2010–2019
Der Vater und der Sohn
April 2013


Der Vater und der Sohn

Der springende Punkt beim Evangelium Jesu Christi und der Macht, die es hat, zu erretten, ist ein richtiges Verständnis vom Vater und vom Sohn.

Meine lieben Brüder und Schwestern, ich bin dankbar, dass ich heute Nachmittag im Rahmen dieser inspirierenden Generalkonferenz zu Ihnen sprechen darf.

Da ich ein Thema behandle, das für meine Begriffe äußerst heilig ist, möchte ich zunächst voller Dankbarkeit anerkennen, wie viele Christen sich im Laufe der Zeiten aufgeopfert haben, darunter auch meine protestantischen Vorfahren aus Frankreich sowie meine katholischen Vorfahren aus Irland. Wegen ihres Glaubens und aus Gottesverehrung gaben viele von ihnen ihre Stellung, Hab und Gut und selbst ihr Leben auf, um für ihren Gott und ihren Glauben einzustehen.1

Als Heilige der Letzten Tage und als Christen haben auch wir einen starken und tiefen Glauben an Gott, den ewigen Vater, und an seinen Sohn Jesus Christus. Wie ergeben wir Gott sind, ist immer eine heilige und persönliche Angelegenheit zwischen jedem von uns und unserem Schöpfer.

Unser Ringen um ewiges Leben ist nichts anderes als ein Ringen um Verständnis, wer Gott ist und wie wir zu ihm zurückkehren können, um bei ihm zu leben. Der Heiland betete zum Vater: „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.“2

Selbst im Lichte dieser Aussage unseres Heilands steht die vorherrschende Meinung über das Wesen des Vaters und des Sohnes bereits seit Jahrhunderten bei vielen Menschen eindeutig im Widerspruch zu dem, was in den heiligen Schriften steht.

Wir behaupten mit allem Respekt, dass der springende Punkt beim Evangelium Jesu Christi und der Macht, die es hat, zu erretten, ein richtiges Verständnis vom Vater und vom Sohn ist.3

Wie bedeutsam dieser allerwichtigste Grundsatz des Evangeliums Jesu Christi ist, wird durch die erste Vision des Propheten Joseph Smith 1820 bestätigt. Der Prophet schrieb: „Als das Licht auf mir ruhte, sah ich zwei Personen von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!4

Dieses Erlebnis des Knaben Joseph, gefolgt von vielen weiteren Visionen und Offenbarungen, macht deutlich, dass Gott tatsächlich existiert. Der Vater und sein Sohn Jesus Christus sind zwei getrennte und eigenständige Wesen. Der Mensch ist als Abbild Gottes erschaffen. Unser Vater im Himmel ist buchstäblich der Vater von Jesus Christus. Gott offenbart sich den Menschen auch weiterhin, er ist uns stets nahe und an uns interessiert, und er erhört unsere Gebete.

Obwohl vergleichbare Erscheinungen von Vater und Sohn in der Schrift relativ selten vorkommen, besteht das Besondere an der ersten Vision darin, dass sie sich so gut mit anderen Ereignissen verträgt, die in den heiligen Schriften festgehalten wurden.

Im Neuen Testament beispielsweise lesen wir, was Stephanus bei seinem Märtyrertod bezeugt: „Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.“5

In einer überwältigenden Vision auf der Insel Patmos sieht der Apostel Johannes Gott, den Herrscher6, sowie das Lamm Gottes, das uns mit seinem Blut erworben hat7.

Im Buch Mormon wird die Lehre vom Vater und vom Sohn in beeindruckenden Zeugnissen der Bibel zur Seite gestellt. So wird im Buch Mormon das Erscheinen unseres Heilands bei den Nephiten beschrieben. Mit der Stimme des Vaters wird in Anwesenheit von rund 2500 Nephiten der auferstandene Messias vorgestellt: „Seht meinen geliebten Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, in dem ich meinen Namen verherrlicht habe – ihn höret.“8

In den vier Evangelien verweist Christus 160 Mal auf seinen Vater im Himmel, im Buch Mormon hingegen erwähnt er seinen Vater während seines kurzen, nur drei Tage dauernden geistlichen Wirkens bei den Nephiten gar 122 Mal.

