Präsident Boyd K. Packer

(1924–2015)

Abschied von einem meisterhaften Lehrer


Präsident Boyd K. Packer, seit 1970 Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, verstarb am 3. Juli 2015. Er hinterlässt seine Frau, Schwester Donna Packer, geb. Smith.


Mit dem Tod von Boyd K. Packer, dem Präsidenten des Kollegiums der Zwölf Apostel, haben die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage mehr als nur einen pflichtbewussten Lehrer verloren. Er war ein Meister seines Faches, der auch die schwierigsten Sachverhalte anschaulich darstellen konnte.

Präsident Packer hat sein Leben lang unserem Vater im Himmel gedient und dessen Kinder unterrichtet, angefangen bei seiner eigenen Familie, dann in seiner beruflichen Laufbahn im Seminar und schließlich weltweit bei der Wahrnehmung seiner geistlichen Aufgaben als Generalautorität. Sein Vorbild als Lehrer war der Erlöser. In seinem 1975 erschienenen Buch Teach Ye Diligently schrieb er:

„Denken Sie bitte daran, dass der Herr verkündet hat: ‚Was für Männer sollt ihr sein? Wahrlich, ich sage euch: So, wie ich bin.‘ (3 Nephi 27:27.) …

Ich gebe gerne zu, dass ich so ein Lehrer sein möchte wie er. Das übersteigt zwar bei Weitem meine Fähigkeiten, aber der Herr ist dennoch mein Ideal. …

Es ist überhaupt nichts ungebührlich daran, wenn jemand so werden will wie er.“1

Als junger Mann schwor sich Präsident Packer, Gott ein Leben lang uneingeschränkt und unbeirrt treu zu bleiben.2 Diesen Schwur hat er gehalten und ein Vermächtnis hinterlassen, das anderen Jüngern Jesu Christi in geistiger Hinsicht ein leuchtendes Beispiel sein wird. Der Welt im Allgemeinen mögen nicht alle Verdienste von Boyd K. Packer bewusst sein, aber der Urheber, von dem die Inspiration ausging, weiß um sie.


Kindheit

Boyd Kenneth Packer erblickte am 10. September 1924 das Licht der Welt. Er war das zehnte von elf Kindern von Ira Wight und seiner Frau Emma, geb. Jensen. In dieser Familie gehörte es einfach dazu, eifrig anzupacken und sich an die Grundsätze des Evangeliums zu halten. Ira Wight war ein geschickter Mechaniker, der in Brigham City in Utah, etwa 100 Kilometer nördlich von Salt Lake City, eine Auto­reparatur­werkstatt betrieb. Seine Eltern waren beide auf einer Farm groß geworden. Emma Jensen war in ihrer Kindheit der freien Natur sehr zugetan, und diese Zuneigung übertrug sich später auch auf ihren Sohn Boyd. Seine Liebe zur freien Natur und zu Tieren schlug sich in etlichen Kunstwerken nieder. Vor allem die Vögel, die er schnitzte, sind sehr detailgetreu und fein beobachtet.

Der von ihm geschnitzte „Männliche Blauhäher auf Spitzahornblättern“ gehört zu den ständigen Exponaten im Monte L. Bean Life Science Museum an der Brigham-Young-Universität in Provo/Utah. Foto von Jason Swenson, Church News

Präsident Packers Vorfahren waren Pioniere und stammten väterlicherseits aus Großbritannien und mütterlicherseits aus Skandinavien. Die Türklopfer aus Messing an der Haustür von Präsident Packer und an den Wohnungstüren seiner Enkelkinder sind dem Joch eines Ochsengespanns nachempfunden, das er geschnitzt hat. Für die Familie Packer symbolisieren sie zweierlei: einerseits die Abstammung von Pionieren und andererseits die Bereitschaft und den Glauben, das Joch des Meisters auf sich zu nehmen (siehe Matthäus 11:29,30).3

„Als ich heranwuchs, dachte ich manchmal, wir seien arm“, schrieb er in einer Kurzbiografie. „Später wurde mir klar, dass das nicht stimmte. Wir hatten bloß kein Geld. Aber das, worauf es im Leben wirklich ankommt, hatten wir in Hülle und Fülle.“4

Mit fünf Jahren erkrankte Boyd an Kinderlähmung. Die Krankheit wurde allerdings als Lungenentzündung diagnostiziert, und er erholte sich davon scheinbar ohne jegliche Folgen. Die Kinderlähmung sollte jedoch später noch eine schwere Herausforderung für ihn darstellen.

