2014
Das Gesetz des Fastens – eine persönliche Verantwortung, für die Armen und Bedürftigen zu sorgen
November 2014


Das Gesetz des Fastens – eine persönliche Verantwortung, für die Armen und Bedürftigen zu sorgen

Als Jünger des Erretters tragen wir eine persönliche Verantwortung, für die Armen und Bedürftigen zu sorgen.

Meine lieben Brüder, ich liebe das Priestertum und genieße es, bei Ihnen zu sein. Ich bin zutiefst dankbar dafür, dass wir gemeinsam in dieser großen Sache tätig sein können.

Wir leben in einer bemerkenswerten Zeit. Die einem Wunder gleichkommenden Fortschritte in Medizin, Wissenschaft und Technik haben die Lebensqualität vieler Menschen erhöht. Und doch sehen wir auch großes Leid und Elend unter den Menschen. Neben Kriegen und Kriegsgerüchten bedrohen die immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Brände, Erdbeben und Seuchen weltweit das Leben von Millionen von Menschen.

Die Führer der Kirche achten wachsam auf das Wohl der Kinder Gottes überall. Wann und wo immer es möglich ist, werden die Notfallmittel der Kirche bereitgestellt, um Menschen in Not beizustehen. Beispielsweise traf im November letzten Jahres der Taifun Haiyan die Philippinen.

Haiyan war ein Supertaifun der Kategorie 5 und hinterließ großflächig Zerstörung und Leid. Ganze Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht und viele Menschen kamen ums Leben; Millionen Häuser wurden schwer beschädigt oder zerstört, die Wasser- und Stromversorgung sowie die Abwasserentsorgung brachen zusammen.

Die Hilfsmittel der Kirche wurden bereits in den ersten Stunden nach der Katastrophe bereitgestellt. Die Mitglieder der Kirche in den Philippinen strömten zusammen, um ihren Brüdern und Schwestern – Mitgliedern wie Nichtmitgliedern – Hilfe zu leisten, indem sie sie mit Nahrungsmitteln, Wasser, Kleidung und Hygieneartikeln versorgten.

Die Gemeindehäuser wurden für Tausende Obdachlose zu einer Zufluchtsstätte. Unter der Leitung der Gebietspräsidentschaft und der örtlichen Priestertumsführer, von denen viele alles verloren hatten, wurde festgestellt, ob alle Mitglieder wohlauf und in Sicherheit waren. Inspirierte Pläne nahmen Gestalt an, um den Mitgliedern wieder zu erträglichen Lebensumständen und zu Eigenständigkeit zu verhelfen.

Es wurden bescheidene Mittel bereitgestellt, damit die Mitglieder der Kirche ihre Unterkünfte und Häuser aus Holz wiederaufbauen konnten. Dabei handelte es sich nicht um Almosen ohne Gegenleistung. Die Mitglieder wurden geschult, verrichteten die nötigen Arbeiten selbst und halfen dann anderen.

Das brachte unter anderem den Nutzen, dass die Mitglieder nun Erfahrung im Zimmermanns- und Installationshandwerk und in anderen Gewerken hatten und somit gute Arbeit finden konnten, als die umliegenden Städte und Gemeinden mit dem Wiederaufbau begannen.

Für die Armen und Bedürftigen zu sorgen, ist eine der Kernlehren des Evangeliums und ein wesentliches Element im ewigen Erlösungsplan.

Vor seinem irdischen Wirken erklärte Jehova durch seinen Propheten: „Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden. Darum mache ich dir zur Pflicht: Du sollst deinem notleidenden und armen Bruder, der in deinem Land lebt, deine Hand öffnen.“1

In unserer Zeit ist die Sorge für die Armen und Bedürftigen eine der vier von Gott bestimmten Aufgaben, mit denen die Kirche dem Einzelnen und der Familie hilft, sich für die Erhöhung bereitzumachen.2

Die Sorge für die Armen und Bedürftigen hat sowohl das zeitliche als auch das geistige Heil im Blick. Sie umfasst die Mitarbeit einzelner Mitglieder der Kirche, die sich persönlich um die Armen und Bedürftigen kümmern, und auch die offizielle Wohlfahrtshilfe, die mit der Vollmacht des Priestertums gewährt wird.

