Lehren der Präsidenten der Kirche
Offenbarung – „eine stete Melodie und ein Aufruf mit Donnerhall‘


Kapitel 22

Offenbarung – „eine stete Melodie und ein Aufruf mit Donnerhall“

Fortdauernde Offenbarung ist das Lebensblut des Evangeliums Jesu Christi.

Aus dem Leben von Spencer W. Kimball

Einmal sprach Präsident Spencer W. Kimball anlässlich einer Pressekonferenz im Besucherzentrum des Tempels in Arizona. Ein Reporter fragte ihn: „Sie wurden uns als Präsident der Kirche Jesus Christi der Heiligen der Letzten Tage und auch als Prophet vorgestellt. Meine Frage an Sie lautet: Spricht Gott zu Ihnen? Und wenn ja, wie?“ Präsident Kimball gab zur Antwort: „Ja. Gott spricht heute ebenso zu seinen Propheten, wie er gestern zu ihnen gesprochen hat und auch morgen sprechen wird. Der Prophet Amos hat ja geschrieben: ‚Nichts tut Gott, der Herr, ohne dass er seinen Knechten, den Propheten, zuvor seinen Ratschluss offenbart hat.‘ (Amos 3:7.) Manchmal spricht er mit hörbarer Stimme. Manchmal schickt er einen Engel, wie etwa zu Josef, dem Stiefvater Jesu. Doch für gewöhnlich spricht er durch seine sanfte, leise Stimme zum Geist in unserem Inneren. Ja. Beantwortet das Ihre Frage, junger Mann?“1

Präsident Kimball vertraute auf den Grundsatz fortdauernde Offenbarung und nannte diese „das wahre Lebensblut des Evangeliums des lebendigen Herrn und Erretters, Jesus Christus“.2 Und dieses Vertrauen war – in den Worten Elder Neal A. Maxwells vom Kollegium der Zwölf Apostel – „zweifellos ein Merkmal dieses ganz besonderen Mannes“.3 Präsident Kimball nahm seine Verantwortung als Präsident der Kirche sehr ernst, denn er war sich dessen bewusst, dass er als einziger Mensch auf Erden bevollmächtigt war, Offenbarung für die gesamte Kirche zu empfangen. Er bezeugte: „Ich weiß, dass mich der Herr zu diesem Amt berufen hat. Wahrscheinlich gibt es größere Propheten als mich, aber ich möchte alles tun, was ich kann, um das Werk des Herrn so voranzubringen, wie er es möchte. Jeden Abend und jeden Morgen knie ich mich hin und bete in aller Aufrichtigkeit darum, dass der Herr mich inspirieren und mir die Richtung kundtun möge, in die ich gehen soll, und mich wissen lassen möge, was ich den Mitgliedern der Kirche sagen soll.“4

Als Präsident der Kirche empfing er immer wieder Offenbarungen für die Kirche. Die bekannteste wurde im Juni 1978 gegeben. Damals offenbarte der Herr ihm und den Brüdern in der Ersten Präsidentschaft und im Kollegium der Zwölf Apostel, dass die Segnungen des Priestertums, die bis dahin einigen vorenthalten waren, nunmehr allen männlichen Mitgliedern der Kirche offen stehen (siehe Lehre und Bündnisse, Amtliche Erklärung Nr. 2). Zuvor hatten sich frühere Präsidenten der Kirche jahrelang mit der Sache befasst und deswegen gebetet.

Präsident Kimball sprach in der Öffentlichkeit nicht ausführlich über diese Offenbarung. Mitunter ließ er aber anklingen, was er alles getan hatte, um sich dafür bereitzumachen, und er sprach bisweilen ein wenig über das, was er empfunden hatte:

„Ich wusste, dass etwas vor uns lag, was für viele Kinder Gottes von höchster Wichtigkeit war. Ich wusste, dass wir die Offenbarungen des Herrn nur dann empfangen können, wenn wir würdig und bereit für sie sind und willens, sie zu akzeptieren und umzusetzen. Tag für Tag ging ich allein und mit großem Ernst in die oberen Räume des Tempels. Dort brachte ich meine Seele dar und verpflichtete mich, vorwärts zu gehen. Ich wollte das tun, was er wollte. Ich sprach mit ihm darüber und sagte: ‚Herr, ich möchte nur das, was richtig ist. Wir haben nicht vor, aufsehenerregende Schritte zu gehen. Wir möchten nur das, was du möchtest, und wir möchten es dann, wenn du es möchtest, und nicht früher.‘ “ 5

