2015
Voller Leben und Energie
Juli 2015


Voller Leben und Energie

Der Verfasser lebt in Texas.

Welche Angewohnheit würde Ihnen zu mehr Gesundheit, Energie und Inspiration verhelfen, wenn Sie sich konsequent und diszipliniert daran hielten?

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clock without numbers

Foto von der Vorderseite eines Weckers von choness/iStock/Thinkstock

Stellen Sie sich einmal vor, ein Freund würde Sie um Rat fragen, wie man persönliche Offenbarung empfangen kann. Was würden Sie erwidern, wenn Sie nur einen einzigen Ratschlag geben könnten?

Als Elder Marion G. Romney (1897–1988) als Generalautorität berufen wurde, fühlte er sich dieser wichtigen Aufgabe nicht gewachsen und fragte deshalb seinen Freund, Elder Harold B. Lee (1899–1973) vom Kollegium der Zwölf Apostel, um Rat. Die Empfehlung, die er an jenem Tag erhielt, überraschte, aber motivierte ihn auch. Elder Lee sagte: „Wenn du als Generalautorität erfolgreich sein willst, brauchst du Inspiration. Du musst Offenbarung empfangen. Ich gebe dir den einen Rat: Geh früh schlafen und steh früh auf. Wenn du das tust, dann wird sowohl dein Körper als auch dein Geist ausgeruht sein und du wirst früh, in den stillen Morgenstunden, mehr Erleuchtung und Inspiration empfangen als zu irgendeiner anderen Tageszeit.“

Jahre später sagte Präsident Romney rückblickend: „Von da an habe ich diesen Rat umgesetzt, und ich weiß, dass es funktioniert. Wann immer ich ein ernstes Problem habe oder einen Auftrag, der Kreativität erfordert, und ich hoffe, vom Heiligen Geist inspiriert zu werden, erhalte ich immer in den frühen Morgenstunden mehr Unterstützung als zu jeder anderen Tageszeit.“1

Als ich dies zum ersten Mal las, war auch ich von Elder Lees Ratschlag überrascht. Ich hätte das frühe Aufstehen nie mit Offenbarung in Verbindung gebracht. Aber heute weiß ich, dass da ein direkter Zusammenhang besteht. Ich habe zudem die Erfahrung gemacht, dass sich die Angewohnheit, früh schlafen zu gehen und früh aufzustehen, äußerst positiv auf alles auswirkt, was üblicherweise mit dem Empfangen von Offenbarung in Verbindung gebracht wird, wie etwa das Beten, das Schriftstudium, das Fasten, der Tempelbesuch und das Dienen.

Beispiele aus der Schrift

In allen Zeitaltern hat es inspirierte Männer und Frauen gegeben, die diesen göttlichen Ratschlag hinsichtlich des Schlafs befolgt haben. „Am frühen Morgen begab sich Abraham an den Ort, an dem er dem Herrn gegenübergestanden hatte.“ (Genesis 19:27; Hervorhebung hinzugefügt.) „Am Morgen stand Mose zeitig auf und ging auf den Sinai hinauf, wie es ihm der Herr aufgetragen hatte. Die beiden steinernen Tafeln nahm er mit.“ (Exodus 34:4; Hervorhebung hinzugefügt.) „Früh am anderen Morgen brach Josua auf und die Priester trugen die Lade des Herrn.“ (Josua 6:12; Hervorhebung hinzugefügt.)

Wie begann der Herr seinen Tag, als er auf der Erde weilte? Markus berichtet: „In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten.“ (Markus 1:35; Hervorhebung hinzugefügt.) Maria, eine ergebene Jüngerin, folgte seinem Beispiel, und wir können etwas Wertvolles daraus lernen: „Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab.“ (Johannes 20:1; Hervorhebung hinzugefügt.) Sie war der erste Mensch, der den auferstandenen Herrn sah – in aller Frühe.

Das frühe Aufstehen bringt Segnungen

Auch heute nutzen hervorragende Führer die frühen Morgenstunden, um Offenbarung zu empfangen. Vor einiger Zeit erwähnte ein Mitglied des Ersten Kollegiums der Siebziger in einer Ansprache bei einer Pfahlkonferenz, dass er ein Frühaufsteher sei. Nach der Versammlung sprach ich ihn kurz darauf an und fragte ihn, wie viele Mitglieder der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf so früh aufstünden. Er erwiderte, dass sie alle früh aufstehen. Das beeindruckte mich sehr, und der Heilige Geist bezeugte mir, dass das frühe Schlafengehen und das frühe Aufstehen tatsächlich mit dem Empfangen von Offenbarung in Verbindung gebracht werden kann.