Boyd K. Packer als Junge

Wegen des Zweiten Weltkriegs konnte er nicht auf Mission gehen. 1943 wurde er beim Vorläufer der US Air Force aufgenommen und machte 1944 seinen Pilotenschein. Er wurde zum Bomberpiloten ausgebildet und war nach Kriegsende noch fast ein Jahr lang in Japan stationiert. Da er im Flugzeug immer wieder starke Schmerzen hatte, wurden Röntgenaufnahmen gemacht. Man stellte fest, dass wegen der Kinderlähmung die Knie und die Hüfte verformt waren. In seinen letzten Lebensjahren war er deshalb auf einen Rollstuhl angewiesen.

Als Soldat fand er viel Zeit, sich mit dem Evangelium zu befassen, und las das Buch Mormon etliche Male. Er bezeichnete das Buch als den machtvollsten Einfluss in seinem Leben.5 Mehrere Male berichtete er, wie er eines Nachts in einem abgelegenen Bunker auf einer winzigen Pazifikinsel ein Zeugnis vom Evangelium empfangen hatte. Als er den Bunker verließ, war er ein anderer Mensch geworden, weil er nun Erkenntnis erlangt hatte. Glaube und Hoffnung waren zu Gewissheit geworden. Er wusste Bescheid.6

Auch fand er Möglichkeiten, Missionsarbeit zu verrichten. Boyd K. Packer gehörte zu denjenigen Soldaten aus den Reihen der Kirche, die Mitte der 40er Jahre mithalfen, Japan das Evangelium wiederzubringen. Er war maßgeblich daran beteiligt, Tatsui Sato mit der Kirche bekanntzumachen. Satos Übersetzungsarbeiten ermöglichten es später vielen Mitgliedern in Japan, die heiligen Schriften und die Tempelzeremonien in ihrer Muttersprache kennenzulernen.

Von links: Boyd K. Packer, Norman Nixon, Tatsui Sato, C. Elliott Richards und Chiyo Sato mit Sohn Yasuo. Die Familie Sato hatte ihre Bekehrung diesen Soldaten zu verdanken und gehörte zu den ersten Getauften in Japan nach dem Krieg, denn die Mission war geschlossen worden. Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung von C. Elliott Richards


Ehe und Familie

Nach seiner Rückkehr schrieb Boyd K. Packer sich am Weber College (der heutigen Weber State University) in Ogden/Utah als Student ein. Dort lernte er Donna Smith kennen. Die beiden heirateten am 27. Juli 1947 im Logan-Tempel. Sie sollten zehn Kinder bekommen: Allan, Kenneth, David, Laurel, Russell, Spencer, Gayle, Kathleen, Lawrence und Eldon.

Präsident Packer schrieb es stets seiner Frau zu, dass sie so ein gutes Familienleben führten. Er beschrieb sie als schwungvolle Frau, deren „Einfluss großartig und machtvoll war und andere motivierte“7.

Von ihrem Einfluss auf ihn berichtete auch ein langjähriger Freund der Familie, Elder A. Theodore Tuttle (1919–1986) vom Ersten Kollegium der Siebziger. Er und Präsident Packer waren gemeinsam als Lehrer und Adminstrator beim Bildungswesen der Kirche tätig gewesen.

Im Vorwort zu einem der Bücher von Präsident Packer schrieb er: „Elder Packer hat eine Quelle der Inspiration, die sonst niemand hat – Donna. … Sie hat die zehn Kinder zur Welt gebracht und einen Großteil der Aufgabe übernommen, sie großzuziehen, da er ja als ‚besonderer Zeuge‘ berufen worden war. Sie ist seine große Liebe, seine Freundin, sein stiller Beistand.“8

Donna Smith und Boyd K. Packer heirateten am 27. Juli 1947

Präsident Packer und seine Frau lebten stets vorbildlich vor, was es heißt, einig zu sein. Ihr Sohn Allen erklärt: „Wenn man Papa sieht, sieht man auch Mama. Wenn man Mama sieht, sieht man Papa. Sie sind zusammen und bilden eine Einheit. Sie haben immer aufeinander eingewirkt, besonders natürlich daheim.“