„Diejenigen von uns, die von Ihnen als Propheten, Seher und Offenbarer bestätigt worden sind, haben im Frühling 1978 wohl ganz ähnlich empfunden wie die Brüder in den Anfangstagen der Kirche, als die Offenbarung kam, dass ‚die Heiden Miterben sind … und an derselben Verheißung in Christus Jesus teilhaben durch das Evangelium‘ (Epheser 3:6). Paulus zufolgte war dies ‚den Menschen früherer Generationen … nicht bekannt; jetzt aber ist es seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist offenbart worden‘ (Epheser 3:5).

In einer herrlichen Kundgebung tat uns der Herr unmissverständlich kund, dass die Zeit gekommen war, da alle würdigen Männer und Frauen überall auf Erden Miterben sein und an den vollständigen Segnungen des Evangeliums teilhaben können. Ich möchte, dass Sie wissen: Als besonderer Zeuge des Erretters habe ich mich im Obergeschoss des Tempels, wohin ich mich oft mehrmals am Tag allein zurückzog, ihm und dem himmlischen Vater sehr nahe gefühlt. Der Herr ließ mich unmissverständlich wissen, was zu tun sei. Wir erwarten nicht, dass die Menschen in der Welt das verstehen, denn sie bringen immer gleich ihre eigenen Argumente ins Spiel und stellen den Vorgang göttlicher Offenbarung in Abrede.“6

Präsident Kimball gab aber nicht nur davon Zeugnis, dass die Entscheidungen der Führer der Kirche durch Offenbarung gelenkt werden, sondern er sagte auch, dass jeder von uns Offenbarung empfangen kann, damit wir geführt und in unserem Aufgabenbereich gestärkt werden. Er sagte: „Offenbarung ist ein Segen, nach dem wir alle trachten müssen.“7

Lehren von Spencer W. Kimball

Gottvater und Jesus Christus möchten gern zu den Menschen sprechen.

Jemand hat einmal gesagt, in der heutigen Zeit habe Gott, so es ihn denn gibt, beschlossen zu schweigen; die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage jedoch verkündet aller Welt, dass Gottvater und sein Sohn zu den Menschen sprechen. Sie schweigen nicht, sondern sprechen so zu den Menschen, wie es erforderlich ist, und sind stets bereit, ja, sogar sehr gern bereit, die Kommunikation mit dem Menschen aufrechtzuerhalten.8

Ein Theologe verlieh seiner Meinung Ausdruck, dass es dem Menschen nicht möglich sei, Gott zu finden oder ihn zu erkennen. Das ist, als würde man sagen: „Ich war noch nicht auf dem Berg Ararat – folglich kann ihn keiner besteigen; ich bin noch nie im klaren, warmen Wasser der Adria geschwommen – folglich gibt es die Adria nicht; ich habe noch nie die Tiere im Krüger-Nationalpark gesehen – folglich gibt es keinen Krüger-Nationalpark; ich war stets gesund – folglich sind die Schmerzen, über die manche klagen, reine Einbildung. Ich war nie als Astronaut im Weltall – folglich kann keiner ins Weltall fliegen.“

Genauso ist es, wenn jemand sagt: Ich habe Gott nie gehört und nie gesehen, folglich kann keiner Gott je gehört oder gesehen haben oder mit ihm gewandelt sein. Wie anmaßend und überheblich ist es doch zu sagen, Gott sei unnahbar, unsichtbar, unhörbar und nicht zu erfassen – bloß weil man sich selbst nicht dafür bereitgemacht hat.9

Bedenken wir doch, dass sich Gott nicht allein durch Forschen finden und dass sich das Evangelium nicht allein durch Studieren erschließen lässt. Es heißt ja, das keiner Gottvater oder den Sohn erkennen kann ausgenommen der, „dem es der Sohn offenbaren will“ (Lukas 10:22). Der Zweifler wird eines Tages – hier oder in der Ewigkeit – zu seinem Bedauern erkennen müssen, dass ihn seine Selbstüberschätzung viel Freude und Fortschritt gekostet hat.10

