1990–1999
Liebe und Dienen
April 1999


Liebe und Dienen

Ich möchte Sie alle daran erinnern, daß wir … dringend Missionarsehepaare brauchen… . Wenn Sie Rentner sind und sich fragen, was Sie mit Ihren verbleibenden Jahren anfangen wollen: da draußen wartet eine aufregende Welt auf Sie.

Liebe Brüder und Schwestern, heute ist ein herrlicher Tag. Es ist ein wundervoller Tag, wir leben in einer wundervollen Zeit, und es ist wundervoll, in dieser Zeit Mitglied der Kirche zu sein.

Ich sehe zwar nicht mehr so gut wie früher, aber je älter ich werde, desto besser kann ich auch wieder sehen, und ich sehe das Große und Ganze wieder deutlicher. Ich sehe Ruby hier sitzen, meine Liebe Frau; dieses Jahr feiern wir unseren 69. Hochzeitstag. Und so ist mein Herz heute von Dankbarkeit für die Segnungen erfüllt, die ich erhalten habe, auch für den Einfluß, den die Kirche auf mich und mein Leben hatte, mit Ruby an meiner Seite, und für unsere Söhne Bruce und Robert und unsere Tochter Karen und ihre Familie. Ich kann mir auch vorstellen, wie jetzt gerade nicht nur hier in Utah, sondern auch in Kalifornien und in Texas und in North Carolina und in Boston unsere Urenkelkinder vor dem Fernseher sitzen. Und wahrscheinlich sagen sie: “Der alte Mann da oben ist Opa. Er sieht ja ein bißchen alt aus, aber er ist trotzdem unser Opa.” Und ihnen allen sage ich: Ich habe euch lieb und bin dankbar für euch.

Ich werde immer älter und blicke auf die Welt und auf mein Leben zurück, und dabei wird mir bewußt: wirklich ausschlaggebend sind die Liebe, die wir geben, und der Dienst, den wir leisten.

Vor ein paar Jahren war ich mit dem Flugzeug nach Hause unterwegs, nachdem ich einen Auftrag ausgeführt hatte, und wir waren fast angekommen, da kam die Stewardess noch einmal vorbei und fragte, was wir trinken wollten. Ich sagte, ich hätte gern ein 7-Up oder etwas dergleichen.

Sie brachte mir das Getränk, und dabei fiel ihr meine Krawattennadel auf. Auf meiner Krawattennadel, die ich hier in der Hand habe ­ wir haben diese vor Jahren in der Schottischen Mission verwendet ­ ist das Wappen der englischen Königsfamilie abgebildet. Aber mitten in dem Wappen hatten wir den London-Tempel abgebildet. Auf der Krawattennadel war also der Tempel mit dem Wappen zu sehen. Als die Stewardess mir das Glas 7-Up reichte, sagte sie: “Das ist aber eine ungewöhnliche Krawattennadel. Was ist das darauf?”

Ich sagte: “Das ist ein Tempel.”

Und die junge Frau fragte: “Ein Tempel? Was für ein Tempel?”

Ich antwortete: “Ein Tempel des Herrn.”

Und sie sagte: “Ein was?”

Ich sagte: “Es ist ein Tempel des Herrn.”

Ich sah, daß sie interessiert war, und sie fragte: “Zu welcher Kirche gehören Sie?”

Ich erzählte ihr von unserer Kirche, und dann sagte ich, weil ich sehen konnte, daß Interesse da war: “Wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Adresse geben, schicke ich Ihnen ein paar junge Männer, die Sie besuchen und Ihnen von diesem Tempel und vom Tempel ganz allgemein etwas erzählen.”

Sie sah mich etwas merkwürdig an und ging weg. Nach ein paar Augenblicken kam sie zurück und gab mir einen kleinen Zettel mit ihrem Namen, Penny Harryman, mit einer Adresse in Los Angeles.

Ich rief den Missionspräsidenten an und sagte ihm, wie üblich: “Schicken Sie zwei von Ihren besten hin. Ich möchte, daß Sie hingehen und sich mit dieser jungen Dame unterhalten”, schließlich hatte ich ihr gesagt: “Ich schicke Ihnen ein paar junge Männer, und wenn Sie tun, worum sie Sie bitten, und ihnen zuhören, können Sie die größten Segnungen erhalten, die Sie sich nur vorstellen können.”

