2013
Ehrfurcht gegenüber Gott ist die Quelle aller Weisheit
Januar 2013


Ehrfurcht gegenüber Gott ist die Quelle aller Weisheit

Nach einer Ansprache bei einer Abschlussfeier an der Brigham-Young-Universität Idaho am 10. April 2009. Den englischen Text finden Sie in voller Länge unter http://web.byui.edu/DevotionalsAndSpeeches.

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Elder Neil L. Andersen

Weltliche Weisheit bringt dann den meisten Gewinn, wenn sie sich in Demut vor Gottes Weisheit beugt.

Wir leben in einer Welt, die von Informationen überfrachtet ist. Am deutlichsten sieht man das vielleicht an Wikipedia, der erstaunlichen und weltweit größten Online-Enzyklopädie. Im Jahr 2012 umfasste sie allein in der englischen Sprache über 2,5 Milliarden Wörter und über 22 Millionen Artikel in rund 280 Sprachen. Wikipedia gibt es in über 70 Sprachfassungen, von denen jede mindestens 10.000 Artikel umfasst. In der englischen Fassung gibt es über vier Millionen Artikel.1

Genauso deutlich drückt sich diese Informationsflut in der explosionsartig angewachsenen Nutzung sozialer Netzwerke wie etwa dem im Jahr 2004 gegründeten Netzwerk Facebook aus, das 2012 weltweit bereits über eine Milliarde angemeldeter Nutzer hatte.2 Und einige der Videoclips auf dem im Jahr 2005 gestarteten Videoportal YouTube wurden angeblich bereits über 100 Millionen Mal angesehen.

Angesichts dieser Informationsflut ist Weisheit dringend notwendig – Weisheit beim Einordnen der Informationen und Weisheit bei der Entscheidung, wie wir was nutzen wollen. T. S. Eliot, Schriftsteller und gläubiger Christ, dichtete einst so passend für die heutige Welt:

O Welt von Frühling und Herbst, von Geburt und Sterben!

Endloser Ring von Idee und Tat,

endlose Erfindung, endloser Versuch

bringt Wissen von Wallung, doch nicht von Stille;

bringt Wissen von Rede, doch nicht von Schweigen;

bringt Wissen von Worten, Unwissen des Worts.

All unser Wissen bringt uns näher dem Unwissen,

all unser Unwissen näher dem Tode,

doch Nähe des Todes nicht näher zu Gott.

Wo ist das Leben, das wir im Leben verloren?

Wo ist die Weisheit, die wir im Wissen verloren?

Wo ist das Wissen, das wir in Informationen verloren?

Des Himmels Kreisen in zwanzig Jahrhunderten

bringt uns Gott ferner und näher dem Staub.3

Wo auf der Weisheitsskala stehen Sie? Dem einen oder anderen geht es vielleicht wie der jungen Frau, deren Hochzeit kurz bevorstand. In ihrer Aufregung rief sie ihren Eltern zu: „Ach, bald heirate ich! All meine Sorgen finden nun ein Ende.“ Da flüsterte die Mutter dem Vater zu: „Stimmt. Sie weiß aber nicht, welches Ende.“

Je mehr ich über die Weisheit Gottes in Erfahrung bringe, desto mehr erahne ich, dass ich erst am Anfang meiner Weisheit stehe. Es stimmt mich demütig, wenn ich erkenne, wie viel ich noch lernen muss. Jetzt hoffe ich, meine Worte mögen dazu beitragen, dass unser Verlangen nach dem Erwerb von Weisheit – insbesondere Gottes Weisheit – zunimmt.

Aus Weisheit erwachsen Segnungen

Ich möchte einige Grundlagen behandeln, auf denen Weisheit beruht. Erstens müssen wir in unserer von Information und Wissen geprägten Zeit nach wahrer Weisheit streben. Weisheit hat mehr als eine Dimension und zeigt sich in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Erwirbt man Weisheit zu einem frühen Zeitpunkt, erwachsen daraus immense Segnungen. Auf einem bestimmten Gebiet erworbene Weisheit muss nicht unbedingt auf andere Gebiete übertragbar sein. Und letztlich ist weltliche Weisheit zwar vielfach sehr nützlich, doch bringt sie nur dann den meisten Gewinn, wenn sie sich in Demut vor Gottes Weisheit beugt.

