Lehren der Präsidenten der Kirche
Kapitel 19: Unsere Verpflichtung gegenüber Gott


Kapitel 19

Unsere Verpflichtung gegenüber Gott

Erfolg im Leben beruht auf Verpflichtung – einer Verpflichtung gegenüber den Grundsätzen, die wir in den von Gott gegebenen Geboten als wahr erkannt haben, und die aus ganzer Seele kommt, fest in uns verwurzelt ist und ewig in Ehren gehalten wird.

Aus dem Leben von Howard W. Hunter

Als Howard W. Hunter als Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel berufen wurde, erklärte er: „Ich nehme die Berufung vorbehaltlos an … und bin bereit, diesem Dienst mein Leben und alles, was ich habe, zu weihen.“1

Elder Hunter blieb seiner Verpflichtung treu. Nachdem er als Apostel ordiniert worden war, kehrte er nach Kalifornien zurück, um seine dortigen kirchlichen und beruflichen Verpflichtungen zum Abschluss zu bringen und sich auf den Umzug nach Salt Lake City vorzubereiten. Es fiel Elder Hunter und seiner Frau schwer, ihre Familie und ihre Freunde in Kalifornien zurückzulassen, und Elder Hunter fiel es auch schwer, seine Kanzlei aufzugeben. Als er seine Laufbahn als Anwalt beendete, schrieb er:

„Heute war ich zum letzten Mal im Büro. Nahezu alle noch zu erledigenden Aufgaben sind erledigt. Als ich heute allein im Büro war, wurde mir bewusst, dass meine Tätigkeit als Anwalt heute ihr Ende finden würde. Ich machte noch ein paar Notizen zu einigen Akten und ließ diese dann auf dem Schreibtisch liegen. … Als ich das Büro verließ, war mir sehr unwohl zumute. Ich war sehr gerne Anwalt. Darum hat sich in den letzten Jahren meine ganze Welt gedreht. Aber dessen ungeachtet freue ich mich über diese große Berufung, mit der ich in der Kirche betraut wurde.“2

Elder Hunter wusste aus eigener Erfahrung, dass es „nicht immer einfach ist, sich dem Willen unseres Vaters zu fügen“.3 Aber dennoch wusste er, wie wichtig es war, sich Gott gegenüber voll und ganz zu verpflichten. Hinsichtlich dieser Verpflichtung schrieb er: „Die meisten Menschen verstehen nicht, warum jemand, der unserem Glauben angehört, eine Berufung annimmt oder sich der Sache ganz und gar verpflichtet. Meine Arbeit als Rechtsanwalt habe ich immer sehr geschätzt, aber diese Berufung, die an mich ergangen ist, übersteigt bei weitem alles, was ich beruflich oder finanziell noch hätte erreichen können.“4

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Frau mit ihrem Einkauf

Wir können ihm zeigen, dass wir uns ihm „voll und ganz verpflichten“, uns ihm „vollends hingeben“, indem wir den Bedürftigen helfen.

Lehren von Howard W. Hunter

1

Unser Vater im Himmel wünscht sich, dass wir uns voll und ganz verpflichten und nicht nur einen Beitrag leisten

Wenn ich an die Segnungen denke, die Gott uns geschenkt hat, und an all das Schöne aus dem Evangelium Jesu Christi, wird mir bewusst, dass wir aufgefordert werden, entlang des Weges immer wieder einen bestimmten Beitrag zu leisten, sei es Zeit oder Geld oder etwas anderes. All das wird geschätzt und ist notwendig, aber es macht nicht unser ganzes Opfer für Gott aus. Letztlich fordert unser Vater im Himmel mehr als nur einen Beitrag; er möchte, dass wir uns ihm voll und ganz verpflichten, uns ihm vollends hingeben, alles, was wir sind, und alles, was wir sein können.

