Lehren der Präsidenten der Kirche
Kapitel 19: Priestertumsführung in der Kirche Jesu Christi


Kapitel 19

Priestertumsführung in der Kirche Jesu Christi

Der Herr wacht über dieses Werk. Dies ist sein Reich. Wir sind nicht wie Schafe ohne Hirten. Wir sind nicht wie eine Armee ohne Anführer.

Aus dem Leben von Gordon B. Hinckley

Präsident Gordon B. Hinckley hat erzählt: „Meine erste Aufgabe in der Kirche, das erste Amt, das ich je trug, war, Ratgeber des Jungen zu sein, der über unser Diakonskollegium präsidierte. Unser guter Bischof rief mich in sein Büro und sprach mit mir über diese Berufung. Ich war zutiefst beeindruckt. Ich war besorgt und ängstlich. Ob Sie es glauben oder nicht – ich war von Natur aus ein eher schüchterner und zurückhaltender Junge, und ich denke, dass mich diese Berufung, nämlich als Ratgeber im Diakonskollegium zu dienen, im Hinblick auf mein damaliges Alter und meine Erfahrung mit ebensolcher Sorge erfüllt hat, wie es meine gegenwärtige Aufgabe im Hinblick auf mein jetziges Alter und meine Erfahrung tut.“1

Im Jahr 1961, als Präsident Hinckley als Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel berufen wurde, war ihm ganz ähnlich zumute. In seiner ersten Generalkonferenzansprache als Apostel sagte er:

„Ich glaube, ich kann zu einem gewissen Grad die Last spüren, die mit der Verantwortung einhergeht, als Zeuge für den Herrn Jesus Christus vor einer Welt zu stehen, die ihn nur zögerlich annimmt. ,Erstaunt und bewundernd erkenne ich Jesu Lieb.‘ Das Vertrauen, das der Prophet des Herrn in mich setzt, und die Liebe, die mir meine Brüder hier entgegengebracht haben, stimmen mich demütig. … Ich bete um Kraft; ich bete um Hilfe; und ich bete um den Glauben und die Bereitschaft, gehorsam zu sein.“2

Am 1. April 1995 sprach Präsident Hinckley in der Priestertumsversammlung, nachdem die Mitglieder der Kirche ihn zum ersten Mal als ihren Propheten und Präsidenten bestätigt hatten. In den 14 Jahren zuvor hatte er drei Präsidenten der Kirche als Ratgeber zur Seite gestanden. Wiederholt hatte er Zeugnis gegeben, dass sie von Gott berufen worden waren, und hatte die Heiligen der Letzten Tage inständig gebeten, ihren Ratschlägen zu folgen. Nun, da er selbst dieses Amt bekleidete, fühlte er sich nicht weniger stark auf den Herrn angewiesen wie damals als Diakon und als neu berufener Apostel. Es war ihm sogar noch stärker bewusst, dass er die stützende Kraft des Herrn braucht. Er sagte:

„Als Sie heute Morgen in der feierlichen Versammlung Ihre Hand gehoben haben, haben Sie damit bekundet, dass Sie bereit sind, uns, Ihre Brüder und Diener, mit Ihrem Vertrauen, Ihrem Glauben und Ihrem Gebet zu tragen. Dafür bin ich zutiefst dankbar. Ich danke Ihnen, jedem einzelnen von Ihnen. Ich versichere Ihnen, und Sie wissen das eigentlich schon, dass es gemäß den Verfahrensweisen des Herrn kein Streben nach Ämtern gibt. Der Herr hat zu seinen Jüngern gesagt: ,Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und … bestimmt.‘ (Johannes 15:16.) Nach diesem Amt strebt man nicht. Das Recht, den Amtsinhaber auszuwählen, behält der Herr sich vor. Er ist der Herr über Leben und Tod. Er hat die Macht, zu berufen. Er hat die Macht, hinwegzunehmen. Er hat die Macht, zurückzubehalten. Es ist alles in seiner Hand.

