1990–1999
Die große Stärke der FHV
Oktober 1997


Die große Stärke der FHV

Mögen wir uns durch Studieren Kenntnisse aneignen. Mögen wir unser Zuhause zum Himmel auf Erden machen. Mögen wir voll Freude dienen.

Schwestern, Sie sind heute Abend zu einer der größten Versammlungen zusammengekommen, die die Schwestern von der FHV je hatten. Ihre Konferenz war erhebend und begeisternd.

Heute Abend findet die erste allgemeine Versammlung statt, die Ihre neue Präsidentschaft, Präsidentin Mary Ellen Smoot und ihre Ratgeberinnen, Virginia Jensen und Sheri Dew, ausgerichtet hat. Die früheren Präsidentschaften haben hervorragende Arbeit geleistet. Ihre Anwesenheit und ihr Dienst sind uns eine große Ehre.

Während ich mich auf diese Ansprache vorbereitet habe, ist mir ein Gedanke durch den Sinn gegangen. Ich möchte ihn folgendermaßen ausdrücken: Vergessen Sie die Vergangenheit nicht; lernen Sie daraus. Denken Sie über die Zukunft nach; bereiten Sie sich darauf vor. Leben Sie in der Gegenwart; dienen Sie darin. Darin liegt die große Stärke der FHV dieser Kirche.

Seit den Anfangstagen der Wiederherstellung legen die Propheten Nachdruck darauf, wie wichtig Ihre Organisation ist.

Präsident Brigham Young hat gesagt: „Also, Bischöfe, ihr habt doch alle eine kluge Frau. … Laßt sie in den Gemeinden eine FHV gründen. Wir haben unter uns viele talentierte Frauen, und wir möchten, daß sie uns in dieser Sache helfen. Manche meinen, das sei unwichtig, aber dem ist nicht so; ihr werdet feststellen, daß die Schwestern in dieser Bewegung die treibende Kraft sein werden.”1

Präsident Lorenzo Snow hat erklärt, daß die FHV als Beispiel für reinen Dienst vor Gott gelten kann. „Der Apostel Jakobus hat gesagt:, Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott … besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren/2 … Die Mitglieder der FHV führen gewiß in beispielhafter Weise ein reines Leben und verrichten einen makellosen Dienst vor Gott; sie dienen den Bedrängten, sie nehmen die Waisen und die Witwen liebevoll in den Arm, und sie bewahren sich vor jeder Befleckung durch die Welt. Ich kann bezeugen, daß es in der Welt keine reineren und gottesfürchtigeren Frauen gibt, als sie in den Reihen der FHV zu finden sind/’3

Ich kann bezeugen, daß Präsident Snows Worte wahr sind. Die FHV besteht seit jeher aus Frauen, die andere an die erste Stelle setzen und sich selbst an die letzte. Ich weiß noch, wie es während der Weltwirtschaftskrise war, als ich noch ein kleiner Junge war und meine Mutter die Sekretärin der Gemeinde-FHV-Leitung war. Damals wurde noch ein Mitgliedsbeitrag erhoben, damit man den Bedürftigen helfen konnte. Mutter war eigentlich keine Buchhalterin, deshalb half mein Vater ihr. Die einzelnen Beiträge betrugen nicht einmal einen Dollar, sondern eher einen Vierteldollar, zehn Cent, fünf Cent oder auch nur zwei, drei Cent.

Ich habe von meiner Mutter viel gelernt. Ich muß ein sehr aktiver Junge gewesen sein, denn Mutter sagte immer zu mir: „Mach doch mal ein bißchen langsamer, du führst ja schon fast einen Veitstanz auf!” Ich wußte gar nicht, was ein Veitstanz war. Ich wußte nur, daß Mutter sagte, daß ich nahe daran war - und so, wie sie es sagte, mußte es sich um eine schreckliche Krankheit handeln.

