2010–2019
Unser persönliches Wirken
Oktober 2014


Unser persönliches Wirken

Um die Bedürfnisse derjenigen erkennen zu können, denen wir auf die eine oder andere Weise dienen können, müssen wir uns von der Liebe Christi leiten lassen.

In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage haben wir immer wieder die schöne Gelegenheit, anderen Gutes zu tun. Seit ich der Kirche angehöre, diene ich in vielerlei Hinsicht. Bruder Udine Falabella, der Vater von Elder Enrique R. Falabella, pflegte stets zu sagen: „Wer einer Sache dient, taugt zu etwas; wer keiner Sache dient, taugt zu nichts.“ Diese Worte sind es wert, im Kopf und im Herzen bewahrt zu werden.

In meinem Bestreben, beim Dienen Inspiration zu empfangen, stimmt mich der Gedanke zuversichtlich, dass es dem Heiland stets um den Einzelnen und die Familie geht. Aus seiner liebevollen Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Einzelnen wird mir bewusst, welch großen Wert er jedem Kind des himmlischen Vaters beimisst. Auch wir müssen dafür Sorge tragen, dass einem jeden durch das Evangelium Jesu Christi geistlich gedient wird und dass er gestärkt wird.

In den heiligen Schriften steht:

„Denkt daran, die Seelen haben großen Wert in den Augen Gottes; …

Und wenn es so ist, dass ihr alle eure Tage arbeitet … und auch nur eine einzige Seele zu mir führt, wie groß wird eure Freude mit ihr im Reich meines Vaters sein!“1

Für Gott ist jede Seele von großem Wert, denn wir alle sind seine Kinder und tragen alle das Potenzial in uns, so zu werden wie er.2

Um die Bedürfnisse derjenigen erkennen zu können, denen wir auf die eine oder andere Weise dienen können, müssen wir uns von der Liebe Christi leiten lassen. Die Lehren des Herrn Jesus Christus zeigen uns, wie man das macht. Unser persönliches Wirken beginnt so: Wir erkennen Bedürfnisse und nehmen uns ihrer an. Schwester Linda K. Burton, die Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung, hat in diesem Zusammenhang gesagt: „Erst aufmerksam sein, dann helfen.“3

Präsident Thomas S. Monson verkörpert diesen Grundsatz vorbildlich. Im Januar 2005 führte er bei einer Priestertumsführerschaftskonferenz in Puerto Rico den Vorsitz und lebte dort vor, wie der Heiland und dessen Knechte dem Einzelnen dienen. Am Ende dieser großartigen Versammlung begrüßte Präsident Monson jeden einzelnen anwesenden Priestertumsführer. Ihm fiel auf, dass ein Bruder für sich alleine stand und alles aus der Entfernung beobachtete.

Präsident Monson verließ die Gruppe, ging auf den Bruder zu und sprach ihn an. Gerührt erzählte ihm José R. Zayas, es sei ein Wunder, dass er auf ihn zugekommen sei, und die Antwort auf die Gebete, die er und seine Frau Yolanda vor der Versammlung gesprochen hatten. Er berichtete Präsident Monson, es gehe seiner Tochter gesundheitlich sehr schlecht, und er habe einen Brief von seiner Frau bei sich. Sie hatte darum gebeten, dass er Präsident Monson den Brief übergibt. Bruder Zayas hatte seiner Frau gesagt, dies sei unmöglich, weil Präsident Monson zu beschäftigt sei. Präsident Monson hörte ihm zu, bat um den Brief und las ihn durch. Er steckte ihn dann in sein Jackett und sagte Bruder Zayas, er werde sich um ihr Anliegen kümmern.

Auf diese Weise segnete der Herr Jesus Christus diese Familie durch seinen Knecht. Diese Worte des Heilands im Gleichnis vom barmherzigen Samariter gelten auch für uns: „Geh und handle genauso!“4

Am 21. September 1998 fegte der Wirbelsturm Georges über Puerto Rico hinweg und richtete großen Schaden an. Meine Frau, unsere fünf Kinder und ich blieben während des schweren Sturms mit seinen orkanartigen Windböen im Haus und konnten dadurch überleben. Zwei Wochen lang hatten wir jedoch weder fließendes Wasser noch Strom.