Ich weiß nicht, warum in seinem erhabenen Plan einer wie ich seinen Platz hat. Da ich nun aber dieses Amt innehabe, weihe ich von Neuem alles, was ich an Kraft und Zeit und Talenten und Leben besitze, dem Werk meines Herrn und dem Dienst an meinen Brüdern und Schwestern. Ich danke Ihnen … noch einmal für das, was Sie heute getan haben. Vor allem bete ich darum, ich möge würdig sein. Und ich hoffe, dass Sie in Ihren Gebeten an mich denken.“3

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First Presidency

Die Erste Präsidentschaft, 1995: Präsident Gordon B. Hinckley (Mitte), Präsident Thomas S. Monson, Erster Ratgeber (links), und Präsident James E. Faust, Zweiter Ratgeber (rechts)

Lehren von Gordon B. Hinckley

1

Der Herr beruft den Präsidenten der Kirche, nachdem er ihn geprüft, geläutert und geschliffen hat

Ich habe seit Präsident Heber J. Grant mit allen Präsidenten der Kirche zusammengearbeitet. … Ich kannte auch alle ihre Ratgeber und den Rat der Zwölf in der Amtszeit all dieser Präsidenten. Alle diese Männer waren menschlich, mit menschlichen Eigenschaften und vielleicht auch mit mancher Schwäche behaftet. Doch über dem allen zeigte sich im Leben eines jeden von ihnen in machtvoller Weise die Inspiration Gottes. Die Präsidenten der Kirche waren wirklich Propheten. Ich habe aus nächster Nähe erlebt, wie der Geist der Offenbarung auf ihnen ruhte. Jeder Präsident hatte zuvor im Rat der Zwölf und in anderen Aufgabenbereichen jahrelang Erfahrung gesammelt. Der Herr hat sie alle geformt und geläutert, er hat sie Mutlosigkeit und Misserfolg, Krankheit und in einigen Fällen tiefen Kummer erfahren lassen, alles Läuterung, die dann in großartiger Weise in ihrem Leben zum Ausdruck kam.

Meine lieben Freunde im Evangelium, das ist das Werk Gottes. Es ist seine Kirche und die Kirche seines geliebten Sohnes, dessen Namen sie trägt. Gott wird nie zulassen, dass ein Betrüger an ihrer Spitze steht. Er ernennt seine Propheten und er inspiriert und führt sie.4

Manchmal wird Besorgnis darüber geäußert, dass der Präsident der Kirche wahrscheinlich immer ein älterer Mann sein wird. Dazu kann ich nur sagen: Was für ein Segen! … Er braucht nicht jugendlich zu sein. Ihm stehen jüngere Männer zur Seite, die im geistlichen Dienst die Erde bereisen, und so wird es auch bleiben. Er ist der präsidierende Hohe Priester; in ihm ruhen alle Schlüssel des heiligen Priestertums, und er ist die Stimme der Offenbarung, mit der Gott zu seinem Volk spricht. …

Ich finde, es ist etwas ungeheuer Beruhigendes, zu wissen, dass wir … immer einen Präsidenten haben werden, der geschult und geprüft wurde, dessen Treue gegenüber dem Werk und dessen Beständigkeit in der Sache in der Schmiede des Dienens gehärtet worden sind, dessen Glaube gereift ist und der die Nähe zu Gott schon über viele Jahre hin pflegt.5

Ich spreche … voll Dankbarkeit dafür, dass wir in diesen Letzten Tagen von einem Propheten geführt werden. Ich fordere Sie zur Treue gegenüber dem auf, den der Herr berufen und gesalbt hat. Ich fordere Sie auf, ihn standhaft zu unterstützen und seinen Lehren Beachtung zu schenken. Ich habe schon einmal gesagt …: Wenn wir einen Propheten haben, so haben wir alles. Wenn wir keinen Propheten haben, so haben wir nichts. Wir haben aber einen Propheten. Wir haben seit der Gründung dieser Kirche Propheten gehabt. Wir werden nie ohne einen Propheten sein, solange wir eines Propheten würdig sind.

