Geschichte der Kirche
Kapitel 1: Die Frauenhilfsvereinigung: Die Wiederherstellung einer bewährten Lebensweise


Kapitel 1

Die Frauenhilfsvereinigung

Die Wiederherstellung einer bewährten Lebensweise

Im Laufe seines irdischen Wirkens hat der Erretter immer wieder gezeigt, dass ihm die Frauen besonders am Herzen liegen. Elder James E. Talmage vom Kollegium der Zwölf Apostel sagte: „Die Frau und das Frauentum haben auf der Welt keinen größeren Verfechter als Jesus, den Christus.“1

Der Erlöser sprach zu Frauen – zu vielen und zu einzelnen, auf der Straße und am Ufer, am Brunnen und bei ihnen zuhause. Er behandelte sie gütig und liebevoll. Er heilte sie und ihre Angehörigen. In vielen Gleichnissen erzählte er von Frauen, die mit Alltäglichem beschäftigt waren. Er zeigte, dass ihm das Leben der Frauen sehr vertraut war, und ihre alltäglichen Erfahrungen dienten ihm als Grundlage für zeitlose Evangeliumslehren. Er vergab ihnen. Er weinte mit ihnen. Er kannte ihre Lebensumstände als Tochter, Ehefrau, Hausfrau, Mutter oder Witwe und fühlte mit ihnen. Er schätzte und würdigte sie.

Selbst unter qualvollen Schmerzen am Kreuz brachte der Erlöser seine Sorge um seine Mutter zum Ausdruck, die zu dem Zeitpunkt vermutlich Witwe war und Fürsorge brauchte.2 Und nach seiner Auferstehung erschien er zuallererst einer Frau.3

„Die Entwicklung christlicher Eigenschaften ist eine fordernde und unablässige Aufgabe – sie ist nichts für ‚Saisonarbeiter‘ oder jene, die nicht immer wieder über sich hinauswachsen wollen.“

Spencer W. Kimball

Ensign, November 1978, Seite 105

Jüngerinnen im Neuen Testament

Auch wenn nicht bekannt ist, ob die Frauen im Neuen Testament formell organisiert waren, ist doch deutlich erkennbar, dass sie im Werk des Erlösers tatkräftig mithalfen. Im Neuen Testament wird von Frauen berichtet – manche werden namentlich erwähnt, andere nicht –, die Glauben an Jesus Christus übten, seine Lehren aufnahmen und umsetzten und von seinem Wirken, seinen Wundern und seiner Herrlichkeit Zeugnis gaben. Diese Frauen wurden zu beispielhaften Jüngerinnen und wichtigen Zeuginnen im Erlösungswerk.

Frauen begleiteten Jesus und seine zwölf Apostel. Sie gaben von ihren Mitteln, um ihn in seinem Wirken zu unterstützen. Nach seinem Tod und seiner Auferstehung blieben sie treue Jüngerinnen. Sie kamen mit den Aposteln zusammen und beteten mit ihnen. Sie öffneten ihr Haus als Versammlungsort für die Mitglieder der Kirche. Sie beteiligten sich tapfer an dem Werk, Seelen zu erretten – im zeitlichen und im geistigen Sinne.

Marta und ihre Schwester Maria sind beispielhaft für die Jüngerinnen im Neuen Testament. In Lukas 10 lesen wir, dass Marta den Herrn in ihrem Haus aufnahm. Sie diente Jesus, indem sie für sein zeitliches Wohl sorgte, und Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und nahm seine Lehren in sich auf.

Bild
Mary Heard His Word

„Marta nahm [Jesus] freundlich auf.“ Ihre Schwester „Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu“ (Lukas 10:38,39).

