2010–2019
Seid tapfer wegen eures Mutes, eurer Stärke und eurer Regsamkeit!
Oktober 2012


Seid tapfer wegen eures Mutes, eurer Stärke und eurer Regsamkeit!

Zeichnet euch wie die 2000 jungen Krieger aus, indem ihr als würdige Priestertumsträger tapfer und mutig seid.

Ich empfinde es als besonderen Segen, heute Abend als Bischof zu den jungen Männern, den Trägern des Aaronischen Priestertums zu sprechen, die in aller Welt zu dieser Allgemeinen Priestertumsversammlung zusammengekommen sind. Ich möchte auf die Geschichte aus dem Buch Mormon eingehen, in der es um Helaman und seine 2000 jungen Krieger geht. Die heiligen Schriften gewähren uns einen Einblick in den Charakter dieser jungen Männer – und zwar einen inspirierenden für euch junge Männer in der Kirche. Ich zitiere eine meiner Lieblingsschriftstellen: „Und es waren alles junge Männer, und sie waren wegen ihres Mutes und auch ihrer Stärke und Regsamkeit überaus tapfer; aber siehe, dies war nicht alles – es waren Männer, die zu allen Zeiten und in allem, was ihnen anvertraut war, treu waren.“1 Mut, Stärke, Regsamkeit und Treue – welch bewundernswerte Eigenschaften!

Ich möchte unsere Aufmerksamkeit auf die erste Eigenschaft, mit der diese jungen Männer beschrieben werden, lenken: „wegen ihres Mutes … tapfer“. Ich glaube, dass damit ihre Überzeugung gemeint ist, mutig das Rechte zu tun oder – wie Alma es ausdrückt – „allzeit … und überall … als Zeugen Gottes aufzutreten“2. Die 2.000 jungen Krieger hatten unzählige Gelegenheiten, ihren Mut unter Beweis zu stellen. Jeder von euch wird ebenfalls auf entscheidende Augenblicke im Leben stoßen, in denen Mut gefordert ist. Ein Freund von mir namens John hat mir von einem solchen Augenblick in seinem Leben erzählt.

Vor ein paar Jahren erhielt John einen Studienplatz an einer renommierten japanischen Universität. Er nahm mit vielen weiteren hervorragenden Studenten aus aller Welt an einem internationalen Studentenaustausch teil. Einige von ihnen hatten sich immatrikuliert, um die Kultur und die Sprache besser kennenzulernen, andere sahen es als ein Sprungbrett für eine spätere berufliche Karriere in Japan an, aber alle hatten die Heimat verlassen, um in einem fremden Land zu studieren.

Schon bald nach Johns Ankunft sprach sich unter den ausländischen Studenten herum, dass eine Party auf dem Dach einer Privatwohnung stattfinden sollte. Am Abend machte sich John mit zwei Freunden auf den Weg zu der angegebenen Adresse.

Nachdem sie mit dem Fahrstuhl zum obersten Stockwerk gelangt waren, stiegen John und seine Freunde eine schmale Treppe empor, die aufs Dach führte, und mischten sich unter die Anwesenden. Als es später wurde, änderte sich die Stimmung. Der Geräuschpegel, die Lautstärke der Musik und der Alkoholkonsum nahmen zu, und John fühlte sich immer unbehaglicher. Auf einmal fing jemand an, alle Studenten zu einem großen Kreis zusammenzustellen, weil er Marihuanazigaretten austeilen wollte. John verzog das Gesicht und sagte seinen beiden Freunden schnell, es sei jetzt an der Zeit, nach Hause zu gehen. Fast spöttisch erwiderte einer der beiden: „John, das ist doch ganz leicht. Wir stellen uns im Kreis mit auf, und wenn wir an der Reihe sind, reichen wir das Ding einfach weiter, anstatt es zu rauchen. Dann müssen wir uns hier nicht vor allen lächerlich machen, indem wir jetzt gehen.“ Das hörte sich zwar einfach an, aber es kam John nicht richtig vor. Er wusste, dass er seine feste Absicht nun deutlich machen und dann handeln musste. Augenblicklich nahm er allen Mut zusammen und erklärte, sie könnten ja machen, was sie wollten, doch er werde jetzt gehen. Einer der Freunde beschloss, dazubleiben, und schloss sich dem Kreis an. Der andere folgte John zögerlich die Treppe hinab zum Fahrstuhl. Als sich die Tür zum Fahrstuhl öffnete, strömten zu ihrer großen Überraschung japanische Polizisten hervor und eilten die Treppe zum Dach hinauf. John und sein Freund bestiegen den Fahrstuhl und fuhren hinunter.