Der Herr wacht über dieses Werk. Dies ist sein Reich. Wir sind nicht wie Schafe ohne Hirten. Wir sind nicht wie eine Armee ohne Anführer.6

2

Wenn der Präsident der Kirche stirbt, wird der dienstälteste Apostel der nächste Präsident

Dieser Wechsel der Vollmacht [zu einem neuen Präsidenten der Kirche], an dem ich schon mehrmals teilgenommen habe, ist großartig in seiner Schlichtheit. Er ist bezeichnend dafür, wie der Herr vorgeht. Nach seinem Verfahren wird ein Mann vom Propheten als Mitglied des Rates der Zwölf Apostel ausgewählt. Er erwählt sich das Amt nicht selbst als Beruf, sondern er wird berufen, so wie die Apostel zur Zeit Jesu, denen der Herr gesagt hat: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und … bestimmt.“ (Johannes 15:16.) Die Jahre vergehen. Er wird in den Aufgaben seines Amtes geschult. Er bereist im Rahmen seiner Berufung als Apostel die Erde. Es ist ein langer Weg der Vorbereitung, auf dem er die Heiligen der Letzten Tage kennenlernt, wo immer sie sind, und sie lernen ihn auch kennen. Der Herr prüft sein Herz und sein Wesen. Nach dem natürlichen Lauf der Welt werden in diesem Kollegium Plätze frei, und neue Berufungen werden ausgesprochen. So wird ein bestimmter Mann zum dienstältesten Apostel. Ihm und jedem seiner Amtsbrüder werden mit der Ordinierung alle Schlüssel des Priestertums übertragen. Die Vollmacht, diese Schlüssel auszuüben, ist allerdings dem Präsidenten der Kirche vorbehalten. Wenn [der Prophet] stirbt, geht die Vollmacht auf den dienstältesten Apostel über, der dann von seinen Amtsbrüdern im Rat der Zwölf zum Propheten und Präsidenten ernannt, eingesetzt und ordiniert wird.

Es gibt keinen Wahlkampf, sondern nur die stille, schlichte Durchführung des göttlichen Plans, durch den wir inspirierte, bewährte Führer erhalten.

Ich habe diesen erstaunlichen Vorgang als Augenzeuge miterlebt. Ich bezeuge Ihnen, dass der Herr [den Propheten auswählt].7

Mit Präsident [Howard W.] Hunters Tod war die Erste Präsidentschaft aufgelöst. Bruder Monson und ich, die ja seine Ratgeber gewesen waren, nahmen unseren Platz im Kollegium der Zwölf Apostel ein, das nun zur präsidierenden Autorität der Kirche wurde. …

Alle lebenden ordinierten Apostel versammelten sich im Geist des Fastens und Betens im oberen Raum des Tempels. Hier sangen wir ein Kirchenlied und sprachen ein Gebet. Wir nahmen vom Abendmahl und erneuerten in dieser heiligen symbolischen Willensbekundung unsere Bündnisse und unsere Beziehung zu unserem göttlichen Erlöser.

Sodann wurde die Präsidentschaft neu gebildet, wobei wir uns an eine seit langer Zeit bestehende Vorgehensweise hielten.

Es gab keinen Wahlkampf, keinen Wettbewerb, kein Streben nach einem Amt. Alles war still, friedlich, schlicht und heilig. Es geschah nach dem Muster, das der Herr selbst vorgezeichnet hat.8

3

Der Herr hat Grundsätze und Verfahren eingerichtet, wie seine Kirche geführt werden soll, wenn der Präsident nicht alle Aufgaben wahrnehmen kann

Als Präsident Hinckley im Jahr 1992 Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft war, sagte er: „Das Oberhaupt der Kirche ist der Herr Jesus Christus. Es ist seine Kirche. Doch auf Erden ist der Prophet das Oberhaupt. Propheten sind Männer mit einer göttlichen Berufung. Doch ungeachtet dessen, dass ihre Berufung göttlichen Ursprungs ist, sind sie menschlich. Sie sind den Problemen des Erdenlebens unterworfen.