Für Präsident Packer hatte seine Aufgabe als Vater die höchste Priorität. Er nahm sich Zeit für seine Kinder. Wenn er gerade schnitzte oder malte und seine Kinder mitmachen wollten, ließ er sie gewähren. Sein Sohn Allan erinnert sich: „Er hielt inne, tunkte einen Pinsel in Farbe und reichte ihn uns. Dann machten wir uns an die Arbeit. Irgendwann verloren wir das Interesse – und dann fing er an, alles wieder in Ordnung zu bringen. Unter ein paar Schichten Farben befinden sich also die künstlerischen Beiträge seiner Kinder.“9

1965 wurde Boyd K. Packer als Präsident der Neu-England-Mission berufen. Vor ihrer Abreise aus Utah stellten er und seine Familie sich dem Fotografen. Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung des Archivs der Deseret Morning News

Präsident Boyd K. Packer und seine Frau, Donna, mit ihren sieben Söhnen und drei Töchtern. Vorne (von links nach rechts): Lawrence, David, Donna, Präsident Packer, Allan und Spencer. Hinten (von links nach rechts): Elson, Laurel, Kathleen, Gayle, Kenneth und Russell. Foto von Clinton Melander, © 2012

Als junger Vater erfüllte Boyd verschiedene Berufungen auf Gemeinde- und Pfahlebene. Auch in seinem Wohnort engagierte er sich und gehörte dem Stadtrat an. Zur gleichen Zeit war er beim Bildungswesen der Kirche angestellt. 1948 machte er sein Vordiplom am Weber College und erwarb 1949 einen Bachelorabschluss an der Utah State University. 1953 machte er seinen Masterabschluss an der Utah State University und promovierte 1962 dann an der Brigham-Young-Universität in den Erziehungswissenschaften.

1955 wurde er zum stellvertretenden Administrator von Seminar und Institut ernannt. Diese Stelle hatte er immer noch, als er im Oktober 1961, kurz nach seinem 37. Geburtstag, als Assistent der Zwölf berufen wurde. Während seiner Tätigkeit als Assistent der Zwölf wurde er auch als Präsident der Neu-England-Mission berufen. Mit seiner korrekten, kompetenten Art gewann er der Kirche etliche Freunde unter den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft.

Diese Berufungen stellten hohe Anforderungen an Präsident Packer, aber er setzte seine Familie trotzdem an die erste Stelle. Sein Sohn Allan berichtet: „Er wusste immer, dass die Familie eine ewige Einheit bildet. Also war sie seine oberste Priorität. Seine Sekretärin wies er an, uns immer zu ihm durchzustellen, wenn wir im Büro anriefen, ganz gleich, wann es war oder in welcher Sitzung er sich gerade befand. Es war auch nicht anders, wenn wir nur das Bedürfnis hatten, hallo zu sagen. Manchmal unterbrachen wir eine Sitzung mit den führenden Brüdern, was uns dann natürlich ein wenig peinlich war, aber so lauteten nun einmal die Anweisungen – er war immer erreichbar.“10


Berufung ins Kollegium der Zwölf Apostel

1970 wurde Boyd K. Packer nach dem Tod von Präsident David O. McKay ins Kollegium der Zwölf Apostel berufen. Seine neue Aufgabe begann mit der Bestätigung des neuen Präsidenten der Kirche, Präsident Joseph Fielding Smith. Elder Packers spätere Berufungen als Präsident des Kollegiums fielen ebenfalls mit der Bestätigung einer neuen Präsidentschaft der Kirche zusammen. Als Präsident Howard W. Hunter 1994 Präsident Thomas S. Monson als Zweiten Ratgeber in die Erste Präsidentschaft berief, wurde Elder Packer, der nächste dienstälteste Apostel, amtierender Präsident des Kollegiums der Zwölf. Im Februar 2008 wurde er erneut als Präsident des Kollegiums eingesetzt, nachdem Präsident Monson Präsident der Kirche geworden war.