Wir sind glücklich, weil wir wissen: Der Gott des Universums ist ein Gott der Offenbarung. Der Herr tut seinen Sinn und Willen seinen Kindern auf Erden kund. Wenn wir nach Offenbarung trachten, tut er sich uns immer mehr und immer umfassender kund, bis wir ihn begreifen, soweit es eben für sterbliche Menschen möglich ist, Gott zu begreifen. Wir können kein selbst gemachtes oder selbst erdachtes Wesen verehren. Wir verehren jemand, der lebt – den Schöpfer, der uns seinen Charakter, seine Eigenschaften und sein erhabenes Wesen kundtut.11

Weder Vater Elohim noch sein Sohn Jahwe entziehen sich den Menschenkindern. Wenn es zu einer Entfremdung kommt, so sind es die Menschen, die sich von Gott entfernen. Sowohl Gottvater als auch der Sohn tun sich gern den Menschen kund und pflegen Umgang mit ihnen. …

Allen von Menschen erdachten Göttern und der daraus resultierenden Verwirrung zum Trotz gibt es im Himmel einen lebendigen und wahren Gott, und dieser ist für seine Kinder da.12

Manche Offenbarung ist außergewöhnlich und aufsehenerregend, doch bei den meisten Offenbarungen handelt es sich um einen Eindruck, der sich tief in Herz und Sinn einprägt.

Wie schon früher meinen auch heute viele, dass eine Offenbarung immer ein ehrfurchtgebietendes, bahnbrechendes Ereignis sein muss. Vielen fällt es schwer, das als Offenbarung anzunehmen, was sich zur Zeit von Mose, Joseph Smith oder auch heute oftmals als nachhaltiger, unanfechtbarer Eindruck in Sinn und Herz des Propheten einprägt – wie Tau vom Himmel oder wie die Morgendämmerung, die das Dunkel der Nacht vertreibt.

Wenn jemand Aufsehenerregendes erwartet, merkt er vielleicht gar nicht, dass sich Gott unablässig durch Offenbarung kundtut. Ich sage demutsvoll und doch mit der Macht und Kraft des Zeugnisses, das in meiner Seele brennt, dass Gott nicht aufgehört hat zu sprechen, und zwar vom Propheten der Wiederherstellung an bis zum heutigen Propheten – die Vollmacht ist beständig da, und ein strahlend helles Licht scheint immerfort. Die Stimme des Herrn ist eine stete Melodie und ein Aufruf mit Donnerhall.13

Offenbarung bedeutet nicht immer, dass man mit Gott wandelt, sozusagen „von Angesicht zu Angesicht“ oder „Mund am Ohr“. Es gibt viele Arten der Offenbarung – einige sind mehr und andere sind weniger aufsehenerregend.14

Manche Offenbarungen bekommt man im Traum. Die meisten Träume sind flüchtig und ohne Bedeutung, doch der Herr bedient sich der Träume, um sein Volk zu erleuchten. … So hatte etwa Nebukadnezzar einen Traum (siehe Daniel 2). Es war ein eindrucksvoller Traum, doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern; aber dann kam Daniel und rief dem König seinen Traum in Erinnerung und deutete ihn. Der Herr offenbarte Daniel den Traum aus einem ganz bestimmten Grund.

Dann gab es auch den Traum, den Petrus hatte: Er sah, wie ein Tuch vom Himmel herabgelassen wurde, und es war voll mit allerart Tieren. Auch das hatte eine ganz konkrete Bedeutung (siehe Apostelgeschichte 10:9-35). …

Auch Paulus, der über große Erfahrung verfügte, hatte solch eine Offenbarung in einem Traum. „Dort hatte Paulus in der Nacht eine Vision.“ Er empfing darin Anweisungen, die für ihn und für das Gottesreich von Bedeutung waren (Apostelgeschichte 16:9). …

Wir kennen noch andere aufsehenerregende Offenbarungen. So erschien etwa der auferstandene Moroni, um den bedeutsamen Bericht aus dem alten Amerika wiederzubringen und die Wiederherstellung des Evangeliums zustande zu bringen. …

Dann kam Johannes der Täufer, den ein König in einem Augenblick der Schwäche hatte köpfen lassen, … und [danach] kamen Petrus, Jakobus und Johannes. … Schritt um Schritt wurde die Wiederherstellung von allem zustande gebracht, und all das geschah durch Offenbarung – durch Visionen, Träume oder nachhaltige Eindrücke.