Es gibt noch weitere Segnungen, die denen verheißen sind, die sich an den Rat des Herrn hinsichtlich des Schlafs halten. Denken Sie einmal über diese großartigen Verheißungen nach: „Hört auf, länger als nötig zu schlafen; geht früh zu Bett, damit ihr nicht müde seiet; steht früh auf, damit ihr an Körper und Verstand gestärkt seiet.“ (LuB 88:124; Hervorhebung hinzugefügt.) Gestärkt bedeutet, dass wir voller Leben und Energie sind.

Im Altertum nannte der Philosoph Aristoteles weitere Vorteile des Frühaufstehens: „Es ist gut, vor Tagesanbruch aufzustehen, denn diese Angewohnheit trägt zu Gesundheit, Reichtum und Weisheit bei.“2 Benjamin Franklin, ein Staatsmann aus der Anfangszeit der USA, hat diesen Gedanken später aufgegriffen und zu seiner Maxime gemacht: „Geh früh zu Bett und steh früh auf – Gesundheit, Reichtum, Weisheit begleiten dann deines Lebens Lauf.“3 Und die meisten Menschen setzen Gesundheit, Reichtum und Weisheit ja ganz oben auf die Liste ihrer Lebensziele.

Gesundheit

In den Vereinigten Staaten liegt das Durchschnittsalter eines Geschäftsführers bei 55 Jahren.4 Wären Sie überrascht zu hören, dass eine internationale Organisation von einem 97-Jährigen geleitet wurde? Fänden Sie es erstaunlich, dass er selbst in seinem hohen Alter in aller Welt noch Reden hielt, Schulungen durchführte, mit Regierungsvertretern zusammenkam und bekannten Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern für Interviews zur Verfügung stand? Überdies waren seine wichtigsten Stellvertreter 79 und 87 Jahre alt und ebenfalls sehr aktiv. Genau dies war der Fall, als sich Gordon B. Hinckleys (1910–2008) Amtszeit als Präsident der Kirche dem Ende neigte. Es liegt nahe, dass das frühe Aufstehen zwar nicht der einzige, aber doch einer der Faktoren ist, die zum langen Leben der Führer unserer Kirche beitragen.

Ernest L. Wilkinson, ehemaliger Präsident der Brigham-Young-Universität, wies einmal darauf hin, dass das frühe Aufstehen gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Über Präsident David O. McKay (1873–1970), den damaligen Präsidenten der Kirche, sagte er: „Zu den Gründen, weshalb Präsident McKay bis in sein hohes Lebensalter vital geblieben ist, gehört ganz sicher auch die Tatsache, dass er es sich schon als junger Mann angewöhnt hat, früh zu Bett zu gehen und früh aufzustehen, üblicherweise noch vor Sonnenaufgang, und sich mit wachem Verstand und neuer Körperkraft an sein Tagwerk machte.“5

Das frühe Schlafengehen und frühe Aufstehen wird auch mit dem geistigen und seelischen Wohlbefinden in Verbindung gebracht. Elder Russell M. Nelson vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Wer niedergeschlagen und bedrückt ist, sollte in den frühen Morgenstunden nach Befreiung suchen.“6

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multiple clocks jumping and turning

Weisheit

Der Zusammenhang zwischen Schlafgewohnheiten und Weisheit ist keineswegs bloße Theorie. Eine von Forschern der Brigham-Young-Universität durchgeführte Studie ergab: „Studenten, die gewohnheitsmäßig spät schlafen gehen und am nächsten Tag lange schlafen, haben einen schlechteren Notendurchschnitt (GPA) als diejenigen, die gewöhnlich früh zu Bett gehen und früh aufstehen. Je länger die Studenten morgens schliefen, desto schlechter waren ihre Noten. Von allen untersuchten Faktoren stand die Aufstehzeit an Wochentagen und am Wochenende am deutlichsten mit dem Notendurchschnitt in Verbindung. Jede Stunde, die ein Student an Wochentagen länger schlief als der Durchschnitt, konnte mit einer Verschlechterung des Notendurchschnitts um 0,13 Punkte (GPA-Skala 0,0 bis 4,0) in Zusammenhang gebracht werden.“7

Vor kurzem befragte ich 203 Collegestudenten, die der Kirche angehören, nach ihren Schlafgewohnheiten. Im Durchschnitt standen diese Studenten an Schultagen um 7:30 Uhr und am Wochenende um 9:15 Uhr auf. An Schultagen gingen sie durchschnittlich um Mitternacht zu Bett, am Wochenende um 1 Uhr. Damit verhielten sie sich genau gegensätzlich zu den Forschungsergebnissen, in denen das frühe Schlafengehen und frühe Aufstehen mit dem Aneignen von Wissen in Zusammenhang gebracht wird. Vielleicht scheint die Erkenntnis, dass ein besserer Notendurchschnitt die Folge guter Schlafgewohnheiten ist, zu banal zu sein und stößt daher auf Unglauben. Sind wir wie die Kinder Israels geworden, die sich weigerten, das vom Herrn bereitete Gegenmittel gegen die Schlangenbisse anzuwenden, „weil der Weg so einfach war“? (1 Nephi 17:41; siehe auch Helaman 8:14,15.)

