2009
Das Warten hat sich gelohnt
Oktober 2009


Das Warten hat sich gelohnt

Als ich mit den Jugendlichen meiner Gemeinde den Buenos-Aires-Tempel in Argentinien betrat, um Taufen für Verstorbene zu vollziehen, mussten wir in einem Empfangsraum einige Minuten warten. Dann baten uns die Tempelarbeiter, einen Flur entlangzugehen, wo mehrere Stühle standen, und dort erneut zu warten.

Da es Samstag war, waren viele Menschen aus ganz Argentinien in den Tempel gekommen. Wir warteten zweieinhalb Stunden und saßen still da. Einige weniger angenehme Gedanken gingen mir durch den Kopf: „Warum lassen sie uns die ganze Zeit hier warten? Ich bin müde, und offensichtlich wäre es besser gewesen, ich wäre nicht hergekommen, denn dies ist reine Zeitverschwendung.“

Ich stand auf und wollte den Flur hinuntergehen. Da kam ein Tempelarbeiter und sagte: „Ihr jungen Leute, seid bitte nicht ungeduldig. Ich weiß, dass ihr schon lange wartet, aber wisst ihr was? In der Geisterwelt warten Millionen von Menschen seit Jahrhunderten auf diesen Augenblick, und ich kann euch versichern, dass ihnen viel daran liegt, an die Reihe zu kommen. Die Brüder taufen und konfirmieren, und sie können nicht mehr tun, als sie bereits machen.“

Als er dies sagte, war ich sehr betreten. Mir wurde klar, dass ich selbstsüchtig war, weil ich nicht bereit war, Stunden für diejenigen zu geben, die seit so vielen Jahren warteten und die nicht wie ich die Chance gehabt hatten, von der wahren Kirche zu hören und auf Erden getauft zu werden.

Der Arbeiter kam wieder heraus und rief einen Namen nach dem anderen auf. Eine Schwester gab uns weiße Kleidung, die mehr oder weniger passte. Nachdem wir uns umgezogen hatten, band sie uns die Haare mit einem weißen Band zurück.

Dann gingen wir barfuß zu den Bänken im Taufraum. Die Teppiche waren weich und tief; es schien, als würden wir den Boden beim Gehen gar nicht berühren.

Als ich an die Reihe kam, war ich so nervös, als sei es der Tag meiner eigenen Taufe. Aber die Arbeiter waren sehr nett und hatten unglaublich viel Geduld mit uns.

Als ich aus dem Becken herauskam, wartete eine Schwester mit einem großen, weißen Handtuch und einem riesigen Lächeln auf mich. Ich wechselte meine Kleidung und ging in einen anderen Raum, wo ich konfirmiert wur-de. Dieselbe Schwester, die mir das Handtuch gegeben hatte, begleitete mich und dankte mir dafür, dass ich bereit war, das Werk des Herrn zu tun.

Als ich den Tempel verließ, wurde mir klar, dass dies eine meiner schönsten Erfahrungen gewesen war. Der Tempel ist ein heiliger Ort, und der Geist des Herrn ist dort, um sein großartiges Werk zu leiten. Das ist alles Warten wert.

Illustration von John Zamudio