Bitte verstehen Sie mich richtig, ich spreche nicht nur davon, dass wir uns der Kirche und ihren Unternehmungen verpflichten, obgleich auch da stets eine Steigerung erforderlich ist. Nein, ich spreche insbesondere von der Verpflichtung, die sich in unserem eigenen Verhalten widerspiegelt, in unserer eigenen Redlichkeit und in unserer Treue gegenüber Heimat, Familie, Gesellschaft und auch gegenüber der Kirche. …

Ich möchte kurz eines dieser großartigen Beispiele aus den heiligen Schriften erwähnen, wo drei relativ junge Leute ihren Grundsätzen treu waren und standhaft blieben, auch wenn offensichtlich war, dass es sie ihr Leben kosten würde.

Ungefähr 586 Jahre vor Christus zog Nebukadnezzar, König von Babylon, gegen Jerusalem und eroberte es. Weil er so beeindruckt von den Talenten und der Bildung der Kinder Israel war, ließ er einige von ihnen an seinen Hof [nach Babylon] bringen.

Schwierig wurde es für die Israeliten, als Nebukadnezzar ein goldenes Standbild errichten ließ und befahl, dass sämtliche Einwohner der Provinz Babel es anbeten sollten – ein Gebot, das zu befolgen die drei jungen Israeliten Schadrach, Meschach und Abed-Nego ohne viel Aufhebens ablehnten. „Da befahl der König voll Zorn und Wut“, sie herbeizuholen (Daniel 3:13). Er gab ihnen zu verstehen, dass sie, wenn sie nicht zur festgelegten Zeit vor dem goldenen Standbild niederfielen, „noch zur selben Stunde in den Feuerofen geworfen“ werden würden. Dann fragte er selbstgefällig: „Welcher Gott kann euch dann aus meiner Gewalt erretten?“ [Daniel 3:15.]

Die drei jungen Männer antworteten höflich, aber ohne zu zögern:

„[Solltest du uns mit dem Tod drohen], so kann nur unser Gott, den wir verehren, uns erretten; auch aus dem glühenden Feuerofen und aus deiner Hand, König, kann er uns retten.

Tut er es aber nicht [sollte er uns also aus irgendeinem Grund nicht aus dem Feuer erretten], so sollst du, König, wissen: Auch dann verehren wir deine Götter nicht und beten das goldene Standbild nicht an, das du errichtet hast.“ [Daniel 3:17f.]

Natürlich kannte sein Zorn nun keine Grenzen mehr und Nebukadnezzar ordnete an, einen Feuerofen siebenmal stärker als für gewöhnlich anzufeuern. Dann befahl er, diese drei standhaften jungen Männer in ihrer Kleidung mitten ins Feuer zu werfen. Der König war sogar so unnachgiebig und die Flammen waren so heiß, dass die Soldaten, die Schadrach, Meschach und Abed-Nego zum Ofen hinführten, durch dessen Hitze zu Tode kamen, als sie ihre Gefangenen hineinwarfen.

Danach geschah eines der großen Wunder, auf die die Glaubenstreuen einen Anspruch haben, sofern es dem Willen Gottes entspricht. Diese drei jungen Männer gingen mitten im Feuerofen umher und verbrannten nicht. Und als sie später sogar vom erstaunten König selbst aus dem Ofen herausgerufen wurden, war ihre Kleidung unversehrt, ihre Haut war nicht verbrannt und nicht ein Haar auf ihrem Kopf war angesengt. Noch nicht einmal der geringste Brandgeruch haftete an diesen mutigen, standhaften jungen Männern.

„Gepriesen sei der Gott Schadrachs, Meschachs und Abed-Negos“, rief der König aus, „denn er hat … seine Diener gerettet. Im Vertrauen auf ihn haben sie lieber … ihr Leben hingegeben, als dass sie irgendeinen anderen als ihren eigenen Gott verehrten und anbeteten. …

Darauf sorgte der König dafür, dass es Schadrach, Meschach und Abed-Nego in der Provinz Babel gut ging.“ (Daniel 3:95,97.)