Da wir bloß ein, zwei Straßen von den Eisenbahnschienen entfernt wohnten, kamen häufig arbeitslose Männer, die kein Geld für Essen hatten, aus dem Zug zu unserem Haus und baten um etwas Essen. Sie waren immer höflich. Sie boten an, für das Essen zu arbeiten. Mir hat sich unauslöschlich das Bild eingeprägt, wie ein magerer und hungriger Mann mit dem Hut in der Hand an unserer Küchentür stand und um Essen bettelte. Mutter hieß einen solchen Besucher immer willkommen und führte ihn an die Spüle, damit er sich waschen konnte, während sie ihm etwas zu essen machte. Sie war nie geizig, was die Qualität oder die Menge betraf; der Besucher aß genau das gleiche Mittagessen wie mein Vater. Während er das Essen verschlang, nahm Mutter die Gelegenheit wahr, ihm zu raten, er möge nach Hause zu seiner Familie zurückkehren. Wenn er vom Tisch aufstand, war er an Körper und Geist gestärkt worden. Diese Männer bedankten sich immer. Und die Tränen in ihren Augen sprachen leise von der Dankbarkeit in ihrem Herzen.

Aber wie steht es heute? Gilt es heute keine Hungrigen zu speisen? Gibt es keine Grüße auszurichten? Gibt es keine Besuche zu machen? Wenn ich über die FHV von heute nachsinne, von Demut erfüllt, weil ich zu Ihnen sprechen darf, bitte ich den himmlischen Vater, er möge mich führen.

In diesem Sinn möchte ich gern jedem Mitglied der FHV in der ganzen Welt drei Ziele ans Herz legen, die Sie erfüllen sollten:

  1. Eignen Sie sich durch Studieren Wissen an.

  2. Machen Sie Ihr Zuhause zum Himmel auf Erden.

  3. Dienen Sie voll Freude.

Betrachten wir doch diese drei Ziele. Erstens: Eignen Sie sich durch Studieren Wissen an. In einer sehr wichtigen Offenbarung, die von universeller Bedeutung ist, hat der Herr verkündet: „Und da nicht alle Glauben haben, so sucht eifrig und lehrt einander Worte der Weisheit; ja, sucht Worte der Weisheit aus den besten Büchern; trachtet nach Wissen, ja, durch Lerneifer und auch durch Glauben.”4

Eider Adam S. Bennion, der vor einigen Jahrzehnten Mitglied des Rates der Zwölf und ein sehr gebildeter Lehrer und Führer war, hat gesagt: „Möge Gott uns helfen, den Wert wahrer Bildung zu erkennen. Wenn wir in diesem Gebäude wären und nur ein einziges Fenster hätten, so sähen wir nur eine Ecke des Universums. Jemand, der keine Bildung hat, betrachtet das Leben durch das kleine Fenster seiner begrenzten Erfahrung. Es ist die Aufgabe der Bildung, das Gebäude des Lebens mit Fenstern auszustatten, damit wir das Universum aus allen Blickrichtungen betrachten können.

Wenn wir diese Welt verlassen haben, treten wir in den Himmel, in die höhere Schule, ein, und ich hoffe, daß wir alle dort eingelassen werden, daß man über uns sagen kann:, Dieser Mann beziehungsweise diese Frau hat in der Schule des Lebens alle Möglichkeiten, die sich ihm beziehungsweise ihr geboten haben, wahrgenommen.’ ”5