Als die Polizei oben an der Treppe auftauchte, warfen die Studenten schnell die illegalen Drogen über die Dachkante, um nicht erwischt zu werden. Doch nachdem die Polizisten die Treppe abgeriegelt hatten, ließen sie alle Studenten auf dem Dach in einer Reihe antreten und forderten sie auf, beide Hände nach vorne auszustrecken. Dann liefen sie die Reihe entlang und rochen gründlich an den Daumen und Zeigefingern eines jeden Studenten. Jeder, der das Marihuana in der Hand gehabt hatte – ob er es nun geraucht hatte oder nicht – wurde für schuldig befunden, und die Konsequenzen waren gewaltig. Fast ausnahmslos wurden die Studenten, die auf dem Dach geblieben waren, von der Universität verwiesen, und diejenigen, die einer Straftat überführt wurden, mussten mit ihrer Ausweisung aus Japan rechnen. Ihr Traum von einer Ausbildung, jahrelange Vorbereitung und die Aussicht, einmal in Japan zu arbeiten, wurden im Handumdrehen zunichte gemacht.

Ich möchte euch nun erzählen, was mit den drei Freunden geschah. Der Freund, der auf dem Dach geblieben war, wurde von seiner Universität in Japan verwiesen, obwohl er sich sehr um seinen Studienplatz bemüht hatte, und musste nach Hause gehen. Der Freund, der die Party in der Nacht mit John verlassen hatte, schloss sein Studium in Japan ab und machte anschließend noch zwei weitere Abschlüsse an erstklassigen Universitäten in den Vereinigten Staaten. Seine Karriere führte ihn zurück nach Asien, wo er beruflich sehr erfolgreich war. Er ist John bis auf den heutigen Tag dankbar für seinen beispielhaften Mut. Für John haben sich die Konsequenzen als unermesslich segensreich herausgestellt. Sein Aufenthalt in Japan in diesem Jahr führte zu einer glücklichen Ehe und später zur Geburt zweier Söhne. Er ist ein äußerst erfolgreicher Geschäftsmann geworden und seit kurzem Professor an einer japanischen Universität. Stellt euch einmal vor, wie anders sein Leben verlaufen wäre, hätte er an diesem wichtigen Abend in Japan nicht den Mut gehabt, von der Party wegzugehen.3

Junge Männer, genau wie John werdet ihr manchmal euren Mut zur Rechtschaffenheit ganz offen vor euren Freunden unter Beweis stellen müssen und infolgedessen vielleicht Spott ernten und bloßgestellt werden. Darüber hinaus findet der Kampf gegen den Widersacher heutzutage auch ganz im Privaten auf dem stillen Schlachtfeld des Bildschirms statt. Die moderne Technik bringt trotz beträchtlicher Vorteile auch Herausforderungen mit sich, denen sich frühere Generationen nicht stellen mussten. Bei einer vor kurzem landesweit durchgeführten Studie stellte sich heraus, dass die Teenager von heute nicht nur in der Schule, sondern auch im virtuellen Raum in bestürzendem Maße in Versuchung geführt werden. Es zeigte sich, dass es bei Teenagern, die in sozialen Netzwerken im Internet Bilder sehen, auf denen Alkohol oder Drogen konsumiert werden, drei- bis viermal wahrscheinlicher ist, dass sie es selbst ausprobieren. Ein ehemaliges Kabinettsmitglied der Vereinigten Staaten bemerkte zu dieser Studie: „Bei der diesjährigen Studie kam heraus, dass es eine neue Art des Gruppenzwangs gibt – nämlich den digitalen Gruppenzwang. Der digitale Gruppenzwang geht über den Kreis der Freunde und Bekannten des Kindes hinaus. Er dringt über das Internet ins Haus und ins Kinderzimmer ein.“4 Den Mut zur Rechtschaffenheit können wir oft mit etwas so Einfachem wie einem Mausklick unter Beweis stellen. In der Anleitung Verkündet mein Evangelium! lernen die Missionare: „Was Sie denken und tun, wenn Sie allein sind und sich unbeobachtet glauben, daran lässt sich messen, wie tugendhaft Sie sind.“5 Habt Mut! Seid stark! „Steht an heiligen Stätten und wankt nicht.“6

Junge Männer, ich verheiße euch, dass der Herr euch stark machen wird. „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft.“7 Er wird euch für euren Mut und eure Rechtschaffenheit belohnen – mit Glück und Freude. Diesen Mut entwickelt ihr ganz nebenbei, wenn ihr an Jesus Christus und sein Sühnopfer glaubt, wenn ihr betet und wenn ihr die Gebote haltet.