Die Fähigkeit, zu seinen Prinzipien zu stehen und aufrichtig und glaubensvoll nach seiner Religion zu leben – darauf kommt es an; das ist der Unterschied zwischen einem Beitrag und wahrer Verpflichtung. Diese Hingabe an wahre Grundsätze – in unserem eigenen Leben, in unserer Familie und an allen Orten, wo wir anderen begegnen und auf sie einwirken – diese Hingabe ist das, was Gott uns letztlich abverlangt. …

Wer erfolgreich sein und gut und als rechtschaffener Christ leben möchte, muss etwas mehr als nur einen Beitrag leisten, auch wenn natürlich jeder Beitrag wertvoll ist. Das beruht letztlich auf Verpflichtung – einer Verpflichtung gegenüber den Grundsätzen, die wir in den von Gott gegebenen Geboten als wahr erkannt haben, und die aus ganzer Seele kommt, fest in uns verwurzelt ist und ewig in Ehren gehalten wird. …

Wenn wir unseren Grundsätzen treu sind und uns dazu verpflichten, unser Leben ehrlich und redlich zu führen, werden weder Könige noch Anfechtungen noch Feueröfen uns kompromittieren können. Mögen wir für den Erfolg des Gottesreiches auf Erden „allzeit und in allem, wo auch immer [wir uns] befinden mög[en], selbst bis in den Tod, als Zeugen Gottes auftreten“. (Mosia 18:9.)5

2

Verpflichten Sie sich, auf den Herrn zu hören, ungeachtet dessen, wozu sich andere entscheiden

Josua wurde angewiesen, die Stadt Jericho, die vor [den Stämmen Israels] lag, zu zerstören. Ihre großen Stadtmauern erwiesen sich jedoch als unüberwindliche Hürde, die dem Erfolg Israels im Wege standen – oder so schien es zumindest. Josua wusste zwar nicht, wie es geschehen sollte, aber auf einen guten Ausgang vertrauend führte er die Anweisungen aus, die ihm ein Bote des Herrn überbrachte hatte. Er hatte sich zu völligem Gehorsam verpflichtet. Es ging ihm darum, genau das auszuführen, was ihm geboten worden war, damit sich die Verheißung des Herrn erfüllte. Zweifellos schien die Anweisung seltsam, aber sein Glaube an das Resultat trieb ihn an. Dieses Resultat war ein weiteres Wunder in der langen Reihe von Wundertaten, die die Israeliten unter der Führung Moses, Josuas und vieler anderer Propheten erlebt hatten – von denen sich alle verpflichtet hatten, die Gebote und Weisungen des Herrn zu befolgen.

Als Josua und sein Volk nach Jericho gelangten, wurden die Anweisungen des Herrn genau befolgt, und – wie es in den heiligen Schriften heißt – „die Stadtmauer stürzte in sich zusammen, und das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder an der nächstbesten Stelle. So eroberten sie die Stadt“. (Josua 6:20.)

Im Bericht heißt es weiter, dass Israel nun von den Kriegen ruhte, die es mit seinen Feinden geführt hatte. Josua, der inzwischen sehr alt geworden war, rief das ganze Volk zusammen. In seiner Abschiedsrede erinnerte er sie daran, dass sie siegreich geblieben waren, weil Gott für sie gekämpft hatte. Wenn sie aber nun aufhören sollten, Gott zu dienen und sein Gesetz zu halten, würden sie vernichtet werden. …

Dieser überragende militärische und geistige Führer forderte dann dazu auf, eine Verpflichtung einzugehen, wie er und seine Familie es gemacht hatten: „Entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt. … Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ (Josua 24:15.)

