2010–2019
Von unermesslich großem Wert
Herbst-Generalkonferenz 2017


Von unermesslich großem Wert

Wir können die lieblichen Einflüsterungen des Heiligen Geistes, der uns unseren geistigen Wert bezeugt, oft genießen.

Als ich Sierra Leone in Westafrika besuchte, nahm ich an einer Versammlung teil, die von einem Mitglied der Pfahl-PV-Leitung geleitet wurde. Mariama übernahm die Leitung mit einer solchen Liebe, Anmut und Selbstsicherheit, dass man leicht annehmen konnte, sie wäre ein langjähriges Mitglied der Kirche. Mariamas Bekehrung war jedoch noch gar nicht so lange her.

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Mariama mit ihrer Tochter

Ihre jüngere Schwester hatte sich der Kirche angeschlossen und Mariama eingeladen, mit ihr eine Unterrichtsstunde in der Kirche zu besuchen. Mariama war von der Botschaft tief beeindruckt. In dem Unterricht ging es um das Gesetz der Keuschheit. Sie bat die Missionare, ihr mehr darüber zu erzählen, und erhielt schon bald ein Zeugnis vom Propheten Joseph Smith. Sie ließ sich 2014 taufen und ihre Tochter letzten Monat. Man stelle sich vor: Die zwei grundlegenden Lehren, die zu Mariamas Bekehrung führten, waren das Gesetz der Keuschheit und dass Joseph Smith ein Prophet war – zwei Punkte, die die Welt oft als irrelevant, veraltet oder unbequem ansieht. Mariama gab jedoch Zeugnis, dass sie wie eine Motte vom Licht angezogen wurde. Sie sagte: „Als ich das Evangelium fand, fand ich mich.“ Sie erkannte ihren Wert durch göttliche Grundsätze. Ihr Wert als Tochter Gottes wurde ihr durch den Heiligen Geist offenbart.

Nun möchte ich Ihnen die Geschwister Singh aus Indien vorstellen. Renu Singh, ganz rechts, war die erste von fünf Schwestern, die sich der Kirche anschlossen. Sie erzählte:

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Geschwister Singh

„Bevor ich die Kirche näher untersuchte, hatte ich nicht das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Ich war nur eine von vielen. In der Kultur meiner Gesellschaft wird einem nicht unbedingt beigebracht, dass man als einzelner Mensch wertvoll ist. Als ich das Evangelium kennenlernte und erfuhr, dass ich eine Tochter unseres himmlischen Vaters bin, hat mich das verändert. Auf einmal fühlte ich mich als etwas Besonderes: Gott hat mich tatsächlich erschaffen, er hat meine Seele erschaffen und mir das Leben geschenkt, das wertvoll ist und einen Sinn hat.

Bevor ich das Evangelium kannte, habe ich immer versucht, den anderen zu beweisen, dass ich etwas Besonderes bin. Als ich dann aber die Wahrheit erfuhr, dass ich eine Tochter Gottes bin, musste ich niemandem mehr etwas beweisen. Ich wusste, dass ich etwas Besonderes bin. … Glauben Sie niemals, dass Sie ein Nichts sind.“

Präsident Thomas S. Monson hat es vollendet ausgedrückt, als er diese Worte zitierte: „Der Wert einer Seele besteht darin, dass sie fähig ist, wie Gott zu werden.“1

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Taiana

Ich hatte vor kurzem die Freude, eine weitere junge Frau zu treffen, die genau diese Wahrheit verstanden hat. Sie heißt Taiana. Ich lernte sie im PV-Kinderkrankenhaus in Salt Lake City kennen. Taiana war in der elften Klasse, als bei ihr Krebs festgestellt wurde. Sie kämpfte 18 Monate lang tapfer dagegen an. Vor wenigen Wochen ist sie gestorben. Taiana war von Licht und Liebe erfüllt. Sie war für ihr ansteckendes Lächeln und ihre typische Geste mit beiden Daumen hoch bekannt. Wenn andere sie fragten: „Warum du, Taiana?“, antwortete sie: „Warum nicht ich?“ Taiana bemühte sich, wie ihr Erretter zu werden, den sie von ganzem Herzen liebte. Bei meinen Besuchen erfuhr ich, dass Taiana ihren göttlichen Wert kannte. Sie wusste, dass sie eine Tochter Gottes war, und das gab ihr den Frieden und den Mut, ihrer ungeheuren Prüfung so positiv zu begegnen, wie sie es tat.