Ein Beispiel dafür, wie an die Stelle eines schmalen Fensters ein weiter, unbegrenzter Ausblick trat, hat sich vor ein paar Jahren in Monroe, Louisiana, zugetragen. Ich befand mich nach einer Regionsversammlung auf dem Heimweg und lernte eine nette afroamerikanische Schwester kennen, die auf mich zukam und fröhlich sagte: „Präsident Monson, bevor ich Mitglied der Kirche und der FHV war, konnte ich nicht lesen und schreiben. Niemand in meiner Familie konnte lesen und schreiben. Wir waren alle arme Erntearbeiter. Aber meine weißen Schwestern in der FHV haben mich Lesen gelehrt. Sie haben mich Schreiben gelehrt. Jetzt helfe ich mit, andere weiße Schwestern Lesen und Schreiben zu lehren.” Ich sann darüber nach, wie überaus glücklich sie gewesen sein muß, als sie die Bibel aufschlug und zum ersten Mal diese Worte des Herrn las: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.”6

An jenem Tag in Monroe, Louisiana, habe ich durch den Geist die Bestätigung Ihres hohen Ziels erhalten, nämlich Ihren Schwestern zu helfen, Lesen und Schreiben zu lernen.

Jede von Ihnen, ob alleinstehend oder verheiratet, unabhängig von Ihrem Alter, hat die Möglichkeit, zu lernen und geistig zu wachsen. Erweitern Sie Ihre Kenntnisse, und zwar in intellektueller und in geistiger Hinsicht, bis zum vollen Maß Ihres gottgegebenen Potentials.

Der Heilige Geist wird Ihnen ein beständiger Führer sein, wenn Sie schwere Entscheidungen zu treffen haben. „Denn diejenigen, die weise sind, … und die sich den Heiligen Geist als Führer genommen haben, … werden … den Tag aushaken.”7

Seien Sie Ihren Idealen treu, denn „Ideale sind wie Sterne; man kann sie nicht mit den Händen fassen. Aber … wenn man ihnen folgt, wird man sein Ziel erreichen.”8

In den nächsten beiden Jahren werden die Mitglieder der FHV und die Träger des Melchisedekischen Priestertums, wie Schwester Smoot schon erklärt hat, jeder die Lehren Brigham Youngs studieren. Der Leitfaden ist sorgfältig erarbeitet worden; er ist schön gedruckt und gebunden, und er enthält hochrelevante Aussagen, die es zu erörtern gilt. Das Unterrichtsmaterial wird an zwei Sonntagen im Monat in der FHV und in der Versammlung der Träger des Melchisedekischen Priestertums durchgenommen. An den übrigen Sonntagen wird auf die üblichen Belange der Arbeit der FHV und der Priestertumskollegien eingegangen.

Vor Jahren habe ich in der Sechsten Gemeinde im Pioneer-Pfahl in Salt Lake City ein Foto von einer Sonntagsschulklasse gesehen. Das Foto wurde 1905 aufgenommen. In der ersten Reihe saß ein süßes Mädchen, das die Haare zu Zöpfen gebunden hatte. Sie hieß Belle Smith. Später, als Belle Smith Spafford, die FHV- Präsidentin, schrieb sie: „Nie haben die Frauen größeren Einfluß gehabt als in der heutigen Welt. Nie standen ihnen die Türen

großer Chancen weiter offen. Wir leben in einer verlockenden Zeit, die uns Frauen begeistert und uns vor große Herausforderungen stellt. Es ist eine Zeit reichen Lohns, wenn wir das Gleichgewicht wahren, die wahren Werte des Lebens lernen und unsere Prioritäten weise festlegen.”9

Meine lieben Schwestern, heute ist Ihr Tag und Ihre Zeit. Die heiligen Schriften zieren unsere Bücherregale. Achten Sie darauf, daß sie unserem Sinn Nahrung geben und unserem Leben Weisung. Unser Ziel: Eignen Sie sich durch Studieren Wissen an.

Zweitens: Machen Sie Ihr Zuhause zum Himmel auf Erden.