Hier zeigt also ein Mann seine ganze Verpflichtung gegenüber Gott; ein Prophet, der sich ganz den Wünschen des Herrn fügt; der Mann Josua, der sich seinem Gott verpflichtet, der ihn zuvor aufgrund seines Gehorsams schon viele Male gesegnet hatte. Er sagte den Israeliten, er werde – ganz gleich, wie sie sich entschieden – tun, was er als recht erkannt hatte. Er sagte, sein Entschluss, dem Herrn zu dienen, sei unabhängig von ihrer Entscheidung, ihre Handlungen würden die seinen nicht beeinflussen, seine Verpflichtung, den Willen des Herrn zu tun, könne durch nichts geändert werden, was sie oder sonst jemand auch täten. Josua wusste genau, was er tat, und richtete seinen Blick fest auf die Gebote des Herrn. Er hatte sich verpflichtet, gehorsam zu sein.6

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Abraham und Isaak

Wie froh wird der Herr gewesen sein, als Abraham tat, wie geheißen – ohne zu hinterfragen, ohne wankelmütig zu sein!

3

Entscheiden Sie sich jetzt, dem Weg des strikten Gehorsams zu folgen

Nachdem man das Gesetz des Evangeliums und den Willen des Herrn verstanden hat, indem man in den heiligen Schriften und den Worten der Propheten liest und sie studiert, erlangt man tiefere Erkenntnis, warum Gehorsam oft als erstes Gebot im Himmel bezeichnet wird und warum Gehorsam zur Errettung notwendig ist. Das bringt uns zur entscheidenden Prüfung. Sind wir bereit, dem Gesetz Gottes voll und ganz zu gehorchen? Es kommt der Punkt in unserem Leben, da man eine endgültige Entscheidung treffen muss.7

Ganz gewiss ist dem Herrn der unerschütterliche Entschluss, seinen Rat zu befolgen, lieber als alles andere. Mit Sicherheit sind die Erfahrungen der großen Propheten im Alten Testament aufgezeichnet worden, um uns zu vermitteln, wie wichtig es ist, den Pfad strikten Gehorsams zu wählen. Wie froh wird der Herr gewesen sein, als Abraham, nachdem ihm geboten worden war, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern, tat, wie geheißen – ohne zu hinterfragen, ohne wankelmütig zu sein! In den heiligen Schriften lesen wir, was Gott Abraham auftrug:

„Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar.“ (Genesis 22:2.)

Im nächsten Vers heißt es einfach:

„Frühmorgens stand Abraham auf, … holte … seinen Sohn Isaak, … und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den ihm Gott genannt hatte.“ (Genesis 22:3.)

Jahre später, als Rebekka gefragt wurde, ob sie mit dem Knecht Abrahams mitgehen wolle, um Isaaks Frau zu werden – sicher wissend, dass der Knecht mit dem Segen des Herrn unterwegs war –, sagte sie schlicht und einfach: „Ja.“ (Genesis 24:58.)

Eine Generation danach, als Jakob geboten wurde, ins Land Kanaan zurückzukehren, also alles zu verlassen, wofür er jahrelang gearbeitet hatte, ließ er Rahel und Lea aufs Feld zu ihm und seiner Herde rufen und erklärte ihnen, was der Herr ihm gesagt hatte. Rahels [und Leas] Antwort war einfach und geradeheraus und ließ ihre Verpflichtung gegenüber Gott erkennen: „Tu jetzt alles, was Gott dir gesagt hat.“ (Genesis 31:16.)

In den heiligen Schriften finden wir manches Beispiel dafür, wie wir die Gebote des Herrn einordnen und bewerten sollen. Wenn wir uns entscheiden, so zu handeln wie Josua, Abraham, Rebekka und Rahel, dann ist unsere Reaktion ganz einfach: Wir gehen hin und tun das, was der Herr geboten hat.

Es gibt gute Gründe dafür, jetzt die Entscheidung zu treffen, dem Herrn zu dienen. Jetzt, an diesem Sonntagmorgen [der Generalkonferenz], da wir von den Schwierigkeiten und Versuchungen des Lebens etwas Abstand gewonnen haben und genug Zeit haben und eher geneigt sind, alles vor der Ewigkeit als Hintergrund zu betrachten, können wir wohl besser erkennen, was uns im Leben das größte Glück bringt. Treffen wir doch im Licht des Morgens die Entscheidung, wie wir handeln wollen, wenn die dunkle Nacht anbricht und die Stürme der Versuchung losbrechen.

