2010–2019
Die Segnungen des Abendmahls
Oktober 2012


Die Segnungen des Abendmahls

Wir werden gesegnet, wenn wir für das Sühnopfer Jesu Christi dankbar sind, unsere Taufbündnisse erneuern, spüren, dass uns vergeben wird, und vom Heiligen Geist Inspiration empfangen.

Ich bin in Rexburg in Idaho aufgewachsen. Ich hatte eine wunderbare Familie, Freunde, Lehrer und Führer, die mich geprägt und vieles gelehrt haben. Wir alle hatten schon besondere Erlebnisse, die uns tief bewegt oder alles für immer verändert haben. Ein solches Erlebnis hatte ich in meiner Jugend. Es hat mein Leben grundlegend geändert.

Ich war in der Kirche immer aktiv gewesen und im Aaronischen Priestertum aufgestiegen. Als ich ein Teenager war, forderte mein Lehrer, Bruder Jacob, mich auf, auf eine Karte zu schreiben, worüber ich beim Abendmahl nachgedacht hatte. Ich nahm meine Karte zur Hand und begann zu schreiben. Ganz oben auf der Liste stand ein Basketballspiel, das wir am Vorabend gewonnen hatten. Dann kam eine Verabredung nach dem Spiel, und so ging es weiter. Ganz tief unten – und ganz bestimmt nicht in fetten Buchstaben – stand da der Name Jesus Christus.

Jeden Sonntag füllten wir eine solche Karte aus. Für mich als jungen Träger des Aaronischen Priestertums gewannen das Abendmahl und die Abendmahlsversammlung dadurch eine neue, größere, geistige Bedeutung. Ich fieberte dem Sonntag entgegen und der Gelegenheit, vom Abendmahl zu nehmen, weil ich das Sühnopfer des Erlösers immer besser verstand und mich dadurch änderte. Noch heute kann ich jeden Sonntag, wenn ich vom Abendmahl nehme, meine Karte vor mir sehen und meine Liste durchgehen. Jetzt steht an allererster Stelle immer der Erretter der Menschheit.

Im Neuen Testament lesen wir, wie der Heiland und seine Apostel in einem Obergemach zusammenkamen, um das Paschamahl zu feiern.

„Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!

Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“1

Jesus führte das heilige Abendmahl auch bei seinem Besuch bei den Nephiten ein.2 Mir ist jetzt klar, wie wichtig diese beiden Ereignisse waren.

Präsident David O. McKay hat gesagt: „Ich habe das Gefühl, ich solle herausstellen, was der Herr als die wichtigste Versammlung in der Kirche bezeichnet hat, und das ist die Abendmahlsversammlung.“3 Wenn wir uns ordentlich auf das Abendmahl vorbereiten, können wir damit unser Leben grundlegend ändern. Ich möchte Ihnen fünf Grundsätze ans Herz legen, die sich positiv auf unser Leben auswirken können, wenn wir würdig vom Abendmahl nehmen.

1. Für das Sühnopfer Jesu Christi dankbar sein

Der erste Grundsatz besagt, dass man beim Abendmahl dem Vater im Himmel gegenüber für das Sühnopfer seines Sohnes dankbar sein soll. Jemand hat einmal folgende Begebenheit erzählt, die sich beim Austeilen des Abendmahls zutrug.

„Das Abendmahl war für mich nie von großer Bedeutung bis zu dem Sonntag, als ich zum Diakon ordiniert wurde. An dem Nachmittag teilte ich zum ersten Mal das Abendmahl aus. Vor der Versammlung warnte mich einer der Diakone: ‚Pass auf Bruder Schmidt auf. Es kann sein, dass du ihn aufwecken musst!‘ Schließlich war es so weit, ich durfte das Abendmahl mit austeilen. Mit den ersten sechs Reihen kam ich gut zurecht. Die Kinder und die Erwachsenen nahmen ohne erkennbare Schwierigkeiten von dem Brot. Dann kam ich zur siebten Reihe, wo Bruder Schmidt immer saß. Doch zu meiner Überraschung schlief er nicht, sondern war hellwach. Anders als viele andere, denen ich das Brot gereicht hatte, nahm er, so schien es mir, sehr nachdenklich und ehrfürchtig davon.

Ein paar Minuten später ging ich mit dem Wasser wieder auf die siebte Reihe zu. Diesmal hatte mein Freund Recht. Bruder Schmidt saß da mit gesenktem Kopf und seine sonst großen, blauen Augen waren geschlossen. Er schlief offenbar tief und fest. Was konnte ich sagen oder machen? Einen Moment lang schaute ich auf seine faltige Stirn, die von jahrelanger Arbeit und Mühsal gezeichnet war. Er hatte sich als Jugendlicher der Kirche angeschlossen und in seinem kleinen Heimatort in Deutschland viel Verfolgung erleiden müssen. Ich hatte die Geschichte oft in der Zeugnisversammlung gehört. Schließlich entschloss ich mich, ihn leicht an der Schulter anzutippen, in der Hoffnung, dies werde ihn aufwecken. Als ich meine Hand ausstreckte, hob er langsam den Kopf. Tränen liefen ihm die Wangen hinab, und als ich ihm in die Augen blickte, sah ich Liebe und Freude. Ruhig hob er die Hand und nahm das Wasser. Obwohl ich damals erst zwölf war, kann ich mich noch lebhaft daran erinnern, was ich empfand, als ich diesen runzligen, alten Mann vom Abendmahl nehmen sah. Ich wusste ohne jeden Zweifel, dass er beim Abendmahl etwas empfand, was ich noch nie empfunden hatte. Damals beschloss ich, dass ich dasselbe empfinden wollte.“4

Bruder Schmidt hatte Verbindung mit dem Himmel, und der Himmel hatte Verbindung mit ihm.

