2011
Bündnisse
November 2011


Bündnisse

Wenn uns bewusst wird, dass wir Kinder des Bundes sind, erkennen wir, wer wir sind und was Gott von uns erwartet.

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Elder Russell M. Nelson

Eine Woche nachdem ich den Auftrag erfüllt hatte, den ersten Pfahl in Moskau zu gründen1, nahm ich an einer Distriktskonferenz in St. Petersburg teil. Als ich meinen Dank für die ersten Missionare und Führer in Russland zum Ausdruck brachte, die die Kirche gestärkt haben, erwähnte ich auch Wjatscheslaw Jefimow. Er war der erste Russe, der sich der Kirche anschloss und später Missionspräsident wurde. Er und seine Frau haben in dieser Aufgabe Hervorragendes geleistet. Kurz nach Ende ihrer Mission und zu unserem großen Bedauern verstarb Präsident Jefimow ganz plötzlich.2 Er wurde nur 52 Jahre alt.

Als ich über dieses Ehepaar sprach, das wahre Pionierarbeit geleistet hatte, fühlte ich mich gedrängt, die Anwesenden zu fragen, ob Schwester Jefimow anwesend sei. Ganz hinten im Raum stand eine Frau auf. Ich bat sie, ans Mikrofon zu kommen. Ja, es war Schwester Galina Jefimow. Sie sprach mit Überzeugung und gab machtvoll Zeugnis vom Herrn, seinem Evangelium und seiner wiederhergestellten Kirche. Sie und ihr Mann waren im heiligen Tempel gesiegelt worden. Sie sagte, sie seien für immer vereint. Sie seien noch immer Mitarbeiter auf Mission – sie auf dieser Seite des Schleiers und er auf der anderen Seite.3 Mit Freudentränen dankte sie Gott für die heiligen Tempelbündnisse. Auch ich weinte, war mir doch bewusst, dass die ewige Einheit, die dieses treue Ehepaar verkörperte, der verdiente Lohn dafür war, dass die beiden heilige Bündnisse geschlossen, gehalten und geehrt hatten.

Einer der wichtigsten Aspekte offenbarter Religion sind die heiligen Bündnisse. Rechtlich gesehen ist ein Bündnis normalerweise eine Übereinkunft zwischen zwei oder mehr Parteien. In der Religion kommt einem Bündnis jedoch noch weitaus größere Bedeutung zu. Es ist eine heilige Vereinbarung mit Gott. Er legt die Bedingungen fest. Man kann selbst entscheiden, ob man diese Bedingungen akzeptiert. Wenn man die Bedingungen des Bündnisses akzeptiert und Gottes Gesetz gehorcht, empfängt man die Segnungen, die mit dem Bündnis einhergehen. Wir wissen: „Wenn wir irgendeine Segnung von Gott erlangen, dann nur, indem wir das Gesetz befolgen, auf dem sie beruht.“4

In allen Zeitaltern hat Gott mit seinen Kindern Bündnisse geschlossen.5 Seine Bündnisse sind im gesamten Erlösungsplan zu finden und gehören daher zur Fülle seines Evangeliums.6 Beispielsweise verhieß Gott, seinen Kindern einen Erlöser zu schicken,7 und verlangte dafür Gehorsam gegenüber seinem Gesetz.8

In der Bibel lesen wir von Männern und Frauen in der Alten Welt, die als Kinder des Bundes bezeichnet wurden. Was war das für ein Bund? Der Bund, „den Gott mit [ihren] Vätern geschlossen hat, als er zu Abraham sagte: Durch deinen Nachkommen sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.“9

Im Buch Mormon lesen wir von einem Volk in der Neuen Welt, dessen Angehörige ebenfalls als Kinder des Bundes bezeichnet wurden.10 Der auferstandene Herr sprach zu ihnen: „Und siehe, ihr seid die Kinder der Propheten; und ihr seid vom Haus Israel; und ihr seid von dem Bund, den der Vater mit euren Vätern gemacht hat, als er zu Abraham sprach: Und in deinen Nachkommen werden alle Geschlechter der Erde gesegnet sein.“11

Der Erlöser erklärte, von welcher Tragweite ihre Identität als Kinder des Bundes war. Er sagte: „Der Vater hat nun mich zuerst für euch erweckt und mich gesandt, euch zu segnen, indem ich einen jeden von euch von seinen Übeltaten abwende; und dies, weil ihr die Kinder des Bundes seid.“12

Der Bund, den Gott mit Abraham13 schloss und später mit Isaak14 und Jakob15 bekräftigte, ist von überragender Bedeutung. Damit waren verschiedene Verheißungen verbunden, unter anderem diese:

  • Jesus Christus werde aus der Linie Abrahams hervorgehen.

