jesus begann mit ihnen zu reden und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!

Darauf erwiderte ihm Petrus: Herr, wenn du es bist, so befiehl, daß ich auf dem Wasser zu dir komme. Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu. Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: Herr, rette mich! Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?” (Matthäus 14:22-31.) Ist das nicht eine wunderbare Geschichte?

Petrus entschied sich, an Jesus zu glauben. Er fragte Jesus, ob er zu ihm kommen könne und er ging wirklich auf dem Wasser. Als er jedoch anfing, mehr darauf zu achten, was um ihn herum vorging, „wie heftig der Wind war”, begann er unterzugehen.

Was sind die heftigen Winde in unserem Leben? Was lenkt uns vom Erretter ab, was wendet unser Herz und unseren Sinn von ihm ab? Vielleicht, wenn es uns wichtiger ist, unseren Freunden oder anderen Leuten zu gefallen, als Gott zu gefallen (siehe Johannes 5:44). Vielleicht sind es die lauten und verwirrenden Stimmen, die wir im Fernsehen, auf Videos, in der Musik hören. Manchmal ist uns einfach alles egal. Unser Herz ist verhärtet (siehe Johannes 12:37). Es wird immer Ablenkungen geben, heftige Winde, wenn wir uns aber dafür entscheiden, uns an den Herrn zu wenden, an ihn zu glauben, ihm zu folgen, dann können wir stärkeren Glauben entwickeln.

Als Petrus anfing unterzugehen, wandte er sich an den Herrn und schrie „Herr, rette mich!”, worauf Jesus „sofort die Hand ausstreckte und ihn ergriff.” Das tut er auch für euch. Das tut er für jeden von uns.

Wie können wir uns an den Erretter wenden? Wie können wir stärkeren Glauben an ihn entwickeln? Wir können sehr viel tun. Dreierlei habe ich ausgewählt:

  • Wir können uns dafür entscheiden, zu glauben.

  • Wir können um Hilfe bitten und dann zuhören.

  • Wir können üben, uns an ihn zu wenden.

Uns dafür zu entscheiden, daß wir glau-

ben, ist ein wichtiger Schritt, wenn wir unseren Glauben an den Erretter stärken wollen. Es muß unsere Entscheidung sein. Niemand kann uns diese Entscheidung abnehmen. Wenn ich vor dem Spiegel stehe, mir in die Augen sehe und sage: „Ich entscheide mich dafür, an den Erretter zu glauben”, dann hilft mir das, denn jedesmal, wenn ich in den Spiegel schaue, werde ich an meinen Entschluß erinnert.

Als nächstes können wir um Hilfe bitten, dann zuhören. Unser Vater im Himmel und unser Erretter wollen, daß wir mehr Glauben haben. Glaube ist eine Gabe, nach der wir trachten müssen. Wir können nach Glauben trachten, indem wir im Gebet um mehr Glauben bitten. Vielleicht sagen wir: „Himmlischer Vater, bitte hilf mir, stärkeren Glauben zu haben.”

Schwerer als darum zu bitten ist es, zuzuhören. Wir können in unser Herz hineinhören und die Stimme des Vaters und des Erretters hören. Wir können zuhören, wenn wir in der Schrift lesen, und ihr Wort hören. Wir können unserem Propheten und den Führern der Kirche zuhören und ihr Zeugnis vom Glauben hören. Wir stärken unseren Glauben, indem wir das Wort Gottes hören. (Siehe Römer 10:17.)

Drittens dürfen wir nicht vergessen zu üben - uns darin zu üben, uns an den Erretter zu wenden, an ihn zu denken. Wenn wir unseren Glauben stärken wollen, müssen wir mehr tun als uns nur dafür zu entscheiden zu glauben und darum zu bitten. Wir müssen auch unseren Körper und unseren Ver-

stand einsetzen. Es erfordert Übung, Eifer und Geduld, und es erfordert Gehorsam. Wir dürfen das Wort nicht nur anhören, sondern müssen auch danach handeln (Jakobus 1:22). Wir können uns darin üben, rechtschaffen zu leben, indem wir uns an den Erretter wenden, an ihn denken, ihm folgen. Und dann müssen wir ihm bei seinem Werk helfen, indem wir anderen helfen.

Die Schulglocke half mir, an den Erretter zu denken. Gibt es in eurem Leben solche Glocken? Eine kleine Münze im Schuh erinnerte meinen Mann in seiner Kindheit, daß er wirklich der kleine Junge seines himmlischen Vaters war. Eine kleine Münze in eurem Schuh könnte euch - Autsch! - daran erinnern: „Danke, himmlischer Vater. Ich erinnere mich. Ich liebe dich und meinen Erretter. Ich werde an dich denken und dir folgen.” Es ist ganz egal, was wir zu Hilfe nehmen, um uns daran zu erinnern, an den Erretter zu denken. Wichtig ist, daß wir es versuchen.

Ich spüre, was ihr im Herzen fühlt. Ich fühle es auch. Ich glaube, daß wir ihm folgen, ihm vertrauen, ihm gefallen wollen, rechtschaffen leben wollen, unseren Glauben an ihn stärken wollen. Ich glaube auch, daß wir es schaffen können, wenn wir uns entscheiden zu glauben, wenn wir bitten und zuhören und üben, üben, üben. Ich gebe euch mein Zeugnis, daß er uns sehr liebt, er versteht uns, sein Licht wird uns trösten und führen, wenn wir zu ihm kommen. Ich habe euch alle sehr lieb. Im Namen Jesu Christi. Amen.