Mariama, Renu und Taiana zeigen uns, dass der Geist jeder von uns persönlich unseren göttlichen Wert bezeugt. Das deutliche Bewusstsein, eine Tochter Gottes zu sein, wird sich auf jeden Bereich Ihres Lebens auswirken und Sie in dem Dienst leiten, den Sie jeden Tag leisten. Präsident Spencer W. Kimball hat in wunderschönen Worten erklärt:

„Gott ist Ihr Vater. Er liebt Sie. Er und Ihre Mutter im Himmel schätzen Sie über alle Maßen. … Sie sind einmalig, ein individuelles Wesen, geformt aus der ewigen Intelligenz, die Ihnen Anspruch auf das ewige Leben verleiht.

Lassen Sie in sich keine Zweifel über Ihren Wert als Mensch aufkommen. Der ganze Zweck des Evangeliumsplans besteht darin, dass jede von Ihnen die Möglichkeit erhält, die eigenen Anlagen voll zu entfalten, nämlich ewiger Fortschritt und die Möglichkeit, ein Gott zu werden.“2

Ich möchte darauf hinweisen, dass es notwendig ist, zwischen den beiden grundlegenden Begriffen Wert und Würdigkeit zu unterscheiden. Das ist nicht dasselbe. Unser geistiger Wert besteht darin, dass wir uns selbst so einschätzen, wie der Vater im Himmel es tut, und nicht so, wie die Welt es tut. Unser Wert war schon bestimmt, bevor wir überhaupt auf die Erde gekommen sind. „Gottes Liebe ist endlos und bleibt immerfort bestehen.“3

Würdigkeit hingegen erreicht man durch Gehorsam. Wenn wir sündigen, sind wir weniger würdig, aber wir sind niemals wertlos! Wir kehren weiter um und streben weiter danach, wie Jesus zu sein, mit unvermindertem Wert. Präsident Brigham Young hat es so ausgedrückt: „Selbst der geringste, minderwertigste Geist, der jetzt auf Erden ist, … ist ganze Welten wert.“4 Wie dem auch sei: Wir sind in den Augen unseres himmlischen Vaters immer wertvoll.

Und trotz dieser herrlichen Wahrheit – wie viele von uns kämpfen nicht von Zeit zu Zeit mit negativen Gedanken oder Empfindungen in Bezug auf uns selbst? Mir geht es so. In diese Falle gerät man leicht. Der Satan ist der Vater aller Lügen und ist besonders geschickt darin, unser göttliches Wesen und unseren Zweck falsch darzustellen. Uns gering zu schätzen tut uns nicht gut. Es hält uns nur zurück. Wie schon oft gesagt wurde: „Niemand kann dich ohne dein Einverständnis dazu bringen, dich minderwertig zu fühlen.“5 Wir können aufhören, unsere schlimmsten Seiten mit den besten Seiten anderer zu vergleichen. „Das Vergleichen ist der Dieb der Freude.“6

Im Gegensatz dazu versichert uns der Herr, dass er uns mit Selbstvertrauen segnet, wenn wir tugendhafte Gedanken haben – sogar in solchem Maße, dass wir erkennen, wer wir wirklich sind. Es war noch nie so wichtig wie heute, seine Worte zu beherzigen. „Lass Tugend immerfort deine Gedanken zieren“, sagt er. „Dann wird dein Vertrauen in der Gegenwart Gottes stark werden, und … der Heilige Geist wird dein ständiger Begleiter sein.“7

Der Herr offenbarte dem Propheten Joseph Smith diese weitere Wahrheit: „Wer von Gott empfängt, soll es als von Gott achten; und er soll sich freuen, dass er von Gott für würdig erachtet wird zu empfangen.“8 Wenn wir den Geist spüren – so wird in diesem Vers erklärt –, erkennen wir, dass dieses Gefühl vom Vater im Himmel kommt. Wir erkennen ihn an und danken ihm für seinen Segen. Dann freuen wir uns, dass wir für würdig erachtet werden zu empfangen.