Im Mittelpunkt des Plans, den der Herr hat, um für die Armen und Bedürftigen zu sorgen, steht das Gesetz des Fastens. „Der Herr hat das Gesetz des Fastens und das Fastopfer eingeführt, um sein Volk zu segnen und ihm eine Möglichkeit zu bereiten, den Bedürftigen zu dienen.“3

Als Jünger des Erretters tragen wir eine persönliche Verantwortung, für die Armen und Bedürftigen zu sorgen. Gewissenhafte Mitglieder der Kirche überall helfen mit, indem sie jeden Monat fasten – sie nehmen 24 Stunden lang keine Nahrung und kein Wasser zu sich und spenden der Kirche ein Fastopfer in Form eines Geldbetrags, der mindestens dem Wert dessen entspricht, was sie verzehrt hätten.

Jesajas Worte sollte jeder bei sich daheim gebeterfüllt bedenken und den anderen vermitteln:

„Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen,

an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.“4

Jesaja zählte dann die wunderbaren Segnungen auf, die der Herr denen verheißen hat, die das Gesetz des Fastens befolgen. Er hat gesagt:

„Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.

Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich. …

Wenn du … dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.

Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt.“5

In Bezug auf diese Schriftstelle sagte Präsident Harold B. Lee einmal: „Die enormen Segnungen, die aus [dem Fasten] erwachsen, wurden in jeder Evangeliumszeit verkündet, und hier erklärt der Herr uns durch diesen großen Propheten, warum es das Fasten gibt und welche Segnungen damit verbunden sind. … Wenn Sie das 58. Kapitel im Buch Jesaja … aufgliedern, wird sich Ihnen erschließen, weshalb der Herr möchte, dass wir ein Fastopfer zahlen und fasten. Der Grund ist, dass wir uns dadurch bereitmachen, den Herrn zu rufen und Antwort von ihm zu erhalten. Wir können rufen und der Herr wird sagen: ‚Hier bin ich.‘“

Präsident Lee sagte dann: „Möchten wir jemals in einer Situation sein, in der wir rufen und er nicht antwortet? Wo wir in unserer Bedrängnis rufen und er nicht bei uns ist? Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir über diese Grundsätze nachdenken, denn vor uns liegen Tage, in denen wir vermehrt die Segnungen des Herrn brauchen werden, wenn die Richtersprüche unvermischt über die ganze Erde ausgeschüttet werden.“6

Unser lieber Prophet, Präsident Thomas S. Monson, hat Zeugnis von diesen Grundsätzen abgelegt, ein Zeugnis, das auf eigene Erfahrung fußt. Er hat gesagt: „Kein Mitglied, das je mitgeholfen hat, für die Bedürftigen zu sorgen, wird solche Erlebnisse jemals vergessen oder bedauern. Fleiß, Sparsamkeit, Eigenständigkeit und Teilen sind für uns nichts Neues.“7

Brüder, die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind ein Volk, das Bündnisse eingeht und Gebote hält. Ich kenne kein Gesetz oder Gebot, das, sofern es treu gehalten wird, einfacher zu halten ist und das größere Segnungen mit sich bringt als das Gesetz des Fastens. Wenn wir fasten und das Fastopfer ehrlich zahlen, fügen wir dem Vorratshaus des Herrn den Betrag hinzu, der andernfalls für die Mahlzeiten ausgegeben worden wäre. Es wird nicht verlangt, dass mehr Geld gespendet wird, als man normalerweise ausgegeben hätte. Gleichzeitig werden uns, wie bereits erwähnt, außerordentliche Segnungen verheißen.

Das Gesetz des Fastens gilt für alle Mitglieder der Kirche. Selbst kleinen Kindern kann man das Fasten beibringen: Sie fangen mit einer Mahlzeit an und dehnen es dann auf zwei aus, sobald sie das Gesetz des Fastens begreifen und körperlich imstande sind, es zu halten. Eheleute, Alleinstehende, Jugendliche und Kinder beginnen das Fasten am besten mit einem Gebet. Sie sagen Dank für alle Segnungen in ihrem Leben und bitten den Herrn, dass er sie durch die Fastenzeit hindurch segnen und ihnen Kraft geben möge. Das Gesetz des Fastens wird vollständig gehalten, wenn das Fastopfer dem Vertreter des Herrn, dem Bischof, überreicht wird.