Ausschnitt aus dem Gemälde Maria hörte seinen Worten zu von Walter Rane; © 2001 IRI

In einer Zeit, als von Frauen üblicherweise erwartet wurde, dass sie sich nur um zeitliche Belange kümmerten, lehrte der Erlöser Marta und Maria, dass Frauen auch geistig in seinem Werk mitwirken konnten. Er forderte sie auf, seine Jüngerinnen zu werden und an der Errettung teilzuhaben. „Das Bessere“ sollte ihnen nie mehr genommen werden.4

Maria und Marta wurden aktive Mitwirkende im irdischen Werk des Herrn. Später lesen wir im Neuen Testament von Martas festem Zeugnis von der Göttlichkeit Jesu. In einem Gespräch mit Jesus sagte sie: „Ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“5

Bild
Living Water

Im Laufe seines irdischen Wirkens hat der Erretter immer wieder gezeigt, dass ihm die Frauen besonders am Herzen liegen.

Ausschnitt aus dem Gemälde Lebendiges Wasser von Simon Dewey; © Simon Dewey

Viele weitere Jüngerinnen begleiteten Jesus und die Zwölf, lernten von ihm und sorgten für ihn. Lukas schrieb:

„In der folgenden Zeit wanderte er [Jesus] von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes. Die Zwölf begleiteten ihn, außerdem einige Frauen, die er von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte: Maria Magdalene, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen.“6

Wahrscheinlich gaben diese Frauen Jesus und den Aposteln von ihren Mitteln, aber auch praktische Hilfe, indem sie etwa kochten. Durch das Wirken Jesu empfingen sie die frohe Nachricht seines Evangeliums und die Segnungen seiner heilenden Macht, und durch ihr Wirken – materielle Unterstützung und Treue – dienten sie ihm.

Der Apostel Paulus berichtete von Frauen, die – in ihrem Amt in der Kirche oder auch aus eigener Initiative – den Heiligen dienten. In seiner Beschreibung einer rechtschaffenen Witwe zählt er Eigenschaften auf, die viele Frauen in der Urkirche auszeichneten: „Wenn bekannt ist, dass sie Gutes getan hat, wenn sie Kinder aufgezogen hat, gastfreundlich gewesen ist und den Heiligen die Füße gewaschen hat, wenn sie denen, die in Not waren, geholfen hat und überhaupt bemüht war, Gutes zu tun.“7 Paulus schrieb auch über den Einfluss kluger und erfahrener älterer Frauen. Er riet Titus, älteren Frauen ans Herz zu legen, dass sie den jungen Frauen beistehen und sie in ihrer ewigen Rolle als Ehefrau und Mutter anleiten, „damit sie die jungen Frauen dazu anhalten können, ihre Männer und Kinder zu lieben“.8

In der Apostelgeschichte wird von einer Frau berichtet, die die von Paulus beschriebenen Tugenden verkörperte. Tabita, die auch Gazelle genannt wurde, lebte in Joppe, wo sie für bedürftige Frauen Kleidung anfertigte.

Bild
Tabitha sewing

Tabita „tat viele gute Werke und gab reichlich Almosen“ (Apostelgeschichte 9:36).

Tabita beim Nähen, Gemälde von Jeremy Winborg; © Jeremy Winborg

„In Joppe lebte eine Jüngerin namens Tabita, das heißt übersetzt: Gazelle. Sie tat viele gute Werke und gab reichlich Almosen.

In jenen Tagen aber wurde sie krank und starb. …

Weil aber Lydda nahe bei Joppe liegt und die Jünger hörten, dass Petrus dort war, schickten sie zwei Männer zu ihm und ließen ihn bitten: Komm zu uns, zögere nicht!

Da stand Petrus auf und ging mit ihnen. Als er ankam, [traten] alle Witwen … zu ihm, sie weinten und zeigten ihm die Röcke und Mäntel, die Gazelle gemacht hatte, als sie noch bei ihnen war.

