2010–2019
Klar erschalle der Trompete Ton
Oktober 2015


Klar erschalle der Trompete Ton

Gebraucht werden Jünger Christi, die die Evangeliumsbotschaft unmissverständlich klar und mit dem Herzen übermitteln.

In diesem Sommer waren zwei unserer jüngeren Enkel bei uns, da ihre Eltern an einem von ihrem Pfahl veranstalteten Pionier-Treck teilnahmen. Unserer Tochter war es ein Anliegen, dass die beiden Jungen Klavier übten, auch wenn sie nicht zu Hause waren. Sie wusste, dass das Üben schnell ins Hintertreffen gerät, wenn man ein paar Tage bei den Großeltern verbringt. Eines Nachmittags setzte ich mich also zu meinem 13-jährigen Enkel Andrew und hörte ihm beim Üben zu.

Dieser Junge hat eine Menge Energie und hält sich am liebsten draußen im Freien auf. Mit Leichtigkeit könnte er den ganzen Tag mit Jagen und Angeln verbringen. Es war ihm anzusehen, dass er lieber bei uns am Fluss angeln würde, anstatt Klavier zu üben. Ich hörte ihm zu, wie er jeden Akkord eines wohlbekannten Liedes herunterhämmerte. Jede Note wurde gleich betont, alles im selben Rhythmus gespielt, sodass von der Melodie selbst kaum etwas zu erkennen war. Ich saß neben ihm auf der Klavierbank und erklärte ihm, dass er die Tasten für die Melodie etwas kräftiger anschlagen solle und die begleitenden Akkorde etwas schwächer. Wir sprachen darüber, dass ein Klavier mehr ist als bloß ein mechanisches Wunderwerk. Es kann unserer Stimmung und unserer Stimme Ausdruck verleihen und daher bestens Botschaften übermitteln. So wie ein Mensch beim Sprechen flüssig von einem Wort zum anderen übergeht, sollte auch die Melodie von einer Note zur anderen fließen.

Wir lachten miteinander, als er es immer wieder versuchte. Sein verschmitztes Lächeln wurde breiter, als sich aus dem zuvor noch wirren Gemisch von Tönen die wohlbekannte Melodie herauskristallisierte. Nun war die Aussage unmissverständlich und klar: „Ich bin ein Kind von Gott, der mich zur Welt geschickt.“1 Ich fragte Andrew, ob er den Unterschied merke. Er antwortete darauf: „Ja, Opa, ich merke den Unterschied!“

In seinem Brief an die Korinther vergleicht der Apostel Paulus das Sich-verständlich-Machen mit einem Musikinstrument:

„Wenn leblose Musikinstrumente, eine Flöte oder eine Harfe, nicht deutlich unterschiedene Töne hervorbringen, wie soll man dann erkennen, was auf der Flöte oder auf der Harfe gespielt wird?

Und wenn die Trompete unklare Töne hervorbringt, wer wird dann zu den Waffen greifen?“2

Wenn es je eine Zeit gegeben hat, da Jünger Christi gebraucht wurden, die die Evangeliumsbotschaft unmissverständlich klar und mit dem Herzen übermitteln, dann jetzt. Es bedarf eines klaren Trompetentons.

Christus war darin zweifellos unser bestes Vorbild. Immer hatte er den Mut, für das Richtige einzustehen. Seine Worte hallen schon seit Jahrhunderten wider. Er möchte, dass wir Gott und unsere Mitmenschen lieben, alle Gebote Gottes halten und durch unseren Lebenswandel der Welt ein Licht sind. Er schreckte nicht davor zurück, die Stimme zu erheben gegen weltliche Mächte oder Herrscher seiner Zeit, wenn sich diese seiner gottgegebenen Mission in den Weg stellten. Seine Worte sollten niemand im Unklaren lassen, sondern das Menschenherz berühren. Aus allem, was er sagte und tat, geht hervor, dass ihm der Wille seines Vaters eindeutig bekannt war.

Auch Petrus ist uns ein Vorbild. Er trat am Pfingsttag mutig und klar vor alle Welt. An diesem Tag waren Menschen aus vielerlei Ländern zusammengekommen und warfen den damaligen Heiligen vor, dass sie betrunken seien, weil sie in Zungen sprachen. Der Heilige Geist drang Petrus in die Seele, und so trat er vor und verteidigte die Kirche und deren Mitglieder. Mit diesen Worten gab er Zeugnis: „Ihr Juden und alle Bewohner von Jerusalem! Dies sollt ihr wissen, achtet auf meine Worte!“3

Dann zitierte er Schriftstellen, die von Christus prophezeiten, und gab freimütig Zeugnis: „Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.“4

Viele vernahmen seine Worte und verspürten den Geist. Damals schlossen sich dreitausend Menschen der Kirche an. Welch machtvoller Beweis dafür, dass ein Einzelner, der bereit ist, Zeugnis zu geben, auch wenn sich die Welt in die entgegengesetzte Richtung dreht, etwas zu verändern vermag.