Doch nicht bei allen Offenbarungen, von denen in der heiligen Schrift berichtet wird, handelt es sich um aufsehenerregende Kundgebungen. Wer das Alte Testament liest, erkennt, dass auch hier der Herr spricht. Er hat zu Jesaja gesprochen, zu Jeremia und anderen, aber nicht immer ist er persönlich erschienen. Es war vielmehr wie bei Enos, denn im Buch Enos im Buch Mormon lesen wir, dass Enos gefastet und gebetet hatte und sich dem Herrn nahte, weil er etwas wissen wollte und weil er vor allem Vergebung seiner Sünden erlangen wollte: „Und während ich so im Geiste rang, siehe, da erging die Stimme des Herrn abermals an meinen Sinn …“ (Enos 1:10). Viele, viele Offenbarungen kommen so zustande.

Bei einigen Offenbarungen ist also tatsächlich ein Wesen aus dem Himmel erschienen. … Aber die meisten Offenbarungen, die der Prophet Joseph Smith empfangen hat und die im Buch Lehre und Bündnisse – dieser heiligen Schrift – aufgezeichnet sind, wurden nicht auf diese Weise erteilt. Sie waren einfach ein nachhaltiger Eindruck.15

Bei den meisten Offenbarungen, die im Buch Lehre und Bündnisse und in der Bibel verzeichnet sind, handelte es sich um nachhaltige Eindrücke und das deutliche Bewusstsein, aus der Höhe geführt zu werden. Dies ist die Art Offenbarung, die der Einzelne oft für seine Bedürfnisse empfängt.16

Manchmal merken wir gar nicht, dass wir [Offenbarung] erhalten. Wir beten immer wieder um Weisheit und Urteilsvermögen und dann haben wir irgendwie das Gefühl, wir sollten so oder so vorgehen. Dabei war Offenbarung im Spiel. Der Herr gibt uns Antwort auf die Fragen, die wir ihm stellen.17

Und welcher Sprache bedient sich der Herr dabei? Durch den Propheten Joseph Smith sagte der Herr zu Oliver Cowdery, der meinte, keine Antwort auf seine Gebete erhalten zu haben:

„Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn du ein weiteres Zeugnis begehrst, dann denke in deinem Sinn an die Nacht, da du im Herzen zu mir geschrien hast und wissen wolltest, ob diese Dinge wahr seien.

Habe ich deinem Sinn nicht Frieden in dieser Angelegenheit zugesprochen? Welch größeres Zeugnis kannst du haben als von Gott?“ (LuB 6:22,23.)18

Durch die lebenden Propheten tut der Herr seinen Willen für die Kirche kund.

Wir müssen heutzutage vor allem dafür besonders dankbar sein, dass der Himmel wieder offen steht und die wiederhergestellte Kirche Jesu Christi fest auf dem Felsen der Offenbarung ruht. Fortdauernde Offenbarung ist wahrhaftig das Lebensblut des Evangeliums des lebenden Herrn und Erretters, Jesus Christus.19

Das Buch Mormon besteht aus wichtigen, kostbaren Aufzeichnungen aus dem alten Amerika, und darin stehen die Lehren Christi. Wir verkünden: Es ist ein weiteres Zeugnis für den Gottessohn und eine heilige Schrift, die aus derselben Zeit wie die Bibel stammt und diese untermauert.

Seit [der ersten Vision Joseph Smiths] im Jahre 1820 ist weitere heilige Schrift dazugekommen, darunter auch die zahlreichen wichtigen Offenbarungen, die Gott unablässig seinen Propheten auf der Erde zuteil werden lässt. Viele dieser Offenbarungen finden sich in einer weiteren heiligen Schrift, dem Buch Lehre und Bündnisse. Vervollständigt wird der Kanon der heiligen Schriften unserer Kirche durch die Köstliche Perle – offenbarte Aufzeichnungen und übersetzte Schriften von Propheten aus alter und neuer Zeit.