Präsident George Albert Smith hat 1945 in einer allgemeinen Versammlung der Generalkonferenz, etwa einen Tag nach der FHV-Konferenz, gesagt: „Gestern war dieses Haus voller Töchter Zions, und ich sage ohne Zögern, daß man in der ganzen Welt kein schöneres Bild von Frauen finden kann, als wir gestern Nachmittag in der Konferenz der FHV der Kirche gesehen haben. Diese treuen Ehefrauen, diese treuen Töchter tragen unermüdlich ihren Teil der Last. Sie machen ihr Zuhause zum Himmel auf Erden.”10

Meine lieben Schwestern, das Zuhause - jener wundervolle Ort - soll ein Zufluchtsort sein, ein Stück Himmel, wo der Geist des Herrn wohnen kann.

Allzu häufig unterschätzen die Frauen ihren guten Einfluß. Sie können sich gut an die Formel halten, die der Herr vorgegeben hat, nämlich: „Errichtet ein Haus, nämlich ein Haus des Betens, ein Haus des Fastens, ein Haus des Glaubens, ein Haus des Lernens, ein Haus der Herrlichkeit, ein Haus der Ordnung, ein Haus Gottes.”11

In einem solchen Haus finden wir glückliche, lächelnde Kinder, die in Wort und Tat in der Wahrheit unterwiesen werden. In einem Zuhause von Heiligen der Letzten Tage sind Kinder nicht einfach geduldet, sondern willkommen; es wird ihnen nicht befohlen, sondern sie werden angespornt; sie werden nicht angetrieben, sondern geführt; sie werden nicht vernachlässigt, sondern geliebt.

Die Jahre vergehen, und die Kinder werden unabhängiger. Sie entfernen sich aus der Obhut ihrer Mutter, aber sie werden noch immer von den Lehren ihrer Mutter, vom Beispiel ihrer Mutter und von der Liebe ihrer Mutter beeinflußt. Bei manchen sieht es, aufgrund ihres Verhaltens, so aus, als hätten sie diesen Einfluß vergessen. So weit der Wanderer sich aber auch vom heimischen Herd entfernt, das Wort Mutter bringt ihn im Geist und

in den Gefühlen wieder nach Hause. Und die Mutter heißt ihn, wie immer, mit offenen Armen willkommen.

Präsident Stephen L Richards hat gesagt: „Die verschiedenen Organisationen der Kirche, … so viel Gutes sie auch leisten mögen, können in keiner Hinsicht den Platz der Familie einnehmen. Sie können die Eltern nicht ersetzen. … Ich glaube an die Familie als die Grundlage der Gesellschaft, als den Eckstein des Volkes, als die vorrangige Institution der Kirche. Ich kann mir kein großes Volk ohne große, gute Familien vorstellen. Ich glaube, die erste Berufung von Mann und Frau besteht darin, eine gute Familie zu schaffen.”12

In einer FHV-Konferenz hat Schwester Belle Spafford 1953 gesagt: „Mutter, du mußt dein Zeugnis spüren, ehe du deine Kinder beeinflussen und ihnen dieses Zeugnis vermitteln kannst.”13

Es gibt in der FHV viele Frauen, die nicht verheiratet sind. Tod, Scheidung und auch mangelnde Gelegenheit, zu heiraten, machen es in vielen Fällen erforderlich, daß eine Frau allein dasteht. In Wirklichkeit braucht sie aber nicht allein dazustehen, denn der himmlische Vater steht ihr liebevoll zur Seite und gibt ihr Weisung und schenkt ihr in jenen stillen Augenblicken, wo sie sich einsam fühlt und Anteilnahme braucht, Frieden und Zuversicht.

Präsident Joseph Fielding Smith hat den alleinstehenden Schwestern, die nie die Möglichkeit hatten, zu heiraten, folgendes verheißen: „Wenn Sie im Herzen spüren, daß das Evangelium wahr ist, und wenn Sie unter den entsprechenden Bedingungen diese heiligen Handlungen und siegelnden Segnungen im Tempel des Herrn empfangen würden, und wenn Sie daran glauben, darauf hoffen und es sich wünschen und Ihr Wunsch jetzt nicht in Erfüllung geht, wird der Herr das wettmachen, und Sie werden gesegnet denn es wird Ihnen kein Segen vorenthalten bleiben.”14

Machen wir unser Zuhause zum Himmel auf Erden.