Ich bete darum, dass wir stark genug sein mögen zu entscheiden, das zu tun, was wir tun sollten. Ich bete darum, dass wir uns dafür entscheiden, dem Herrn zu dienen.8

4

Der Glaube allein ist nicht ausreichend; wir müssen den Willen des himmlischen Vaters auch tun

Bei der Bergpredigt sagte der Herr: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.“ (Matthäus 7:21.)

Wenn ich diese Worte höre, scheint mir der Herr zu sagen: „Nur weil jemand meine Vollmacht anerkennt oder an meine Göttlichkeit glaubt oder einfach nur bekennt, dass er an meine Lehren und an mein Sühnopfer glaubt, bedeutet das nicht, dass er ins Himmelreich eingehen oder einen höheren Grad der Erhöhung erlangen wird.“ Implizit sagt er damit: „Glaube allein ist nicht ausreichend.“ Dann fügt er ausdrücklich hinzu: „Sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.“ Es geht also darum, im Weingarten zu arbeiten und ihn zu pflegen, damit er gute Frucht hervorbringt. …

Auch in der ganzen Natur, dem Herrschaftsgebiet Gottes, scheint sich dieser Grundsatz widerzuspiegeln. Die Biene, die nicht „erfüllt“, gehört bald nicht mehr zum Bienenstock. Wenn ich die geschäftigen Ameisen auf der Ameisenstraße und im Ameisenhaufen betrachte, bin ich davon beeindruckt, dass sie handeln und nicht nur glauben. Ein Henne bekommt kein Futter, wenn sie nur herumgluckt – sie muss schon etwas herumscharren. In einem umgekippten Gewässer, grün von Algen und voller Schlamm, gedeihen Krankheitserreger und Bakterien vor sich her. Der klare Gebirgsbach aber, der auf dem Weg ins Tal über Fels und Gestein fließt, lädt zum Trinken ein.

Was der Herr über das Haus ohne Fundament gesagt hat, zeigt mir, dass man nicht der oberflächlichen und sorglosen Meinung sein darf, dass man sich auf sich selbst verlassen und sein Leben auf alles bauen könne, was einfach und gefällig ist [siehe Matthäus 7:26,27]. Solange Schönwetter ist, tritt die Unvernunft nicht unbedingt zutage; aber eines Tages werden die Fluten kommen – das verschmutzte Wasser plötzlicher Leidenschaft, der Sturzbach unvorhergesehener Versuchung. Wenn der Charakter nur auf ein reines Lippenbekenntnis gebaut ist, kann das ganze moralische Grundgerüst in sich zusammenfallen.9

Jakobus hat gesagt: „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.“ (Jakobus 1:27.)

Mit anderen Worten: Zur Religion gehört mehr als nur anzuerkennen, dass es einen Gott gibt, oder zu irgendeiner Glaubensgemeinschaft zu gehören; und es ist auch mehr als nur Theologie. Religion bedeutet, das Wort Gottes in die Tat umzusetzen! Unter anderem gehört dazu, seines Bruders Hüter zu sein. …

Wir können unsere Religiösität mit dem Gottesdienst am Sabbat zeigen, und wir können sie auch in unseren Pflichten an den übrigen sechs Tagen der Woche zeigen. … Es muss uns [sehr] wichtig sein, dass all unsere Gedanken, die Worte, die wir sprechen, unser Handeln, unser Verhalten, der Umgang mit unseren Nachbarn, unsere Geschäfte und all unsere alltäglichen Angelegenheiten im Einklang mit unserer religiösen Überzeugung stehen. Um mit Paulus zu sprechen: „Tut alles zur Verherrlichung Gottes!“ (1 Korinther 10:31.) Können wir also unter der Woche Religion aus unserem Alltag verbannen und sie zu einer Sache allein für den Sabbat machen? Wenn wir der Ermahnung des Paulus folgen, sicherlich nicht.10