Etwas über ein Jahr darauf erhielt ich eines Tages in meinem Büro einen Anruf, und eine Mädchenstimme sagte: “Ich bin Penny Harryman. Erinnern Sie sich noch an mich?”

Ich antwortete: “Natürlich.”

Sie sagte: “Könnten Sie es einrichten, meinen Verlobten und mich im Salt-Lake-Tempel zu trauen, wenn wir den Termin mit Ihnen absprechen?”

Ich antwortete: “Natürlich könnte ich das.”

Und während ich diese junge Dame an den jungen Mann siegelte, den sie durch die Kirche kennengelernt hatte, ging ihre Mutter, wie ich später erfuhr, auf dem Tempelplatz in Salt Lake umher und fragte sich, was wir im Tempel mit ihrer Tochter anstellten, weil sie ja nicht hinein durfte.

Im Lauf der Zeit sind die Liebe, die wir geben, und der Dienst, den wir leisten, das, was überhaupt zählt.

Wir wissen alle, wem der Erretter nach der Auferstehung erschienen ist ­ einmal erschien er Petrus und den Fischern am Ufer des Sees von Galiläa. Es war offensichtlich sehr früh am Morgen, und er rief ihnen zu und fragte sie, ob sie erfolgreich gewesen seien. Sie sagten nein, und er sagte ihnen, sie sollten ihr Netz auf der anderen Seite auswerfen. Und, Johannes schildert es so wundervoll, sie warfen ihre Netze aus und hatten reichlich Fische darin.

Der Erretter war zur Stelle. Sie machten Feuer, so schreibt Johannes, und aßen Fisch und Brot. Und der Erretter sagte zu Petrus: “Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?” (Johannes 21:15; siehe auch Vers 1­17.) Zweifellos zeigte er dabei auf die Fische, die wahrscheinlich noch im Netz zappelten.

“Liebst du mich mehr als diese?” Sie waren arm. Sie konnten die Fische nehmen und sie verkaufen, sie für Geld verkaufen, etwas damit anfangen.

Petrus sagte ­ und deutete damit an, daß der Erretter alles weiß: “Du weißt, daß ich dich liebe.” Und der Erretter sagte zu Petrus: “Weide meine Lämmer!”

Dann fragte der Erretter Petrus zum zweiten Mal: “Liebst du mich?” Jetzt war Petrus traurig, weil der Erretter ihn zum zweiten Mal gefragt hatte, und der Erretter sagte: “Weide meine Schafe!” (Vers 16.)

Dann fragte er ihn zum dritten Mal: “Liebst du mich? … Weide meine Schafe!” (Vers 17.)

Was tun wir? Dieser heutige Tag ist uns allen so kostbar, wir feiern die Auferstehung, wir verkünden sie und lehren sie, denn der Erretter hat die Fesseln des Todes gesprengt ­ was tun wir nun, und wie beweisen wir dem Erretter, daß wir ihn lieben? Doch durch unseren Gehorsam und unseren Dienst und das, was wir mit der Zeit, die uns zur Verfügung steht, anfangen?

Ich habe vor kurzem von einem Pfahlpräsidenten aus der Gegend von Phoenix in Arizona einen interessanten Brief erhalten. Er fragte, ob ich irgendwann kommen könne, dann wolle er eine Fireside veranstalten. Er wollte, daß ich zu den “Snowbirds” (“Schneevögeln”; Anm.d.üb.) sprach. Er erklärte, jeden Winter kämen Hunderte von Menschen aus verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten, eben diese “Snowbirds”, mit dem Flugzeug nach Arizona, um dort die Wintermonate zu verbringen. Und er schrieb: “Es sind Rentner, wundervolle, hochqualifizierte Menschen. Sie kommen und sind jetzt in den Gemeinden.” Wenn man ein “Snowbird” ist, kann man nämlich einen Teil des Jahres in Arizona verbringen und die übrige Zeit anderswo, es steht einem gewissermaßen frei, wo man sich aufhält.

Ich möchte Sie alle daran erinnern, daß wir jetzt, wo das Missionsprogramm sich so rasant ausbreitet, draußen in der Welt dringend Missionarsehepaare brauchen, die mithelfen, die Zweige und Pfähle in der ganzen Welt zu stärken, da immer mehr Menschen zur Kirche kommen.

