2017
Was wir von Dandy lernen können
March 2017


Bis aufs Wiedersehen

Was wir von Dandy lernen können

Nach einer Ansprache bei der Herbst-Generalkonferenz 1968

Wie so mancher junge Mensch verabscheute mein Pferd Dandy jegliche Einschränkung.

Bild
Horse

Bild © iStock/Thinkstock

Ich hatte einmal das Vergnügen, ein Hengstfohlen aus guter Zucht selbst auszubilden. Es hieß Dandy. Dandy war ausgeglichen, hatte klare, gut geformte Augen, schöne Proportionen und war rundum ein besonderes Tier. Unter dem Sattel war er denkbar willig, gehorsam und aufmerksam. Der Hengst und mein Hund Scotty waren gute Freunde. Es gefiel mir, wie er sich etwas näherte, wovor er Angst hatte. Er vertraute darauf, dass er sich nicht verletzte, wenn er meiner Führung folgte.

Aber Dandy verabscheute jegliche Einschränkung. Er war unzufrieden, wenn er angebunden war, und knabberte am Strick, bis er frei war. Er lief nicht weg; er wollte einfach nur frei sein. Er dachte wohl, dass es den anderen Pferden genauso ging, und machte sich daran, auch deren Stricke zu lösen. Er konnte es nicht ausstehen, auf der Weide eingesperrt zu sein, und wenn er im Zaun eine Stelle fand, wo der Draht keine Stacheln hatte, trat er den Draht vorsichtig mit den Hufen hinunter und stieg darüber hinweg in die Freiheit. Mehr als einmal wurde er von freundlichen Nachbarn wieder auf die Weide gebracht. Er fand sogar heraus, wie man das Tor aufdrückt. Auch wenn er dabei oft Schaden anrichtete, der sowohl ärgerlich als auch manchmal teuer war, so bewunderte ich doch seine Intelligenz und seinen Einfallsreichtum.

Aber seine Neugier und sein Drang, die Gegend zu erkunden, brachten ihm und mir Ärger ein. Einmal wurde er auf der Schnellstraße von einem Auto angefahren. Das Auto war demoliert, das Pferd verletzt und ebenso der Fahrer, wenn auch nur leicht.

Während Dandy sich noch davon erholte, untersuchte er, von seiner unbändigen Wanderlust getrieben, den gesamten Zaun, der die Weide umgab. Diesmal waren aber sogar die Tore verdrahtet. Eine Zeit lang dachten wir, Dandy könne sich nun nicht mehr von der Weide stehlen.

Eines Tages jedoch hatte jemand die Drahtschlinge am Tor offen gelassen. Dandy bemerkte es, öffnete das Tor, nahm ein weiteres Pferd mit, und gemeinsam trotteten sie zum Nachbargrundstück. Sie gingen zu einem alten Lagerhaus. Voller Neugier drückte Dandy die Tür auf. Und wie er es sich erhofft hatte, fand er dort einen Sack voller Getreide. Was für ein Fund! Ja, und was für eine Tragödie! Das Getreide war ein vergifteter Köder für Nagetiere. Innerhalb weniger Minuten brachen bei Dandy und seinem Kameraden schmerzhafte Krämpfe aus, und kurz danach waren beide tot.

Wie sehr ähneln viele unserer Jugendlichen doch Dandy. Sie sind nicht schlecht, sie haben ja noch nicht einmal vor, Schlechtes zu tun, aber sie sind impulsiv, lebensfroh, neugierig und unternehmungslustig. Auch sie sind ruhelos, wenn man ihnen Einschränkungen auferlegt, aber wenn man sie beschäftigt, sie behutsam und richtig leitet, dann sind sie empfänglich und tüchtig. Lässt man sie jedoch führungslos umherirren, verstoßen sie viel zu oft gegen rechtschaffene Grundsätze und verfangen sich infolgedessen oft in den Schlingen des Bösen, geraten in großes Unglück oder verlieren sogar das Leben.