2000–2009
Eine Brücke des Glaubens errichten
Oktober 2001


Eine Brücke des Glaubens errichten

Mittels des Zeugnisses offenbart Gott den Menschen die Wahrheit. In den meisten Fällen ist das so. Das ist kein neues oder merkwürdiges Phänomen, sondern so alt wie das Menschengeschlecht.

Vor einhundertsechsundsiebzig Jahren hat ein Ereignis stattgefunden, äs zu den Grundlagen der Wiederherstellung des Evangeliums in diesen, den Letzten Tagen, gehört. Es ist meiner Meinung nach das bedeutsamste Ereignis in dieser Welt, seit der Sohn Gottes als auferstandenes Wesen aus dem Grab hervorgekommen ist. Ich meine die himmlische Vision, die der Prophet Joseph Smith hatte. Ich möchte seine Worte vorlesen:

„Es war an einem strahlend schönen Morgen in den ersten Frühlingstagen des Jahres 1820. Zum erstenmal in meinem Leben unternahm ich so einen Versuch, denn bei all meiner Unruhe hatte ich doch noch nie versucht, laut zu beten.

Nachdem ich mich an den Ort zurückgezogen hatte, den ich vorher dazu ausersehen hatte, blickte ich um mich und sah, daß ich allein war. Ich kniete nieder und fing an, Gott meinen Herzenswunsch vorzutragen.”

Er schildert dann einige Augenblicke schwerster geistiger Not, die ihn davon überzeugten, daß die Mächte des Bösen real und daß sie mächtig sind. Dann fährt er fort:.

„Ich sah gerade über meinem Haupt eine Säule aus Licht, heller als die Sonne, allmählich herabkommen, bis es auf mich fiel.

Kaum war es erschienen, da fühlte ich mich auch schon von dem Feind befreit, der mich gebunden gehalten hatte. Als das Licht auf mir ruhte, sah ich zwei Gestalten von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!”1

Dieses eine Ereignis änderte die Zukunft der Welt. Damit, daß Gott der Vater und der Sohn dem jungen Propheten erschienen, begann die Evangeliumszeit der Fülle. Und es kam darin Gottes Liebe zu seinen Kindern zum Ausdruck. Die Welt war für immer anders.

Wie kann man mit Gewißheit wissen, daß Joseph Smith tatsächlich Gott den Vater und den Sohn gesehen und mit

ihnen gesprochen hat? Wie kann man sich dessen vergewissern, daß unsere kühne Behauptung, nämlich daß Gott heute durch seine Propheten zur Welt spricht, wahr ist? Gott hat es möglich gemacht.

Präsident Gordon B. Hinckley hat über die überirdische Herrlichkeit der ersten Vision folgendes gesagt: „Es ist schon viel geschrieben worden und wird noch viel geschrieben werden, um sie wegzuerklären. Der begrenzte Verstand kann sie nicht begreifen. Aber das Zeugnis des Heiligen Geistes, das zahllose Menschen in all den Jahren erhalten haben, die seitdem vergangen sind, steht als Zeugnis dafür, daß es wahr ist, daß es wirklich so geschehen ist, wie Joseph Smith es gesagt hat, daß es so wirklich war wie der Sonnenaufgang über Palmyra, daß dies ein wesentlicher Grundstein ist, ein Eckstein, ohne den die Kirche nicht zusammengehalten werden könnte.”2

Ich wiederhole: das Zeugnis des Heiligen Geistes bezeugt, daß es wahr ist. Mittels dieses Zeugnisses offenbart Gott den Menschen die Wahrheit. In den meisten Fällen ist das so. Das ist kein neues oder merkwürdiges Phänomen, sondern so alt wie das Menschengeschlecht. In den heiligen Schriften findet sich eine Fülle von Beispielen dafür, wie Gott mit den Menschen spricht. Durch Offenbarung erfuhren Adam und Henoch und Noach und Abraham und Mose und alle glaubenstreuen Heiligen aus früheren Tagen Heiliges.