Wir lieben und achten und ehren den Propheten unserer Zeit, Präsident Ezra Taft Benson, und blicken auf ihn. Er ist ein bedeutender und begabter Führer gewesen, ein Mann, dessen Stimme überall in der Welt zum Zeugnis von diesem Werk erklungen ist. Er hat in unserer Zeit alle Schlüssel des Priestertums auf Erden inne. Doch er hat ein Alter erreicht, wo er vieles von dem, was er einmal getan hat, nicht mehr tun kann. Das schmälert seine Berufung als Prophet in keiner Weise. Doch es schränkt seine körperlichen Tätigkeiten ein.“9

Als Präsident Hinckley im Jahr 1994 Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft war, sagte er: „Überall in der Kirche möchten die Mitglieder natürlich wissen, wie es um Präsident Benson bestellt ist. Präsident Benson steht nun in seinem 95. Lebensjahr. … Er leidet sehr unter den Auswirkungen von Alter und Krankheit und kann wichtige Aufgaben, die mit seinem heiligen Amt verbunden sind, nicht wahrnehmen. Dies kommt nicht zum ersten Mal vor. Auch andere Präsidenten der Kirche waren in den letzten Monaten oder Jahren ihres Lebens krank oder konnten aus anderen Gründen ihre Aufgaben nicht völlig wahrnehmen. Es ist möglich, dass dieser Fall auch in Zukunft erneut eintritt.

Die Grundsätze und Verfahren, die der Herr für die Führung seiner Kirche festgelegt hat, treffen Vorsorge für alle solche Fälle. Es ist wichtig, … dass es bezüglich der Führung der Kirche und der Ausübung der prophetischen Gaben, einschließlich des Rechts auf Inspiration und Offenbarung in der Verwaltung der Angelegenheiten und Programme der Kirche für den Fall, dass der Präsident krank ist oder aus anderen Gründen seine Aufgaben nicht völlig wahrnehmen kann, keine Zweifel und Sorgen gibt.

Die Erste Präsidentschaft und der Rat der Zwölf Apostel, die dazu berufen und ordiniert sind, die Schlüsselgewalt des Priestertums innezuhaben, haben die Vollmacht und Verantwortung, die Kirche zu führen, ihre heiligen Handlungen zu vollziehen, ihre Lehre auszulegen und alles, was darin geschieht, festzulegen und aufrechtzuerhalten. Jeder Mann, der zum Apostel ordiniert und als Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel eingesetzt ist, wird als Prophet, Seher und Offenbarer bestätigt. Wie seine Vorgänger war Präsident Benson zum Zeitpunkt seiner Berufung als Präsident der Kirche der dienstälteste Apostel. Seine Ratgeber wurden aus dem Rat der Zwölf gewählt. Also haben alle amtierenden Mitglieder des Kollegiums der Ersten Präsidentschaft und des Rates der Zwölf die Schlüsselgewalt, die Rechte und die Vollmacht erhalten, die zum heiligen Apostelamt gehören.

Ich zitiere aus dem Buch Lehre und Bündnisse:

‚Aus dem Melchisedekischen Priestertum bilden drei präsidierende Hohe Priester, von der Körperschaft erwählt, zu diesem Amt bestimmt und ordiniert und vom Vertrauen, Glauben und Gebet der Kirche getragen, das Kollegium der Präsidentschaft der Kirche.‘ (LuB 107:22.)

Wenn der Präsident krank ist oder aus anderen Gründen nicht alle Aufgaben, die mit seinem Amt verbunden sind, wahrnehmen kann, bilden seine beiden Ratgeber gemeinsam das Kollegium der Ersten Präsidentschaft. Sie setzen die tägliche Arbeit der Präsidentschaft fort. In außergewöhnlichen Umständen, wenn nur einer die Amtsgeschäfte wahrnehmen kann, darf er kraft der Vollmacht des Amtes der Präsidentschaft handeln, wie in Lehre und Bündnisse, Abschnitt 102, Vers 10 und 11, dargelegt. …

Die Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft setzen die reguläre Arbeit, die mit diesem Amt verbunden ist, fort. Aber jede wesentliche Frage, die Richtlinien, Verfahrensweisen, Programme oder Punkte der Lehre betrifft, wird von der Ersten Präsidentschaft und den Zwölf Aposteln gründlich und gebeterfüllt gemeinsam erörtert. Diese beiden Kollegien, das Kollegium der Ersten Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel, erwägen, wenn sie zusammenkommen, jede wesentliche Frage, wobei jeder seine Meinung freimütig äußern kann.

