2015
Ich wusste nicht, weshalb ich dort war
Oktober 2015


Ich wusste nicht, weshalb ich dort war

Amber Cheney, Alabama

Bild
illustration of two women hugging

Illustration von Kathleen Peterson

Meine Mutter und ich hatten gerade unser Abendgebet gesprochen. Wir umarmten einander mit den Worten: „Ich hab dich lieb!“ Dann ging ich in mein Zimmer. Als ich die Tür gerade schließen wollte, hatte ich plötzlich das starke Gefühl, dass meine Mutter am nächsten Tag sterben würde.

Sofort kämpften Verstand und Herz gegen den Gedanken an. Ich würde doch nie zulassen, dass meiner Mutter etwas zustieß! Ihr würde schon nichts passieren.

Ich kniete in meinem Zimmer nieder und sagte dem Vater im Himmel, dass diese Eingebung über meine Mutter einfach nicht wahr sein konnte. Ich bat ihn, diesen Gedanken wegzunehmen, aber ich wurde ihn nicht los. Ich ging zum Schlafzimmer meiner Eltern und sagte meiner Mutter, dass ich noch eine Umarmung und einen Kuss wollte, ehe ich zu Bett ging. „Ich hab dich lieb!“, sagten wir beide erneut, dann ging ich zurück in mein Zimmer. Lange lag ich wach, ehe ich schließlich einschlief.

Als ich am nächsten Tag aufwachte, war ich voller Unruhe. Zum Glück stellte ich fest, dass meine Mutter lebte und es ihr gut ging. Ich hatte jedoch immer noch das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. In der Fast- und Zeugnisversammlung an jenem Tag stand meine Mutter auf und gab bewegend Zeugnis.

Nach der Abendmahlsversammlung ging sie in die PV, wo sie unterrichtete, und ich ging in meine Sonntagsschulklasse. Erneut überkam mich ein deutliches Gefühl: Diesmal sollte ich aufstehen und den Unterricht verlassen. Ich wollte nicht die Aufmerksamkeit auf mich lenken, aber etwas zog mich förmlich vom Stuhl und heraus aus dem Klassenzimmer. Kurze Zeit später saß ich in der PV-Klasse meiner Mutter und lauschte ihrem Unterricht. Ich wusste nicht, weshalb ich dort war, aber ich wusste, dass ich dort sein musste.

Nachmittags waren wir zu Besuch bei meinem Bruder. Meine Mutter blickte mir ein letztes Mal geradewegs in die Augen, als sie plötzlich zusammenbrach und an einer Lungenembolie starb. In seiner Gnade und aus Gründen, die nur er kennt, hatte mich der Vater im Himmel durch den Heiligen Geist darauf vorbereitet. Die Eingebungen hatten mir zusätzliche Zeit mit meiner Mutter beschert – Zeit, die ich nicht aufgebracht hätte, wenn ich nicht auf die sanfte, leise Stimme gehört hätte.

Nie hatte ich die Liebe des himmlischen Vaters so deutlich erkannt bis zu den Ereignissen kurz vor dem Tod meiner Mutter. Wie gesegnet wir doch sind, dass der Vater im Himmel uns so sehr liebt, dass er uns diese besondere Gabe zuteilwerden lässt – die Gabe des Heiligen Geistes.