2010–2019
Die Worte, die wir sagen
April 2013


Die Worte, die wir sagen

Wie wir mit unseren Kindern sprechen und welche Worte wir verwenden, kann ihnen Mut machen, sie aufrichten und ihren Glauben stärken.

Vor kurzem erfuhr ein junger Vater vom Tod seiner außergewöhnlichen Grundschullehrerin. In Erinnerung an sie schrieb er: „Von all den Gefühlen und Erfahrungen, an die ich mich erinnere, ist mir in erster Linie Geborgenheit im Bewusstsein. Sie hat mir zwar Schreiben, Grammatik und Rechnen beigebracht, vor allem aber lehrte sie mich, Freude an der Kindheit zu haben. In ihrem Unterricht war es in Ordnung, wenn man hie und da mal ein Wort falsch buchstabierte. Sie sagte dann: ‚Daran arbeiten wir noch!‘ Es war in Ordnung, wenn mal etwas zu Bruch ging oder verschüttet wurde. Sie meinte einfach: ‚Wir machen das wieder heil!‘ oder ‚Wir machen das wieder sauber!‘. Es war in Ordnung, etwas auszuprobieren, sich zu strecken, zu träumen und sich mit den Nebensächlichkeiten zu vergnügen, die nur ein Kind aufregend findet.“

Zu den größten Einflüssen, die man hier auf Erden ausüben kann, zählt der Einfluss auf ein Kind. Die Vorstellungen und das Selbstwertgefühl eines Kindes werden schon früh geprägt. Jeder, der mich hören kann, hat die Macht, durch das, was er sagt, das Selbstvertrauen eines Kindes und dessen Glauben an den Vater im Himmel und an Jesus Christus zu festigen.

In Helaman 5 lesen wir: „Und nun, meine Söhne, denkt daran, denkt daran, dass es auf dem Fels unseres Erlösers ist, und das ist Christus, der Sohn Gottes, dass ihr eure Grundlage bauen müsst.“1

Das sind die Worte, die Helaman seinen Söhnen mitgab. Wir lesen weiter: „Und sie dachten an seine Worte; und darum gingen sie hin, … um das Wort Gottes unter all dem Volk Nephi zu lehren.“2

Obwohl die Söhne Helamans verfolgt und ins Gefängnis geworfen wurden, ließen die Worte, die sie gehört hatten, sie nie im Stich. Sie wurden beschützt und von einer Säule aus Feuer umschlossen. Dann hörten sie eine Stimme, die zu den Männern, die sie gefangen hielten, sprach:

„Kehrt um, und trachtet nicht mehr danach, meine Knechte zu vernichten. …

[Es war] nicht eine Stimme des Donners …, auch nicht eine Stimme von großem, heftigem Lärm, sondern siehe, es war eine leise Stimme von vollkommener Milde, gleichwie ein Flüstern, und sie drang bis tief in die Seele.“3

Wir können von dieser Stimme aus dem Himmel etwas lernen. Sie war nicht laut, schimpfte nicht und war nicht herabwürdigend, sondern leise und vollkommen mild, gab klare Anweisung und ließ gleichzeitig Hoffnung aufkeimen.

Wie wir mit unseren Kindern sprechen und welche Worte wir verwenden, kann ihnen Mut machen, sie aufrichten und ihren Glauben stärken, sodass sie auf dem Weg bleiben, der zum Vater im Himmel führt. Wenn sie zur Erde kommen, sind sie bereit, uns zuzuhören.

Ein Beispiel für ein Kind, das zuhörte, trug sich einmal in einem Stoffladen zu. Der Laden war mit Kunden völlig überfüllt. Da fiel allen auf, dass eine Mutter in Panik geriet, weil sie ihren kleinen Sohn verloren hatte. Zunächst rief sie seinen Namen. „Connor“, rief sie und lief hektisch im Laden umher. Mit der Zeit wurde sie lauter und klang immer verzweifelter. Kurz darauf wurde das Sicherheitspersonal informiert, und jeder im Geschäft half bei der Suche nach dem Kind. Es vergingen ein paar Minuten – ohne Erfolg. Connors Mutter geriet verständlicherweise von Minute zu Minute immer mehr außer sich und schrie immer wieder seinen Namen.

Eine Kundin sprach ein stilles Gebet. Daraufhin kam ihr der Gedanke, dass Connor vermutlich Angst hatte, weil seine Mutter seinen Namen so herausbrüllte. Sie erzählte dies einer anderen Kundin, die bei der Suche mithalf, und schnell kam ihnen eine Idee. Gemeinsam liefen sie zwischen den Tischreihen durch und sagten immer wieder leise: „Connor, wenn du mich hören kannst, sag: ‚Hier bin ich.‘“ Als sie langsam in den hinteren Teil des Ladens gingen und diesen Satz wiederholten, hörten sie tatsächlich eine zaghafte, leise Stimme sagen: „Hier bin ich.“ Connor hatte sich zwischen ein paar Stoffballen unter einem Tisch versteckt. Es war eine vollkommen milde Stimme, die Connor den Mut gab, sich bemerkbar zu machen.