Und nun möchte ich wieder aus dem Wort des Herrn zitieren: ‚Und jede Entscheidung, die von einem dieser Kollegien getroffen wird, muss bei demselben einstimmig sein, das heißt, jedes Mitglied des betreffenden Kollegiums muss mit dessen Entscheidungen einverstanden sein, damit ihre Entscheidungen dieselbe Macht oder Gültigkeit haben wie die der anderen.‘ (LuB 107:27.) …

Eines muss uns allen klar sein: Jesus Christus steht an der Spitze dieser Kirche, die seinen heiligen Namen trägt. Er wacht über sie und führt sie. Er steht zur Rechten des Vaters und leitet dieses Werk. Er hat das Recht und die Macht, ihm steht es frei, die Menschen auf seine Weise zu hohen und heiligen Ämtern zu berufen und sie nach seinem Willen zu entlassen, indem er sie heimruft. Er ist der Herr über Leben und Tod. Ich mache mir keine Sorgen über die Lage, in der wir uns befinden. Ich nehme sie als Ausdruck seines Willens an. Genauso nehme ich gemeinsam mit meinen Brüdern die Verantwortung an, alles zu tun, was wir können, um dieses heilige Werk mit allem, was wir sind und haben, in Liebe, Demut, Pflichterfüllung und Treue voranzubringen.“10

4

Apostel sind besondere Zeugen des Namens Christi in aller Welt

Nachdem [ein Apostel] zum heiligen Apostelamt ordiniert und … als Mitglied des Rates der Zwölf eingesetzt [worden ist], wird von ihm erwartet, dass er sich in erster Linie dem geistlichen Dienst widmet. Für ihn … kommt dann an erster Stelle im Leben, vor allem anderen, die Verpflichtung, als besonderer Zeuge für den Namen Christi in aller Welt aufzutreten. …

Wie wir alle, so sind auch Apostel nur Menschen. Sie haben Stärken und Schwächen. Aber von da an und für den Rest ihres Lebens – solange sie treu bleiben – müssen sie sich in erster Linie dafür einsetzen, dass das Werk Gottes auf Erden vorankommt. Sie müssen sich um das Wohlergehen der Kinder des Vaters im Himmel kümmern, und zwar innerhalb der Kirche wie auch außerhalb. Sie müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Trauernden zu trösten, die Schwachen zu stärken, die Zweifelnden zu ermuntern, den Einsamen ein Freund zu sein, die Hungrigen zu speisen, die Kranken zu segnen und Zeugnis zu geben, und zwar nicht aus Glauben heraus, sondern aus der sicheren Erkenntnis des Sohnes Gottes heraus, ihres Freundes und Meisters, dessen Diener sie sind. …

Ich gebe Zeugnis für ihre Brüderlichkeit, ihren Einsatz, ihren Glauben, ihren Fleiß und ihren ungeheuren Einsatz beim Aufbau des Reiches Gottes.11

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Quorum of Twelve Apostles

Das Kollegium der Zwölf Apostel, 1965. Sitzend, von links nach rechts: Ezra Taft Benson, Mark E. Petersen (auf der Armlehne), Joseph Fielding Smith (Kollegiumspräsident) und LeGrand Richards. Stehend, von links nach rechts: Gordon B. Hinckley, Delbert L. Stapley, Thomas S. Monson, Spencer W. Kimball, Harold B. Lee, Marion G. Romney, Richard L. Evans und Howard W. Hunter.

5

Die Erste Präsidentschaft und die Zwölf Apostel bemühen sich um Offenbarung und völlige Einigkeit, ehe sie zu einer Entscheidung kommen

Jede Entscheidung, die von der Ersten Präsidentschaft und den Zwölf Aposteln nach Beratung getroffen wird, erfolgt einstimmig. Zu Beginn der Besprechung mag es unterschiedliche Meinungen geben. Das ist auch zu erwarten. Diese Männer haben alle unterschiedliche Lebenserfahrungen. Es sind Männer, die sich ihre eigenen Gedanken machen. Aber ehe die endgültige Entscheidung getroffen wird, kommt es zu Einstimmigkeit sowohl in der Sache als auch im Ausdruck.

