1990–1999
Ein Tisch voller Liebe
April 1995


Ein Tisch voller Liebe

Denken Sie daran, was eine Familie bewirken kann, wenn sie (ohne Fernsehen) um den Tisch herum niederkniet und betet, wenn sie um Hilfe fleht und dem Vater im Himmel für seinen Segen dankt.

Es ist schon viel darüber gesagt worden, wie wichtig die Familie ist. Eider Marion G. Romney hat einmal gesagt: „Die tödliche Krankheit der Gesellschaft ist vor allem durch den Zerfall der Familie verursacht.” („Scriptures As They Relate to Family Stability”, Ensign, Februar, 1972, Seite 57.) Manche Familie hat ein geräumiges, großzügig, ja, luxuriös eingerichtetes Zuhause, während andere klein und bescheiden, manchmal sogar sehr bescheiden eingerichtet sind. Aber doch kann jedes, wirklich jedes Zuhause der Himmel auf Erden sein, wo wir von Liebe erfüllt sind, ein Stück Himmel, wo wir uns gern aufhalten, wie es in einem unserer Kirchenlieder heißt (siehe Hymns, Nr. 298).

Eins der wichtigeren Möbelstücke in den meisten Wohnungen ist der Küchentisch. Er ist mal klein, mal groß, mal eine kleine Theke mit wenig Platz für Essen und Geschirr, aber im wesentlichen dient er doch dazu, daß die Mitglieder der Familie dorthin kommen, um zu essen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit heute, an diesem besonderen Tag, auf eine tiefliegendere, wichtigere Aufgabe des „Küchentischs” lenken, an dem wir mehr erhalten als nur Nahrung für unser körperliches Wohlergehen.

Eine Familie besteht normalerweise aus zwei und mehr Mitgliedern verschiedenen Alters, aber die Familie muß möglichst täglich zusammenkommen, und zwar nicht nur zum Essen, sondern auch zum Beten, zum Zuhören, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen. Präsident Gordon B. Hinckley hat sehr zutreffend gesagt: „Meine Bitte - und ich wünschte, ich könnte sie beredter vorbringen - ist eine Bitte, die Kinder zu erretten. Zu viele leben in Angst und Schmerz, einsam und mutlos. Kinder brauchen die Sonne. Sie brauchen Glück. Sie brauchen Liebe und Fürsorge. Sie brauchen Güte und Stärkung und Zuneigung. Jedes Zuhause, ganz gleich, wieviel seine Ausstattung gekostet hat, kann ein Umfeld der Liebe schaffen, das ein Umfeld der Errettung wird.” (Der Stern, Januar 1995, Seite 53.)

Die meisten Familienmitglieder sind draußen den vielen Kräften der Welt ausgesetzt, desgleichen den mächtigen Einfluß von Radio, Fernsehen, Videos, Kassetten usw., die wir nach Hause mitbringen.

Stellen Sie sich eine Familie vor, die sich um den Tisch versammelt hat, um zu essen - um über das Evangelium zu reden - um über die Generalkonferenz zu reden - um über den letzten Stern zu reden - um über die Schule und alles, was damit zu tun hat, zu reden - um über den Sonntagsschulunterricht zu reden - um sich gute Musik anzuhören - um über Jesus Christus und seine Lehren zu reden. Die Liste läßt sich beliebig erweitern. Nicht nur die Eltern, sondern alle Mitglieder der Familie tun gut daran, bei Tisch aufmerksam zuzuhören und darauf zu achten, daß jeder reichlich Gelegenheit hat, sich zu beteiligen.

Denken Sie daran, was eine Familie bewirken kann, wenn sie (ohne Fernsehen) um den Tisch herum niederkniet und betet, wenn sie um Hilfe fleht und dem Vater im Himmel für seinen Segen dankt, wenn alle Altersstufen lernen, wie wichtig der liebende Vater im Himmel ist. Wenn wir mit unseren Kindern beten, solange sie klein sind, werden wohl auch sie eines Tages mit ’ihren Kindern das Familiengebet halten.

Präsident Monson hat sehr zutreffend gesagt: „Der Herr hat uns mit den folgenden Worten angewiesen, das Familiengebet zu pflegen:, Betet in euren Familien immer in meinem Namen zum Vater, damit eure Frauen und Kinder gesegnet seien (3 Nephi 18:21.)

„Schauen wir uns doch gemeinsam eine typische Familie in der Kirche an, die zum Herrn betet. Vater, Mutter und Kinder knien nieder, sie neigen den Kopf und schließen die Augen. Ihr Zuhause ist von Liebe, Einigkeit und Frieden erfüllt. Der Vater hört seinen kleinen Sohn zu Gott beten, sein Papa möge das Rechte tun und dem Willen des Herrn gehorsam sein. Ob es einem solchen Vater wohl schwer fällt, das Gebet seines Sohns in Ehren zu halten? Die fünfzehnjährige Tochter hört, wie ihre geliebte Mutter zum Herrn fleht, ihre Tochter möge sich bei der Auswahl ihres Freundeskreises inspirieren lassen, damit sie einmal für eine Tempelehe bereit ist. Diese Tochter wird sicher darum bemüht sein, das demütige Flehen ihrer Mutter, die sie doch von Herzen liebt, zu respektieren. Wenn Vater und Mutter und alle Kinder aufrichtig darum beten, daß die Söhne der Familie würdig leben, damit sie, wenn die Zeit kommt, als Botschafter des Herrn auf eine Mission für die Kirche berufen werden können, können wir uns sicher vorstellen, wie solche Söhne zu starken jungen Männern heranwachsen, die von dem Wunsch beseelt sind, als Missionar zu dienen.” (Thomas S. Monson, Pathways to Perfection, Seite 26.)