Bei Matthäus sagt Jesus beispielsweise: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.“9

Bei Johannes bezeugt er: „Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht.“10

Und bei Lukas ruft er aus: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“11

Jedes Mal, wenn unser Herr auf seinen Vater im Himmel verweist, legt er größte Ehrfurcht und Ergebenheit an den Tag.

Wenn ich das sage, hoffe ich, dass keine Missverständnisse aufkommen. Jesus Christus ist der große Jehova, der Gott Israels, der verheißene Messias, und aufgrund seines unbegrenzten Sühnopfers ist er unser Erretter und der Erlöser der Welt. Über ihn sagte der Apostel Paulus: „Danach kommt das Ende, wenn [Christus] jede Macht, Gewalt und Kraft vernichtet hat und seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt.“12

Am Abend vor seinem Sühnopfer legte der Erlöser nachdrücklich Fürbitte beim Vater ein. Er betete:

„Aber ich bitte nicht nur für diese hier [gemeint sind seine Apostel], sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben.

Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind.“13

Der Vater und der Sohn sind eigenständige, getrennte Wesen, doch sind sie vollkommen vereint und eins, was ihre Macht und ihre Absichten angeht. Ihre Einigkeit ist nicht ihnen allein vorbehalten, vielmehr wünschen sie dieselbe Einigkeit allen, die ihnen voller Hingabe nachfolgen und ihre Gebote befolgen.

Wie kann jemand, der Gott ernsthaft sucht, den Vater und den Sohn kennenlernen? Unser Erlöser hat versprochen: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, … wird euch alles lehren.“14

Im Buch Mormon verkündet Nephi, als er von der Lehre Christi spricht, dass der Heilige Geist „Zeugnis gibt vom Vater und vom Sohn“15.

Es stimmt, dass jeder Mensch nach dem Willen des Herrn gelegentlich die Macht oder den Einfluss des Heiligen Geistes spüren kann, und zwar ungeachtet seiner religiösen Überzeugung. Doch das volle Maß oder die Gabe des Heiligen Geistes erhält man erst, wenn man mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist16 die heiligen Handlungen Taufe und Gabe des Heiligen Geistes17 durch Händeauflegen empfangen hat. Diese und andere Verordnungen können nur unter der Leitung und mit der Macht des Priestertums Gottes durchgeführt werden. Wir erfahren darüber:

„Und dieses größere Priestertum vollzieht das Evangelium und hat den Schlüssel der Geheimnisse des Reiches inne, nämlich den Schlüssel der Gotteserkenntnis.

Darum wird in seinen Verordnungen die Macht des Göttlichen kundgetan.“18

Im rechten Lichte betrachtet, ist die Lehre vom Vater und vom Sohn die Lehre von der ewigen Familie. Jeder Mensch hat zuvor als Geistkind bei Eltern im Himmel gelebt19, wobei Jesus in dieser himmlischen Familie der Erstgeborene des Vaters war20.

So verhält es sich mit uns allen. Wir sind die Kinder unseres Vaters im Himmel.

Präsident Ezra Taft Benson sagte mit prophetischer Einsicht: „Nichts wird uns mehr überraschen, wenn wir durch den Schleier auf die andere Seite gehen, als zu erkennen, wie gut wir unseren Vater [im Himmel] kennen und wie vertraut uns sein Gesicht ist.“21

Ich habe gelernt, dass es nicht möglich ist, in der Sprache der Menschen das auszudrücken, was nur durch den Heiligen Geist und die Macht Gottes kundgetan wird. In diesem Sinne gebe ich feierlich Zeugnis, dass es unseren ewigen Vater und seinen heiligen Sohn Jesus Christus wirklich gibt, dass sie uns nahe sind und dass sie gut sind. Im Namen Jesu Christi. Amen.