2000–2009
Zur Lage der Kirche
Oktober 2003


Zur Lage der Kirche

Dies ist erst der Anfang. Wir haben bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Wir sind in einem Werk beschäftigt, in dem es überall um die Seele des Menschen geht.

Liebe Brüder und Schwestern in aller Welt, wir begrüßen Sie im Namen unseres Erlösers. Seien Sie gegrüßt und seien sie gesegnet! Ich danke Ihnen herzlich für alles, was Sie tun, um das Werk des Herrn voranzubringen.

Hin und wieder denke ich im Stillen darüber nach, wie dieses Werk wächst und was es bewirkt. Ich denke an die Versammlung auf der Farm von Peter Whitmer am 6. April 1830, bei der nur wenige zugegen waren. Dort wurde die Kirche gegründet, dort begab sie sich auf den langen Weg, der sie zu ihrer heutigen Größe geführt hat.

Ihre Mitglieder wurden unterdrückt und verfolgt, sie mussten mehrfach die Vertreibung und so viel Böses, wie man sich nur vorstellen kann, erdulden. Aus all dem aber ist etwas entstanden, was heute einen herrlichen Anblick bietet.

Als der Herr dieses Werk in Gang setzte, sagte er:

„Horche auf, o du Volk meiner Kirche, spricht die Stimme dessen, der in der Höhe oben wohnt und dessen Augen auf allen Menschen sind; ja, wahrlich, ich sage: Horcht auf, ihr Völker von fern her, und die ihr auf den Inseln des Meeres seid, hört mitsammen zu!

Denn wahrlich, die Stimme des Herrn ergeht an alle Menschen, und es gibt keinen, der ihr entrinnt; und es gibt kein Auge, das nicht sehen wird, auch kein Ohr, das nicht hören wird, und auch kein Herz, das nicht durchdrungen werden wird. …

Und die Stimme der Warnung wird an alles Volk ergehen, nämlich durch den Mund meiner Jünger, die ich mir in diesen letzten Tagen erwählt habe.

Und sie werden hingehen, und keiner wird sie aufhalten, denn ich, der Herr, habe es ihnen geboten.“ (LuB 1:1,2,4,5.)

Es kann keinen Zweifel geben, wozu wir den Menschen dieser Erde verpflichtet sind. Es kann keinen Zweifel geben, dass wir bei der Erfüllung dieser Pflicht vorankommen.

Wenn ich heute spreche, können mich die meisten Mitglieder der Kirche hören, wo auch immer sie leben. Das ist ein Wunder. Wer hätte sich seinerzeit je träumen lassen, dass es einmal die Möglichkeiten gibt, über die wir heute verfügen?

Wir haben heute große Gemeinden in jedem Bundesstaat der USA und in jeder Provinz Kanadas. Das Gleiche gilt für die mexikanischen Bundesstaaten und alle übrigen Länder Mittel- und Südamerikas. Es gibt große Gemeinden in Australien und Neuseeland und auf den Inseln des Pazifiks. Auch im Fernen Osten haben wir gut Fuß gefasst. Wir sind in jedem Land Westeuropas und in einem Großteil Osteuropas vertreten und haben auch in Afrika unseren festen Platz.

Wir finden Anerkennung für die überragenden Qualitäten unserer Programme und all das Gute, was durch sie bewirkt wird.

Eine Zeitung aus Kalifornien schrieb kürzlich: „Ihr weißes Hemd, der Rucksack und das Fahrrad verrät sie, noch ehe man das Buch Mormon entdeckt hat.

Diese Uniformierung hat ihren Grund.

Die Heerscharen junger Männer – die Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage – unterliegen während ihrer Mission einer strengen Disziplin.

Zwei Jahre lang stehen sie 60 Stunden in der Woche im geistlichen Dienst – sie beten, lesen und erzählen anderen von dem Evangelium, das sie veranlasst hat, sich von Familie, Freunden und den Annehmlichkeiten in der Heimat zu trennen.

Der Kontakt zu ihren Lieben beschränkt sich auf Briefe und zwei Anrufe pro Jahr.

Sparsam leben sie mit einem Missionarspartner in einer Privatunterkunft oder Wohnung. Sie stehen um 6 Uhr früh auf. Dann lesen sie und beten um Führung für die Arbeit, die vor ihnen liegt und erst lange nach Sonnenuntergang erledigt ist …

So zu leben, sagen sie, verlange Opfer – mache aber auch so viel ‚Spaß‘ wie sonst nichts.“ (Priscilla Nordyke Roden, „Answering the Call“, San Bernardino County Sun, 26. August 2003, Seite B1.)

Das hätte genauso gut einer unserer Missionare schreiben können, die in über 120 Ländern dienen.