Wenn wir Mitglieder uns einen Ruck geben und Stellung beziehen und mit unserem Zeugnis machtvoll für Gottes Lehren und seine Kirche eintreten, ändert sich etwas in uns. Wir nehmen sein Angesicht in uns auf. Wir sind seinem Geist näher. Gott geht dann vor uns her und ist zu unserer rechten Hand und zu unserer linken, und sein Geist ist in unserem Herzen und seine Engel sind rings um uns, um uns zu stützen.5

Wahre Jünger Christi suchen keine Ausflüchte, wenn die Gotteslehre nicht konform geht mit der derzeit herrschenden Meinung. Auch Paulus war ein tapferer Jünger. Unerschrocken verkündete er: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt.“6 Wahre Jünger vertreten den Herrn auch dann, wenn es vielleicht unbequem ist. Wahre Jünger möchten das Herz anrühren, nicht bloß den Menschen imponieren.

Oft kommt es weder gelegen noch ist es angenehm, für Christus einzutreten. Ich bin sicher, dass das bei Paulus so war, als er vor König Agrippa gerufen wurde, um Rede und Antwort zu stehen und seine Geschichte zu erzählen. Freiheraus verkündete Paulus seinen Glauben derartig machtvoll, dass der furchterregende König einräumte, er wäre „fast“ dazu überredet worden, Christ zu werden.

Aus der Antwort des Paulus geht der Wunsch hervor, seine Worte mögen voll und ganz verstanden werden. Zu König Agrippa sagte er, sein Wunsch sei es, dass alle, die ihn hören, nicht nur „fast“ Christen, sondern allesamt Jünger Christi werden.7 Klare, deutliche Worte können das zuwege bringen.

Schon seit Jahren befasse ich mich mit dem Bericht von Lehis Traum im Buch Mormon.8 Das große und geräumige Gebäude war für mich immer der Ort, wo nur die Aufsässigsten wohnen. Dieses Gebäude war voller Menschen, die die Gläubigen verlachten und mit dem Finger auf diejenigen zeigten, die an der eisernen Stange, einem Symbol für das Wort Gottes, festhielten und zum Baum des Lebens, einem Symbol für die Liebe Gottes, gekommen waren. Einige hielten dem Druck des Verhöhnt-Werdens nicht stand und kamen vom Weg ab. Andere wieder schlossen sich den Spöttern im Gebäude an. Hatten sie nicht den Mut, unerschrocken die Stimme zu erheben gegen abfällige weltliche Aussagen?

Wenn ich mir so ansehe, wie sich die Welt heutzutage von Gott entfernt, scheint es mir, als ob das Gebäude immer größer wird. Heutzutage wandeln viele durch die Hallen jenes großen und geräumigen Gebäudes und merken gar nicht, wie sie dessen Lebensweise annehmen. Oftmals unterliegen sie dann dessen Versuchungen und übernehmen dessen Aussagen. Zu guter Letzt erleben wir, wie sie sich ebenfalls lustig machen oder zumindest in den Chor der Kritiker und Spötter einstimmen.

Jahrelang war ich der Meinung, dass sich die spottende Menge über die Art und Weise lustig macht, wie die Gläubigen leben, aber heute haben die Stimmen aus dem Gebäude einen anderen Klang und einen neuen Ansatz. Die Spötter versuchen oft, die schlichte Botschaft des Evangeliums zu übertönen, indem sie irgendeinen Punkt aus der Geschichte der Kirche aufgreifen oder etwa einen Propheten oder sonst einen Führungsverantwortlichen zu ihrem Angriffsziel machen. Sie greifen auch den Kern unserer Lehre selbst und die Gesetze Gottes an, die seit der Erschaffung der Erde bestehen. Wir, die wir Jünger Jesu Christi und Mitglieder seiner Kirche sind, dürfen die eiserne Stange niemals loslassen. Aus dem Innersten unserer Seele müssen wir unmissverständlich und eindeutig klar den Ton der Trompete erschallen lassen.

Die Botschaft lautet schlicht und einfach: Gott ist unser liebevoller Vater im Himmel und Jesus Christus ist sein Sohn. In diesen Letzten Tagen wurde das Evangelium durch lebende Propheten wiederhergestellt. Das Buch Mormon ist der Beweis dafür. Den Weg zum Glücklichsein finden wir in der Grundeinheit der Familie, wie sie vom Vater im Himmel ursprünglich eingerichtet und offenbart worden ist. Das ist die wohlbekannte Melodie einer Botschaft, die viele zu erkennen vermögen, weil sie sie schon im vorirdischen Leben vernommen haben.

Es ist an der Zeit, dass wir Heilige der Letzten Tage uns erheben und Zeugnis geben. Es ist an der Zeit, dass die Evangeliumsmelodie den Lärm dieser Welt übertönt. Auch ich füge mein Zeugnis der Botschaft vom Erretter und Erlöser der Welt hinzu. Er lebt! Sein Evangelium wurde wiederhergestellt. Wir können uns in diesem Leben Glück und Frieden sichern, wenn wir seine Gebote befolgen und auf seinem Weg wandeln. Dies ist mein Zeugnis. Im Namen Jesu Christi. Amen.