In den heiligen Schriften werden zwei Arten von Weisheit unterschieden: die Weisheit der Welt und die Weisheit Gottes. Weltliche Weisheit hat sowohl eine positive als auch eine negative Seite. Im schlimmsten Fall könnte man sie als Teilwahrheit bezeichnen, gepaart mit Intelligenz und Manipulation und darauf ausgerichtet, eigennützige oder gar böse Ziele zu erreichen.

Ein Beispiel hierfür ist Amlissi aus dem Buch Mormon. In den Schriften heißt es, dass „ein gewisser Mann namens Amlissi, der ein sehr arglistiger Mann war, ja, ein weiser Mann nach der Weisheit der Welt, … viel Volk mit sich fortgezogen“ habe. Des Weiteren wird Amlissi als „schlechter Mensch“ beschrieben, „denn es war seine Absicht, die Kirche Gottes zu zerschlagen“ (Alma 2:1,2,4; Hervorhebung hinzugefügt). An dieser Art von Weisheit liegt uns wahrlich nichts.

Es gibt jedoch noch eine zweite Seite der weltlichen Weisheit, und die ist keineswegs so unheilvoll. Sie ist sogar sehr konstruktiv. Diese Art Weisheit eignet man sich bewusst an, indem man lernt, nachdenkt, beobachtet und fleißig arbeitet. Sie ist äußerst nützlich und hilft uns in allem, was wir tun. Gute und anständige Menschen eignen sich diese Art Weisheit durch die Erfahrungen des Erdenlebens an.

Vielleicht kommt Ihnen bekannt vor, was Mark Twain einst gesagt hat: „Als ich 14 war, wusste mein Vater so wenig, dass ich es kaum ertragen konnte, den alten Mann in der Nähe zu haben. Als ich aber 21 wurde, staunte ich darüber, wie viel er in diesen sieben Jahren gelernt hatte.“4 Wenn wir aufmerksam und umsichtig sind, kann uns die Zeit vieles lehren.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit meines Collegeabschlusses. Damals fuhr ich von der Brigham-Young-Universität zu meiner Großmutter Mary Keller nach Preston in Idaho. Sie war bereits 78 Jahre alt und ziemlich gebrechlich. Zwei Jahre darauf starb sie. Sie war eine wundervolle Frau, und ich wusste, dass ich von ihr Weisheit für meinen weiteren Lebensweg mitnehmen konnte, wenn ich ihr nur zuhörte und mir ihre Erfahrungen zunutze machte.

Viele leidvolle Erfahrungen, die so mancher im Leben machen muss, könnten wir umgehen, wenn wir frühzeitig Weisheit lernten, die über das eigene Lebensalter hinausreicht. Streben Sie nach dieser Art Weisheit – überlegen Sie viel, seien Sie ein aufmerksamer Beobachter, denken Sie über das nach, was Ihnen im Leben so widerfährt.

Auch beruflich wie privat können wir uns viel Weisheit aneignen. Das möchte ich anhand von zwei Beispielen veranschaulichen.

Dr. DeVon C. Hale verbrachte seine Kindheit in Idaho Falls und ist nun Arzt in Salt Lake City. Ich staune über seine Kenntnisse und seine Weisheit im Bereich Tropenkrankheiten. Nicht nur seine Kenntnisse sind staunenswert, sondern vor allem die Art, wie er sie anwendet, verschiedene Aspekte betrachtet und alles gegeneinander abwägt. Die Missionare weltweit profitieren von seiner Weisheit auf diesem Gebiet der Medizin.

Ein weiteres Beispiel: Als unser ältester Sohn bei uns daheim in Tampa in Florida an die Vorschule kam, freuten wir uns schon darauf, seine Kindergärtnerin Judith Graybell kennenzulernen. Sie war über 50 und konnte unglaublich gut mit kleinen Kindern umgehen. Sie wusste einfach, wie man sie motivieren konnte, wann ein Lob angebracht war und wann man unnachgiebig sein musste. Neben dem Wissen, das sie für den Unterricht brauchte, hatte sie noch viel mehr. Wir setzten alles daran, dass jedes unserer Kinder in ihre Vorschulklasse kam.

Diese beiden Menschen legen viel fachspezifische Weisheit dieser Welt an den Tag. Ihre Weisheit ist vielen eine Hilfe und verschafft ihnen Erfolg im Beruf.