Was für ein Wunder ist es doch, dass wir etwa 60 000 Missionare haben, meist junge Leute, die der Welt ihre Zeit widmen und ihr Zeugnis geben.

Vor kurzem traf ich mit ein paar Missionaren zusammen, die am nächsten Tag nach Hause entlassen werden sollten. Sie kamen aus den verschiedensten Ländern der Erde, von der Mongolei bis nach Madagaskar. Sie waren adrett, aufgeweckt und voller Begeisterung. Sie bezeugten, wie sehr sie die Kirche, ihren Missionspräsidenten, ihren Mitarbeiter mögen. Wie wunderbar ist doch das einzigartige, große Missionsprogramm der Kirche!

Das gilt auch für andere Programme.

Kürzlich wurden wir in der Presse sehr dafür gelobt, dass wir drei Millionen Dollar spendeten, um Kinder in Afrika gegen Masern impfen zu lassen. Dabei handelte es sich nicht um Zehntengelder, sondern um Spenden glaubenstreuer Mitglieder an den humanitären Dienst der Kirche. Wir haben uns mit dem amerikanischen Roten Kreuz, der UN Foundation, den Zentren für Krankheitsbekämpfung und Vorbeugung, der UNICEF, der WHO und der Pan American Health Organization zu einer Initiative zusammengetan, durch die im Laufe der nächsten fünf Jahre 200 Millionen Kinder geimpft und 1,2 Millionen Todesfälle durch Masern vermieden werden sollen. Allein dank unseres Beitrags können drei Millionen Kinder geimpft werden.

Das ist bemerkenswert und wunderbar, und dasselbe lässt sich auch von allen anderen unserer humanitären Programme sagen.

Noch eins.

Im März 2001 kündigten wir an, dass die Kirche einen Plan ins Leben ruft, der zurückgekehrten Missionaren und anderen jungen Erwachsenen helfen soll, eine Ausbildung und Kurse zu absolvieren, um ihnen in den weniger begüterten Ländern, wo es schlechter aussieht, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen.

Wir riefen alle, die diesen Plan unterstützen wollten, auf, in einen Fonds einzuzahlen, den wir nach dem Vorbild des Ständigen Auswanderungsfonds im 19. Jahrhundert Ständiger Ausbildungsfonds genannt haben. Ich möchte kurz schildern, was aus diesem Plan geworden ist.

Dank Ihrer großzügigen Spenden konnten wir mit dem wachsenden Darlehensbedarf Schritt halten. Bis zum heutigen Tag hat die Kirche etwa 10 000 Darlehen an junge Menschen in Lateinamerika, Asien, Afrika und anderen Gebieten der Kirche vergeben. Die jungen Leute haben sich verpflichtet, ihr Darlehen zurückzuzahlen, damit auch andere die gleiche Chance bekommen, die sie jetzt haben.

Etliche haben bereits ihren Abschluss gemacht und erleben, wie sich ihre Ausbildung bezahlt macht. Im Augenblick haben etwa 600 junge Menschen die Ausbildung abgeschlossen. Die große Mehrheit hat eine gute Stelle gefunden. Noch weitere werden ihren Abschluss machen und in den nächsten Monaten in ihrer Heimat auf den Arbeitsmarkt drängen. Sie werden Einfluss in der Welt haben, eine Familie gründen und der Kirche dienen. Manche haben diese Ziele bereits erreicht.

Patrick beispielsweise war der Erste, der dank dem Ständigen Ausbildungsfonds in Jamaika seine Ausbildung abschloss. Seine Grundkenntnisse in Management trugen ihm eine gut bezahlte Stelle beim Landesflughafen ein. Seine Zukunft ist vielversprechend. Er begann sofort, sein Darlehen zurückzuzahlen.

Flavia, eine Schwester aus einer ärmeren Gegend in Südamerika, hatte kaum die Gelegenheit und die Mittel, sich ausbilden zu lassen oder einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen, bis der Ständige Ausbildungsfonds ihr eine Schulung für die Arbeit am PC ermöglichte. Mithilfe der Arbeitsvermittlung der Kirche wurde sie nach Abschluss des Kurses bei einer guten Firma angestellt. Sie schreibt: „Ich bin heute für die Finanzbuchhaltung eines der größten Krankenhäuser in Recife zuständig und nutze dazu ein [anspruchsvolles] Computerprogramm. Ich gehörte zu dem Team, das dieses Buchhaltungsprogramm im Haus eingerichtet hat.“

Beispiele wie diese gibt es noch viele. Wir freuen uns, vermelden zu können, dass der Plan gut funktioniert und das Programm mit zunehmender Erfahrung immer weiter ausgeweitet wird. Die ersten Berichte über die Rückzahlung der Darlehen sehen gut aus. Wir danken Ihnen nochmals für Ihre Großzügigkeit, Ihr Interesse und Ihre Gebete, was den Ständigen Ausbildungsfonds betrifft.