Das ist auch zu erwarten, wenn man sich an das offenbarte Wort des Herrn hält [siehe LuB 107:27,30,31]. …

[Als] ich als Mitglied des Rates der Zwölf und in der Ersten Präsidentschaft gedient habe, ist nie eine wesentliche Entscheidung gefallen, ohne dass dem Rechnung getragen wurde. … Durch dieses Verfahren, nämlich dass jeder seine Meinung kundtut, trennt sich in Gedanken und Vorstellungen die Spreu vom Weizen. Aber ich habe niemals erlebt, dass es unter meinen Brüdern ernsthafte Missstimmigkeiten oder gar Feindseligkeit gegeben hätte. Vielmehr habe ich etwas Wundervolles, Erstaunliches beobachtet, nämlich wie unter dem Einfluss des Heiligen Geistes und dank der Macht der Offenbarung die verschiedenen Meinungen sich vermengen, bis völlige Harmonie und Übereinstimmung bestehen. …

Ich kenne kein anderes Führungsgremium welcher Art auch immer, über das sich das sagen lässt.12

6

Ein Pfahlpräsident wird durch Inspiration dazu berufen, Bischöfen Rat zu erteilen und die Mitglieder zu führen

Der Pfahlpräsident ist der Beamte, der durch Offenbarung dazu berufen ist, zwischen den Bischöfen der Gemeinden und den Generalautoritäten der Kirche zu stehen. Diese Aufgabe ist äußerst wichtig. Er wird von den Generalautoritäten geschult und schult seinerseits die Bischöfe. …

Der Pfahlpräsident dient den Bischöfen als Berater. Jeder Bischof weiß, wenn er mit einem schwierigen Problem zu kämpfen hat, gibt es jemanden, der bereitwillig zur Verfügung steht und an den er sich wenden kann, um die Last zu teilen und Rat zu empfangen.

Wenn es darum geht, zu bestimmen, wer würdig ist, zum Haus des Herrn zu gehen, bildet er die zweite Instanz. … Der Pfahlpräsident überprüft ebenso als Zweiter die Würdigkeit derer, die hinausgehen und die Kirche auf Mission vertreten. Auch er interviewt die Anwärter und nur wenn er von deren Würdigkeit überzeugt ist, billigt er den Vorschlag. Ebenso hat er die Vollmacht empfangen, diejenigen, die auf Mission berufen sind, einzusetzen und sie zu entlassen, nachdem sie ihren Dienst erfüllt haben.

Vor allem aber ist er an vorderster Stelle dafür zuständig, dass die Disziplinarordnung der Kirche im Pfahl eingehalten wird. … Er trägt die schwere Verantwortung dafür, dass die Lehre, die im Pfahl gelehrt wird, rein und unverfälscht bleibt. Es ist seine Pflicht, darauf zu achten, dass keine falsche Lehre gelehrt wird und keine falschen Bräuche auftreten. Wenn ein Träger des Melchisedekischen Priestertums oder auch sonst irgendjemand davon abweicht, muss der Präsident unter bestimmten Umständen mit dem Betreffenden eine Unterredung führen, und wenn dieser auf seinem Verhalten besteht, hat der Präsident die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen. Er lädt den Übertreter zu einem Disziplinarrat vor, wo Bewährung, Gemeinschaftsentzug oder Ausschluss aus der Kirche verhängt werden können.

Das ist eine äußerst drückende und unangenehme Aufgabe, aber der Präsident muss sich ihr ohne Angst oder Begünstigung stellen. All dies geschieht im Einklang mit der Weisung durch den Geist und so, wie es in Abschnitt 102 des Buches Lehre und Bündnisse dargelegt ist.