So mancher meint, Drucklegung und Herausgabe dieser heiligen Berichte wären „das Ende der Propheten“. Doch wir bezeugen der Welt, dass es weiterhin Offenbarung gibt und dass sich in den Archiven der Kirche all die Offenbarungen finden, die Monat für Monat und Tag um Tag gegeben werden. Wir bezeugen außerdem: Seit der Gründung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage im Jahre 1830 gibt es und wird es für alle Zeit einen Propheten geben, der von Gott und seinem Volk anerkannt wird und weiterhin den Sinn und den Willen des Herrn auslegt.20

Wenn … die [Führer der Kirche] gefastet und gebetet haben und wichtige Entscheidungen treffen, wenn neue Missionen und Pfähle gegründet werden, neue Vorgehensweisen und Richtlinien eingeführt werden, dann wird dies als selbstverständlich betrachtet und vielleicht sogar als bloße menschliche Überlegung angesehen. Aber diejenigen, die in engem Kreis den Propheten beten hören und das Zeugnis des Mannes Gottes vernehmen, die seine scharfsinnigen Überlegungen und seine klugen Entscheidungen und Ankündigungen miterleben, die sehen in ihm wahrhaftig einen Propheten. Wer miterlebt, wie wichtige Neuerungen mit den feierlichen Worten „so gefällt es dem Herrn“, „diese Vorgehensweise ist richtig“ oder „der himmlische Vater hat gesprochen“ eingeführt werden, der weiß in der Tat, dass es so ist.21

Offenbarung hat nicht aufgehört und wird nicht aufhören. Das Reich Gottes wird bis zum Ende der Zeit fortbestehen; es soll nie wieder zerstört oder einem anderen Volk gegeben werden. Es wird Bestand haben und wachsen und nicht kleiner werden. Die Lehren des Gottesreiches stehen fest, doch da die Kirche wächst und sich ausbreitet, müssen die Methoden zur Verkündigung des Evangeliums in aller Welt immer wieder verbessert werden. Für die zunehmende Arbeit in einer immer größer werdenden Welt werden zusätzliche Knechte benötigt. Offenbarung und sonstige Wunder werden niemals abreißen, es sei denn, der Glaube versiegt. Doch solange es genügend Glauben gibt, gibt es auch Offenbarung und Wunder.

Der Prophet Mormon hat folgende Warnung ausgesprochen: „Ja, weh dem, der die Offenbarungen des Herrn leugnet und der sagt, der Herr wirke nicht länger durch Offenbarung oder durch Prophezeiung oder durch Gaben oder durch Zungenrede oder durch Heilungen oder durch die Macht des Heiligen Geistes!“ (3 Nephi 29:6.)22

Ich gebe Zeugnis: Die Kirche geht voran – durch Offenbarung von Gott an die von ihm berufenen Führer. Der Allmächtige steht seinem Volk bei.23

Wenn wir die Gebote halten, Glauben ausüben und aufrichtig beten, machen wir uns bereit, persönliche Offenbarung zu empfangen.

Offenbarung ist ein Segen, nach dem wir alle trachten müssen. Rechtschaffene Männer und Frauen stellen fest, dass sie den Geist der Offenbarung haben, der ihnen bei der Führung ihrer Familie und bei ihren sonstigen Aufgaben hilft. Wir müssen uns jedoch … für diese Offenbarung bereitmachen, indem wir unser Leben in Ordnung bringen und den Herrn kennen lernen, indem wir häufig und regelmäßig mit ihm sprechen.24

Der Herr drängt sich den Menschen nicht auf, und wenn sie nicht glauben, erhalten sie auch keine Kundgebung. Wenn es ihnen genügt, sich auf ihre eigenen begrenzten Überlegungen und Interpretationen zu verlassen, dann überlässt sie der Herr natürlich dem Schicksal, das sie sich ausgesucht haben. …

Uns stehen heute ebenso Offenbarungen, Visionen, Heilungen und die Zungenrede zur Verfügung, wie es das auch früher gegeben hat – vorausgesetzt, wir haben den nötigen Glauben.25

Der Allmächtige steht seinem Volk bei. Wir bekommen jede Offenbarung, die wir brauchen, solange wir unsere Pflicht tun und Gottes Gebote halten. …

Vergessen Sie nicht:

Solange es Augen gibt, die sehen, gibt es auch Visionen, die inspirieren.