5

Ein „lebendiges Mitglied“ ist, wer sich gänzlich verpflichtet

Der Herr hat im Geleitwort zum Buch Lehre und Bündnisse offenbart, dass dies „die einzige wahre und lebendige Kirche auf dem Antlitz der ganzen Erde [ist], an der ich, der Herr, Wohlgefallen habe, wobei ich zur Kirche insgesamt spreche und nicht zu dem Einzelnen“ (LuB 1:30). Dies sollte in uns eine Frage aufwerfen, die von ewiger Tragweite ist: Wir wissen, dass dies als Organisation die wahre und lebendige Kirche ist, aber bin ich selber ein treues und lebendiges Mitglied? …

Wenn ich frage: „Bin ich ein treues und lebendiges Mitglied?“, so meine ich damit: Bin ich ganz und gar entschlossen, die Bündnisse zu halten, die ich mit dem Herrn geschlossen habe? Habe ich mich voll und ganz verpflichtet, das Evangelium zu leben und das Wort nicht nur zu hören, sondern auch danach zu handeln? Lebe ich meiner Religion entsprechend? Werde ich treu bleiben? Bleibe ich standhaft angesichts der Versuchungen des Satans? …

Wenn wir die Frage „Bin ich ein lebendiges Mitglied?“ bejahen können, bestätigt das unsere Verpflichtung. Es bedeutet, dass wir jetzt und allezeit Gott lieben – und den Nächsten wie uns selbst. Es bedeutet, dass man an unserem Verhalten erkennen kann, wer wir sind und was wir glauben. Es bedeutet, dass wir jeden Tag Christen sind und so wandeln, wie Christus es haben will.

Man ist ein lebendiges Mitglied, wenn man sich darum bemüht, sich gänzlich zu verpflichten. …

Ein lebendiges Mitglied erkennt, dass es seine Pflicht ist, vorwärtszustreben. Der erste Schritt auf einer lebendigen Reise ist es, sich taufen zu lassen. Es zeigt Gott, den Engeln und dem Himmel, dass man den Willen Gottes befolgen will. …

Ein lebendiges Mitglied achtet auf den Geist, der das Innere belebt. Es bemüht sich ständig, von ihm geführt zu werden. Es betet um Kraft und überwindet Schwierigkeiten. Es setzt sein Herz nicht auf die Dinge der Welt, sondern auf das Unendliche. Es opfert seine geistige Erneuerung nicht für körperliche Befriedigung.

Ein lebendiges Mitglied setzt Christus im Leben an die erste Stelle. Es weiß, von welcher Quelle sein Leben und sein Fortschritt ausgehen. Der Mensch neigt dazu, sich selbst als Mittelpunkt des Universums zu betrachten und von anderen zu verlangen, sich seinen Bedürfnissen und Wünschen anzupassen. Die Natur nimmt aber auf diese irrige Ansicht keine Rücksicht. Gott steht im Mittelpunkt allen Lebens. Statt ihn zu bitten, er möge tun, was wir von ihm verlangen, müssen wir uns mit seinem Willen in Einklang bringen und auf diese Weise unseren Fortschritt als lebendiges Mitglied fortsetzen. …

Wenn ein lebendiges Mitglied erst einmal bekehrt ist, befolgt es das Gebot, seine Brüder und Schwestern zu stärken [siehe Lukas 22:32]. Es möchte von Herzen seine Freude mit anderen teilen, und der Wunsch dazu ebbt nie ab. …

Ein lebendiges Mitglied erkennt, dass es notwendig ist, seinen Glauben in die Tat umzusetzen. Solche Heiligen sind eifrig bestrebt, aus freien Stücken und eigenem Willen viele edle und gute Werke zu vollbringen [siehe LuB 58:27]. …

Lebendige Mitglieder lieben einander, sorgen für Witwen und Waisen, wenn diese in Not sind, und bewahren sich vor jeder Befleckung durch die Welt [siehe Jakobus 1:27]. …

Wir vertrauen fest auf das Wort, dass dies die wahre und lebendige Kirche des lebendigen Gottes ist. Die Frage aber, die wir immer noch beantworten müssen, lautet: Bin ich entschlossen und habe ich mich verpflichtet, ein treues und lebendiges Mitglied zu sein?