Beten Sie, um zu erfahren, was ein Kind braucht

Wenn wir das Herz eines Kindes erreichen wollen, müssen wir wissen, was es braucht. Wenn wir darum beten, können unsere Worte die Macht haben, ihm ins Herz zu dringen. Unsere Anstrengungen werden großgemacht, wenn wir uns bemühen, vom Heiligen Geist geführt zu werden. Der Herr hat gesagt:

„Sprecht die Gedanken aus, die ich euch ins Herz geben werde, …

denn es wird euch zur selben Stunde, ja, im selben Augenblick eingegeben werden, was ihr sagen sollt.“4

Legen Sie Ihre Geräte beiseite und hören Sie voller Liebe zu

Leider können die Ablenkungen dieser Welt viele Kinder davon abhalten, die aufmunternden Worte zu hören, die ihr Selbstbild prägen könnten.

Dr. Neal Halfon, der an der Universität von Kalifornien das Zentrum für Kinder und Familien leitet, spricht von „gutartiger elterlicher Vernachlässigung“. In einer Studie wurden ein anderthalbjähriger Junge und seine Eltern beobachtet.

„Ihr Sohn wirkte fröhlich und aktiv und rege. Er verbrachte gern Zeit mit seinen Eltern, besonders wenn es Pizza gab. … Nach dem Abendessen hatte die Mutter einige Besorgungen zu machen und der Vater sollte sich um das Kind kümmern.

Er las Nachrichten auf seinem Handy, während das Kind um seine Aufmerksamkeit rang, indem es ihn mit den Resten des Pizzarandes bewarf. Da wandte sich der Vater wieder seinem Kind zu und spielte mit ihm. Bald jedoch schaute er mit dem Kind auf dem Handy ein Video an, bis seine Frau zurückkam. …

Dr. Halfon beobachtete, dass das Kind unzufriedener wirkte und die Verbindung zwischen Vater und Kind abnahm.“5

Die Antwort auf unser Gebet, wie wir mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse unserer Kinder nehmen können, lautet vielleicht, dass wir alle Geräte mal beiseitelegen. Wir verlieren wertvolle Augenblicke, in denen wir uns mit unseren Kindern beschäftigen und mit ihnen reden können, wenn wir uns ständig ablenken lassen. Warum nicht einfach für jeden Tag eine Uhrzeit festlegen, zu der man die technischen Geräte beiseitelegt und sich wieder miteinander befasst? Schalten Sie einfach mal alles aus. Möglicherweise ist es zuhause erst einmal ungewöhnlich ruhig und Sie wissen gar nicht recht, was Sie tun oder sagen sollen. Wenn Sie sich jedoch Ihren Kindern voll und ganz widmen, kommt es automatisch zu Gesprächen, und Sie werden einander gern zuhören.

Schreiben Sie, um Ihre Kinder zu etwas zu bewegen

Wir können unsere Kinder auch durch das, was wir ihnen schreiben, beeinflussen. Nephi schreibt: „Wir arbeiten eifrig daran, zu schreiben, um unsere Kinder … zu bewegen, dass sie an Christus glauben und sich mit Gott versöhnen lassen.“6

Präsident Thomas S. Monson berichtete einmal von Jay Hess, einem Flieger, der in den Sechzigerjahren über Nordvietnam abgeschossen wurde. „Zwei Jahre lang hatten seine Angehörigen keine Ahnung, ob er noch lebte. Diejenigen, die ihn nach Hanoi verschleppt hatten, erlaubten ihm schließlich, nach Hause zu schreiben, aber er musste sich auf höchstens 25 Wörter beschränken.“ Präsident Monson stellte die Frage: „Was würden Sie oder ich unseren Angehörigen mitteilen, wenn wir in dieser Lage wären – nachdem wir sie über zwei Jahre nicht gesehen haben und nicht wissen, ob wir sie jemals wiedersehen werden? Weil er seinen Angehörigen etwas mitteilen wollte, was sie erkennen ließe, dass es von ihm stammte, und auch, um ihnen einen guten Rat zu geben, schrieb Bruder Hess [diese Worte]: ‚Folgendes ist wichtig: eine Eheschließung im Tempel, eine Mission, eine Ausbildung. Geht voran, setzt euch Ziele, schreibt alles auf, macht zweimal im Jahr Familienfotos.‘“7

Was würden Sie Ihren Kindern schreiben, wenn Sie höchstens 25 Wörter hätten?

Der junge Vater, den ich vorhin erwähnt habe und der von seiner Grundschullehrerin berichtete, zieht nun selbst eine kleine Tochter groß. Er spürt das himmlische Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde. Wie sieht die Zukunft dieses Mädchens aus? Was wird ihr Vater sagen, was ihr tief ins Herz dringen wird? Welche Worte werden ihr Mut machen, sie aufrichten und ihr helfen, auf dem richtigen Weg zu bleiben? Wird es etwas nützen, wenn er sich Zeit nimmt und ihr zuflüstert, dass sie ein Kind Gottes ist? Wird sie sich eines Tages daran erinnern, dass ihr Vater oft zu ihr gesagt hat, dass er alles an ihr liebt?

Denn ist es nicht genau das, was der Vater im Himmel zu seinem Sohn und zu uns allen sagte, als er sprach: „Das ist mein geliebter Sohn“, und dann hinzufügte, „an dem ich Gefallen gefunden habe“?8

Mögen die Worte, die wir zu unseren Kindern sagen und ihnen schreiben, die Liebe widerspiegeln, die der Vater im Himmel für seinen Sohn Jesus Christus und für uns empfindet. Mögen wir dann innehalten und zuhören, denn ein Kind ist imstande, Großes und Wunderbares zu erwidern. Das sage ich im Namen Jesu Christi. Amen.