Nephi hat sein Volk in alter Zeit diesen Grundsatz gelehrt. Er hat gesagt:

„Nun aber kann ich, Nephi, nicht alles niederschreiben, was unter meinem Volk gelehrt worden ist; ich bin auch nicht so mächtig im Schreiben, wie ich es im Sprechen bin; denn wenn jemand durch die Macht des Heiligen Geistes spricht, so trägt die Macht des Heiligen Geistes es den Menschenkindern ins Herz.

Aber siehe, es gibt viele, die das Herz gegen den Heiligen Geist verhärten, so daß er keinen Platz in ihnen hat; darum werfen sie vieles weg, was geschrieben ist, und achten es für nichts.”3

Der Heilige Geist lehrt nicht die Stolzen, die Unbelehrbaren, die Gleichgültigen oder die Zweifler. Das tiefe Verlangen nach der Wahrheit und der Glaube an den Herrn Jesus Christus bereiten das Herz darauf vor, in geistigen Belangen unterwiesen zu werden.

Der Herr Jesus Christus leitet sein Werk auf der Erde durch Offenbarung, die durch den Heiligen Geist ergeht. Die Macht dieses offenbarenden Geists motiviert eine Heerschar von über einundfünfzigtausend Missionaren, die die Evangeliumsbotschaftbis zu den vier Enden der Erde tragen. Wenn sie in ihrer Arbeit erfolgreich sind, dann aufgrund ihres Zeugnisses, das von der Macht des Heiligen Geistes begleitet ist, der es bestätigt.

Der Herr beschreibt seine Sendboten als schwach, ungebildet und verachtet. Aber er verheißt, daß er durch ihre Anstrengungen die Nationen mit der Macht seines Geistes schlagen wird.4

Als Präsident Hinckley letzten Herbst aus Großbritannien zurückkam, erzählte er uns von einem Interview, das jemand von der BBC mit ihm geführt hatte. Der Reporter hatte Präsident Hinckley gefragt: „Wie können Sie erwarten, daß die Leute diesen unreifen jungen Leuten zuhören?” Präsident Hinckley hatte dem Reporter erklärt: „Die Menschen nehmen sie an und hören ihnen zu. Sie sind gut. Sie sind intelligent und aufmerksam, und sie sind rein.”

In der Priestertumsversammlung der Frühjahrs-Generalkonferenz, die im April dieses Jahres stattgefunden hat, hat Präsident Hinckley über die Missionare folgendes gesagt: „Sie sind ein Wunder. Sie sprechen aus dem Herzen, mit Überzeugung. Jeder ist ein Botschafter des Herrn Jesus Christus. Ihre Macht entspringt nicht dem, was sie an Dingen der Welt gelernt haben. Ihre Macht entspringt dem Glauben und dem Beten und der Demut.”

Das Gebot Jesu, allen Ländern das Evangelium zu verkünden, wird befolgt. Die Diener Gottes geben in Demut auf der ganzen Erde Zeugnis. Und der Herr ehrt ihre Opferbereitschaft und gibt durch Offenbarung Zeugnis von ihren Worten.

Vor ein paar Jahren durfte ich als Junior-Begleiter mit Eider LeGrand Richards eine Pfahlkonferenz besuchen. Er hatte auf Weisung des Geistes eine Pfahlpräsidentschaft umgebildet. Wir befanden uns auf dem Heimweg, und er war tief in Gedanken versunken. Nachdem wir beide recht lange geschwiegen hatten, fragte ich ihn, ob es irgend etwas gebe, das er mich lehren wolle. Leise sagte er: „Wir haben in der Kirche zu viele, die den Geist der Prophezeiung und der Offenbarung leugnen.” Das war es - mehr sagte er dazu nicht. Ich dachte über die Berufung des neuen Pfahlpräsidenten nach, und da kam mir der Gedanke, daß diese Kirche ohne den Geist der Prophezeiung und Offenbarung nicht einen Tag lang funktionieren könnte.

Aber wir leben in einer Zeit des schwindenden Glaubens und der zunehmenden Skepsis bezüglich heiliger Dinge. Unsere Zeit erinnert mich an die Zeit direkt vor dem Erscheinen des auferstandenen Erretters auf diesem Kontinent. Es war eine finstere Zeit.