Solange es Ohren gibt, die hören, gibt es auch Offenbarungen zu erleben.

Solange es ein Herz gibt, das versteht, können wir mit Sicherheit wissen: Die erhöhenden Wahrheiten des Evangeliums Christi sind nicht länger verborgen oder geheimnisumwoben. Jeder, der aufrichtig sucht, kann Gott und dessen Absichten erkennen.26

Der himmlische Vater hat seinen Kindern Entscheidungsfreiheit gewährt; er wirkt auf sie ein und er führt sie, aber erst dann, wenn sie sich gen Himmel wenden und sich ihm aufrichtig im Gebet nahen. …

Der Herr freut sich, wenn er sieht, wie dieser Wunsch in jemandem wach wird und sich dieser Mensch von nun an bemüht, das Dunkel zu durchdringen. Da Gott dem Menschen Entscheidungsfreiheit gegeben hat, muss er auch zulassen, dass der Mensch im Dunkeln tappt, bis er nach dem Licht greift. Aber wenn es ihn danach verlangt, die Arme auszustrecken, die Knie zu beugen und Gott anzurufen, dann – erst dann – eröffnet ihm der Herr neue Möglichkeiten; er zieht den Schleier beiseite und ermöglicht es dem Menschen, das Halbdunkel der Ungewissheit, in dem er umhergeirrt ist, hinter sich zu lassen und zu Gewissheit und himmlischem Licht zu gelangen.27

Wenn jemand nach dem Beten aufsteht und bloße Worte gesagt hat, dann sollte er sich von neuem hinknien und so lange beten, bis er den Kontakt zum Herrn hergestellt hat. Der Herr möchte uns ja gerne segnen, aber da er dem Menschen die Entscheidungsfreiheit gewährt hat, drängt er sich nicht auf.28

Sehnen Sie sich nach Führung? Haben Sie zum Herrn um Inspiration gebetet? Möchten Sie das Rechte tun oder möchten Sie tun, was Ihnen beliebt, ob es nun recht ist oder nicht? Möchten Sie das tun, was auf lange Sicht das Beste für Sie ist, oder möchten Sie das tun, was im Augenblick wünschenswerter erscheint? Haben Sie gebetet? Wie viel haben Sie gebetet? Wie haben Sie gebetet? Haben Sie so gebetet wie der Erretter der Welt in Getsemani, oder haben Sie um das gebetet, wonach Ihnen der Sinn steht, ganz gleich, ob es auch richtig ist? Beten Sie: „Dein Wille geschehe“? Sagen Sie: „Himmlischer Vater, wenn du mich wissen lässt, was recht ist, und mir das Rechte eingibst, dann werde ich das auch tun“? Oder beten Sie so: „Gib mir, was ich will, sonst nehme ich es mir sowieso“? Haben Sie gesagt: „Vater im Himmel, ich liebe dich. Ich glaube an dich. Ich weiß, dass du allwissend bist. Ich bin ehrlich und möchte wirklich das Rechte tun. Ich weiß, du kannst das Ende von Anfang an sehen. Du kannst in die Zukunft blicken. Du kannst erkennen, ob ich unter den Umständen, die ich dir vortrage, Frieden oder Seelenqual, Freude oder Leid, Erfolg oder Misserfolg ernten werde. Bitte lass es mich wissen, lieber himmlischer Vater, und ich verspreche, dass ich tun werde, was du mir sagst.“ Haben Sie so gebetet? Meinen Sie nicht, dass das klug wäre? Haben Sie den Mut, so zu beten?29

Wenn Sie zuhören, gibt Ihnen der Herr auf Ihr Beten und Fragen Antwort. Es muss nicht alles durch den Propheten kommen. … Alle Menschen können – so sie würdig genug und dem Herrn nahe genug sind – Offenbarung empfangen.30

Anregungen für Studium und Unterricht

Beachten Sie diese Anregungen, wenn Sie sich mit dem Kapitel befassen oder sich auf den Unterricht vorbereiten. Weitere Anregungen siehe Seite vii-xii.

