Pioniere in unserer Zeit


Pioniere in unserer Zeit leben den Glauben ihrer Vorväter

Mehr als ein Jahrhundert ist vergangen, seit Zehntausende von Pionieren übers Meer segelten und dem Ruf eines Propheten folgten, sich in Zion zu sammeln. Sie verließen Angehörige und Freunde. Sie zogen Handkarren über die Prärie. Sie ließen inmitten einer Wüste eine Stadt erblühen. Vor allem aber zeugt das Vermächtnis der Pioniere von Beharrlichkeit, Glauben und Opferbereitschaft.

Heute wird von den meisten Mitgliedern nicht verlangt, körperlich solche Opfer zu bringen wie die Pioniere. Doch man könne die Heiligen in jedem Land „allesamt als Pioniere“ bezeichnen, so Präsident Thomas S. Monson: Sie ertragen tapfer jedes Leid, wecken den Glauben in ihren Mitmenschen und nehmen alles auf sich, was erforderlich ist, um auf ewig errettet zu werden und das Reich Gottes auf Erden aufzurichten („Wir sind alle Pioniere“, Der Stern, Juli 1997, Seite 92).

In einer Konferenzansprache mit dem Titel „Pioniere heute“ würdigte Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel die einfachen Mitglieder der Kirche, die „Mühsal ausgesetzt sind, Hindernisse überwinden und den Knechten des Herrn Jesus Christus so tapfer folgen wie die Pioniere zu allen Zeiten“.

Fundament des Glaubens

Wer mit der Hilfe des Herrn Widerstände überwindet, kann wunderbare Erfahrungen machen.

Susan Johnsen wuchs in Irland auf. Obwohl sie von klein auf in eine Kirche ging, hatte sie nie das Gefühl, dass sie verstand, wer Gott wirklich war. Eines Abends – sie war 18 – betete sie um Hilfe, um mehr über Gott erfahren. Am nächsten Tag klopften die Missionare an ihre Tür und fingen an, ihr mehr zu erzählen.

Schon bald erlangte sie ein Zeugnis vom Evangelium und wollte sich taufen lassen. Ihre Eltern waren jedoch nicht damit einverstanden. Obwohl ihre Freunde und ihre Familie dagegen waren, ließ sie sich taufen.

„Meine Eltern kamen zu meiner Taufe, aber sie machten mir klar, dass sie mich an den Haaren nach Hause schleifen würden, wenn ihnen dort irgendetwas merkwürdig vorkam“, erinnert sie sich. „Als ich nach meiner Taufe aus dem Wasser stieg, fühlte ich mich rein. Ich war, wo ich sein sollte.“

In den darauffolgenden Monaten beantwortete Susan immer wieder Fragen von Angehörigen und Freunden und zerstreute so die Gerüchte, die diese über die Kirche gehört hatten. Auch wenn sie so manche Freunde verlor, versuchte sie weiterhin, mit ihrer Familie über das Evangelium zu sprechen, und lud die Missionare oft nach Hause ein.

Eines Tages, fast zwei Jahre nach Susans Taufe, las ihre Mutter in Alma 34 im Buch Mormon. „Sie las, dass dieses Leben die Zeit ist, da der Mensch sich vorbereiten soll, Gott zu begegnen, und dass wir den Tag unserer Umkehr nicht aufschieben sollen. Da war ihr plötzlich klar, dass sie sich taufen lassen musste“, erklärt Susan.

Heute sind Susans Schwester und ihre Eltern, Kinder und Enkelkinder treue Mitglieder der Kirche.

Susan hat, wie sie sagt, oft darüber nachgedacht, welche Parallelen es zwischen Menschen in ihrer Situation, die die ersten Mitglieder in ihrer Familie waren oder die sich gegen den Willen ihrer Angehörigen der Kirche angeschlossen haben, und den Pionieren gibt.

„Mir war immer klar, dass wir nicht dieselben Schwierigkeiten wie sie durchmachen, aber wir brauchen vielleicht auf andere Art und Weise Kraft oder auf die gleiche Weise, nur unter anderen Umständen“, sagt sie. „Wir mussten überzeugt sein, dass das, was wir machten, richtig und der Wunsch des Herrn war und dass wir es machen würden – komme, was wolle.“

Und wenn wir – wie die Pioniere – Prüfungen treu bestünden, so Susan, würden wir mit der Erkenntnis belohnt, dass das, was wir gemacht haben, richtig ist.