Präsident N. Eldon Tanner hat erklärt: „Ein einzelner Junge auf dem Schulhof kann einen immens guten Einfluss ausüben. Ein einzelner junger Mann in der Fußballmannschaft, in der Universität oder im Kreise seiner Kollegen kann unsagbar viel Gutes bewirken, indem er das Evangelium lebt, sein Priestertum ehrt und für das Rechte einsteht. Oft werdet ihr Kritik und Spott selbst von denen ernten, die das Gleiche glauben wie ihr, obgleich sie euch vielleicht dafür respektieren, dass ihr das Rechte tut. Denkt jedoch daran, dass auch der Heiland gefoltert, verspottet, angespuckt und am Ende gekreuzigt wurde, weil er sich von seiner Überzeugung nicht abbringen ließ. Habt ihr euch je darüber Gedanken gemacht, was geschehen wäre, wenn er nachgegeben hätte, ‚Ach, was soll’s!‘ gesagt und seine Mission aufgegeben hätte? Wollen wir das Handtuch werfen, oder wollen wir tapfere Diener sein – allen Widerständen und allem Übel in der Welt zum Trotz? Lasst uns den Mut aufbringen, uns zu erheben und zu den treuen, hingebungsvollen Nachfolgern Christi gezählt zu werden.“8

Ich fordere euch auf, euch wie die 2000 jungen Krieger auszuzeichnen, indem ihr als würdige Priestertumsträger tapfer und mutig seid. Denkt daran: Was ihr tut, wohin ihr geht und was ihr seht, das bestimmt, was aus euch wird. Wer möchtet ihr einmal werden? Werdet ein würdiger Diakon, ein würdiger Lehrer und ein würdiger Priester. Setzt es euch zum Ziel, schon jetzt würdig zu sein, den Tempel zu betreten, und würdig zu sein, im entsprechenden Alter die nächste Ordinierung und schließlich das Melchisedekische Priestertum zu empfangen. Dies ist der Weg zur Rechtschaffenheit, auf dem man göttliche Hilfe herabrufen kann. Der Herr hat verkündet: „[In den] Verordnungen [wird] die Macht des Göttlichen kundgetan.“9

Eure Eltern, Priestertumsführer und die Ratschläge der Propheten, die ihr in euren Heften Pflicht vor Gott und Für eine starke Jugend findet, werden euch auf diesem Weg leiten.

Präsident Thomas S. Monson hat vor einiger Zeit erklärt:

„Kluge Entscheidungen erfordern Mut – den Mut, Nein zu sagen, den Mut, Ja zu sagen. …

Ich bitte Sie inständig, … jetzt die Entscheidung zu treffen, nicht von dem Weg abzuweichen, der Sie zu unserem Ziel führt: zum ewigen Leben bei unserem Vater im Himmel.“10

Wie die 2000 Krieger, die dem Schlachtruf ihres Anführers Helaman folgten und tapfer ihren Mut zusammennahmen, so könnt auch ihr dem Schlachtruf eures Propheten und Anführers, nämlich Präsident Thomas S. Monson, folgen.

Meine jungen Träger des Aaronischen Priestertums, zum Abschluss möchte ich euch mein Zeugnis von Gottvater, Jesus Christus und den Worten von Joseph Smith geben: „Brüder, sollen wir in einer so großen Sache nicht vorwärtsgehen? Geht vorwärts und nicht rückwärts! Mut, Brüder, und auf, auf zum Sieg!“11 Im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Alma 53:20

  2. Mosia 18:9

  3. Wahre Begebenheit, die dem Verfasser erzählt worden ist

  4. Joseph A. Califano Jr., Gründer und emeritierter Vorsitzender des National Center on Addiction and Substance Abuse an der Columbia University, in einer Presseerklärung zu den Ergebnissen der Studie, casacolumbia.org

  5. Verkündet mein Evangelium! – eine Anleitung für den Missionsdienst, 2004, Seite 139

  6. Lehre und Bündnisse 87:8

  7. 2 Timotheus 1:7

  8. N. Eldon Tanner, „For They Loved the Praise of Men More Than the Praise of God“, Ensign, November 1975, Seite 74f.

  9. Lehre und Bündnisse 84:20

  10. Thomas S. Monson, „Ein dreifaches R begleitet Entscheidungen“, Liahona, November 2010, Seite 68

  11. Lehre und Bündnisse 128:22