2000–2009
Leicht und willig glauben
Oktober 2009


Leicht und willig glauben

Wenn man täglich nach dem Evangelium lebt, wird das Herz so sanft, wie es nötig ist, um leicht und willig an das Wort Gottes zu glauben.

Seit einigen Monaten fühle ich mich immer wieder zu einer Schriftstelle in Helaman, Kapitel 6, hingezogen: „Und so sehen wir, dass der Herr anfing, seinen Geist über die Lamaniten auszugießen, weil sie so leicht und willig an seine Worte glaubten.“ (Vers 36.)

Als ich diese Stelle bei meinem Schriftstudium las, berührte sie mich sehr und infolgedessen dachte ich mehrere Wochen lang über sie nach. Ich fing an, mich zu fragen, ob ich es leicht fand, an das Wort Gottes zu glauben. Und warum fiel es diesen bekehrten Lamaniten wohl so leicht, zu glauben? Was hatte dazu geführt, dass ein hasserfülltes, äußerst ungläubiges Volk leicht und willig an das Wort Gottes glaubte (siehe 4 Nephi 1:39)?

Wir erfahren etwas über den Grund für diese Wandlung in einem sehr bemerkenswerten Jahr. Im 62. Jahr der Regierung der Richter bekehrten sich in Zarahemla 8000 Lamaniten. Damals lehrten Nephi und Lehi mit Macht und Vollmacht, und das, was sie sprechen sollten, wurde ihnen gegeben (siehe Helaman 5:18,19). Dreihundert andere wurden durch ein wunderbares Erlebnis bekehrt, bei dem sie eine Stimme hörten, die ihnen bis tief in die Seele drang (siehe Helaman 5:30). Diese 300 waren hingegangen, um Nephi und Lehi, die im Gefängnis saßen, umzubringen. Aber diese 300 begannen selbst, Gott anzurufen, als Amminadab, ein früherer Nephit, der von der Kirche abtrünnig war, sich erinnerte, dass sie beten müssten, bis sie Glauben an Christus hätten (siehe Helaman 5:35-41). Als die 300 dem Volk dienten und verkündeten, was sie gesehen und gehört hatten, bekehrten sich noch viel mehr Lamaniten zum Herrn (siehe Helaman 5:49,50).

Am Ende des Berichts über das 62. Jahr heißt es: „Dies alles [war] geschehen, und die Lamaniten waren zum größeren Teil ein rechtschaffenes Volk geworden.“ (Helaman 6:1.)

Weil diese Lamaniten sich wahrhaft bekehrt hatten, legten sie schließlich ihren Hass auf die Nephiten und auch ihre Kriegswaffen ab (siehe Helaman 5:51). Sie waren fest und beständig im Glauben (siehe Helaman 6:1), sie hielten die Gebote und wandelten voller Wahrheit und Untadeligkeit (siehe Helaman 6:34) und sie nahmen an Gotteserkenntnis zu (siehe Helaman 6:34).

Aber am meisten hat mich beeindruckt, dass sie so leicht und willig an das Wort Gottes glaubten. Weil sie so leicht und willig glaubten, hatten sie den Geist in reichem Maß bei sich und konnten im Glauben bis ans Ende ausharren (siehe Helaman 15:5-9).

Leider wurde im selben Zeitraum der größere Teil der Nephiten „verstockt und reuelos und äußerst schlecht“ (Helaman 6:2; siehe auch Vers 31-34). Bei den Nephiten ereignete sich das Gegenteil dessen, was bei den Lamaniten geschah: Ihre Herzenshärte führte dazu, dass der Geist sich zurückzog (siehe Helaman 6:35), während der Geist über die Lamaniten ausgegossen wurde, weil ihr Herz so sanft war.

Als ich überlegte, wie es wohl zu dieser mächtigen Wandlung im Herzen der Lamaniten gekommen war, erkannte ich, dass man dann leicht und willig an das Wort Gottes glauben kann, wenn man ein sanftes Herz hat. Man kann es, wenn man im Herzen empfänglich für den Heiligen Geist ist. Man kann es, wenn man von Herzen lieben kann. Man kann es, wenn man von Herzen heilige Bündnisse schließen und halten will. Man kann es, wenn man ein sanftes Herz hat und so die Macht des Sühnopfers Christi spüren kann.

