2010–2019
Ruhe für eure Seele
Oktober 2010


Ruhe für eure Seele

Ruhe für unsere Seele zu finden, schließt den inneren Frieden mit ein, der sich einstellt, wenn wir das lernen, was Christus gelehrt hat, und seine Lehren befolgen.

Mitten im schwedischen Göteborg gibt es eine breite Allee, die auf beiden Seiten von prachtvollen Bäumen gesäumt wird. Eines Tages sah ich, dass einer der hohen Bäume ein Loch im Stamm aufwies. Neugierig warf ich einen Blick hinein und stellte fest, dass der Baum vollkommen hohl war. Doch obwohl er hohl war, war er keineswegs leer! Er war mit allerlei Abfall gefüllt.

Ich staunte, dass der Baum überhaupt noch einen festen Stand hatte. Also blickte ich nach oben und bemerkte ein breites Stahlband, das den oberen Teil des Stammes umfasste. An diesem Band waren einige Stahlseile befestigt, die wiederum an den umstehenden Gebäuden verankert waren. Aus der Ferne sah der Baum aus wie alle anderen. Erst wenn man einen Blick ins Innere warf, war zu erkennen, dass er hohl war und dass ihm ein stabiler, starker Stamm fehlte. Viele Jahre zuvor war aus irgendeinem Grund etwas in Gang gekommen, was den Stamm hier ein wenig, dort ein wenig geschwächt hatte. Es war nicht über Nacht geschehen. Doch wie ein Schößling langsam, aber sicher zu einem starken Baum heranwächst, können auch wir Schritt um Schritt robuster und vom Inneren her erfüllt werden – im Gegensatz zu dem hohlen Baum.

Durch das heilende Sühnopfer Jesu Christi können wir die Kraft erlangen, aufrecht und fest zu stehen und unsere Seele erfüllen zu lassen – mit Licht, Erkenntnis, Freude und Liebe. Seine Einladung, „zu ihm zu kommen und an seiner Güte teilzuhaben“, erstreckt sich auf alle; „und er weist niemanden ab, der zu ihm kommt“ (2 Nephi 26:33). Er verheißt uns:

„Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ (Matthäus 11:28,29.)

Über diese Ruhe sagte Präsident Joseph F. Smith einmal: „Meiner Meinung nach bedeutet es, dass man in die Erkenntnis und Liebe Gottes eingeht, dass man an seine Absichten und seinen Plan glaubt, und zwar in solchem Maß, dass man weiß, wir haben Recht und suchen nicht nach etwas anderem, wir lassen uns nicht von jedem Wind der Lehre aus der Fassung bringen, auch nicht von der Schlauheit der Menschen, die darauf aus sind, uns zu täuschen. Wir wissen, dass die Lehre von Gott ist, und fragen niemand anders danach; sie können ihre Meinung, ihre Ideen, ihre Launen alle gern behalten. Jemand, der solchen Glauben an Gott erlangt hat, dass aller Zweifel und alle Furcht von ihm gewichen sind, ist in ‚Gottes Ruhe‘ eingegangen.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph F. Smith, 1999, Seite 56f.)

Ruhe für unsere Seele zu finden, schließt den inneren Frieden mit ein, der sich einstellt, wenn wir das lernen, was Christus gelehrt hat, seine Lehren befolgen und zu seinem verlängerten Arm werden, indem wir anderen dienen und ihnen beistehen. Wenn wir an Jesus Christus glauben und seine Lehren befolgen, gibt uns das eine beständige Hoffnung, und diese Hoffnung wird zum sicheren Anker für unsere Seele. Wir können standhaft und unverrückbar werden. Wir können dauerhaft inneren Frieden haben; wir können in die Ruhe des Herrn eingehen. Nur dann, wenn wir uns vom Licht und von der Wahrheit abwenden, ergeht es uns wie diesem Baum: Wir fühlen uns im tiefsten Inneren unserer Seele hohl und leer und sind vielleicht sogar versucht, diese Leere mit etwas auszufüllen, was nicht von bleibendem Wert ist.

Bedenkt man, dass wir als Geistkinder gelebt haben, bevor wir auf die Erde kamen, und dass wir nach diesem Leben unsterblich sind, währt das Erdenleben fürwahr nur einen ganz kurzen Augenblick.

Dies ist jedoch ein Tag der Bewährung, ebenso ein Tag vieler Möglichkeiten, wenn wir der Einladung folgen, die Tage unserer Bewährung nicht zu vergeuden (siehe 2 Nephi 9:27). All die Gedanken, denen wir nachhängen, die Gefühle, die wir im Herzen hegen, und die Taten, für die wir uns entscheiden, haben einen nachhaltigen Einfluss sowohl auf unser jetziges Leben als auch auf unser Leben danach.