  • Abrahams Nachkommenschaft werde zahlreich sein und einen Anspruch auf ewige Vermehrung haben sowie ein Recht darauf, das Priestertum zu tragen.

  • Abraham werde der Vater vieler Nationen werden.

  • Seine Nachkommen würden bestimmte Länder ererben.

  • Alle Nationen der Erde würden durch seine Nachkommen gesegnet werden.16

  • Dieser Bund werde von ewiger Dauer sein – selbst „noch nach tausend Generationen“.17

Einige dieser Verheißungen wurden bereits erfüllt, bei anderen steht die Erfüllung noch aus. Ich zitiere aus einer frühen Prophezeiung im Buch Mormon: „Darum hat unser Vater [Lehi] nicht nur von unseren Nachkommen gesprochen, sondern auch vom ganzen Haus Israel, und auf den Bund hingewiesen, der in den Letzten Tagen erfüllt werden wird; welchen Bund der Herr für unseren Vater Abraham gemacht hat.“18 Ist das nicht erstaunlich? Etwa 600 Jahre vor der Geburt Jesu in Betlehem wussten die Propheten bereits, dass der Bund mit Abraham letzten Endes erst in den Letzten Tagen erfüllt werden würde.

Damit sich diese Verheißung erfüllen könne, erschien der Herr in diesen Letzten Tagen und erneuerte den Bund, den er mit Abraham geschlossen hatte. Der Meister verkündete dem Propheten Joseph Smith:

„Abraham empfing Verheißungen in Bezug auf seine Nachkommen und die Frucht seiner Lenden – aus dessen Lenden du, mein Knecht Joseph, bist. …

Diese Verheißung gilt auch für euch, weil ihr von Abraham seid.“19

Dank dieser Erneuerung haben wir wie diejenigen vor alters das heilige Priestertum und das immerwährende Evangelium erhalten. Wir haben das Recht, die Fülle des Evangeliums zu empfangen, die Segnungen des Priestertums zu genießen und uns für die größte Segnung Gottes würdig und bereit zu machen – das ewige Leben.20

Einige von uns sind buchstäblich Nachkommen Abrahams, andere werden durch Adoption in seine Familie aufgenommen. Der Herr macht da keinen Unterschied.21 Gemeinsam empfangen wir die verheißenen Segnungen – sofern wir den Herrn suchen und seine Gebote halten.22 Unterlassen wir dies jedoch, verlieren wir die Segnungen des Bundes.23 Als Hilfe empfangen wir in der Kirche Gottes einen Patriarchalischen Segen, der uns eine Vision für die Zukunft und einen Bezug zur Vergangenheit verschafft. Wir erfahren sogar unsere Abstammungslinie, die auf Abraham, Isaak und Jakob zurückgeht.24

Die Brüder des Bundes haben das Recht, sich für den Eid und Bund des Priestertums würdig und bereit zu machen.25 Wenn Sie „treu sind, sodass [Sie] diese zwei Priestertümer erlangen … und [Ihre] Berufung groß machen, werden [Sie] vom Geist geheiligt, sodass sich [Ihr] Körper erneuern wird“.26 Und das ist nicht alles. Ein Mann, der das Priestertum würdig empfängt, empfängt den Herrn Jesus Christus, und wer den Herrn empfängt, der empfängt Gottvater.27 Und wer den Vater empfängt, empfängt alles, was dieser hat.28 Unvorstellbare Segnungen erwachsen den würdigen Männern, Frauen und Kindern in aller Welt aus diesem Eid und Bund.