So leicht zu glauben, lernt man am Beispiel anderer, deren Herz sanft ist und denen es so leichtfällt, zu glauben, wie Nephi und Lehi. Ihr Vater Helaman nannte sie Nephi und Lehi, um sie an den Glauben ihrer Väter zu erinnern (siehe Helaman 5:6). Genauso tragen viele von uns in ihrem Namen das Vermächtnis gläubiger Vorfahren, deren Herz sanft war und denen es leichtfiel, das Wort Gottes zu glauben. Einige von ihnen waren wie mein Ururgroßvater Ephraim K. Hanks. Als er erfuhr, dass sein älterer Bruder „mit den Mormonen gegangen war“, war er entschlossen, ihn nach Hause zurückzuholen. Es überrascht nicht, dass Ephraim nach Nauvoo zog und sich taufen ließ, kurz nachdem er gehört hatte, wie sein Bruder Zeugnis von Joseph Smith und dem wiederhergestellten Evangelium gab (siehe Richard K. Hanks, „Eph. Hanks, Pioneer Scout“, Abschlussarbeit, Brigham-Young- Universität, 1973, Seite 18ff.).

Wir dürfen in den heiligen Schriften auch von anderen lernen, wie wir dahinkommen können, leicht und willig zu glauben. Nephi, der Sohn Lehis, ist ein solches Beispiel. Als er hörte, was sein Vater über die Zerstörung Jerusalems verkündete, rief er zuerst den Herrn an, bis sein Herz erweicht war und er allen Worten seines Vaters glaubte (siehe 1 Nephi 2:16). Der Herr sagte zu Nephi: „Gesegnet bist du, Nephi, deines Glaubens wegen; denn du hast mich eifrig, mit demütigem Herzen, gesucht.“ (1 Nephi 2:19.) Nephi erklärt, wie wichtig der Wunsch und Eifer beim Halten der Gebote und beim Gebet zu Gott sind, damit es uns leichtfällt zu sagen: „Ich will hingehen und … tun“ (1 Nephi 3:7).

Von Enos lernen wir, wie bedeutsam es ist, die Worte Gottes tief in unser Herz dringen zu lassen, bis wir nach der Wahrheit hungern (siehe Enos 1:3,4). Wir werden dann leicht glauben, wenn das Wort Gottes in unser Herz eingeprägt ist (siehe Jeremia 31:33; 2 Korinther 3:3).

Am Beispiel von Lamonis Vater erkennen wir, wie wichtig es ist, ein sanftes Herz zu haben, das gewillt ist, sich zu wandeln. Lamonis Vater war bereit, Ammon im Austausch für sein Leben die Hälfte seines Reiches zu geben (siehe Alma 20:21-23). Als Ammon nur darum bat, der König möge erlauben, dass Lamoni in seinem eigenen Reich Gott anbeten dürfe, wie er es wünschte, war der König wegen der Großmut und der Erhabenheit in Ammons Worten in Herz und Sinn beunruhigt (siehe Alma 20:24; 22:3). Als Aaron kam, um den König zu lehren, hatte sich dessen Herz gewandelt und er konnte leicht glauben, denn er sagte zu Aaron: „Siehe, [ich] will … glauben“ (Alma 22:7). Dann sagte er, dass er bereit sei, alles herzugeben, was er besaß, ja, sogar seinem Königreich zu entsagen, um Freude im Herrn zu erlangen (siehe Alma 22:15). Als er zum ersten Mal betete, bot er das an, was der himmlische Vater wünschte, und sagte: „Ich werde alle meine Sünden aufgeben, um dich zu erkennen.“ (Alma 22:18.) Dem Wort Gottes leicht und willig glauben kann man durch Umkehr und Gehorsam.

Wenn wir unser Leben betrachten, werden wir Zeitabschnitte erkennen, in denen wir es leichter fanden, das Wort Gottes zu glauben. Zeiten, in denen wir bedeutsame Veränderungen erleben, wie zum Beispiel Heirat oder Geburt eines Kindes, Zeiten, in denen man in einer neuen Berufung oder auf Mission intensiv dient, Zeiten in unserer Jugend mit einem großartigen Bischof, Jugendführer oder Seminarlehrer, Zeiten der Prüfung und Zeiten, in denen wir wachsen, weil wir zum ersten Mal vom Evangelium hören, sind Zeiten, in denen es uns leichtfällt, zu glauben. Der bedeutsamste Zeitabschnitt ist wohl die Kindheit. Als Kind fiel es mir leicht, das Wort Gottes zu glauben, in dem mich meine tapferen Eltern und Großeltern unterwiesen. Kein Wunder, dass wir aufgefordert werden, wie kleine Kinder zu werden, wenn wir ewiges Leben ererben wollen (siehe 3 Nephi 11:38). Kein Wunder, dass wir dazu angehalten werden, unsere Kinder in „Licht und Wahrheit aufzuziehen“ (LuB 93:40).

