2010–2019
Wie wir uns das Vertrauen des Herrn und unserer Familie verdienen
Herbst-Generalkonferenz 2017


Wie wir uns das Vertrauen des Herrn und unserer Familie verdienen

Männern mit Herzenslauterkeit kann man vertrauen, denn Vertrauen gründet auf Lauterkeit.

Brüder, wir können wohl vom Herrn kein größeres Kompliment erhalten, als zu wissen, dass er uns vertraut und uns als würdige Priestertumsträger und gute Ehemänner und Väter betrachtet.

Eines ist sicher: Wir verdienen uns das Vertrauen des Herrn nur, wenn wir uns sehr anstrengen. Vertrauen ist eine Segnung, die auf Gehorsam gegenüber den Gesetzen Gottes beruht. Wir verdienen uns das Vertrauen des Herrn, wenn wir die Bündnisse halten, die wir im Wasser der Taufe und im Tempel geschlossen haben. Wenn wir unsere Versprechen dem Herrn gegenüber einhalten, wächst sein Vertrauen in uns.

Mir gefallen die Passagen aus alten und neuzeitlichen heiligen Schriften, in denen der Charakter eines rechtschaffenen Menschen mit „Lauterkeit [des] Herzens“ oder Herzenslauterkeit beschrieben wird.1 Lauterkeit oder ein Mangel an Lauterkeit ist eine grundlegende Charaktereigenschaft. Männern mit Herzenslauterkeit kann man vertrauen, denn Vertrauen gründet auf Lauterkeit.

Ein lauterer Mann ist jemand, dessen Absichten – und Taten – in allen Lebensbereichen, ob in der Öffentlichkeit oder im Privatleben, rein und rechtschaffen sind. Mit jeder Entscheidung verdienen wir uns entweder mehr vom Vertrauen Gottes oder aber wir schmälern es. Dieser Grundsatz zeigt sich wohl am deutlichsten bei unseren gottgegebenen Aufgaben als Ehemann und Vater.

Wir Ehemänner und Väter haben von neuzeitlichen Propheten, Sehern und Offenbarern in der Proklamation zur Familie einen Auftrag von Gott erhalten. Darin heißt es, 1. dass der Vater in Liebe und Rechtschaffenheit über die Familie präsidieren soll, 2. der Vater die Pflicht hat, dafür zu sorgen, dass die Familie alles hat, was sie zum Leben braucht und 3. der Vater seine Familie beschützen muss.2

Wenn wir uns das Vertrauen Gottes verdienen wollen, müssen wir diese drei gottgegebenen Aufgaben unserer Familie gegenüber auf die Weise des Herrn erfüllen. Auf die Weise des Herrn bedeutet, dass wir diese Aufgaben „als gleichwertige Partner“3 mit unserer Frau erfüllen, wie in der Proklamation zur Familie weiter erklärt wird. Für mich heißt das, dass wir weitreichende Entscheidungen, die mit diesen drei Aufgaben zu tun haben, nur in vollkommener Einigkeit mit unserer Frau treffen.

Der erste Schritt in unserem Bestreben, uns das Vertrauen des Herrn zu verdienen, besteht darin, unser Vertrauen in ihn zu setzen. Der Prophet Nephi demonstrierte dies, als er betete: „O Herr, ich habe auf dich vertraut, und ich werde auf dich vertrauen immerdar. Ich werde mein Vertrauen nicht in den Arm des Fleisches setzen.“4 Nephi war fest entschlossen, den Willen des Herrn zu tun. Nephi sagte nicht nur, er wolle „das tun, was der Herr geboten hat“, sondern er erfüllte seine Aufgaben auch mit unerschütterlicher Entschlossenheit, wie an diesen Worten deutlich wird: „So wahr der Herr lebt und wir leben, wir werden nicht zu unserem Vater in die Wildnis hinabgehen, ehe wir vollbracht haben, was der Herr uns geboten hat.“5

Weil Nephi zuerst auf Gott vertraute, setzte Gott auch großes Vertrauen in Nephi. Der Herr schüttete seinen Geist in reichem Maße über ihn aus und segnete damit Nephi, dessen Familie und dessen Volk. Nephi präsidierte in Liebe und Rechtschaffenheit, sorgte für seine Familie und sein Volk und schützte sie. Darum schreibt er: „Wir lebten nach der Weise der Glückseligkeit.“6

Ich wollte hier auch die Sichtweise einer Frau einbringen, deshalb habe ich meine beiden verheirateten Töchter um Hilfe gebeten. Ich bat sie um ein, zwei Sätze dazu, welche Bedeutung Vertrauen für sie in ihrer Ehe und im Familienleben hat. Dies hier haben Lara Harris und Christina Hansen geschrieben.