Ziel Nummer drei: Dienen Sie voll Freude. Der Prophet Joseph Smith hielt fest, daß er am 24. März 1842 die Einladung angenommen hatte, die FHV zu besuchen, „deren Ziel es ist, den Armen, den Notleidenden, der Witwe und dem Waisenkind zu helfen und alle guten Zwecke zu unterstützen. … [Die Schwestern der FHV] werden eilen, um dem Fremden beizustehen; … sie werden die Tränen des Waisenkinds trocknen und dem Herz der Witwe Freude schenken”.15

Manchmal ist der Ruf zum Dienen, der an ein Mitglied der FHV ergeht, ein bißchen ungewöhnlich. Von einem solchen Auftrag möchte ich Ihnen abschließend erzählen.

Als ich Bischof der Siebenundsechzigsten Gemeinde in Salt Lake City war, damals, als es noch das Relief Society Magazine, die Zeitschrift der FHV, gab, fiel mir auf, daß die Zahl der Abonnements für diese Zeitschrift sehr niedrig war. Gebeterfüllt überlegten meine Ratgeber und ich, wen wir als Beauftragte für diese Zeitschrift berufen konnten, und die Inspiration gebot uns, Elizabeth Keachie diesen Auftrag zu erteilen. Sie nahm die Berufung an. Sie und ihre Schwägerin Heien Ivory, auch ein Mitglied der Gemeinde, begannen eine Umfrage in der ganzen Gemeinde, von Straße zu Straße. Das Ergebnis war phänomenal. Wir hatten mehr Abonnements für die FHV-Zeitschrift als alle übrigen Einheiten im Pfahl zusammengenommen.

Ich gratulierte Elizabeth Keachie eines Sonntagsabends und sagte zu ihr: „Ihre Arbeit ist getan.” Sie erwiderte: „Noch nicht, Bischof. Es gibt noch zwei Straßenblöcke, wo wir noch nicht waren.” Als sie mir sagte, um welche Straßenblöcke es sich handelte, sagte ich: „Aber Schwester Keachie, da wohnt doch niemand. Das ist ein Industriegebiet.”

„Das macht nichts”, sagte sie. „Ich werde mich besser fühlen, wenn ich hingehe und selbst nachsehe.”

Schwester Keachie und Schwester Ivory gingen dann an einem regnerischen Tag

diese beiden letzten Straßenblöcke ab, entdeckten aber keine Wohnhäuser. Als sie schließlich die Suche beenden wollten, fiel ihnen eine Einfahrt auf, die wegen des kürzlichen Sturms noch voller Lehmpfützen war. Schwester Keachie blickte die Einfahrt hinunter und konnte bloß am Ende, etwa zwanzig Meter entfernt, eine Garage mit einer Gardine am Fenster ausmachen.

Die beiden Schwestern beschlossen, dort nachzusehen, und so gingen sie durch den Schlamm bis zu einem Punkt, von dem aus sie die ganze Garage sehen konnten. Jetzt bemerkten sie auch eine Tür, die von der Straße aus nicht zu sehen gewesen war, und einen Schornstein, von dem Rauch aufstieg.

Sie klopften an die Tür. Ein Mann von etwa fünfundsechzig Jahren, William Ringwood, machte auf. Sie erzählten ihre Geschichte davon, daß jede Familie die Zeitschrift der FHV brauche. William Ringwood erwiderte: „Da fragen Sie besser meinen Vater.” Und der dreiundneunzig Jahre alte Charles W. Ringwood kam zur Tür und hörte sich an, was sie zu sagen hatten, und bestellte ein Abonnement.