Wenn Sie ähnlich sind wie ich, werden Sie feststellen, dass es in diesen Zeiten nicht die Umstände waren, die dazu führten, dass wir leicht und willig glaubten, sondern der feste Vorsatz, nach dem Evangelium zu leben. Während dieser Zeiten waren Sie öfter auf den Knien und vertieften sich häufiger in die heiligen Schriften. Es fiel Ihnen leichter, zum Familienabend und Familiengebet zusammenzukommen. Sie fanden es leicht, in der Kirche zu sein und Gott im Tempel zu verehren. Es fiel Ihnen leicht, den Zehnten und die übrigen Spenden zu zahlen. Wenn man täglich nach dem Evangelium lebt, wird das Herz tatsächlich so sanft, wie es nötig ist, um leicht und willig an das Wort Gottes zu glauben.

Es ist mein Zeugnis, dass die Worte unseres Propheten und unserer Apostel bei dieser Konferenz – wenn wir sie befolgen – dazu führen, dass wir das Wort Gottes leicht und willig glauben. Wir sind aufgefordert worden, den Herrn im Tempel anzubeten, die Familie durch regelmäßiges Familiengebet, Schriftstudium und den Familienabend zu stärken, in Priestertums- und Kirchenberufungen eifrig zu dienen, den Zehnten und die übrigen Spenden zu zahlen, gläubig zu sein und um Führung zu beten und so zu leben, dass wir der Begleitung durch den Heiligen Geist würdig sind.

Oft sind wir wie Naaman, der aussätzige Syrer, der zum Propheten in Israel geschickt wurde, um wieder rein zu werden. Als Elischa nur einen Boten sandte, der Naaman anwies, sieben Mal im Jordan unterzutauchen, ging der Syrer ärgerlich fort. Glücklicherweise hatte er einen Diener, der sagte: „Wenn der Prophet etwas Schweres von dir verlangt hätte, würdest du es tun; wie viel mehr jetzt, da er zu dir nur gesagt hat: Wasch dich, und du wirst rein.“ (2 Könige 5:13.)

Ich bezeuge, dass wir leicht und willig glauben werden, wenn wir die scheinbar unbedeutenden Dinge tun, die uns von Jugend an immer wieder nahegebracht wurden. Gehorsam bringt ein sanftes Herz hervor, sodass wir leicht an das Wort Gottes glauben können. Ich bezeuge: Wenn wir leicht glauben, wird der Geist über uns ausgegossen werden.

Wie leicht und willig wir glauben, können wir jede Woche testen, wenn wir die Abendmahlsversammlung besuchen. In dieser Versammlung erneuern wir Bündnisse, indem wir unsere Bereitschaft ausdrücken, den Namen Christi auf uns zu nehmen, immer an ihn zu denken und seine Gebote zu halten (siehe LuB 20:77). Während wir in der Abendmahlsversammlung sitzen, sollte es uns leichtfallen, diese Bündnisse einzugehen und durch den Heiligen Geist zuzuhören und zu lernen.

Ich sehne mich danach, dass der Geist des Herrn über mich ausgegossen wird, weil ich seinen Worten leicht und willig glaube. Ich spüre, dass diese Schriftstelle mein Pflichtgefühl gegenüber Gott geweckt hat – dass ich „demütig … und fügsam [sein soll]; leicht zu bewegen; voller Geduld, … eifrig …im Halten der Gebote Gottes zu allen Zeiten, … und immer Gott Dank [zurückgeben soll] für alles, was [ich empfange]“ (Alma 7:22,23).

Mögen wir es immer leicht finden, seinem Wort zu glauben. Möge es Ihnen, so wie mir, immer leichtfallen zu verkünden, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Er ist unser Hirte, und diejenigen, die leicht und willig glauben, werden seine Stimme kennen. Im Namen Jesu Christi. Amen.