Mögen wir alle standhaft sein und treue, lebendige Mitglieder der Kirche bleiben, damit wir den verheißenen Lohn empfangen können, nämlich zu denjenigen zu gehören, von denen es im Buch Lehre und Bündnisse heißt, „die zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes gekommen sind, zur himmlischen Stätte, der heiligsten von allen“ (LuB 76:66).11

Anregungen für Studium und Unterricht

Fragen

  • Denken Sie über den Unterschied zwischen einem Beitrag und gänzlicher Verpflichtung (Abschnitt 1) nach. Was ändert sich im Alltag, wenn man sich Gott voll und ganz verpflichtet? Wie können wir das, was Schadrach, Meschach und Abed-Nego erlebt haben, auf uns beziehen?

  • Denken Sie über Präsident Hunters Schilderung der Erlebnisse Josuas aus Abschnitt 2 nach. Was entnehmen Sie diesem Bericht darüber, wie es ist, wenn man sich Gott ganz und gar verpflichtet hat? Wie können wir die Verpflichtung entwickeln, Gott ungeachtet dessen gehorsam zu sein, was andere tun? Wie können wir Kindern und Jugendlichen helfen, sich so zu verpflichten?

  • Welche Gedanken kommen Ihnen zu den Begebenheiten aus den heiligen Schriften in den Sinn, die in Abschnitt 3 erwähnt werden? Welche anderen Beispiele aus den Schriften haben Sie in Hinblick auf Gehorsam beeindruckt? Warum ist dem Herrn wohl „der unerschütterliche Entschluss, seinen Rat zu befolgen, lieber als alles andere“?

  • Denken Sie über Präsident Hunters Worte in Abschnitt 4 nach. Warum ist Glaube allein nicht ausreichend? Inwiefern bereitet es uns auf schwierige Zeiten vor, den Willen des himmlischen Vaters zu tun? Wie können wir Präsident Hunters Rat befolgen, unsere Religion zu leben?

  • Befassen Sie sich mit jeder von Präsident Hunters Aussagen in Abschnitt 5 darüber, was es heißt, ein „lebendiges Mitglied“ zu sein. Wie entwickelt man die Eigenschaften eines „lebendigen Mitglieds“? Wie können Sie ein treueres und lebendigeres Mitglied der Kirche sein?

Einschlägige Schriftstellen

1 Samuel 15:22,23; Psalm 1:1-3; Jakobus 2:14-26; 2 Nephi 32:9; Omni 1:26; Mosia 2:41; Alma 37:35-37; 3 Nephi 18:15,18-20; LuB 58:26-29; 97:8; Abraham 3:24-26

Unterrichtshilfe

Lesen Sie gemeinsam einige Abschnitte aus dem Kapitel. Bitten Sie die Teilnehmer nach jedem Leseabschnitt, über Beispiele aus den heiligen Schriften und eigene Erlebnisse zu sprechen, die zu den Lehren aus dem jeweiligen Leseabschnitt passen.

Anmerkungen

  1. Herbst-Generalkonferenz 1959

  2. Eleanor Knowles, Howard W. Hunter, 1994, Seite 153

  3. „The Opening and Closing of Doors“, Ensign, November 1987, Seite 54

  4. Knowles, Howard W. Hunter, Seite 151

  5. „Standing As Witnesses of God“, Ensign, Mai 1990, Seite 60ff.

  6. „Commitment to God“, Ensign, November 1982, Seite 57f.

  7. „Obedience“, Ansprache bei der Gebietskonferenz in Hawaii am 18. Juni 1978, Seite 5, Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City

  8. „Commitment to God“, Seite 58

  9. Herbst-Generalkonferenz 1967

  10. The Teachings of Howard W. Hunter, Hg. Clyde J. Williams, 1997, Seite 111f.

  11. „Am I a ‚Living‘ Member?“, Ensign, Mai 1987, Seite 16ff.