Dennoch sollten wir uns die Grenzen dieser Art Weisheit vor Augen halten. Weisheit auf einem Gebiet kann nicht unbedingt auf ein anderes Gebiet übertragen werden. So würde ich etwa ungern Frau Graybell mit der Diagnose von Tropenkrankheiten betrauen, und Dr. Hale mag sich nur bedingt dafür eignen, meine Kinder in der Vorschule zu unterrichten.

Wichtiger ist, dass die Weisheit, die uns Erfolg in der Welt bringt, hinter der Weisheit Gottes zurücksteht und nicht meint, diese ersetzen zu können.

Denken Sie daran: Nicht alle Weisheit ist gleich viel wert.

Der Psalmist sagt: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit.“ (Psalm 111:10.) Diese Schriftstelle sagt aus, dass Weisheit ihren Anfang bei einer „tiefgründigen Ehrfurcht“5 vor dem Herrn nimmt. Diese tiefgründige Ehrfurcht rührt daher, dass der Vater im Himmel „alle Weisheit und alle Macht hat, sowohl im Himmel wie auf Erden“ (Mosia 4:9). Seine Weisheit ist vollkommen. Sie ist unverfälscht. Sie ist selbstlos.

Bisweilen steht diese Weisheit im Widerspruch zur Weisheit der Welt oder ist ihr vielleicht sogar direkt diametral entgegengesetzt.

Denken Sie an die Worte des Herrn im Buch Jesaja:

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn.

So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.“ (Jesaja 55:8,9.)

Auf Gottes Weisheit haben wir nicht von vornherein Anspruch; wir müssen vielmehr gewillt sein, sie anzustreben. „Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf.“ (Jakobus 1:5; Hervorhebung hinzugefügt.)

Weisheit von Gott ist eine Gabe des Geistes. „Trachtet nicht nach Reichtum, sondern nach Weisheit, und siehe, die Geheimnisse Gottes werden sich euch entfalten, und dann werdet ihr reich gemacht werden.“ (LuB 6:7; Hervorhebung hinzugefügt.)

Wer nach Gottes Weisheit strebt, ist stets auch bemüht, Gottes Gebote zu halten.

Für gewöhnlich erlangt man die Gabe der Weisheit Schritt für Schritt und weil man sich aufrichtig und eifrig darum bemüht. „Ich werde den Menschenkindern Zeile um Zeile geben, Weisung um Weisung[;] und gesegnet sind, die auf meine Weisungen hören …, denn sie werden Weisheit lernen; denn dem, der empfängt, werde ich mehr geben.“ (2 Nephi 28:30; Hervorhebung hinzugefügt.)

Joseph Smith hat gesagt: „Das, was von Gott ist, hat tiefe Bedeutung, und nur Zeit, Erfahrung und sorgfältiges, gewichtiges und ernstes Nachdenken vermögen es zu ergründen.“6 Wenn man sich um Gottes Weisheit bemüht, folgt die Entlohnung nicht sofort auf dem Fuß.

Und letztlich ist die Quelle der Weisheit Gottes eine andere als die der Weisheit der Welt. Die Weisheit Gottes findet man in den heiligen Schriften, in den Worten der Propheten (etwa bei der Generalkonferenz) und natürlich im Gebet (siehe LuB 8:1,2). Und diese Weisheit wirkt immer – immer – durch die Macht des Heiligen Geistes auf uns ein. Der Apostel Paulus hat gesagt:

„Wer von den Menschen kennt den Menschen, wenn nicht der Geist des Menschen, der in ihm ist? So erkennt auch keiner Gott – nur der Geist Gottes.

 … Davon reden wir auch, nicht mit Worten, wie menschliche Weisheit sie lehrt, sondern wie der Geist sie lehrt.“ (1 Korinther 2:11,13; Hervorhebung hinzugefügt.)

Mit Gottes Weisheit blicken wir über unsere derzeitige Situation hinaus, denn es heißt in der Schrift: „Der Geist … spricht … von Dingen, wie sie wirklich sind, und von Dingen, wie sie wirklich sein werden.“ (Jakob 4:13.)

Gottes Weisheit ist es wert, dass wir genauestens auf sie achten.