Danach muss er alles in seiner Macht Stehende tun, um mit demjenigen, der diszipliniert wurde, zusammenzuarbeiten und ihn zu gegebener Zeit zurückzubringen.

Sein Aufgabenbereich umfasst all dies und noch viel mehr. Hieraus folgt, dass sein eigener Lebenswandel vor den Mitgliedern beispielhaft sein muss. …

Und weil wir solches Vertrauen in [die Pfahlpräsidenten] haben, bitten wir die Mitglieder dringend, sich nicht an die Generalautoritäten zu wenden, um Rat oder Segen zu bekommen. Ihr Pfahlpräsident wurde kraft derselben Inspiration berufen wie die Generalautoritäten.13

7

Die Bischöfe sind die Hirten der Herde

Die [Kirche] kann wachsen und an Zahl zunehmen, und so wird es gewiss sein. Das Evangelium muss zu jedem Land, jedem Geschlecht, jeder Sprache, jedem Volk gebracht werden. Es darf in der vorhersehbaren Zukunft keinen Stillstand geben, wir dürfen nicht aufhören, uns der Menschen anzunehmen, voranzugehen und Zion in aller Welt aufzubauen. Aber bei alledem muss es die enge seelsorgerische Beziehung zwischen dem einzelnen Mitglied und dem weisen, fürsorglichen Bischof oder Zweigpräsidenten geben. Sie sind die Hirten der Herde, und es ist ihre Aufgabe, über eine relativ kleine Zahl von Mitgliedern zu wachen, damit keiner vergessen, übersehen oder vernachlässigt wird. Jesus war der wahre Hirte, der sich einem nach dem anderen derer annahm, die bedrückt waren, und der jedem einen ganz persönlichen Segen gab.14

[Die Bischöfe] der Kirche [sind] im wahrsten Sinne des Wortes die Hirten Israels … Jeder [in der Kirche] ist einem Bischof oder Zweigpräsidenten gegenüber verantwortlich. Gewaltig ist die Last, die sie tragen, und ich fordere jedes Mitglied der Kirche auf, alles zu tun, was es nur tun kann, um die Last zu erleichtern, unter der unsere Bischöfe und Zweigpräsidenten arbeiten.

Wir müssen für sie beten. Sie brauchen Hilfe, diese ungeheure Last zu tragen. Wir können sie besser unterstützen und weniger von ihnen abhängig sein. Wir können ihnen auf jede erdenkliche Weise helfen. Wir können ihnen für alles, was sie für uns tun, danken. Schon nach kurzer Zeit sind sie erschöpft von der Last, die wir ihnen auferlegen. …

Jeder [Bischof] ist durch den Geist der Prophezeiung und Offenbarung berufen und durch Händeauflegen eingesetzt und ordiniert worden. Jeder von ihnen hat in seiner Gemeinde die Schlüssel der Präsidentschaft inne. Jeder ist ein Hoher Priester, der präsidierende Hohe Priester seiner Gemeinde. Jeder trägt in seiner Treuhandschaft eine ungeheure Verantwortung. Jeder ist für seine Mitglieder wie ein Vater.

Keiner erhält Geld für seinen Dienst. Keiner wird für seine Arbeit als Bischof von der Kirche bezahlt.

Die Anforderungen an einen Bischof sind heute dieselben wie zur Zeit des Paulus, der Timotheus schrieb [siehe 1 Timotheus 3:2-6]. …

In seinem Brief an Titus fügt Paulus noch hinzu: „Ein Bischof muss unbescholten sein, weil er das Haus Gottes verwaltet. …

Er muss ein Mann sein, der sich an das wahre Wort der Lehre hält; dann kann er mit der gesunden Lehre die Gemeinde ermahnen und die Gegner widerlegen.“ (Titus 1:7,9.)

