2017
Cayo und Anthony: Paris
September 2017


Gelebter Glaube

Cayo und Anthony

Paris

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anthony and cayo walking together

Cayo Sopi und Anthony Linat sind Freunde, seit sie Kinder waren. Cayo, ein Mitglied der Kirche, hoffte immer, dass Anthony sich ihr auch anschließen würde.

Leslie Nilsson, Fotograf

Cayo:

Ich habe Anthony vor langer Zeit kennengelernt. Wir waren gerade erst in die Gegend gezogen. Ich ging auf meine neue Schule und suchte mir Freunde. Einer davon war Anthony. Wir waren vielleicht sechs, sieben Jahre alt. Es ist schon komisch, wenn ich heute mit 26 daran denke.

Wir haben zusammen Pog gespielt. Das ist so ein Spiel, das wir in Frankreich spielen. Ich habe keine Ahnung, ob man es auch anderswo spielt. Als wir so spielten, versuchte Anthony einmal, mir ein oder zwei meiner Spieldeckel abzuknöpfen. Plötzlich fingen wir an, miteinander zu raufen. Unser Lehrer musste uns trennen. Ich glaube, danach verstanden wir uns besser. Wir unternahmen etwas zusammen – machten Videospiele, gingen Skateboarden oder Radfahren. Nach und nach verbrachten wir immer mehr Zeit miteinander.

Meiner Mutter war es immer wichtig, dass unsere Familie betet. Es gehörte bei uns zuhause dazu. Das Gleiche galt auch für das Schriftstudium. All das war uns in Fleisch und Blut übergegangen. Einmal übernachtete ich bei Anthony. Als er sah, dass ich vor dem Schlafengehen betete, fragte er mich, was ich da machte. Ich weiß nicht mehr, was genau ich sagte, ich weiß nur noch, dass wir in seinem Zimmer waren und über das Beten sprachen.

Anthony besuchte mich ein paar Mal zuhause und sah dann, wie wir in den heiligen Schriften lasen, Gott vor dem Essen um einen Segen baten und als Familie beteten. Er sah auch, wie wir zusammen Kirchenlieder sangen. Ein-, zweimal fragte ich ihn, ob er nicht mit zur Kirche kommen wolle. An seiner Reaktion habe ich dann wohl erkannt, dass er von dieser Idee nicht sonderlich begeistert war. Ich sagte mir: „So ist das dann wohl. Zu schade. Wir werden dann einfach weiterhin Kumpels bleiben.“

Anthony:

Anfangs stand ich der Kirche eher ein wenig kühl gegenüber. Ich verstand nicht viel und hatte ein bisschen Angst davor, mit Cayo darüber zu sprechen, warum seine Familie zum Beten zusammenkam. Darum ging ich am Anfang auf Einladungen nicht ein. Aber nach und nach hatte ich ein gutes Gefühl. Ich spürte im Herzen, dass Cayos Familie anders war als andere Familien.

Cayo:

Irgendwann hatten wir beide anderes im Sinn. Über die Jahre verloren wir uns mehrmals aus den Augen, liefen uns dann aber immer wieder über den Weg. Als Teenager wurden wir wieder gute Freunde.

Anthony:

Ich konnte sehen, dass Cayo anders war als meine anderen Freunde. Wir alle machen Dummheiten, wenn wir aufwachsen, aber Cayo half mir, einen guten Weg einzuschlagen.

Cayo:

Anthony fing an, mit meiner Familie in die Kirche zu gehen. Dann entwickelte sich alles wie von selbst. Die Missionare verbrachten viel Zeit mit uns, und Anthony lernte die Kirche ziemlich gut kennen. Er wusste, was Beten war, er kannte die Kirchenlieder – all das kannte er. Nur Mitglied war er nicht.

Anthony:

Von meinem 8. bis zu meinem 18. Lebensjahr dachte ich viel darüber nach, mich taufen zu lassen. Obwohl ich versuchte, nach guten Grundsätzen zu leben, dauerte es lange, weil ich vieles in meinem Leben ändern musste.

Mit 18 Jahren traf ich mich bei Cayo zuhause mit den Missionaren. Sie gingen mit mir die Lektionen durch und bereiteten mich so auf die Taufe vor. Sie halfen mir, und ihre Botschaft berührte mein Herz. In dieser Zeit wurden meine Mutter und meine kleine Schwester den Missionaren vorgestellt. Sie ließen sich ein paar Monate vor mir taufen. Ich ließ mich am 10. März 2007 taufen.

Cayo:

Es dauerte eben seine Zeit, über zehn Jahre, aber schließlich und endlich ließ er sich taufen.