Es wird häufig gesagt: „Wie könnten wir unsere Kinder und unsere Eltern in die Welt hinausschicken, ohne ihnen den Schutz des täglichen Familiengebets mitzugeben?” Kluge Eltern überdenken ihren Tagesplan und nehmen sich wenigstens einmal am Tag die Zeit, die Familie zum Beten zu versammeln. Schon die ganz Kleinen lernen bald, das Gebet zu sprechen, und sie lernen das Familiengebet schätzen.

Ich habe schon einmal gesagt: „Eine Familie soll glücklich sein, weil alle sich darum bemühen. Es heißt, jeder sei seines Glückes Schmied, und wir müssen uns bemühen, daß wir und unsere Kinder zu Hause glücklich sind und uns wohl fühlen. In einer glücklichen Familie dreht sich alles um die Lehren des Evangeliums. Darum müssen sich alle Beteiligten ständig bemühen.” (Der Stern, Januar 1991, Seite 11.)

Ein sehr beschäftigter Teenager in einer großen Familie beklagte sich darüber, daß das Familiengebet soviel Zeit beanspruchte. Die kluge Mutter ließ dann beim Beten absichtlich den Namen des Kindes aus, das sich beklagt hatte. Nach dem Beten sagte dieses so beschäftigte Kind dann: „Mutter, du hast mich beim Beten weggelassen!” Liebevoll erklärte die Mutter, sie sei nur auf die Beschwerde eingegangen. Da rief das Kind: „Laß mich nicht weg!”

Stellen Sie sich vor, wie die Familie um den Tisch herum sitzt - die heiligen Schriften sind aufgeschlagen, und man unterhält sich über die vielen Wahrheiten und Lehren, die dort zu finden sind! Dann ist es wirklich ein Tisch voller Liebe!

Die Pädagogen sind sich darin einig, daß die Kinder außerhalb der Schule mehr lesen müßten. Es ist ein Segen für unsere Kinder, wenn wir täglich am Küchentisch mit ihnen in den heiligen Schriften lesen.

Sie müssen sich vielleicht sehr umstellen und sorgfältig planen, damit Ihre Familie am Küchentisch zusammenkommen kann, aber was könnte wichtiger sein als die Einigkeit in der Familie, die geistige Entwicklung der Familie, die Brücken, die die Familienmitglieder zueinander bauen - indem sie reden, zuhören und antworten - und all das in Liebe. Erfolgreich sind wir vor allem dann, wenn wir uns immer wieder von neuem bemühen.

Es gibt in der heutigen Welt viele Kräfte, die darauf aus sind, die Familie und das Zuhause zu unterminieren. Kluge Eltern sind darum bemüht, die Familie zu stärken, die geistige Gesinnung zu fördern und sich auf Jesus Christus und den Besuch des Tempels zu konzentrieren. Präsident Hunter hat uns gesagt: „Ich bete, daß wir einander mit mehr Güte, mehr Höflichkeit, mehr Demut und Geduld und Vergebungsbereitschaft begegnen. Zweitens, und dies ist genauso wichtig, fordere ich die Mitglieder der Kirche auf: machen Sie den Tempel des Herrn zum großen Symbol Ihrer Mitgliedschaft, und zum himmlischen Ort, an dem Sie Ihre heiligsten Bündnisse eingehen. Ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, daß jedes Mitglied der Kirche würdig ist für den Tempel.” (Presseerklärung vom 6. Juni 1994.)

Diese Weisung von Präsident Hunter können wir beherzigen, nämlich durch das, was bei uns am Küchentisch geschieht.

Wir müssen einander zu Hause so begegnen, wie Goethe es einmal gesagt hat: „Wenn man einen Menschen so behandelt, wie er ist, dann bleibt er auch so. Wenn man ihn aber so behandelt, als wäre er schon so, wie er werden könnte, dann wird aus ihm auch das, was er werden soll.”

Präsident Boyd K. Packer hat einmal gesagt: „Wir bringen den Himmel zu uns nach Hause, indem wir dafür sorgen, daß jeder in der Familie in der Kirche aktiv ist. Dazu eignet sich natürlich vor allem der Familienabend - eine Versammlung zu Hause, die man so einrichten kann, daß man jedem gerecht wird; und er ist genauso eine Versammlung der Kirche - oder kann es zumindest sein - wie die Versammlungen im Gemeindehaus.” (Ensign, Begin Where You Are - At Home, Seite 71.) Das paßt zu dem, was Elder Dean L. Larsen einmal gesagt hat: „Unsere Kirchengebäude sind nicht die einzigen Orte, an denen wir Gott verehren können. Auch unser Zuhause soll ein solcher Ort sein. Es wäre doch schön, wenn wir jeden Tag nach Hause zur Kirche gehen könnten. Es dürfte keinen anderen Ort geben, wo der Geist des Herrn willkommener und leichter zu spüren ist als bei uns zu Hause.* (Genemlkonferenz, Oktober 1989.)

In dem Bemühen, all das in unserer Familie zu erreichen, tun wir gut daran, uns diese wichtige Aussage von Präsident Harold B. Lee vor Augen zu halten: „Das» Wichtigste, was wir jemals im Werk des Herrn tun können, ist das, was wir in unseren vier Wänden tun.”1

Ich fordere uns alle heute auf: sehen wir uns unser Zuhause und unseren Küchentisch gründlich an, und bemühen wir uns unablässig darum, den Himmel zu uns nach Hause zu bringen und „zu Christus zu kommen” (siehe Moroni 10:32). Im Namen Jesu Christi. Amen.