Zuerst Lara: „Eine der wichtigsten Sachen für mich ist die Gewissheit, dass mein Mann im Laufe des Tages Entscheidungen trifft, die von Respekt und Liebe mir gegenüber zeugen. Wenn wir einander auf diese Weise vertrauen können, sorgt das für Frieden bei uns zu Hause und wir können uns daran freuen, unsere Kinder gemeinsam großzuziehen.“

Und nun Christina: „Jemandem zu vertrauen ist so ähnlich wie an jemanden zu glauben. Ohne dieses Vertrauen und diesen Glauben gibt es Angst und Zweifel. Für mich ist Frieden mit die größte Segnung, die daher rührt, dass ich meinem Mann voll und ganz vertrauen kann. Ich verspüre inneren Frieden, denn ich weiß, er macht tatsächlich, was er sagt. Vertrauen sorgt für Frieden, Liebe und ein Umfeld, wo diese Liebe gedeihen kann.“

Lara und Christina haben nicht gesehen, was die andere geschrieben hatte. Interessant ist: Beide betrachten unabhängig voneinander Frieden zu Hause als direkte Folge davon, dass sie einen Mann haben, dem sie vertrauen können. Die Beispiele meiner Töchter zeigen, dass der Grundsatz Vertrauen eine äußerst wichtige Rolle spielt, wenn man ein auf Christus ausgerichtetes Zuhause anstrebt.

Auch ich durfte in einem auf Christus ausgerichteten Zuhause aufwachsen. Mein Vater ehrte sein Priestertum und erlangte durch seine Herzenslauterkeit7 das Vertrauen der ganzen Familie. Ich möchte Ihnen etwas erzählen, was ich als junger Mann erlebt habe. Es zeigt, welch bleibenden positiven Einfluss ein Vater auf seine Familie haben kann, der den Grundsatz, dass Vertrauen auf Lauterkeit gründet, versteht und entsprechend lebt.

Als ich noch sehr klein war, gründete mein Vater eine Firma, die auf Fabrikautomatisierung spezialisiert war. Diese Firma entwickelte, produzierte und installierte automatisierte Fertigungsanlagen in aller Welt.

Als ich in der Mittelstufe war, wollte mein Vater, dass ich lerne, wie man arbeitet. Außerdem wollte er, dass ich dieses Geschäft von der Pike auf lerne. Meine erste Aufgabe bestand darin, das Gelände sauber zu halten und Bereiche der Räumlichkeiten zu streichen, die sonst eigentlich niemand zu sehen bekam.

Als ich dann in die Oberstufe kam, stieg ich in die Produktion auf. Ich lernte, wie man Baupläne liest und große Maschinen zur Stahlbearbeitung bedient. Nach dem Schulabschluss ging ich an die Universität und auf Mission. Nach der Mission ging es sofort wieder an die Arbeit. Ich musste Geld für die Studiengebühren im folgenden Jahr verdienen.

Eines Tages – es war kurz nach meiner Mission und ich arbeitete gerade in der Produktion – rief mein Vater mich zu sich ins Büro und fragte, ob ich ihn gern auf eine Geschäftsreise nach Los Angeles begleiten wolle. Das war das erste Mal, dass mein Vater mich auf eine Geschäftsreise mitnehmen wollte. Ich durfte die Firma nach außen hin mit repräsentieren.

Vor unserer Abreise informierte er mich zur Vorbereitung über einige Einzelheiten zu dem potenziellen Neukunden. Erstens: Bei dem Kunden handelte es sich um ein internationales Unternehmen. Zweitens: Das Unternehmen wollte seine Fertigungsanlagen weltweit auf den neuesten Stand der Automatisierungstechnik bringen. Drittens: Unsere Firma hatte noch nie etwas für das Unternehmen konstruiert oder produziert. Und zu guter Letzt: Das für Beschaffung zuständige Vorstandsmitglied hatte das Treffen arrangiert, um unser Angebot zu einem neuen Projekt durchzusprechen. Dieses Treffen stellte eine neue und potenziell wichtige Chance für unsere Firma dar.