Unser Wasservorrat ging schließlich zur Neige, und es war schwer, an mehr Wasser zu kommen. Ich werde nie die Brüder vergessen, die uns halfen und uns diese kostbare Flüssigkeit brachten; auch werde ich nie vergessen, wie uns die Schwestern auf liebevolle Weise zur Seite standen.

Germán Colón brachte uns auf seinem Pickup einen großen Plastikkanister voll Wasser. Als Grund dafür gab er an: „Ich weiß, ihr habt kleine Kinder, die Wasser brauchen.“ Einige Tage später luden Bruder Noel Muñoz und Bruder Herminio Gómez drei große Wassertanks auf einen offenen Lastwagen. Sie tauchten dann überraschend bei uns zu Hause auf und füllten jede vorhandene Flasche mit Trinkwasser. Auch forderten sie unsere Nachbarn auf, ihre Flaschen zu füllen.

Unsere Gebete wurden durch ihren Dienst am Einzelnen erhört. Die Gesichter dieser drei Brüder spiegelten die Liebe wider, die Jesus Christus für uns empfindet. Und ihr Dienst, ihr Wirken ganz persönlich für uns, brachte viel mehr als nur Trinkwasser in unser Leben. Jedem Sohn und jeder Tochter Gottes muss bewusst sein, dass sich andere Menschen um ihr Wohlergehen sorgen und auf sie aufpassen.

Ich bezeuge Ihnen, dass der Vater im Himmel und der Herr Jesus Christus jeden Einzelnen persönlich kennen. Aus diesem Grund geben sie uns genau das, was wir brauchen, um unser göttliches Potenzial zu erreichen. Sie stellen uns auch Menschen zur Seite, die uns beistehen. Und wenn wir dann ein Werkzeug in ihrer Hand sind, können wir wiederum denjenigen dienen und beistehen, die sie uns durch Offenbarung nennen.

So kann der Herr Jesus Christus alle Kinder des himmlischen Vaters erreichen. Der gute Hirte sammelt alle seine Schafe. Er sammelt sie eines nach dem anderen, je nachdem, ob sie ihre sittliche Selbständigkeit richtig nutzen, auf die Stimme seiner Knechte hören und das geistliche Wirken dieser Knechte annehmen. Dann erkennen sie nämlich seine Stimme und folgen ihm nach. Dem Einzelnen auf diese Wiese zu dienen ist unerlässlich, wenn wir unseren Taufbund halten wollen.

Ebenso besteht unser bestes Empfehlungsschreiben an diejenigen, denen wir vom Evangelium erzählen können, darin, ein guter Jünger Jesu Christi zu sein. Wenn wir den Mund auftun und vom wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi erzählen, werden wir „‚Unterhirten‘ … mit dem Auftrag, die Schafe auf seiner Weide, die Lämmer seiner Herde zu umsorgen“5 – wir werden zu „[s]chwachen und [e]infachen“6 „Menschenfischern“7.

Unser Dienst und unser Wirken für den Einzelnen beschränken sich jedoch nicht nur auf die Lebenden. Wir können auch Arbeit für die Verstorbenen tun, für diejenigen, die in der Geisterwelt leben und die während ihres Erdenlebens nicht die Gelegenheit gehabt haben, die errettenden heiligen Handlungen des Evangeliums Jesu Christi zu empfangen. Wir können auch Tagebuch führen und unsere Familiengeschichte aufschreiben, um sowohl das Herz der Lebenden den Lebenden zuzuwenden als auch das Herz der Lebenden ihren Vorfahren. Es geht darum, in unserer Familie von einer Generation zur nächsten ein ewiges Band zu knüpfen. Auf diese Weise werden wir „Befreier … auf de[m] Berg Zion“8.

Wir dürfen ein Werkzeug in Gottes Hand sein – in unserer Ehe, in unserer Familie, für unsere Freunde und für unseren Nächsten. Dadurch dienen wir als wahre Jünger Jesu Christi dem Einzelnen.

„Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.

Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken.

Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.

Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen;

ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.

Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben?

Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben?

Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?

Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“9

Ich bete dafür, dass wir dies tun mögen. Im Namen Jesu Christi. Amen.