Es ist eine hilfreiche Gewohnheit, Tag für Tag einen höheren Blickwinkel anzustreben, damit wir bei dem, was wir vorhaben und was wir tun, stets die Ewigkeit vor Augen haben. Das gilt besonders dann, wenn wir dazu neigen, das, was wir anstreben sollten, in eine ferne Zukunft zu verschieben, statt uns sofort darum zu kümmern.

Auf unserem Weg hilft uns der stützende Einfluss des Heiligen Geistes bei unseren Entscheidungen. Wenn wir allerdings entgegen dem Licht und der Erkenntnis handeln, die wir haben, plagt uns ein schlechtes Gewissen, was natürlich kein angenehmes Gefühl ist. Ein schlechtes Gewissen ist jedoch insofern ein Segen, als es uns unmittelbar daran erinnert, dass es Zeit ist umzukehren. Wenn wir demütig sind und den Wunsch haben, das Rechte zu tun, sind wir darauf bedacht, unverzüglich unsere Gewohnheiten zu ändern, während diejenigen, die stolz und daher vielleicht bestrebt sind, „für sich selbst ein Gesetz zu werden“ (LuB 88:35), es zulassen, dass der Satan „sie am Hals mit einem flächsernen Strick [führt], bis er sie mit seinen starken Stricken für immer bindet“ (2 Nephi 26:22) – sofern nicht der Geist der Umkehr in ihr Herz einzieht. Dem Einfluss des Bösen nachzugeben kann niemals zu einem Gefühl des Friedens führen, und zwar aus dem einfachen Grund, dass der Friede eine Gabe Gottes ist und nur durch den Geist Gottes zustande kommen kann. „Schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht.“ (Alma 41:10.)

Bei unserem alltäglichen Tun ist es oft das Kleine und Einfache, was dauerhaft Wirkung zeigt (vgl. Alma 37:6,7). Was wir sagen, wie wir handeln und wie wir reagieren, beeinflusst nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Mitmenschen. Wir können entweder aufbauen oder niederreißen. Ein einfaches und positives Beispiel findet sich in einer Geschichte, die über meine Großmutter erzählt wird. Sie schickte einmal eines ihrer kleinen Kinder zum Eierholen. Das Kind ihres Vertrauens lief wohl fröhlich die Straße entlang nach Hause, als es jedoch dort ankam, waren die meisten Eier zerbrochen. Ein Freund der Familie war gerade zugegen und ermahnte meine Großmutter, das Kind gehöre für sein schlechtes Benehmen gescholten. Meine Großmutter erwiderte jedoch ruhig und weise: „Nein, davon werden die Eier auch nicht wieder heil. Wir nehmen einfach, was noch zu gebrauchen ist, und machen ein paar Eierkuchen. Dann haben alle etwas davon.“

Wenn wir lernen, mit dem Kleinen und Einfachen Tag für Tag weise und inspiriert umzugehen, hat dies einen positiven Einfluss, der unser seelisches Gleichgewicht festigt und unsere Mitmenschen aufbaut und stärkt. Das kommt daher, weil alles, was dazu einlädt, Gutes zu tun, „von der Macht und Gabe Christi [ausgeht; darum können wir] mit vollkommenem Wissen wissen, dass es von Gott ist“ (Moroni 7:16).

Mittlerweile steht der hohle Baum, von dem ich erzählt habe, nicht mehr. Ein paar Jugendliche warfen Feuerwerkskörper in den Hohlraum, sodass der Baum Feuer fing. Er war nicht mehr zu retten und musste gefällt werden. Nehmen Sie sich vor dem in Acht, was von innen heraus zerstört, sei es nun etwas Großes oder etwas Kleines! Es kann eine explosive Wirkung haben und den geistigen Tod auslösen.

Konzentrieren wir uns lieber auf das, was auf Dauer zu innerem Frieden führt. Dann wird unser „Vertrauen in der Gegenwart Gottes stark werden“ (LuB 121:45). Die Verheißung, in die Ruhe des Herrn einzugehen, die Gabe des Friedens zu empfangen, hat mit einer vorübergehenden weltlichen Befriedigung wenig gemein. Sie ist wahrlich ein Geschenk des Himmels: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.“ (Johannes 14:27.) Jesus Christus hat die Macht, die Seele zu heilen und zu stärken. Es ist der Messias, von dem ich Zeugnis gebe. Im Namen Jesu Christi. Amen.