Weisheit und Zehnter

Der vielleicht wichtigste Aspekt ist der, dass nicht alle Weisheit gleichwertig ist. Wir müssen erkennen, dass wir unseren Willen der Weisheit Gottes unterordnen müssen, wenn die Weisheit der Welt im Widerspruch zu Gottes Weisheit steht.

Wir sind Söhne und Töchter Gottes. Wir sind geistige Wesen auf einer irdischen Mission. Obwohl wir eifrig sowohl nach weltlicher Weisheit als auch nach Gottes Weisheit streben, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, welche Weisheit nun wichtiger ist.

Ich möchte Ihnen von einem Erlebnis berichten, das eine liebe Schwester aus São Paulo in Brasilien hatte. Sie musste sich entscheiden, ob sie von ihrem Geld den Zehnten oder ihr Schulgeld zahlen sollte, und sie berichtet davon, wie schwer diese Entscheidung war. Dies sind ihre Worte:

„Die Universität … untersagte den Studenten, die Schulden hatten [oder ihr Schulgeld nicht bezahlt hatten], die Teilnahme an den Prüfungen.

Damals gab es eine Zeit, als ich … große finanzielle Schwierigkeiten hatte. An einem Donnerstag erhielt ich mein Gehalt. Als ich das Monatsbudget aufstellte, stellte ich fest, dass das Geld nicht reichte, um [sowohl] den Zehnten als auch das Schulgeld für die Universität zu zahlen. Ich musste mich für eines entscheiden. Die Prüfungen, die alle zwei Monate stattfanden, sollten in der nächsten Woche beginnen, und wenn ich nicht antreten konnte, verlor ich womöglich ein ganzes Jahr. Ich litt große Qualen. … Das Herz tat mir weh.“

In diesem Fall stand nun die Weisheit der Welt in krassem Widerspruch zur Weisheit Gottes. Selbst wenn man gut und rechtschaffen ist, wird man – sofern man sich selbst gegenüber ehrlich selbst ist – feststellen, dass das Herz wehtut, wenn man vor eine Konfliktsituation dieser Art gestellt wird.

Ich kehre zum Bericht der Schwester zurück. Am Sonntag zahlte sie zuerst ihren Zehnten. Dann berichtet sie, was am darauffolgenden Montag geschah:

„Die Arbeitszeit neigte sich dem Ende zu, als mein Arbeitgeber kam und die letzten Anweisungen für den Tag gab. … Plötzlich hielt er inne und fragte: ‚Wie läuft’s am College?ʻ [Laut ihrer Beschreibung war er immer recht schroff, und so entgegnete sie nur:] ‚Es ist alles in Ordnung.ʻ

Daraufhin ging er wieder. Plötzlich betrat die Sekretärin den Raum. Sie sagte: ‚Der Chef hat gerade gesagt, dass von heute an die Firma Ihren College-Besuch und Ihre Bücher vollständig bezahlt. Kommen Sie, bevor Sie gehen, bei mir vorbei und nennen Sie mir die Kosten, damit ich Ihnen morgen den Scheck geben kann.ʻ“7

Wenn Sie den Blick dafür entwickeln, werden Sie feststellen, dass Sie sich oftmals im Leben derartigen Prüfungen stellen müssen. Worein setzen Sie Ihr Vertrauen? Der Herr hat diese Warnung direkt an uns gerichtet:

„O die Eitelkeit und die Schwächen und die Narrheit der Menschen! Sind sie [nach der Weisheit der Welt] gelehrt, so denken sie, sie seien weise, und sie hören nicht auf den Rat Gottes, denn sie schieben ihn beiseite und meinen, sie wüssten [weltliche Weisheit] aus sich selbst; deshalb ist ihre Weisheit Narrheit, und sie nützt ihnen nicht. Und sie werden zugrunde gehen.

Aber es ist gut, [nach der Weisheit der Welt] gelehrt zu sein, wenn man auf Gottes Ratschläge hört.“ (2 Nephi 9:28,29; Hervorhebung hinzugefügt.)

Nun zitiere ich Paulus:

„Wo ist ein Weiser? … Hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt?“ (1 Korinther 1:20.)

„Keiner täusche sich selbst. Wenn einer unter euch meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden.

Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott.“ (1 Korinther 3:18,19; Hervorhebung hinzugefügt.)