Bischöfe, Sie leiten die Wohlfahrtsarbeit in der Gemeinde. Sie haben von Gott den Auftrag, die Armen ausfindig zu machen und für sie zu sorgen. Unterstützt von der FHV-Leiterin und den Kollegiumsführern des Melchisedekischen Priestertums verfolgen Sie das Ziel, den Mitgliedern zu helfen, dass sie sich selbst helfen und eigenständig werden. Sie nehmen sich der zeitlichen und geistigen Bedürfnisse an, indem Sie das Fastopfer umsichtig als vorübergehende Unterstützung und ergänzend zu den Mitteln der Familie und zu öffentlichen Beihilfen einsetzen. Wenn Sie die Priestertumsschlüssel gebeterfüllt ausüben und bei der Hilfe für die Armen und Bedürftigen vernünftig urteilen, werden Sie erkennen, dass das Fastopfer richtig eingesetzt ist, wenn es die Existenz sichert und nicht den Lebensstil.

Ihr Kollegiumspräsidenten im Aaronischen Priestertum besitzt Schlüssel und habt die Macht, in den äußeren Verordnungen zu amtieren. Ihr arbeitet mit dem Bischof zusammen, unterweist die Brüder in eurem Kollegium in ihren Priestertumspflichten und darin, Mitglieder der Kirche aufzusuchen und ihnen Gelegenheit zu geben, zum Fasten beizutragen. Wenn ihr Träger des Aaronischen Priestertums eure Priestertumsaufgaben großmacht und allen Mitgliedern der Kirche diese Gelegenheit verschafft, macht ihr die für das Fasten verheißenen Segnungen häufig denjenigen zugänglich, die sie am dringendsten brauchen. Ihr werdet Zeuge sein, wie die Fürsorge für die Armen und Bedürftigen die Macht hat, Herzen zu erweichen, die sonst verhärtet wären, und denen ein Segen ist, die nur selten zur Kirche kommen.

Präsident Monson hat gesagt: „Wenn ein Bischof die Kollegien des Aaronischen Priestertums so organisiert, dass sie sich am Einsammeln des Fastopfers beteiligen, wird er bei dieser heiligen Aufgabe größeren Erfolg haben.“8

Bischöfe, bedenken Sie, dass sich die Umstände von Gebiet zu Gebiet und von Land zu Land stark unterscheiden. Dort, wo Sie leben, ist es vielleicht nicht angebracht, die Mitglieder der Kollegien des Aaronischen Priestertums von Tür zu Tür gehen zu lassen. Wir empfehlen Ihnen jedoch, den Rat des Propheten gebeterfüllt abzuwägen und sich inspirieren zu lassen, wie die Träger des Aaronischen Priestertums in Ihrer Gemeinde ihr Priestertum großmachen können, indem sie beim Einsammeln des Fastopfers helfen.

Im 27. Kapitel im 3 Nephi fragt der auferstandene Herr: „Was für Männer sollt ihr sein?“ Seine Antwort: „So, wie ich bin.“9 Wenn wir den Namen Christi auf uns nehmen und uns bemühen, ihm nachzufolgen, nehmen wir sein Abbild in unseren Gesichtsausdruck auf und werden ihm ähnlicher. Für die Armen und Bedürftigen zu sorgen, gehört naturgemäß zum Wirken des Erretters dazu. Es steckt in allem, was er tut. Er reicht allen die Hand und zieht uns empor. Sein Joch drückt nicht und seine Last ist leicht. Mögen Sie alle dem Erretter ähnlicher werden, indem Sie für die Armen und Bedürftigen sorgen, das Gesetz des Fastens getreulich halten und ein großzügiges Fastopfer spenden. Ich gebe demütig Zeugnis, dass die gewissenhafte Versorgung der Armen und Bedürftigen ein Zeichen geistiger Reife ist und für Geber und Empfänger gleichermaßen ein Segen ist. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Deuteronomium 15:11

  2. Siehe Handbuch 2: Die Kirche führen und verwalten, 2010, 2.2

  3. Handbuch 2, 6.1.2

  4. Jesaja 58:6,7

  5. Jesaja 58:8-11

  6. Harold B. Lee, „Listen and Obey“, Wohlfahrtsversammlung mit Schwerpunkt Landwirtschaft, 3. April 1971, Kopie des Schreibmaschinenmanuskripts, Seite 14, Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City

  7. Thomas S. Monson, „Sind wir vorbereitet?“, Liahona, September 2014, Seite 4

  8. Thomas S. Monson in einer Sitzung mit der Präsidierenden Bischofschaft am 28. Februar 2014

  9. 3 Nephi 27:27