Es ist schon interessant, wie der Herr vorgeht. Danach erfüllte ich eine Mission in Frankreich und wir schrieben uns. Jetzt werden wir getrennt, weil Anthony gerade Gendarm geworden ist und in den kommenden zwei bis fünf Jahren in Guyana arbeitet. Aber ich bin sicher, dass wir in Verbindung bleiben.

Anthony:

Seit ich mich der Kirche angeschlossen habe, tue ich alles, was erforderlich ist, um auf dem engen Pfad zu bleiben und meinen Mitmenschen das Evangelium nahezubringen. Das ist eigentlich ganz einfach, aber manchen fällt es schwer, das Evangelium anzunehmen und danach zu leben. Als Mitglieder der Kirche sind wir wirklich anders als andere.

Andere Mitglieder meiner Familie tun sich schwer damit, zu verstehen, warum meine Mutter, meine Schwester und ich uns jeden Sonntag für die Kirche fertig machen. Ich ziehe meinen Anzug an und breche um 8:30 Uhr auf, damit ich um 9 Uhr in der Kirche bin, und wegen meiner Berufung bleibe ich dann oft bis 15 Uhr dort. Ich treffe mich gerne mit anderen Mitgliedern und unterhalte mich gerne mit ihnen über ihr Leben. Ich bin gerne mit den Mitgliedern zusammen, es ist einfach einzigartig. Es ist wichtig, dass man Menschen um sich hat, die Mitglieder der Kirche sind, dass Einigkeit herrscht und dass wir das Gefühl haben, dass wir einander stärken.

Cayo:

Ich glaube, der Herr tut, was er kann, damit wir uns wahrhaftig, aufrichtig und gründlich ändern können. Um ein Heiliger der Letzten Tage und ein Jünger Christi zu werden, muss man nicht bloß bestimmte Standpunkte übernehmen wollen, man muss einen tiefgreifenden Wandel in sich selbst erleben. Ich habe diesen Wandel bei Anthony beobachtet.

Anthony:

Die Erkenntnis, dass ich einen Vater im Himmel habe, finde ich tröstlich. Ich finde auch die Erkenntnis tröstlich, dass er seinen Sohn Jesus Christus gesandt hat, um für uns – für mich – zu sterben.

Auf jeden Fall weiß ich aber, dass es wahr ist. Ich weiß auch, dass die heiligen Schriften wahr sind. Das Buch Mormon ist wahr. Davon bin ich überzeugt. Die Kirche ist wahr. Wir haben einen wahren Propheten, Thomas S. Monson. Die Zwölf Apostel sind wahrhaftig von Gott berufen.

Das habe ich zuvor nicht verstanden und ich glaube, dass ich es auch heute noch nicht vollkommen verstehe. Davon geht eine große Kraft aus. Es ist ein einzigartiges Gefühl.

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Cayo and Anthony walking through their neighborhood

Cayo Sopi (links) und Anthony Linat (rechts) schlendern durch ihr Viertel in einem Pariser Vorort. Sie sind seit ihrer Kindheit Freunde.

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Cayo and Anthony standing on the sidewalk

„Als unsere Freundschaft enger wurde, konnte ich sehen, dass Cayo anders war als meine anderen Freunde“, erinnert sich Anthony. Durch Cayos Beispiel interessierte sich Anthony im Laufe der Zeit mehr für das wiederhergestellte Evangelium.

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Cayo and Anthony walking down the street

Cayo und Anthony haben vor, in Verbindung zu bleiben, wenn Anthony nach Guyana gezogen ist.

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Cayo and Anthony in front of a market

„Seit ich mich der Kirche angeschlossen habe“, sagt Anthony, „tue ich alles, was erforderlich ist, um auf dem engen Pfad zu bleiben und meinen Mitmenschen das Evangelium nahezubringen.“ Anderen das Evangelium nahezubringen ist „ganz einfach“, findet er.

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Cayo and Anthony walking alongside a waterway

Cayo ist nach wie vor dankbar dafür, dass er seinem Freund das Evangelium nahebringen konnte. „Ich glaube, der Herr tut, was er kann, damit wir uns wahrhaftig, aufrichtig und gründlich ändern können“, sagt Cayo. „Ich habe diesen Wandel bei Anthony beobachtet.“

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Cayo and Anthony walking around their neighborhood

Anthony empfindet es als Segen, dass er das Evangelium gefunden hat. „Die Erkenntnis, dass ich einen Vater im Himmel habe, finde ich tröstlich“, sagt er. „Ich finde auch die Erkenntnis tröstlich, dass er seinen Sohn Jesus Christus gesandt hat.“

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Cayo and Anthony walking and talking

„Es ist schon interessant, wie der Herr vorgeht“, findet Cayo. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis Anthony sich taufen ließ, aber in dieser Zeit erlangte er ein festes Zeugnis.