Oftmals werden wir auf die Probe gestellt, ob wir uns auch dann von der Weisheit Gottes leiten lassen, wenn sie im Gegensatz zur Weisheit der Welt steht.

Ammon klagte: „Denn sie trachten nicht nach [Gottes] Weisheit und haben auch nicht den Wunsch, dass sie über sie herrsche.“ (Mosia 8:20.) Wenn ich so überlege, wer aus meinem Bekanntenkreis den Wunsch hat, sich Gottes Weisheit unterzuordnen, kommt mir unter anderem mein Freund Xie Ying aus China in den Sinn. Er hat erhebliche Opfer gebracht, um sich der Kirche anschließen zu können, und ist in New York auf Mission gewesen. Und ich denke an meine beiden Töchter, die beide gebildet sind und den Masterabschluss in der Tasche haben. Dennoch haben sie sich dafür entschieden, Kinder zu bekommen und Mutter zu sein. Ich denke auch an einen Freund aus Südamerika, der seine lukrative Stelle aufgegeben hat, als er von Steuerhinterziehungen in seiner Firma erfuhr. All diese Menschen haben Gottes Weisheit über die Weisheit der Welt gestellt.

Leider kann die Weisheit der Welt auch fähige Menschen in die Irre führen. Joseph Smith hat das so ausgedrückt: „In unseren Reihen gibt es viele kluge Männer und Frauen – so klug, dass sie sich nicht bekehren lassen. Darum müssen sie in ihrer Unwissenheit sterben, und bei der Auferstehung werden sie dann ihren Fehler sehen.“8

Weisheit und Finanzen

Da die wirtschaftliche Lage derzeit so schwierig ist, möchte ich unsere Finanzen ansprechen. So wie es jetzt um uns bestellt ist, sind wir alle demütiger und einsichtiger geworden. Denken Sie aber daran, wie es vor ein paar Jahren noch gewesen ist.

Die Welt sagt uns, wir sollten sofort bekommen, wonach uns gerade der Sinn steht. Wir sollten nicht darauf warten müssen. Wenn wir Schulden machen, können wir es sofort haben. Diese Schulden häuft man vielleicht mit der Kreditkarte an oder dadurch, dass man für das Eigenheim zu viel Fremdkapital aufnimmt. Man kann für alles einen Kredit aufnehmen, selbst für die Ausbildung. Die Werte werden immer weiter steigen, und wir werden im Wohlstand leben. Nach der Weisheit der Welt kommt der Höhe der monatlichen Raten eine größere Bedeutung zu als der Kreditsumme. Wie viel wir wann zurückzahlen, ist uns freigestellt, und falls alles schiefgeht, bleibt uns immer noch der Privatkonkurs.

Betrachten wir nun, was Gottes Weisheit in Bezug auf unsere Finanzen sagt – was uns seit jeher von den Propheten nahegelegt wird. Das Fundament bilden Eigenständigkeit und Arbeit. Dem Geld weisen wir den richtigen Stellenwert zu, wenn wir ehrlich den Zehnten zahlen und bei den Opfergaben großzügig sind. Wir geben weniger aus, als wir einnehmen, und können zwischen echtem Bedarf und dem entscheiden, was wir uns bloß wünschen. Schulden nehmen wir höchstens für unsere grundlegendsten Bedürfnisse auf. Wir halten uns an einen Haushaltsplan. Wir legen etwas Geld auf die Seite. Wir kommen all unseren finanziellen Verpflichtungen getreulich nach.

Vor etwa 14 Jahren hat uns Präsident Gordon B. Hinckley (1910–2008) gewarnt: „Ich meine, dass es an der Zeit ist, dass wir unser Haus in Ordnung bringen. Viele unserer Mitglieder leben so, dass sie nur knapp mit ihrem Einkommen auskommen. Tatsächlich leben viele mit geborgtem Geld. … Es gibt Anzeichen dafür, dass uns stürmisches Wetter bevorsteht, und darauf sollten wir besser achten.“9

Als wir vor ein paar Jahren auf dem Höhepunkt der Hochkonjunktur waren, sagte Präsident Thomas S. Monson:

„Liebe Brüder und Schwestern, leben Sie nicht nach der Devise, dass das, was gestern noch Luxus war, heute schon lebensnotwendig sei. Es wird erst dann eine Notwendigkeit, wenn wir es dazu machen. Viele gehen langfristige Schulden ein und stellen dann fest, dass sich Änderungen ergeben: Sie werden krank oder erwerbsunfähig, Firmen gehen pleite oder verkleinern sich, Arbeitsplätze gehen verloren, Naturkatastrophen kommen über uns. Aus vielen Gründen können die Raten für große Schulden nicht mehr erbracht werden. Unsere Schulden hängen dann wie ein Damoklesschwert über uns und drohen, uns zu vernichten.