Stellen Sie sich vor, wie Sie morgens in den Schriften lesen und der Geist Ihnen sanft zuflüstert, dass das, was Sie lesen, wahr ist. Erkennen Sie den Geist und freuen Sie sich, dass Sie Gottes Liebe gespürt haben und würdig waren zu empfangen?

Als Mutter knien Sie vielleicht neben Ihrem vierjährigen Sohn, während er sein Abendgebet spricht. Beim Zuhören durchströmt Sie ein Gefühl von Wärme und Frieden. Es hält nur kurz an, aber Sie erkennen, dass Sie in diesem Moment für würdig erachtet wurden zu empfangen. Es kann sein, dass wir nur selten große geistige Kundgebungen erleben, vielleicht auch nie. Aber wir können oft die lieblichen Einflüsterungen des Heiligen Geistes genießen, der uns unseren geistigen Wert bezeugt.

Der Herr hat die Beziehung zwischen unserem Wert und seinem großen Sühnopfer mit diesen Worten erklärt:

„Denkt daran, die Seelen haben großen Wert in den Augen Gottes;

denn siehe, der Herr, euer Erlöser, erlitt den Tod im Fleische; darum hat er die Schmerzen aller Menschen gelitten, damit alle Menschen umkehren und zu ihm kommen können.“9

Schwestern, wegen dem, was Christus für uns getan hat, sind wir „durch Liebe mit ihm verbunden“10. Er hat gesagt: „Mein Vater hat mich gesandt, damit ich auf das Kreuz emporgehoben würde und damit ich, nachdem ich auf das Kreuz emporgehoben worden sei, alle Menschen zu mir zöge.“11

Auch König Benjamin hat über diese Bindung an unseren Erretter gesprochen: „Und siehe, er wird Versuchungen erleiden und körperliche Pein, Hunger, Durst und Erschöpfung, selbst mehr, als ein Mensch ertragen kann, ohne daran zu sterben; denn siehe, Blut kommt aus jeder Pore, so groß wird sein Schmerz wegen der Schlechtigkeit und der Gräuel seines Volkes sein.“12 Dieses Leiden und das, was dadurch bewirkt wurde, erfüllen unser Herz mit Liebe und Dankbarkeit. Elder Paul E. Koelliker hat gesagt: „Wenn wir die Ablenkungen ausschalten, die uns zu Weltlichem verleiten, und unsere Entscheidungsfreiheit so ausüben, dass wir den Herrn suchen, öffnen wir unser Herz einer celestialen Macht, die uns zu ihm zieht.“13 Wenn die Liebe, die wir für den Erretter empfinden und für das, was er für uns getan hat, größer ist als die Energie, die wir in Schwächen, Selbstzweifel oder schlechte Angewohnheiten stecken, dann wird er uns helfen, alles zu überwinden, was in unserem Leben Leid verursacht. Er rettet uns vor uns selbst.

Ich möchte noch einmal betonen: Wenn die Anziehungskraft der Welt stärker ist als unser Glauben an den Erretter und unser Vertrauen in ihn, wird sie uns jedes Mal überwältigen. Wenn wir uns lieber auf unsere negativen Gedanken konzentrieren und unseren Wert anzweifeln, statt uns am Erretter festzuhalten, wird es schwieriger, die Eingebungen des Heiligen Geistes zu spüren.

Schwestern, lassen wir uns in der Frage, wer wir sind, nicht durcheinanderbringen! Es ist zwar oft leichter, geistig passiv zu sein, als unseren Geist anzustrengen und an unsere göttliche Identität zu denken und sie anzunehmen, doch diese Bequemlichkeit können wir uns in diesen Letzten Tagen nicht leisten. Mögen wir, als Schwestern, „in Christus treu [sein;] möge Christus [uns] erheben, und mögen seine Leiden und sein Tod … und seine Barmherzigkeit und Langmut und die Hoffnung auf seine Herrlichkeit und auf ewiges Leben immerdar in [unserem] Sinn verbleiben“14. Wenn uns der Erretter auf eine höhere Ebene hebt, werden wir nicht nur klarer erkennen können, wer wir sind, sondern auch, dass wir ihm viel näher sind, als wir je für möglich hielten. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.