In einem Artikel aus dem Jahre 1970 über Elder Packers Berufung ins Kollegium der Zwölf wurde zitiert, wie er eigentlich sein Leben geplant hatte:

„Vor etlichen Jahren habe ich mir ein paar grundlegende Lebensziele gesteckt – was aus mir werden sollte und was ich erreichen wollte. Zunächst einmal wollte ich ein guter Vater sein. … Ich musste mich bei meinem Lebensunterhalt, meinen Hobbys, sogar bei etwaigen Freundschaften an diesem Ideal orientieren. Schnell habe ich erkannt, dass mir das Evangelium den perfekten Plan für meine Rolle als Vater bot. … Im Evangelium – und in meinem Leben – steht die Familie im Mittelpunkt. …

Mein zweites Ziel bestand darin, zu etwas gut zu sein – zu etwas zu taugen. Vor allem wollte ich meinem irdischen Vater und meinem himmlischen Vater ein guter Sohn sein. Schließlich würde ich doch keine guten Kinder verdienen, wenn ich nicht selbst eines war. Mir kam der Gedanke, dass wir zur Herrlichkeit des himmlischen Vaters beitragen, wenn wir würdig sind und uns ihm weihen. Und gewiss war ich nicht dessen würdig, was ich nicht selbst zu geben bereit war.“

Elder Packer erklärte außerdem, wie man die nötige Hilfe bekommt, solche Ziele zu erreichen: „Ich glaube, dass in der Kirche und in jedem von uns eine große Macht ruht. Sie ist unerschlossen, weil wir alles immer so angehen, wie wir es wollen, wo doch auf die Weise des Herrn ein wesentlich größerer Ertrag zu erzielen wäre. … Weshalb wenden wir uns nicht einfach an unseren Vater, berichten ihm konkret, was uns beschäftigt und welche Probleme wir haben? Das tun wir doch auch bei unserem irdischen Vater, wenn er sich in Reichweite befindet.“11

Elder Boyd K. Packer spricht bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 1977

Präsident Packers Aufgaben in der Führung der Kirche führten dazu, dass er viele Jahre lang durch die Hand des Herrn lernen durfte. Sein Wirken als Geistlicher erstreckte sich auf mehrere Generationen und Kontinente.

Wie eine Frau berichtet, berührten sie Elder Packers Worte tief, als sie noch ein Teenager war. Es war in den 60er Jahren. Er war in ihren Heimatort im Südosten Idahos gekommen und hatte in einem Gebäude aus der Pionierzeit eine Ansprache gehalten. Darin hatte er die anwesenden Jugendlichen aufgefordert, ihren Eltern zu zeigen, wie lieb sie sie hatten, und ihnen für die Opfer zu danken, die sie brachten. Für das Mädchen und ihre Freunde war es eher ungewöhnlich, in der Familie Gefühle zu zeigen. Elder Packers Botschaft brachte sie zum Nachdenken. Sie fragte sich, wie viel Arbeit es erforderte und worauf ihre Eltern verzichten mussten, um mit dem geringen Einkommen, das eine kleine Farm abwarf, viele Kinder großzuziehen. Sie war nun wieder dankbar dafür, dass sie von den Pionieren abstammte. Sie war dankbar für ihr geistiges Erbe.

Anfang der 70er Jahre saßen Präsident Packer und seine Frau in kirchlichem Auftrag in einem Nachtzug von München nach Berlin. Zwei junge Missionare hatten sie zum Bahnhof gebracht. Als der Zug losfuhr, fragte einer der Missionare Elder Packer durchs Fenster, ob er deutsches Geld dabei habe. Als Elder Packer dies verneinte, reichte der Missionar ihm, neben dem Zug einherlaufend, einen 20-Mark-Schein.

Ein paar Stunden später spielte dieser 20-Mark-Schein eine für die sichere Weiterreise entscheidende Rolle, denn er führte bei einem ostdeutschen Soldaten zu einem Sinneswandel. Schwester Packer besaß einen Pass älteren Datums, der nicht anerkannt war, und hätte aus dem Zug geworfen und verhaftet werden können.

Der junge Missionar, der dem Apostel den 20-Mark-Schein in die Hand gedrückt hatte, war niemand Geringeres als David A. Bednar, der etwa 30 Jahre später gemeinsam mit Präsident Packer dem Kollegium der Zwölf angehören sollte. Präsident Packer wollte mit der Begebenheit aussagen: Wenn wir im Dienst des Herrn stehen, müssen wir uns nicht darum sorgen, ob wir unsere Aufgabe erfüllen können, denn seine Hand wacht über uns.12 Jeder, der Boyd K. Packers Amtszeit mitverfolgte, konnte sehen, dass die Hand des Herrn über ihn wachte.

