2018
Als das Dienen schwerfiel
Juli 2018


Als das Dienen schwerfiel

Die Verfasserin lebt in Santiago in den Philippinen.

Wie konnte ich mich um jemanden kümmern, der so unleidlich war?

Bild
serving hands

Illustrationen von Chris Thornock

Eine der größten Herausforderungen, die ich je überwinden musste, war meine Gleichgültigkeit. Tat ich etwas, was mir nicht am Herzen lag, war ich anderen gegenüber kalt und ungeduldig.

Das alles änderte sich, als ich in den Schulferien gebeten wurde, mich um meinen 76-jährigen Großvater zu kümmern. „Dadi“, wie wir ihn nannten, hatte einen Schlaganfall gehabt und war seitdem halbseitig gelähmt. Als meine Familie mir den Auftrag gab, mich zwei Monate lang um ihn zu kümmern, hatte ich keine Ahnung, wie ich das schaffen sollte.

Ich musste früh aufstehen, um sein Frühstück, sein Bad und seine Medikamente vorzubereiten. Ich half ihm beim Umhergehen, denn er brauchte täglich Übung. Da er sich kaum bewegen konnte, war ich die ganze Zeit an seiner Seite, auch wenn er badete und zur Toilette ging – das war für mich als 18-jähriges Mädchen das Allerschwierigste.

Davon abgesehen war er keine angenehme Gesellschaft. Er gehört nicht der Kirche an und hat andere Grundsätze als ich. Sein Leben war geprägt von Reue. Immer brüllte er mich an, nie lächelte er, und ständig sagte er: „Ich sterbe!“ Diese Einstellung machte es schwierig, eine gute Beziehung zu ihm aufzubauen.

Anfangs ließ ich nichts unversucht, um meinen Aufgaben aus dem Weg zu gehen, aber das brachte nichts. Also beschloss ich, meine Einstellung zu ändern und mein Bestes zu geben.

Nachdem ich diese neue Einstellung eine Woche lang beibehalten hatte, bereitete es mir Freude, mich um Dadi zu kümmern. Ich wurde geduldiger und entwickelte Verständnis für sein Leiden. Je länger ich ihm zu Diensten war, desto weniger empfand ich es als Last, bei ihm zu sein. Ich erkannte darin eher eine Chance, schöne gemeinsame Erinnerungen zu schaffen.

Dadi veränderte sich ebenfalls. Der alte Griesgram entwickelte sich zu einem lächelnden, sanftmütigen Großvater. Irgendwann hörte er sich sogar gerne Kirchenlieder für Jugendliche an.

Eines Nachts hörte ich, wie er irgendwelche Geräusche von sich gab, und schaute in seinem Zimmer nach, weil ich wissen wollte, was er machte. Er betete zum ersten Mal. Diese Veränderung inspiriert mich jeden Tag.

Jetzt bin ich wieder am College, aber ich gehe Dadi immer noch zweimal im Monat mit meiner Familie besuchen. Wir essen mit ihm zusammen und singen ihm etwas vor. Sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert, daher kann ich ihm jetzt am besten helfen, wenn ich für ihn bete.

Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, mich um Dadi zu kümmern. Es hat mir gezeigt, was ich alles geben kann. Liebe ist etwas sehr Machtvolles; sie hat mir und Dadi das Herz erweicht. Ich habe erfahren, was Opferbereitschaft und Mitgefühl bedeuten. Nächstenliebe macht wirklich jedes Herz leicht!