Ich bitte Sie eindringlich, im Rahmen Ihrer Mittel zu leben. Man kann nicht mehr ausgeben, als man verdient, und trotzdem solvent bleiben. Ich verheiße Ihnen, dass Sie dann glücklicher sein werden, als wenn Sie sich ständig sorgen müssten, wie Sie die nächste Rate für unnötige Schulden begleichen sollen.“10

Sehen Sie, wie da die Weisheit Gottes zur Weisheit der Welt im Widerspruch steht? Als alles noch gut aussah, war nicht ganz so offensichtlich, welche Wahl die richtige ist. Viele Mitglieder der Kirche wünschen sich nun, sie hätten damals besser hingehört.

Das ist die Weisheit Gottes.

Ich schlage vor, Sie konzentrieren sich auf einige der Probleme, die Sie gerade beschäftigen. Ziehen Sie auf einem Blatt Papier mittig eine Linie von oben nach unten. Tragen Sie zu den jeweiligen Themen auf der linken Seite die Weisheit der Welt und auf der rechten Seite die Weisheit Gottes ein. Schreiben Sie die Punkte auf, die zueinander in Widerspruch stehen.

Wie entscheiden Sie sich?

In Abschnitt 45 des Buches Lehre und Bündnisse werden die Ereignisse behandelt, die zum Zweiten Kommen des Erlösers führen. Der Herr wiederholt das Gleichnis der zehn Jungfrauen und wendet sich dann an uns: „Denn diejenigen, die weise sind und die Wahrheit empfangen haben und sich den Heiligen Geist als ihren Führer genommen haben und sich nicht haben täuschen lassen – wahrlich, ich sage euch: Sie werden nicht umgehauen und ins Feuer geworfen werden, sondern werden den Tag aushalten.“ (LuB 45:57)

Mögen wir nach der Weisheit Gottes streben. Wir befinden uns derzeit weltweit in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, und Fragen zu Arbeitsplatz, beruflichem Fortkommen und Einkommen mögen Anlass zur Sorge geben. Aber es liegen auch viele gute Tage des Wohlstands vor uns. Gerade jetzt kann man viel über Weisheit lernen. Ich verheiße Ihnen, dass der Herr Sie segnen wird, wenn Sie sich um Weisheit bemühen – um Weisheit Gottes.

Anmerkungen

  1. Vgl. Andrew Lih, The Wikipedia Revolution, 2009, Seite XVf.; vgl. auch http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Size_comparisons; http://wikimediafoundation.org/wiki/FAQ/en; http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_Wikipedia

  2. Vgl. Ramona Emerson, „Facebook Users Expected to Pass 1 Billion in August: iCrossing“, The Huffington Post, 14. Januar 2012, www.huffingtonpost.com/2012/01/13/facebook-users-1-billion-icrossing_n_1204948.html

  3. „Choruses from‚ The Rock’“, aus T. S. Eliot: The Complete Poems and Plays, 1909–1950, 1980, Seite 96

  4. Mark Twain Laughing: Humorous Anecdotes by and about Samuel L. Clemens, Hg. P. M. Zall, 1985, Seite XXII

  5. Vgl. Marion G. Romney, „Converting Knowledge into Wisdom“, Ensign, Juli 1983, Seite 5

  6. Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 295

  7. Siehe Gordon B. Hinckley, „Als Glaubende gehen wir unseren Weg“, Liahona, Juli 2002, Seite 81f.

  8. Lehren: Joseph Smith, Seite 222

  9. Gordon B. Hinckley, „An die Jungen und die Männer“, Der Stern, Januar 1999, Seite 65

  10. Thomas S. Monson, „Treu in dem Glauben“, Liahona, Mai 2006, Seite 19

Fotos von Derek Israelsen