Es ist unsere Aufgabe, mitzuhelfen, dass sich der Bund mit Abraham erfüllt. Unsere Nachkommenschaft ist vorherordiniert und vorbereitet, alle Völker der Erde zu segnen.29 Deshalb gehört zu den Pflichten des Priestertums auch die Missionsarbeit. Nach etwa 4000 Jahren der Erwartung und Vorbereitung ist der vorherbestimmte Tag gekommen, da das Evangelium zu allen Geschlechtern der Erde gebracht werden soll. Dies ist die Zeit der verheißenen Sammlung Israels. Und wir können daran mitwirken! Ist das nicht aufregend? Der Herr zählt auf uns und unsere Söhne – und er ist zutiefst dankbar für unsere Töchter –, die in dieser großartigen Zeit der Sammlung Israels würdig eine Mission erfüllen.

Das Buch Mormon ist ein handfester Beweis dafür, dass der Herr damit begonnen hat, seine Kinder, die zum Bundesvolk Israel gehören, zu sammeln.30 In diesem Buch, das für unsere Zeit geschrieben wurde, lesen wir, es diene unter anderem dem Zweck, dass wir wissen können, „dass der Bund, den der Vater mit den Kindern Israel … gemacht hat, bereits anfängt, erfüllt zu werden. … Denn siehe, der Herr wird seines Bundes gedenken, den er für sein Volk des Hauses Israel gemacht hat.“31

In der Tat hat der Herr uns nicht vergessen! Er hat uns und viele andere in aller Welt mit dem Buch Mormon gesegnet. Es dient unter anderem dem Zweck, dass „die Juden und die Andern davon überzeugt werden, dass Jesus der Christus ist“.32 Es hilft uns dabei, Bündnisse mit Gott zu schließen. Wir werden darin aufgefordert, seiner zu gedenken und seinen geliebten Sohn zu erkennen. Es ist ein weiterer Zeuge für Jesus Christus.

Die Kinder des Bundes haben ein Anrecht darauf, seine Lehre zu empfangen und den Erlösungsplan zu kennen. Sie erheben Anspruch darauf, indem sie Bündnisse von heiliger Bedeutung eingehen. Brigham Young hat gesagt: „Alle Heiligen der Letzten Tage treten in den neuen und immerwährenden Bund ein, wenn sie in die Kirche eintreten. … Sie treten in den neuen und immerwährenden Bund ein und geloben, das Reich Gottes … hochzuhalten.“33 Sie halten den Bund, indem sie Gottes Gebote befolgen.

Bei der Taufe geloben wir, dem Herrn zu dienen und seine Gebote zu halten.34 Wenn wir vom Abendmahl nehmen, erneuern wir dieses Bündnis und erklären uns bereit, den Namen Jesu Christi auf uns zu nehmen. So werden wir als seine Söhne und Töchter angenommen und sind daher Brüder und Schwestern. Er ist der Vater unseres neuen Lebens.35 Zu guter Letzt können wir im heiligen Tempel Miterben der Segnungen einer ewigen Familie werden, wie es einst Abraham, Isaak, Jakob und deren Nachkommenschaft verheißen wurde.36 Somit ist die celestiale Ehe der Bund der Erhöhung.

Wenn uns bewusst wird, dass wir Kinder des Bundes sind, erkennen wir, wer wir sind und was Gott von uns erwartet.37 Sein Gesetz ist uns ins Herz geschrieben.38 Er ist unser Gott und wir sind sein Volk.39 Ein ergebenes Kind des Bundes bleibt selbst in Zeiten der Prüfung standhaft. Wenn diese Lehre tief in unser Herz gepflanzt ist, verliert selbst der Stachel des Todes an Schrecken und unsere geistige Widerstandskraft nimmt zu.

Das größte Kompliment, das man sich in diesem Leben verdienen kann, besteht darin, als bündnistreu zu gelten. Wer seine Bündnisse hält, wird sowohl in diesem als auch im künftigen Leben dafür belohnt. In den heiligen Schriften steht: „[Betrachtet] den gesegneten und glücklichen Zustand derjenigen …, die die Gebote Gottes halten. Denn siehe, sie sind gesegnet in allem, … und wenn sie bis ans Ende getreulich ausharren, werden sie in den Himmel aufgenommen, sodass sie dadurch mit Gott in einem Zustand nie endenden Glücks weilen.“40

Gott lebt. Jesus ist der Messias. Seine Kirche wurde wiederhergestellt, damit alle Menschen gesegnet werden. Präsident Thomas S. Monson ist heute sein Prophet. Und wir, die treuen Kinder des Bundes, werden gesegnet jetzt und immerdar. Das bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.