  • Gehen Sie durch, was Präsident Kimball über die Offenbarung sagt, die er 1978 in Bezug auf das Priestertum empfangen hat (Seite 282f.). Einige Aspekte dessen, was Präsident Kimball da erlebt hat, gelten natürlich nur für diese eine Offenbarung; welche Aspekte davon gehören aber stets dazu, wenn sich jemand um Offenbarung bemüht? Wie können wir dem Beispiel Präsident Kimballs folgen?

  • Gehen Sie den Abschnitt durch, der unten auf Seite 283 beginnt. Was könnten Sie einem Bekannten sagen, der meint, Gott spreche nicht mehr zu den Menschen? Welche Schriftstellen und Begebenheiten könnten Ihrem Bekannten helfen?

  • Auf welche Weise kann Offenbarung gegeben werden? (Beispiele finden Sie auf Seite 285-288.) Präsident Kimball zufolge ergehen die meisten Offenbarungen in Form eines nachhaltigen Eindrucks und nicht als aufsehenerregendes Ereignis. Wie können wir erkennen, ob ein Gedanke oder ein Gefühl vom Herrn eingegeben wurde? (Siehe Seite 288.)

  • Weshalb brauchen wir neben den heiligen Schriften auch noch lebende Propheten? (Beispiele finden Sie auf Seite 288ff.) Inwiefern sind Ihnen die Offenbarungen, die der Präsident der Kirche empfängt, ein Segen?

  • Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der danach trachtet, vom Herrn geführt zu werden? (Siehe Seite 290ff.)

Einschlägige Schriftstellen: 1 Könige 19:9-12; Moroni 10:3-5; LuB 1:38; 8:2,3; 43:1-4; 76:5-10

Anmerkungen

  1. Oscar W. McConkie, Aaronic Priesthood, 1977, Seite 13

  2. Conference Report, April 1977, Seite 113; Ensign, Mai 1977, Seite 76

  3. „Spencer, the Beloved: Leader-Servant“, Ensign, Dezember 1985, Seite 17

  4. Bericht von der Gebietskonferenz in Guatemala-Stadt, Guatemala, 1977, Seite 24

  5. The Teachings of Spencer W. Kimball, Hg. Edward L. Kimball, 1982, Seite 451

  6. „The Savior: The Center of Our Lives“, New Era, April 1980, Seite 36

  7. „The Example of Abraham“, Ensign, Juni 1975, Seite 4

  8. Faith Precedes the Miracle, 1972, Seite 65f.

  9. Ansprache anlässlich der Verleihung akademischer Grade an der Brigham-Young-Universität, 27. Mai 1966, aus einem Artikel in Church News vom 4. Juni 1966, Seite 12

  10. Conference Report, Oktober 1944, Seite 44

  11. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 7f.

  12. Conference Report, April 1964, Seite 93f.

  13. Conference Report, April 1977, Seite 115; Ensign, Mai 1977, Seite 78

  14. Conference Report, Oktober 1966, Seite 23

  15. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 455f.

  16. Faith Precedes the Miracle, Seite 30

  17. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 454

  18. „Pray Always“, Ensign, Oktober 1981, Seite 5

  19. Conference Report, April 1977, Seite 113; Ensign, Mai 1977, Seite 76

  20. Conference Report, April 1977, Seite 115; Ensign, Mai 1977, Seite 77f.

  21. „… To His Servants the Prophets“, Instructor, August 1960, Seite 257

  22. „Gospel Forum: Continuing Revelation“, Ensign, Februar 1971, Seite 21

  23. Faith Precedes the Miracle, Seite 46

  24. Ensign, Juni 1975, Seite 4f.

  25. Conference Report, Oktober 1966, Seite 22f.

  26. Conference Report, Oktober 1966, Seite 26

  27. Bericht von der Gebietskonferenz in München, 1973, Seite 74f.

  28. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 124

  29. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 123f.

  30. The Teachings of Spencer W. Kimball, Seite 455