Sie haben wahrscheinlich alle davon gehört, wie es in der Mongolei war, als Ken Beesley dort war und dem Staat half, eine Hochschule einzurichten. Er erklärte ihnen, wie sie den Lehrplan und die Verwaltung einrichten sollten, und öffnete damit auch der Kirche eine Tür.

Sie haben wahrscheinlich auch von Präsident Gary Cox und seiner Frau, Schwester Joyce Cox, gehört, die als Missionare dorthin berufen wurden. Er wurde später Missionspräsident, und sie haben dort einen wundervollen Dienst geleistet.

Dann kamen Dr. John Bennett und seine Frau Carolyn, die auch in der Mongolei gedient haben. Sie hatten gemeint, sie würden auf die Kanarischen Inseln berufen, weil jemand sie dorthin eingeladen hatte, aber dann kam die Missionsberufung in die Mongolei. Sie staunten. Ich las später von dem, was sie in der Mongolei erlebt hatten, von den Menschen, die sie beeinflußt hatten, von dem Dienst, den sie geleistet hatten. In der Zeit starb zwar ein Bruder, und einige ihrer Kinder heirateten und hatten ihren Hochzeitsempfang, aber sie sagten: “Wir haben telefonisch den Kontakt aufrecht erhalten, während wir all dies erlebten.”

Denken Sie an das, was jetzt in der Mongolei geschehen ist, wo wir inzwischen rund 1300 Mitglieder und neun Zweige haben.

Ich denke auch an Bruder Ken Woolstenhulme und seine Frau Karen, hier aus Oakley, Utah, die irgendwohin wollten, wo etwas los war. Sie wurden nach Perth in Australien geschickt. Jetzt sind sie in einem kleinen Zweig, etwas über 300 Meilen nördlich von Perth, in einem Gebiet, wo sie viel Aufregendes erleben, worüber sie schreiben und wovon sie erzählen. Sie erleben jetzt mit, wie die Kirche sich in dem Teil der Welt entwickelt.

Wenn Sie Rentner sind und sich fragen, was Sie mit Ihren verbleibenden Jahren anfangen wollen: da draußen wartet eine aufregende Welt auf Sie. Ich denke da an Talmage Nielsen in Salt Lake City, einen Arzt im Ruhestand, und seine Frau, die in Südamerika und in Frankfurt auf Mission waren und dort bei medizinischen Problemen behilflich waren. Sie waren auch bei medizinischen Problemen in Rußland behilflich. Sie kamen nach Hause und hatten gerade genug Zeit, um ihren Enkelkindern zur Begrüßung und zum Abschied einen Kuß zu geben, dann wurden sie berufen, auf Hawaii zu dienen, wo er Leiter des Informationszentrums war. Ich weiß, daß sie auf diesen drei Missionen viel Aufregendes und Wundervolles erlebt haben und daß sie reich gesegnet worden sind.

Als ich mich vor kurzem mit ihm unterhielt, fragte ich ihn: “Was hast du denn jetzt mit deiner verbleibenden Lebenszeit vor?”

Er antwortete: “Na ja, ich bin 72.”

Und ich sagte: “72 bist du? Dann habe ich 20 Jahre Vorsprung! Und wenn ich an das denke, was ich in den letzten 20 Jahren erlebt habe, Talmage, stelle dir doch mal vor, was du noch alles tun kannst, wenn du in die Welt hinausgehst.”

Ich gebe Ihnen mein Zeugnis, mein Zeugnis davon, daß das Evangelium wahr ist, daß Gott lebt, daß er unser Vater ist und daß er auf manch wundervolle Weise zu unserem Herzen spricht und uns bewußt macht, daß dieses Werk wahr ist. Wir spüren es, und wir spüren seine Liebe und seine Barmherzigkeit, die uns alle einschließt.

Mögen wir nach den Grundsätzen des Evangeliums leben. Mögen wir unsere Zeit sinnvoll nutzen, alle Zeit, die wir haben. Darum bete ich von Herzen, und ich lasse Ihnen meine Liebe und mein Zeugnis davon, daß dieses Werk wahr ist. Im Namen unseres Herrn und Erretters, im Namen Jesu Christi, amen.