Eine treffende Beschreibung des Bischofs in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.15

Ich fordere die Mitglieder der Kirche, wo auch immer Sie sein mögen, dringlich auf: Wenn Sie mit Problemen zu kämpfen haben, dann versuchen Sie zuerst, diese Probleme selbst zu lösen. Denken Sie darüber nach, überlegen Sie sich Lösungsmöglichkeiten, die Ihnen offenstehen, beten Sie darüber und bemühen Sie sich um Führung vom Herrn. Wenn Sie Ihre Probleme nicht selbst lösen können, dann sprechen Sie mit Ihrem Bischof oder Zweigpräsidenten. Er ist ein Mann Gottes und mit der Vollmacht des heiligen Priestertums als Hirte der Herde berufen.16

Anregungen für Studium und Unterricht

Fragen

  • Wozu brauchen wir lebende Propheten? Was beeindruckt Sie an der Läuterung, durch die der Herr einen Präsidenten der Kirche vorbereitet und beruft? (Siehe Abschnitt 1.)

  • Welche Eindrücke kommen Ihnen, wenn Sie Präsident Hinckleys Beschreibung lesen, wie ein neuer Präsident der Kirche ausgewählt wird? (Siehe Abschnitt 2.) Warum ist es so wichtig zu wissen, dass der Präsident nach einem göttlichen Plan ausgewählt wird, durch den wir inspirierte, bewährte Führer erhalten?

  • Welche Grundsätze und Verfahren hat der Herr eingerichtet, damit die Kirche geführt wird, auch wenn der Präsident nicht alle Aufgaben wahrnehmen kann? (Siehe Abschnitt 3.)

  • Inwiefern zeigen die Apostel in der heutigen Zeit, dass ihnen etwas an allen Kindern Gottes liegt, und zwar innerhalb der Kirche wie auch außerhalb? (Siehe Abschnitt 4.) Wie wurde dies in Konferenzansprachen aus jüngerer Vergangenheit thematisiert? Wie haben Sie schon Nutzen aus den Worten lebender Propheten und Apostel gezogen?

  • Lesen Sie nach, was Präsident Hinckley darüber sagt, wie die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel Entscheidungen treffen (siehe Abschnitt 5). Was können wir daraus lernen, auf welche Art und Weise sie zu einer Entscheidung kommen? Wie können wir diese Grundsätze zu Hause und in der Kirche anwenden?

  • Was erfahren Sie aus Abschnitt 6 und 7 über die Berufung des Pfahlpräsidenten und des Bischofs? Wie können wir die Führungsbeamten der Kirche besser unterstützen?

Einschlägige Schriftstellen

Epheser 2:19,20; 4:11-14; LuB 1:38; 21:1-6; Abraham 3:22,23; 5. und 6. Glaubensartikel

Unterrichtshilfe

„Geben Sie Zeugnis, wann immer der Geist Sie dazu drängt, und nicht nur am Ende des Unterrichts. Geben Sie auch Ihren Schülern die Möglichkeit, Zeugnis zu geben.“ (Lehren, die größte Berufung, Seite 45.)

Anmerkungen

  1. „In … Counsellors There Is Safety“, Ensign, November 1990, Seite 49

  2. Herbst-Generalkonferenz 1961; Zitat aus „Erstaunt und bewundernd“, Gesangbuch, Nr. 118

  3. „This Work Is Concerned with People“, Ensign, Mai 1995, Seite 51

  4. „Strengthening Each Other“, Ensign, Februar 1985, Seite 5

  5. „He Slumbers Not, nor Sleeps“, Ensign, Mai 1983, Seite 6f.

  6. „Believe His Prophets“, Ensign, Mai 1992, Seite 53

  7. „Come and Partake“, Ensign, Mai 1986, Seite 46f.

  8. „This Is the Work of the Master“, Ensign, Mai 1995, Seite 69

  9. „The Church Is on Course“, Ensign, November 1992, Seite 53f.

  10. „God Is at the Helm“, Ensign, Mai 1994, Seite 54, 59

  11. „Special Witnesses for Christ“, Ensign, Mai 1984, Seite 49ff.

  12. „God Is at the Helm“, Seite 54, 59

  13. „The Stake President“, Ensign, Mai 2000, Seite 50f.

  14. „This Work Is Concerned with People“, Seite 52f.

  15. „Die Hirten Israels“, Liahona, November 2003, Seite 60

  16. „Live the Gospel“, Ensign, November 1984, Seite 86