Nach unserer Ankunft in Los Angeles fuhren mein Vater und ich zum Hotel des Vorstandsmitglieds. Dort fand das Treffen statt. Zuerst sollten die Vorgaben für die Konstruktionsentwürfe zu dem Projekt besprochen und analysiert werden. Als Nächstes standen Details zum Ablauf auf der Tagesordnung, wie etwa die Logistik und Liefertermine. Zum Schluss ging es dann um den Preis und die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Da wurde die Sache interessant.

Das Vorstandsmitglied erklärte uns, dass unser Preisvorschlag der niedrigste unter allen eingereichten Angeboten war. Seltsamerweise sagte er uns dann den Preis für das zweitniedrigste Angebot und fragte uns, ob wir unser Angebot zurückziehen und neu einreichen wollten. Der neue Preis für das Angebot sollte knapp unterhalb des nächsthöheren Angebots liegen. Er erklärte, dass wir bei den zusätzlichen Einnahmen dann mit ihm halbe-halbe machen würden. Er rechtfertigte das damit, dass ja jeder etwas davon hätte. Unsere Firma hätte etwas davon, da wir ja wesentlich mehr Geld einnehmen würden, als es in unserem ersten Angebot vorgesehen war. Seine Firma hätte etwas davon, da sie ja immer noch den günstigsten Anbieter nähme. Und natürlich hätte er etwas davon, da er ja ein Stück vom Kuchen abbekäme, weil er dieses tolle Geschäft eingefädelt habe.

Dann gab er uns eine Postfachadresse, an die wir das Geld schicken konnten, das er verlangte. Als er fertig war, schaute er meinen Vater an und fragte: „Kommen wir also ins Geschäft?“ Zu meiner Überraschung stand mein Vater auf, gab ihm die Hand und sagte, wir würden von uns hören lassen.

Nach dem Treffen stiegen wir in unseren Leihwagen, mein Vater sah mich an und fragte: „Na, was sollten wir deiner Meinung nach tun?“

Ich gab zur Antwort, dass wir das Angebot nicht annehmen sollten.

Dann fragte mein Vater: „Haben wir denn nicht unseren Angestellten gegenüber die Pflicht, für genügend Arbeit zu sorgen?“

Während ich noch über die Frage nachdachte, beantwortete er sie selbst: „Hör gut zu, Rick. Wenn du dich erst einmal bestechen lässt oder deine Integrität aufgibst, ist es sehr schwer, sie wieder zurückzubekommen. Mach das nie, nicht ein einziges Mal!“

Die Tatsache, dass ich von diesem Erlebnis erzähle, zeigt, dass ich nie vergessen habe, was mein Vater mir bei dieser ersten Geschäftsreise beigebracht hat. Ich möchte damit aufzeigen, welch bleibenden Einfluss wir als Väter haben. Sie können sich vorstellen, welch großes Vertrauen ich meinem Vater aufgrund seiner Herzenslauterkeit schenkte. Auch im Privatleben – im Umgang mit meiner Mutter, seinen Kindern und allen, mit denen er zu tun hatte, – hielt er sich an diese Grundsätze.

Brüder, ich bete heute Abend darum, dass wir alle zuallererst unser Vertrauen in den Herrn setzen, wie Nephi es uns gezeigt hat, und uns dann durch unsere Herzenslauterkeit das Vertrauen des Herrn sowie das Vertrauen unserer Frau und unserer Kinder verdienen. Wenn wir diesen heiligen Grundsatz, nämlich dass Vertrauen auf Lauterkeit gründet, verstehen und umsetzen, werden wir unsere heiligen Bündnisse halten. Dann gelingt es uns auch, in Liebe und Rechtschaffenheit über die Familie zu präsidieren, für den Lebensunterhalt zu sorgen und unsere Familie vor den Übeln der Welt zu beschützen. Für diese Wahrheiten gebe ich demütig Zeugnis. Im Namen Jesu Christi. Amen.