„Jeder macht Prüfungen durch, auch wenn man nicht unbedingt dasselbe erlebt wie die Pioniere“, sagt sie. „Manchmal können wir die Prüfungen nur durchstehen, weil wir wissen, dass wir das Richtige tun, und darum beten, dass der Herr uns helfen und die Kraft geben möge, die wir brauchen. … Der Kirchenbeitritt war für mich immer wie ein Hervorkommen aus der Finsternis – aus einem dunklen Raum ins Licht –, und mir war immer klar, dass ich das nie wieder aufgeben würde.“

Vorbildlicher Missionsdienst

2007 erfüllten weltweit über 1300 ältere Ehepaare eine Mission. Sie leisten einen bedeutenden Beitrag zur Mission der Kirche: Sie verkünden das Evangelium voller Hingabe, sie sind im Tempel tätig, sie arbeiten bei der Genealogie mit, sie stärken Führungsbeamte, Missionare und Mitglieder und leisten noch vieles mehr.

Glen und Lola Mae Taylor kamen im November 2009 von ihrer vierten Mission zurück. Sie waren von 1996 bis 1998 im Toronto-Ontario-Tempel in Kanada tätig, von 2001 bis 2002 im Gebiet Afrika Südost, von 2004 bis 2005 im Manila-Tempel in den Philippinen und von 2008 bis 2009 im London-Tempel in England.

Immer wieder folgten sie dem Ruf der Führer der Kirche, dass mehr ältere Ehepaare benötigt werden. In ähnlicher Weise verließen die Pioniere ihr Zuhause und machten sich unter der Führung des Propheten auf den Weg zu neuen Orten und neuen Strapazen.

Heute bringen Missionare – wie die Pioniere früher – Opfer, um das Werk des Herrn voranzubringen.

„Wenn ich an unsere Vorfahren aus der Anfangszeit der Kirche zurückdenke, so war ihr höchstes Ziel, dem Vater im Himmel gehorsam zu sein, und sie taten es für das Evangelium Jesu Christi“, erklärt Schwester Taylor. „Auch wir streben dieses Ziel an und aus demselben Grund. Deshalb gehen wir immer wieder auf Mission.“

Die Taylors ließen elf Kinder, 53 Enkel und 68 Urenkel zurück, als sie die Missionsberufung annahmen. Sie verpassten Hochzeiten, Verabschiedungen von Missionaren und Kindessegnungen. Sie brachten finanzielle Opfer. Aber sie geben Zeugnis von den Segnungen, die sie erhalten haben, nachdem sie ihre Berufung angenommen haben.

„Bei jeder Einsetzung verhieß unser Pfahlpräsident uns, dass für unsere Familie gesorgt werden würde, und so war es auch“, so Bruder Taylor.

„Ich muss sagen, dass es schon beängstigend war, als wir zu unserer ersten Mission aufbrachen. Wir gingen in ein Land, wo wir noch nie gewesen waren“, erklärt Schwester Taylor. „Aber ich weiß noch, wie ich mich fühlte, als wir durch die Türen des Tempels dort schritten. Es war, als legte der Herr mir seinen Arm um die Schulter – als wären wir zu Hause.“

Bis ans Ende ausharren

In vielerlei Hinsicht folgen die Mitglieder der Kirche in aller Welt dem Beispiel der Pioniere. Sie „erledigen die Arbeit, die im Reich Gottes erledigt werden muss – sowohl die wichtigere als auch die alltägliche“, erklärt Elder Oaks.

Einige Mitglieder nehmen Berufungen an und erfüllen diese treu. Sie opfern bereitwillig ihre Zeit und sind für andere da.

Manche werden wie die Pioniere, die unterwegs Angehörige verloren, ebenfalls geprüft, wenn sie sich um Kranke kümmern. Andere tragen Lasten, die sich nicht so sehr körperlich äußern.

„Die Last im Herzen kann genauso schwer sein wie die im Handkarren“, so Elder Oaks. „So wie einige Pioniere der Anfangszeit sich für andere abmühten, tragen die heutigen Pioniere Lasten, die ihnen durch die Übertretungen oder die Gedankenlosigkeit anderer aufgebürdet wurden.“

Der Weg der heutigen Pioniere mag anders aussehen, ist aber nicht weniger beschwerlich, sondern ebenfalls strapaziös. Er erfordert Opferbereitschaft, Beharrlichkeit und Glauben.

Elder Oaks zufolge können Pioniere aber zu allen Zeiten ungeachtet der Umstände die Kraft erlangen, auszuharren. Der Herr hat in Lehre und Bündnisse 98:1-3 eine Verheißung ausgesprochen:

„Wahrlich, ich sage euch, meine Freunde: Fürchtet euch nicht, euer Herz sei getrost; ja, freut euch immerdar, und gebt in allem Dank;

harrt geduldig auf den Herrn, denn eure Gebete sind dem Herrn Zebaot in die Ohren gedrungen und sind mit diesem Siegel und Zeugnis aufgezeichnet: Der Herr hat geschworen und beschlossen, dass sie gewährt werden sollen.

Darum gibt er euch diese Verheißung mit dem unwandelbaren Bündnis, dass sie erfüllt werden sollen; und alles, womit ihr bedrängt worden seid, wird zu eurem Guten zusammenwirken und zur Verherrlichung meines Namens, spricht der Herr.“