Die Heiligen der Letzten Tage, unter denen er diente, spürten, wie sehr sie ihm am Herzen lagen. Auf einer kleinen Anhöhe im Pfahl Momostenango im Hochland von Guatemala steht ein kleines Gemeindehaus, das Elder Packer Mitte der 80er Jahre weihte. Die Mitglieder, die das miterlebten, sind noch immer berührt, wie ihnen sein machtvolles Zeugnis zu Herzen ging, und sie wissen noch gut, wie viel Liebe sie verspürten, als ein Apostel des Herrn bei ihnen war.


Ein Lehrer und ein Zeuge

Die Brüder, mit denen Boyd K. Packer im Kollegium der Zwölf Apostel tätig war, konnten sich davon überzeugen, wie gut er die Grundsätze des Evangeliums vermitteln konnte und wie eisern er an ihnen festhielt. „Elder Packer ist mit Leib und Seele Lehrer“, berichtete Präsident James E. Faust (1920–2007), einer der Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft. „Zwar ist ein jeder von den Zwölf ein Lehrer, aber er ist ein Lehrer für die Zwölf.“ Präsident Faust sagte ferner, dass Elder Packer die heiligen Schriften dermaßen liebe und sich in einem solchen Maße mit ihnen befasse, dass dies eine Auswirkung darauf habe, welche Richtung die gesamte Kirche einschlage.13

Elder Boyd K. Packer (Mitte) mit Elder James E. Faust (links) und Elder Dallin H. Oaks (rechts) am 6. Juni 1987. Abdruck des Fotos mit freundlicher Genehmigung des Archivs der Church News

Elder Russell M. Nelson bemerkte einmal, wenn das Kollegium der Zwölf ein Problem erörtere, sei oft Elder Packer derjenige, der im Buch Mormon die passenden Aussagen heraussuchte, die zur Lösung führten. „Ohne das Buch Mormon könnte Elder Packer nicht der Prophet sein, der er ist. Er hat eine enorme Gabe als Seher.“ Wenn er aus den heiligen Schriften lehrte, sei dies geprägt von einem „tiefgehenden Verständnis“, so Elder Nelson. „Keiner hat bislang die tiefsinnigen Gedanken dieses Mannes ergründen können.“14

Elder Packer wurde einmal befragt, ob es nicht für zwölf Männer mit derartigen intellektuellen Fähigkeiten und so unterschiedlichen Erfahrungswerten schwierig sei, sich darin einig zu werden, wie die Belange der Kirche zu regeln seien. Daraufhin erklärte er, dass die Mitglieder der Zwölf „etwas gemeinsam haben, was niemand sonst auf Erden mit anderen gemeinsam hat“. Mit ihren individuellen Stärken und Fähigkeiten erfüllten sie gemeinsam Aufgaben und fügten sich dann einmütig der göttlichen Inspiration, die sie empfingen. „Jeder vertritt seine Meinung und steht dahinter, aber wir sind alle eins.“15

In fortgeschrittenem Alter lag es Präsident Packer noch mehr am Herzen, als Apostel Zeugnis zu geben. Er tat dies mit größerer Klarheit als je zuvor. Sein Zeugnis war in der Kirche eine Konstante, auf die man bauen konnte. Es war unerschütterlich. Jeder Zuhörer konnte stets leicht erkennen, dass Boyd K. Packer Bescheid wusste.

Präsident Boyd K. Packer 1999

Nachdem Präsident Monson bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 2008 bestätigt worden war, berichtete Präsident Packer darüber und bewies damit einerseits Ehrfurcht vor den Berufungen in der Kirche und andererseits seine Gewissheit, dass diese wirklich von Gott stammen. „Niemand fragte, wie das geschehen soll, niemand zögerte“, sagte er. „In dieser heiligen Versammlung wurde Thomas Spencer Monson vom Kollegium der Zwölf Apostel als Präsident der Kirche bestätigt.“ Wie das Ganze ablaufe, sei ja nicht neu, erklärte er: „Der Herr hat diese Vorgehensweise selbst eingeführt.“16

2010 kehrte Präsident Packer in seine Heimatstadt Brigham City zurück und nahm dort auf dem Grundstück seiner alten Grundschule den ersten Spatenstich für den Brigham-City-Utah-Tempel vor. Zwei Jahre später hatte er bei dessen Weihung den Vorsitz.