Elizabeth Keachie berichtete mir von der Existenz dieser beiden Männer in unserer Gemeinde. Als ich bei der Abteilung Mitgliedsscheine im Büro der Präsidierenden Bischofschaft ihre Mitgliedsscheine anforderte, erfuhr ich, daß die Mitgliedsscheine seit vielen Jahren bei der Präsidierenden Bischofschaft in der Ablage für verlorengegangene Mitglieder gelegen hatten.

Am Sonntagmorgen brachte Elizabeth Keachie Charles und William Ringwood zur Priestertumsversammlung - es war seit langer Zeit das erste Mal, daß sie wieder ein Gemeindehaus betraten. Charles Ringwood war der älteste Diakon, der mir je begegnet war, und sein Sohn war das älteste männliche Mitglied ohne Priestertum, das mir je begegnet war.

Der ältere Bruder Ringwood wurde zum Priester und dann zum Ältesten ordiniert. Ich werde nie das Interview für den Tempelschein vergessen, das ich mit ihm geführt habe. Er gab mir einen Silberdollar, den er aus einer alten, abgewetzten Lederbörse nahm, und sagte: „Das ist mein Fastopfer.” Ich sagte: „Bruder Ringwood, Sie schulden uns kein Fastopfer. Sie brauchen es selbst.” „Ich möchte aber die Segnungen haben und nicht das Geld behalten”, erwiderte er. Ich durfte mit Charles Ringwood in den Salt-Lake-Tempel gehen und mit ihm an der Begabungssession teilnehmen. An jenem Abend diente Elizabeth Keachie als Stellvertreterin für die verstorbene Schwester Ringwood.

Zum Abschluß der Zeremonie sagte Charles Ringwood zu mir: „Ich habe meiner Frau, als sie vor sechzehn Jahren starb, gesagt, ich würde diese Arbeit nicht aufschieben. Ich bin froh, daß ich es endlich geschafft habe.”

Nach zwei Monaten starb Charles W. Ringwood. Bei der Beerdigung sah ich seine Familie, die in der ersten Reihe der Friedhofskapelle saß, aber ich sah auch zwei liebe Frauen, die weiter hinten saßen - Elizabeth Keachie und Heien Ivory. Ich sah diese beiden lieben Frauen und dachte an den 76. Abschnitt des Buches Lehre und Bündnisse: „Ich, der Herr, bin barmherzig und gnädig zu denen, die mich fürchten, und es freut mich, die zu ehren, die mir in Rechtschaffenheit und Wahrheit bis ans Ende dienen. Groß wird ihr Lohn sein und ewig ihre Herrlichkeit.”16 Ich bezeuge, daß uns das Dienen wirklich Freude bereiten kann.

Meine Schwestern, mögen wir uns durch Studieren Kenntnisse aneignen. Mögen wir unser Zuhause zum Himmel auf Erden machen. Mögen wir voll Freude dienen. Dann werden wir erleben, wie sich diese Verheißung des Herrn erfüllt: „Ich, der Herr, habe Wohlgefallen.”17

Im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Ausführungen von Brigham Young, 8. Dezember 1867.

  2. Jakobus 1:27.

  3. The Teachings ofLorenzo Snow, Hg. Clyde J. Williams, 1984,143.

  4. LuB 18:118.

  5. Relief Society Magazine, Juni 1920, 338.

  6. Matthäus 11:28-30.

  7. LuB 45:57.

  8. Carl Schurz, 1859, in Bartlett’s Familiär Quotations, 15. Auflage, 1980, 602.

  9. A Woman’s Reach, 1974, 21.

  10. Conference Report, Oktober 1945,23.

  11. LuB 88:119.

  12. Conference Report, Oktober 1921,197f.

  13. Zitiert in David O. McKay, ”Woman’s Influence”, Relief Society Magazine, Dezember 1953, 791.

  14. Joseph Fielding Smith, Doctrines of Salvation, 2:67.

  15. History of the Church, 4:567f.

  16. LuB 76:5,6.

  17. LuB 1:30.