2012
Wenn ein guter Plan nicht aufgeht
Juli 2012


Wenn ein guter Plan nicht aufgeht

Für die Zukunft zu planen ist wichtig, vor allem für junge Erwachsene. Was macht man aber, wenn ein gut ausgefeilter Plan nicht aufgeht?

Jung Sung Eun aus Korea bestand die Aufnahmeprüfung zur Ausbildung als Lehrerin nicht. Tina Roper aus Utah verlor eine Arbeitsstelle, von der sie erwartet hatte, dass sie sie beruflich weiterbringen würde. Todd Schlensker aus Ohio empfing durch den Heiligen Geist die Bestätigung, dass er heiraten solle, doch darauf folgte die Auflösung seiner Verlobung. Alessia Mazzolari (Name geändert) aus Italien beendete eine scheinbar perfekte Beziehung.

Niemand freut sich, wenn er gezwungen ist, auf „Plan B“ zurückzugreifen. Aber der Vater im Himmel lässt seine Kinder nicht im Stich, auch wenn unsere Pläne scheitern. Es gibt zahllose gute Möglichkeiten, wie sich im Leben eins ins andere fügen kann. Mit der Zeit stellt sich vielleicht sogar heraus, dass die Hindernisse, die unsere Pläne geändert haben, uns notwendige Einsichten und Erfahrungen verschafft (siehe LuB 122:7) und zu etwas Besserem geführt haben.

Der Charakter macht Fortschritt, nicht unbedingt der Lebenslauf

Sung Eun hatte fleißig gelernt, um ihren Lebenstraum, Lehrerin zu werden, zu verwirklichen. Sie erzählt: „Weil ich immer bemüht war, bei allem mein Bestes zu geben, habe ich eigentlich fast immer bekommen, worauf ich gehofft und wofür ich gebetet habe.“ Aber bei der Aufnahmeprüfung zur Ausbildung als Lehrerin war es nicht so. „Als ich die Prüfung nicht bestand, hatte ich das Gefühl, alle meine Träume hätten sich an einem Tag in Luft aufgelöst“, sagt sie.

Tina machte sich anfangs keine Sorgen, als die Firma, für die sie arbeitete, von einem anderen Unternehmen aufgekauft wurde. Im neuen Unternehmen wurde ihr eine unbefristete Stelle in Aussicht gestellt, also zog sie um, näher an ihre Arbeitsstelle. Sie setzte große Hoffnungen in die ihr zugedachte neue, interessante Aufgabe. Als ihr wenige Monate später gekündigt wurde, fühlte sie sich „verloren, verwirrt und traurig“ und „hatte Angst“.

Sung Eun und Tina wurde aber eines klar: Ihre Aufmerksamkeit sollte nicht nur weiteren Schritten beim Fortschritt ihres Lebenslaufs gelten, sondern auch dem Fortschritt ihres Charakters. Beide Frauen fanden Trost im Studium des Evangeliums und im Gebet.

„Der Apostel Paulus war mir ein wunderbarer Freund. Er half mir, Probleme geduldig und unbeirrt anzugehen“, meint Sung Eun. „Er hatte immer eine positive Einstellung und wartete bereitwillig auf das, was Gott für ihn bereithielt, anstatt auf seinen eigenen Zeitplan zu hoffen.

Ich habe aus seinem Beispiel etwas gelernt: Wenn wir auf etwas warten müssen, ist das nicht nur ein Prozess, den wir durchlaufen müssen, um zu bekommen, was wir uns wünschen. Vielmehr ist es ein Prozess, durch den wir so werden, wie der Vater im Himmel uns haben möchte, und zwar durch die Änderungen, die wir vornehmen.“

Tina stellte fest, dass die Änderung, die sie am dringendsten brauchte, eine neue Sichtweise war. „Ich war überrascht, als mir klar wurde, dass ich meinen Selbstwert an weltlichen Idealvorstellungen gemessen hatte“, berichtet sie. „Ich fühlte mich wegen meiner Arbeitsstelle und Stellung wertvoll, und beides wurde mir genommen. Jetzt finde ich meinen Selbstwert in den ewigen Wahrheiten, dass ich eine Tochter des Vaters im Himmel bin und gottgegebene Anlagen mitbekommen habe. Diese Wahrheiten können mir nie genommen werden.“

Tina und Sung Eun räumen ein, dass es nicht immer angenehm ist, seinen Charakter weiterzuentwickeln. Aber die Früchte, die man erntet, sind süß. Sung Eun meint: „Das Jahr nach der gescheiterten Aufnahmeprüfung war nicht nur ein schmerzhafter und bedrückender Lebensabschnitt, sondern auch ein sehr wertvoller. Ich wurde in die Lage versetzt, die Schwierigkeiten, mit denen andere zu kämpfen haben, besser zu verstehen, und hatte den Wunsch, ihnen aufrichtig und liebevoll zu helfen.“

Das Beispiel von Ammon und seinen Brüdern im Buch Mormon zeigte Tina, dass der Herr ihren Glauben auf die Probe stellte, um ihr zu helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. „Der Plan des Herrn sah vor, dass die Nephiten ihre lamanitischen Brüder retteten, anstatt das Problem mit dem Schwert zu lösen“, erklärt sie. „Die Söhne Mosias hatten eine Aufgabe, die großen Glauben erforderte. Ihnen war aber auch Erfolg verheißen, wenn sie ihre Bedrängnisse mit Geduld ertrugen (siehe Alma 26:27). Geduldig sein ist für mich eine der schwersten Prüfungen, weil ich den ganzen Plan kennen will. Aber ich habe erkannt, dass der Plan des himmlischen Vaters und sein Zeitplan immer das Beste für uns sind.“

