2018
Gut genug
September 2018


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Gut genug

Was sie sagte, stimmte: Ich war zu klein und konnte nicht tanzen. Würde ich jemals gut genug sein?

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eine junge Frau steht in einem Feld

„Schade, dass du so klein bist, dass du vorne stehen musst“, meinte meine Lehrerin. „Du tanzt am schlechtesten von allen.“

Das sagte sie zu mir vor dem gesamten Schulchor der Highschool. Sie sagte es zwar humorvoll und ich zwang mich zu einem kurzen Lacher, aber in Wirklichkeit fand ich es demütigend. Meine Lehrerin hatte sich einfache Tanzschritte für eines unserer Lieder ausgedacht. Leider war ich seit eh und je ungeschickt und hatte Schwierigkeiten, die Schritte richtig hinzubekommen. Ihre Worte brachten meine ohnehin schon winzige Flamme des Selbstvertrauens vollends zum Erlöschen. Was sie sagte, stimmte: Ich war zu klein und konnte nicht tanzen. Ich fragte mich, ob ich je gut genug sein würde.

Dies war nur eines von vielen Erlebnissen, bei denen ich das Gefühl hatte, nicht „gut genug“ zu sein. In solchen Situationen konzentriere ich mich nur auf das, was ich nicht habe oder nicht kann, anstatt auf das, was ich sehr wohl habe oder was ich sehr wohl kann. Das ist eine der ausgeklügeltsten Strategien, die der Satan bei mir und bei vielen anderen anwendet.

Nachdem meine Lehrerin mir gesagt hatte, dass ich absolut nicht tanzen kann, war ich sehr entmutigt. Ich hatte mich immer beweisen wollen und versuchte daher, in dem gut zu sein, worin andere glänzten. Doch ich scheiterte jedes Mal. Ich wurde den Gedanken nicht los, dass mein einziges Talent darin bestand, stundenlang die Ersatzbank zu hüten. Ich hatte das Gefühl, dass Gott mich übersehen und – im Gegensatz zu allen anderen – nicht gut genug gemacht hatte.

Eines Tages ging es im Seminarunterricht um die Schöpfungen Gottes. Unser Lehrer zeigte uns faszinierende Fotos vom Weltall. Ich weiß noch, wie ich all die Galaxien, Sterne und Planeten anstarrte, die darauf abgebildet waren. Jeder davon war einzigartig, geheimnisvoll und auf seine Art wunderschön.

Da wurde mir etwas bewusst.

Bei all seinen überragenden und unfassbaren Schöpfungen hatte Gott sich dennoch die Zeit genommen, mich zu erschaffen. Einen kleinen, scheinbar unbedeutenden, gewöhnlichen Menschen, dem nicht bewusst war, wie außergewöhnlich er eigentlich war. Einen Menschen, der einzigartig und anders als alle anderen war. Einen Menschen, der von ihm einen ganz individuellen Plan erhalten hatte. Einen Menschen mit grenzenlosem Potenzial und einer göttlichen Bestimmung.

Mich.

In diesem Augenblick glaubte ich endlich von ganzem Herzen, dass die Seelen in den Augen Gottes großen Wert haben (siehe LuB 18:10). Mir wurde bewusst, dass Gott unglaublich viel von mir hält und dass ich in seinen Augen „gut genug“ bin.

Ich kann immer noch nicht gut tanzen. Und ohne mich zu schämen, kann ich sogar zugeben, dass ich wirklich schlecht tanze. Aber das ist in Ordnung. Im Laufe der Jahre habe ich nämlich viele Talente und Stärken in mir entdeckt, die mir nie bewusst gewesen waren. Sie wurden erst mit der Zeit offenbar, als ich mich auf den Herrn verlassen und gläubig darauf vertraut habe, dass er weiß, dass ich gut genug bin. Jeder von uns ist gelegentlich entmutigt. Wenn wir aber das große Ganze einmal mit etwas Abstand betrachten und uns wirklich klar wird, wie bedeutend es ist, wer wir sind, und unsere erstaunlichen Stärken, unsere einzigartigen Fähigkeiten und die Führung des Herrn in unserem Leben erkennen, sind wir besser imstande, mit Glauben, Hoffnung und großem Vertrauen auszuharren.