Wie immer legte er dabei die Demut an den Tag, die ihn stets ausgezeichnet hatte. „Ich habe nicht vorgeschlagen, einen Tempel in Brigham City zu errichten“, sagte er. „Die Brüder hatten die Idee. Ich erhob lediglich keine Gegenstimme. Genauso lief es auch bei der Weihung ab – ich gab mir nicht selbst den Auftrag. Aber ich freue mich darüber, dass ich ihn erhielt. Ich bin dafür sehr dankbar.“17

Präsident Boyd K. Packer mit seiner Frau Donna und seinem ältesten Sohn Allan F. Packer von den Siebzigern bei der Schlusssteinlegung des Brigham-City-Utah-Tempels am 23. September 2012. Foto von Gerry Avant, Church News


Immer um Verbesserungen bemüht

Sein Leben lang war Präsident Packer auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Die lebenden Apostel, zu denen ja auch er selbst gehörte, bezeichnete er als „normale Menschen“, die sich vielleicht selbst fragen, weshalb gerade sie zu diesem heiligen Amt berufen wurden. „Es gibt viele Voraussetzungen, die mir fehlen. So viel an meinem Bestreben, zu dienen, lässt zu wünschen übrig. Es gibt nur eines, eine einzige Voraussetzung, die dies erklären kann. Wie Petrus und alle, die seither eingesetzt wurden, habe ich dieses Zeugnis.

Ich weiß, dass Gott unser Vater ist. Er stellte seinen Sohn Jesus Christus dem jungen Joseph Smith vor. Ich sage Ihnen, dass ich weiß, dass Jesus der Messias ist. Ich weiß, dass er lebt. … Er hat das Sühnopfer vollbracht. Von ihm gebe ich Zeugnis.“18

Präsident Boyd K. Packer 1976

Als er vor vielen Jahren auf der winzigen Insel im Pazifik sein Zeugnis erlangte, wollte er auch etwas zurückgeben. Er wollte sich ganz offiziell dazu verpflichten, ein Jünger Jesu Christi zu sein.

„Es war mir ungeheuer wichtig“, berichtete er, „dem Herrn meine Absicht kundzutun, damit ich wusste, dass er wusste, wozu ich mich aus freien Stücken entschieden hatte. Ich wandte mich an ihn und sagte: ‚Ich habe mich für eine Seite entschieden. Mach mit mir, was du willst. Wenn du mich brauchst, werde ich da sein. Es ist mir gleich, was du mit mir machst, und du brauchst mir auch nichts nehmen, denn ich gebe es dir bereitwillig – absolut alles, was ich besitze und was ich bin.‘“19

Anmerkungen

  1. Boyd K. Packer, Teach Ye Diligently, 1975, Seite 18f.
  2. Siehe Lucile C. Tate, Boyd K. Packer: A Watchman on the Tower, 1995, Seite 62
  3. Siehe Don L. Searle, „Elder Boyd K. Packer: Disciple of the Master Teacher“, Ensign, Juni 1986, Seite 8
  4. Boyd K. Packer, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 9
  5. Boyd K. Packer, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 10
  6. Siehe Tate, Boyd K. Packer, Seite 60
  7. Boyd K. Packer, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 11
  8. A. Theodore Tuttle, Vorwort zu Teach Ye Diligently von Boyd K. Packer, Seite VIIIf.
  9. Interview mit Allan Packer, 1. Mai 2015
  10. Interview mit Allan Packer, 1. Mai 2015
  11. Boyd K. Packer, in: Jay M. Todd, „Boyd K. Packer of the Council of the Twelve“, Improvement Era, Mai 1970, Seite 4f.
  12. Boyd K. Packer, „Der Zwanzigmarkschein“, Liahona, Juni 2009, Seite 20ff.
  13. James E. Faust, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 13
  14. Russell M. Nelson, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 13
  15. Boyd K. Packer, in: Searle, „Elder Boyd K. Packer“, Seite 13
  16. Boyd K. Packer, „Die Zwölf“, Liahona, Mai 2008, Seite 83
  17. Boyd K. Packer, in; Gerry Avant, „Rooted in Heritage of Brigham City’s Pioneers“, Church News, 2. September 2012, Seite 3
  18. Boyd K. Packer, „Die Zwölf“, Seite 86f.
  19. Boyd K. Packer, in: Tate, Elder Boyd K. Packer, Seite 62