2012
Ich werde sterben!
April 2012


Ich werde sterben!

Ramona Ross, Tennessee, USA

Ich arbeitete als Krankenschwester auf einer Genesungsstation, wo immer viel zu tun war. Einmal erhielt ich einen Anruf. Es ging um einen Patienten namens Bill, der frisch operiert war. Er hätte auf die Intensivstation kommen sollen, wurde aber mir zugeteilt, weil die Intensivstation voll belegt war.

Der Patient traf bald darauf mit seinen Angehörigen ein. Ich war erleichtert, dass er wach und bei klarem Verstand war und offenbar auch keine Beschwerden hatte.

Nachdem ich die Vitalfunktionen überprüft und ihn und seine Angehörigen mit dem Zimmer vertraut gemacht hatte, ging ich auf den Flur, um auf seiner Karte etwas zu notieren. Gerade als ich mit dem Stift das Papier berührte, hörte ich eine Stimme sagen: „Geh zurück in sein Zimmer.“ Ich hörte auf zu schreiben und wandte mich um. Da war niemand. Ich dachte schon, ich hätte mir die Stimme eingebildet, als ich sie zum zweiten Mal hörte – nur noch lauter.

Ich rannte zurück in Bills Zimmer und sah sofort, dass sein Hals aufs Doppelte angeschwollen war. Er bekam kaum Luft. In der Annahme, dass die Halsschlagader perforiert worden war, drückte ich mit der rechten Hand gegen seinen Hals, während ich mit der linken den Neuroradiologen anrief, der den Patienten operiert hatte. Der Chirurg sagte, er werde so schnell wie möglich ein Team schicken, das Bill abhole. „Und nehmen Sie die Hand nicht weg!“, wies er mich an.

Als ich weiter die Ader abdrückte, fiel mein Blick auf ein Buch neben Bills Bett, das ich gut kannte. „Sie sind Mitglied der Kirche?“, fragte ich.

Er versuchte zu nicken und sagte mir dann, er sei Tempelarbeiter im Atlanta-Georgia-Tempel. Er blinzelte ein paar Tränen fort und sagte: „Ich werde sterben!“

Ich sagte ihm, er werde nicht sterben, und erklärte mit Nachdruck: „Ich werde nächsten Monat im Atlanta-Tempel heiraten, und Sie werden dort sein.“ Das OP-Team traf ein und eilte mit Bill davon.

Bei all der Aufregung und den Vorbereitungen für meine Hochzeit im folgenden Monat dachte ich fast gar nicht mehr an Bill, der, wie sich herausstellte, auf ein Medikament allergisch reagiert hatte. Doch als die Frau des Tempelpräsidenten mich am Tag meiner Hochzeit zum Siegelungsraum begleitete, sah ich ein bekanntes Gesicht: Bills Frau Georgia. Als ich ihr sagte, dass ich heiratete, ging sie los, um Bill zu suchen. Kurz bevor die Zeremonie begann, öffnete sich die Tür, und Bill kam herein. Nachdem er wochenlang unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Müdigkeit gelitten hatte, hatte sich Bill an diesem Tag wohl genug gefühlt, um zum Tempel zu fahren. Er hatte aber nicht gewusst, dass ich an dem Tag heiratete.

Zwei Jahre später wurden mein Mann und ich als Tempelarbeiter in den Nashville-Tennessee-Tempel berufen. Als wir im Tempel ankamen, um eingesetzt zu werden, hielt mir ein freundlicher Mann die Tür auf und sagte: „Willkommen im Nashville-Tempel!“ Es war Bruder Bill.

Wir dienten drei Jahre lang gemeinsam im Tempel. Bill erzählte jedem, dass ich ihm das Leben gerettet hatte, aber ich wusste, dass der Herr ihn gerettet hatte. Und mir hatte der Herr dabei beigebracht, wie wichtig es ist, die Eingebungen des Heiligen Geistes zu beachten.