Mormon hat sich zu den Wurzeln der Probleme geäußert, die der nephitischen Gesellschaft zu schaffen machten: „Und es war wegen ihres Herzensstolzes, wegen ihres übergroßen Reichtums, ja, es war, weil sie die Armen bedrückten, ihre Nahrung den Hungrigen vorenthielten, ihre Kleidung den Nackten vorenthielten und ihre demütigen Brüder auf die Wange schlugen und weil sie das, was heilig war, verspotteten und den Geist der Prophezeiung und Offenbarung leugneten.”5

Später fährt Mormon fort: „Und wegen ihres Übeltuns hatte die Kirche angefangen zu verfallen; und sie fingen an, nicht mehr an den Geist der Prophezeiung und an den Geist der Offenbarung zu glauben; und das Strafgericht Gottes starrte ihnen ins Gesicht.”6

Wir verkünden unerschrocken, daß der Geist der Offenbarung auf den lebenden Propheten, Sehern und Offenbarern des Herrn ruht.

Präsident Kimball hat sehr eindrucksvoll von dieser Kanzel herab das folgende Zeugnis gegeben: „Ich sage in tiefster Demut aber auch mit der Kraft des brennenden Zeugnisses in meiner Seele, daß seit dem Propheten der Wiederherstellung bis zum Propheten unserer Tage die Verbindung ununterbrochen besteht, die Vollmacht kontinuierlich weitergegeben wird und das Licht strahlendhell leuchtet. Der Klang der Stimme des Herrn ist eine kontinuierliche Melodie und ein donnernder Appell.”7

Wenn die dazu bestimmten Diener dieser Kirche unter dem Einfluß des Geistes als Boten des Herrn Jesus Christus sprechen, trägt die Macht des Geistes ihre Worte denen, die sich der Offenbarung geöffnet haben, ins Herz.

Wenn jemand dank der himmlischen Macht dieses Zeugnis erhält, wird ihm bald klar, daß jetzt die Opferbereitschaft aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken ist. Das geistige Zeugnis von diesen heiligen Dingen und die Opferbereitschaft gehen unweigerlich Hand in Hand. Und mit der Zeit wird einem klar, daß das so sein muß, und man ist von Dankbarkeit dafür erfüllt, daß es so ist.

Die wichtigste Erkenntnis, die man in diesem Leben erlangen kann, ist die, die uns durch Offenbarung durch den Heiligen Geist zuteil wird. Damit will ich in keiner Weise solche Informationen abwerten, die man in allen möglichen Disziplinen und Studienfächern bekommen kann. Aber irgendwelche dieser Informationen oder auch alle Informationen zusammengenommen können es an Bedeutung niemals mit dem Zeugnis von geistigen Dingen aufnehmen, das auf den Schwingen des Geistes daherkommt. Dieses Zeugnis bringt Licht und Gewißheit und inneren Frieden mit sich.

Ich erhebe die Stimme und sage noch einmal, daß Joseph Smith Gott den Vater und den Sohn gesehen hat. Diese feste Gewißheit ist unabhängig von allen anderen sterblichen Menschen, so wie es verheißen ist.

Das Reich Gottes auf der Erde geht weiterhin voran; die engagierten Missionare und Mitglieder sind gleichermaßen von der Überzeugung getragen, die ihnen der Heilige Geist bestätigt hat, nämlich daß Joseph Gott, unseren Vater, und seinen Sohn Jesus Christus gesehen hat. Sie geht voran, getragen von der Gewißheit im Herzen eines jeden glaubenstreuen Mitglieds, daß diejenigen, die uns führen, dies mit dem Geist der Prophezeiung und Offenbarung tun. Diese kostbare Gabe dürfen wir niemals verlieren. Wir müssen den Preis des Glaubens und Gehorsams entrichten, der dafür verlangt wird, daß wir uns diesen großen Segen erhalten.

Im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Joseph Smith - Lebensgeschichte 1:14-17.

  2. Gordon B. Hinckley, Generalkonferenz, Oktober 1984.

  3. 2 Nephi 33:1,2.

  4. Siehe LuB 35:13.

  5. Helaman4:12.

  6. Helaman 4:23.

  7. Spencer W. Kimball, Ensign, Mai 1977.