Denken Sie einmal über den Rat nach, den Boyd K. Packer, Präsident des Kollegiums der Zwölf Apostel, im Hinblick auf das Erlangen von Weisheit gegeben hat: „Ich rate unseren Kindern immer, sich mit den entscheidenden Dingen früh am Morgen zu befassen, wenn sie noch frisch und munter sind, statt am Abend, wenn sie mit körperlicher Müdigkeit und geistiger Erschöpfung zu kämpfen haben. Ich weiß um den Wert der Maxime: ‚Geh früh zu Bett und steh früh auf.‘“8 Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb Vollzeitmissionare früh zu Bett gehen und früh aufstehen.

Weitere Segnungen

In einem Buch, das Elder Joe J. Christensen, emeritiertes Mitglied der Siebziger, und seine Frau Barbara verfasst haben, werden weitere Segnungen angesprochen, die man empfängt, wenn man den Rat des Herrn hinsichtlich des Schlafs befolgt: „Gewiss gibt es einen sehr guten Grund dafür, dass wir angewiesen werden, früh schlafen zu gehen und früh aufzustehen [siehe LuB 88:124]. … Morgens ist die Welt ein schönerer Ort. Das Leben ist sehr viel ruhiger. Man kann in kürzerer Zeit sehr viel mehr bewerkstelligen.“9 Bei einer Fireside an der Brigham-Young-Universität erklärte Elder Christensen weiter: „Einige von Ihnen bekommen nicht genug Schlaf. Andere haben die Angewohnheit, spät ins Bett zu gehen und viel länger zu schlafen, als der Organismus es tatsächlich benötigt. Dadurch entgeht Ihnen so manche persönliche Inspiration, die Sie sonst erhalten könnten.“10

Präsident Hinckley hat den Gehorsamen außerdem verheißen: „Wenn Sie um 22 Uhr zu Bett gehen und spätestens um 6 Uhr aufstehen, wird Ihnen Erfolg beschert werden.“11

Es mag einem unbedeutend erscheinen, den Rat des Herrn hinsichtlich des Schlafs zu befolgen, aber „der Herr [kann] durch kleine Mittel Großes zuwege bringen“ (1 Nephi 16:29). Ich habe ein Zeugnis davon, dass das frühe Aufstehen viele Segnungen mit sich bringt, darunter auch Offenbarung. Es ist erstaunlich, wie viel mehr ich an einem Tag bewältigen kann, wenn ich früh schlafen gehe und früh aufstehe. Die Vorteile dieser Selbstdisziplin überwiegen die erforderliche Anstrengung bei weitem. Wenn wir den ersten Kampf des Tages gegen die Matratze gewinnen, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass wir auch weitere Kämpfe im Laufe des Tages gewinnen. Außerdem ist es dann viel wahrscheinlicher, dass wir voller Leben und Energie sind.

Anmerkungen

  1. Siehe Joe J. Christensen, To Grow in Spirit: A Ten-Point Plan for Becoming More Spiritual, Seite 27f.

  2. Aristoteles, in Wit and Wisdom of Socrates, Plato, Aristotle, Hg. N. B. Sen, Seite 100

  3. Selections from the Writings of Benjamin Franklin, Hg. U. Waldo Cutler, Seite 16

  4. Siehe die Zeitschrift Forbes, „Emerging Culture, Worldwide Success“, 25. Oktober 2012

  5. Ernest L. Wilkinson, Lifting Oneʼs Sights, Brigham Young University Speeches of the Year, 1. Oktober 1963, Seite 4

  6. Russell M. Nelson, „Joy Cometh in the Morning“, Ensign, November 1986, Seite 70

  7. Journal of American College Health, 49, 2000, Seite 125–130

  8. Boyd K. Packer, Teach Ye Diligently, Seite 205

  9. Joe J. und Barbara K. Christensen, Making Your Home a Missionary Training Center, Seite 33

  10. Joe J. Christensen, „Resolutions“ (Fireside an der Brigham-Young-Universität, 9. Januar 1994), Seite 5, speeches.byu.edu

  11. Gordon B. Hinckley, zitiert in Sheri L. Dew, Go Forward with Faith: The Biography of Gordon B. Hinckley, Seite 166f.