Petrus aber schickte alle hinaus, kniete nieder und betete. Dann wandte er sich zu dem Leichnam und sagte: Tabita, steh auf! Da öffnete sie ihre Augen, sah Petrus an und setzte sich auf.“9

Im Neuen Testament werden aber auch noch andere Frauen erwähnt, die sich dem Werk geweiht hatten. Priska und ihr Mann Aquila setzten für die Apostel ihr Leben aufs Spiel und stellten ihr Haus für Zusammenkünfte der Kirche zur Verfügung.10 Paulus schrieb: „Aquila und Priska und ihre Hausgemeinde senden euch viele Grüße im Herrn.“11

Eine Frau namens Maria nahm für die Apostel „viel Mühe auf sich“.12 Eine Frau namens Lydia ließ sich taufen, ebenso alle, die zu ihrem Haus gehörten. Dann sorgte sie für diejenigen, die ihr das Evangelium verkündet hatten.13

Eine Frau namens Phöbe hatte offenbar in ihrer Gemeinde ein Amt inne. Paulus sagte: „Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die Dienerin der Gemeinde … Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht; sie selbst hat vielen … geholfen.“14 Dieser Dienst, der von Phöbe und anderen großartigen Frauen im Neuen Testament geleistet wurde, setzt sich heute durch die Mitglieder der FHV – die Leiterinnen, Besuchslehrerinnen, Mütter und andere – fort, die vielen beistehen und helfen.

Jüngerinnen in den Letzten Tagen

Die Frauen in der Urkirche waren würdig und edel, man brauchte und schätzte sie. Sie dienten ihrem Nächsten, heiligten sich immer mehr und beteiligten sich an dem großen Werk, Seelen zu erretten.

Diese Lebensweise ist durch die Gründung der Frauenhilfsvereinigung in den Letzten Tagen wiederhergestellt worden. Der Prophet Joseph Smith erklärte: „Die Kirche war nicht vollständig organisiert, bis die Frauen auf diese Weise organisiert wurden.“15 Schwester Eliza R. Snow, die zweite Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung, wiederholte diese Aussage. Sie erklärte: „Der Name mag aus neuerer Zeit stammen, aber die Vereinigung als solche ist sehr alten Ursprungs. Von unserem Propheten, der den Märtyrertod erlitten hat, wissen wir, dass es die gleiche Organisation schon in der Urkirche gab.“16

Neben Joseph Smith haben auch andere neuzeitliche Propheten bezeugt, dass die Gründung der Frauenhilfsvereinigung inspiriert und ein Teil der Wiederherstellung war, wodurch Frauen in der Kirche in kirchliche Ämter berufen werden, um einander zu dienen und für die ganze Kirche segensreich zu wirken. Präsident Joseph F. Smith, der sechste Präsident der Kirche, sagte: „Diese Organisation ist von Gott geschaffen, von Gott bevollmächtigt, von Gott eingerichtet, damit sie für die Errettung der Frauen und der Menschen allgemein tätig ist.“17 Einer Gruppe von FHV-Schwestern sagte Präsident Lorenzo Snow, der fünfte Präsident der Kirche: „Sie waren schon immer an der Seite des Priestertums, bereit, die Brüder zu unterstützen und Ihren Teil beizutragen, um die Interessen des Reiches Gottes zu fördern. Und so wie Sie Anteil haben an dieser Arbeit, werden Sie gewiss Anteil haben am Triumph dieses Werkes und an der Erhöhung und Herrlichkeit, die der Herr seinen treuen Kindern gewähren wird.“18

Wenn Frauen in der FHV mitwirken, dienen sie als tapfere Jüngerinnen Jesu Christi im Erlösungswerk. Wie die Frauen in der Urkirche arbeiten sie an der Seite von Männern, die das Priestertum tragen, um den Glauben und die Rechtschaffenheit zu fördern, die Familie und das Zuhause zu stärken und die Bedürftigen ausfindig zu machen und ihnen zu helfen. Schwester Julie B. Beck, die fünfzehnte Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung, hat erklärt: „Durch die FHV gewinnen wir darin Übung, ein Jünger Christi zu sein. Wir lernen, was wir seinem Willen nach lernen sollen, tun, was er von uns möchte, und werden zu dem, was wir seinem Willen nach werden sollen.“19