Es hieß einmal, dass die Sonne über dem britischen Weltreich niemals untergehe. Dieses Reich ist inzwischen ein wenig kleiner geworden. Wahr ist aber, dass die Sonne über dem Werk des Herrn, das Menschen in aller Welt erreicht, niemals untergeht.

Und dies ist erst der Anfang. Wir haben bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Wir sind in einem Werk beschäftigt, in dem es überall um die Seele des Menschen geht. Dieses Werk kennt keine Grenzen. Unter der Obhut des Herrn geht es voran. Länder, die uns heute noch verschlossen sind, werden sich eines Tages öffnen. Davon bin ich überzeugt. Daran glaube ich. Davon gebe ich Zeugnis.

Der kleine Stein, der ohne Zutun von Menschenhand von einem Berg losbrach, rollt dahin, um die ganze Erde zu füllen (siehe Daniel 2:31-45; LuB 65:2).

Den Heiligen der Letzten Tage, die überall zu dieser Konferenz versammelt sind, rufe ich zu: Gott segne Sie! Bleiben Sie treu, halten Sie an Ihren Bündnissen fest. Wandeln Sie im Licht des Evangeliums. Bauen Sie das Reich Gottes auf Erden auf.

Die Kirche ist in einem sehr guten Zustand und sie kann und wird noch besser werden. Sie wird mächtig erstarken.

Wir sind gewöhnliche Menschen, die sich einem außergewöhnlichen Unterfangen gewidmet haben. Wir sind Männer, die das Priestertum des lebendigen Gottes tragen. Diejenigen, die uns vorangegangen sind, haben Wunder bewirkt. Wir haben die Gelegenheit und sind gefordert, dieses große Unterfangen, dessen Zukunft wir uns kaum auszumalen vermögen, weiter voranzubringen.

Brüder und Schwestern, ich danke Ihnen für Ihren Glauben und Ihre Treue. Danke für die Liebe, die Sie diesem Werk, dem Werk des Allmächtigen, entgegenbringen. Wir sind in der Welt und arbeiten in der Welt. Aber wir müssen uns über die Welt erheben, wenn wir das Werk des Herrn tun und danach streben, sein Reich auf Erden aufzubauen. Lassen Sie uns nun in einer großen Weltkonferenz von Menschen, die wahrhaft als Kinder Gottes Brüder und Schwestern sind, beisammen sein.

In den nächsten beiden Tagen werden zahlreiche Generalautoritäten sprechen. Keinem von ihnen wurde gesagt, worüber er sprechen soll, aber sie alle haben den Herrn angefleht, dass sie etwas sagen mögen, was den Zuhörern hilft und sie inspiriert und erhebt.

Möge der Segen des Himmels bei Ihnen sein. Mögen Sie glaubensvoll und treu zu der großen und herrlichen Sache stehen, derer Sie sich angenommen haben. Darum bete ich demütig im Namen unseres Erlösers, ja des Herrn Jesus Christus. Amen.

Nun kommt noch etwas Besonderes auf uns zu. Ich darf Bruder David B. Haight bitten, ans Rednerpult zu treten. Er ist ein tapferer alter Krieger, 97 Jahre alt. Er ist älter als jeder andere Apostel in dieser Evangeliumszeit. Vor kurzem ist er krank geworden und war ein wenig unpässlich. Aber heute Vormittag wollte er hier sein und Ihnen einfach nur zuwinken und Ihnen zeigen, wie dankbar er für Sie ist und wie sehr er Sie schätzt und liebt. Und wir sagen ihm: Lieber Freund, möge Gott Sie segnen und wieder gesund machen. Wir haben Sie lieb, wir halten zu Ihnen, wir beten für Sie. Mögen Ihnen die Segnungen des Himmels erhalten bleiben, lieber Bruder Haight. Vielen Dank.

Elder Haight: Danke sehr.

Präsident Hinckley: Möchten Sie nun noch in die Menge winken?

Elder Haight: Aber ja, unbedingt! Ich winke, danke, vielen Dank! Es ist schön, bei Ihnen zu sein.

Präsident Hinckley: Danke sehr!

Elder Haight: Danke.

Präsident Hinckley: Wir wollen ihn nun entschuldigen, er schaut sich die Versammlung im Fernsehen an. Was für ein wackerer Soldat er doch in der Armee des Herrn immer war! Vielen, vielen Dank, Bruder Haight .