2. Daran denken, dass wir unsere Taufbündnisse erneuern

Der zweite Grundsatz lautet, wir sollen uns daran erinnern, dass wir beim Abendmahl unsere Taufbündnisse erneuern. In den heiligen Schriften lesen wir, dass wir dabei unter anderem versprechen,

„in die Herde Gottes zu kommen und sein Volk genannt zu werden, … einer des anderen Last zu tragen, … mit den Trauernden zu trauern [und] als Zeugen Gottes aufzutreten“5,

„mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist [vorzutreten,] den Namen Jesu Christi auf [uns] zu nehmen, mit der Entschlossenheit, ihm bis ans Ende zu dienen“6 und seine Gebote zu halten und immer an ihn zu denken7.

Die Abendmahlsgebete sollen an diese Bündnisse erinnern. Wenn wir vom Abendmahl nehmen, verpflichten wir uns aufs Neue, diese Bündnisse einzuhalten. Es wäre meines Erachtens dienlich, wenn wir uns die Abendmahlsgebete sowohl im Gedächtnis als auch im Herzen einprägen. Es wird uns helfen, uns auf die Erneuerung unserer Taufbündnisse zu besinnen. Ganz gleich, ob wir bei unserer Taufe acht oder achtzig Jahre alt waren, hoffe ich doch, dass wir den Tag und die Bündnisse, die wir geschlossen haben, niemals vergessen werden.

3. Beim Abendmahl können wir spüren, dass uns unsere Sünden vergeben werden

Drittens können wir beim Abendmahl spüren, dass uns unsere Sünden vergeben werden. Wenn wir uns vor der Abendmahlsversammlung Zeit genommen haben, von unseren Sünden umzukehren, können wir uns nach der Abendmahlsversammlung vollkommen rein fühlen. Präsident Boyd K. Packer hat gesagt: „Das Abendmahl stößt den Vorgang der Vergebung neu an. … Jeden Sonntag ist das Austeilen des Abendmahls eine Zeremonie, bei der wir erneut Vergebung erlangen können. … Jeden Sonntag vollziehen wir diese Reinigung, damit unser Geist zur rechten Zeit, wenn wir einmal sterben, rein ist.“8 Wenn wir würdig vom Abendmahl nehmen, können wir uns so fühlen wie das Volk König Benjamins, von dem es heißt: „Sie wurden von Freude erfüllt und empfingen Vergebung für ihre Sünden und hatten Frieden im Gewissen.“9

4. Wir können Inspiration empfangen, wie wir unsere Probleme lösen können

Der vierte Grundsatz besagt, dass wir in der Abendmahlsversammlung Inspiration empfangen können, wie wir unsere Probleme lösen können. Als ich Missionspräsident in Bolivien war, durften meine Frau Mary Anne und ich an einem Seminar für Missionspräsidenten mit Präsident Henry B Eyring teilnehmen. Bei dieser Versammlung erklärte er, es gebe drei bedeutende Möglichkeiten, sich auf eine Versammlung so vorzubereiten, dass man einen Nutzen daraus zieht. Wir sollen unsere Probleme mitbringen, demütig und lernwillig sein wie ein Kind und den Wunsch haben, Gottes Kindern zu helfen.

Wenn wir demütig zur Abendmahlsversammlung kommen, können wir vom Himmel mit Eingebungen bedacht werden, wie sich die Probleme des Alltags lösen lassen. Wir müssen aber vorbereitet und aufnahmebereit sein und dürfen uns nicht ablenken lassen. In den heiligen Schriften steht: „Aber siehe, ich sage dir: Du musst es mit deinem Verstand durcharbeiten; dann musst du mich fragen, ob es recht ist, und wenn es recht ist, werde ich machen, dass dein Herz in dir brennt; darum wirst du fühlen, dass es recht ist.“10 Wir können wissen, was wir tun sollen, um unsere Probleme zu lösen.

5. Wenn wir würdig vom Abendmahl nehmen, können wir vom Heiligen Geist erfüllt werden

Der fünfte Grundsatz lautet: Wenn wir würdig vom Abendmahl nehmen, können wir vom Heiligen Geist erfüllt werden. Als Jesus bei seinem Besuch bei den Nephiten das Abendmahl einführte, sagte er: „Wer dieses Brot isst, der isst von meinem Leib für seine Seele; und wer von diesem Wein trinkt, der trinkt von meinem Blut für seine Seele; und seine Seele wird nie hungern noch dürsten, sondern wird satt sein.“11 Ihnen war verheißen worden: Falls sie nach Rechtschaffenheit hungerten und dürsteten, würden sie vom Heiligen Geist erfüllt werden. Im Abendmahlsgebet wird uns auch verheißen, dass sein Geist immer mit uns sein wird, wenn wir nur unsere Bündnisse halten.12

Elder Melvin J. Ballard hat gesagt: „Ich bezeuge, dass während des Abendmahls ein Geist herrscht, der uns die Seele von Kopf bis Fuß erwärmt. Man spürt, wie die Wunden des Geistes heilen und die Last leichter wird. Die Seele, die würdig ist und wirklich geistige Nahrung zu sich nehmen möchte, findet Trost und Freude.“13

Wir werden gesegnet, wenn wir jede Woche vom Abendmahl nehmen und dabei für das Sühnopfer Jesu Christi dankbar sind, unsere Taufbündnisse erneuern, spüren, dass uns vergeben wird, und vom Heiligen Geist Inspiration empfangen. Eine Abendmahlsversammlung ist immer dann gelungen, wenn das Abendmahl den Kern unserer Gottesverehrung bildet. Ich bin dankbar für das Sühnopfer Jesu Christi. Ich weiß, dass er lebt. Im Namen Jesu Christi. Amen.