Man hält sich an die Gebote, was auch geschehen mag

Todd sah optimistisch in die Zukunft, als er von seiner Mission heimkehrte. An der Hochschule lernte er eine wunderbare junge Frau kennen. Nachdem sie mehrere Monate lang eng befreundet gewesen waren und Todd durch den Geist eine Bestätigung erhalten hatte, machte er ihr einen Heiratsantrag, den sie annahm. Sie planten, Ende des Sommers zu heiraten, und beide kehrten in den Semesterferien zu ihrer Familie zurück, um die Vorbereitungen zu treffen.

„Drei Wochen nachdem wir uns verabschiedet hatten, löste sie die Verlobung“, berichtet Todd. „Todunglücklich ist noch zu wenig, um meine Gefühle zu beschreiben. So viele Fragen waren unbeantwortet. Er ergab alles keinen Sinn. Ich hatte im Haus des Herrn eine Bestätigung erhalten, und nun war unsere Beziehung zu Ende. Mein Zeugnis war noch nie so sehr auf die Probe gestellt worden.

Leider habe ich diese Trennung jahrelang nicht überwunden. Ich wusste nicht, wie ich jemals wieder einer solchen Bestätigung würde trauen können. Ich hatte immer auf den Herrn vertraut und nach besten Kräften seine Gebote gehalten“, erklärt er weiter. „Es schien alles vergebens zu sein.“

Auch Alessia war überzeugt, dass ihre Beziehung zu einem jungen Mann genau das war, was sie sein sollte. „Unsere Geschichte war so wunderschön, dass wir meinten, unsere Beziehung würde nie enden, auch wenn wir die üblichen Schwierigkeiten hatten, die jedes Paar erlebt“, erzählt sie.

Als Alessias Freund auf Mission ging, war das Getrenntsein schwer für sie, aber aus einem anderen Grund, als sie erwartet hatte. „Als er fort war, lernte ich mich selbst besser kennen. Ich erkannte, dass vieles in meinem Leben noch nicht in Ordnung war und dass ich mich oft hinter dummen Vorstellungen versteckt hatte, anstatt demütig zu sein und mich der Realität zu stellen“, erklärt sie. „Ich hatte in einer Art Märchen gelebt, als ob verliebt zu sein ausreichen würde, um alles zu einem guten Ende zu bringen, und dabei habe ich oft das Wichtigste übersehen.“

Trotzdem erwartete Alessia ein frohes Wiedersehen und dass ihre Beziehung fortbestehen würde, wenn ihr Freund von der Mission zurückkam. Doch nach seiner Rückkehr waren sie nur kurze Zeit zusammen, dann beendeten sie die Beziehung. „Es war einer der schmerzlichsten Momente, an die ich mich erinnere“, meint Alessia.

Sowohl Todd als auch Alessia wurde nach einiger Zeit klar, dass sie trotz ihres Verlusts einer so wichtigen Beziehung ihren Gehorsam und ihre Treue gegenüber dem Herrn nicht aufgeben durften. Der Herr wurde ihr Anker, als alles andere sich änderte und unsicher wurde.

„Ich wusste nicht genau, warum ich die Bestätigung erhalten hatte, jemanden zu heiraten, und es dann gar nicht dazu kam“, sagt Todd. „Aber ich habe erkannt, dass es darauf nicht ankommt. Entscheidend war, dass ich immer noch Glauben an Christus hatte, und ich wollte mit diesem meinem Glauben auf das vertrauen, was der Herr für mich bereithielt.“

Alessia wusste, dass sie genügend Kraft erhalten würde, wenn sie sich voll und ganz dem Herrn verpflichtete. „Ich erkannte, dass für mich der Zeitpunkt gekommen war, zu entscheiden, was für ein Mensch ich sein will“, erklärt sie. „Wollte ich weiter nur halbherzig leben, oder wollte ich mich auf den Weg machen, ein wahrer Jünger Christi zu werden? Ich wollte ihn wirklich kennenlernen, aufrichtig lieben und mich bemühen, ein besserer Mensch zu werden, indem ich alle seine Gebote hielt – nicht nur äußerlich, sondern aufrichtig, von ganzem Herzen.“

Zuversicht und Glauben an Christus

Diese vier jungen Erwachsenen haben, nachdem sie unerwartete Rückschläge erlitten haben, darum gerungen, den Mut aufzubringen, in der Gegenwart zu leben und erneut für die Zukunft zu planen. Dabei haben sie festgestellt, dass ihr Glaube an den Herrn gewachsen ist.

Sung Eun weiß noch, dass es ihr nach der gescheiterten Aufnahmeprüfung schwerfiel, etwas Neues auszuprobieren. Doch dann machte sie eine wichtige Entdeckung: „Mir wurde klar, dass das eigentliche Scheitern darin besteht, dass man in der Vergangenheit verharrt und sich keine Mühe gibt, das Beste daraus zu machen. Ich beschloss, nicht länger traurig zu sein, sondern aus dieser schwierigen Zeit zu lernen. Ich verstand das Leben im Allgemeinen besser und umfassender, und ich erkannte: Wenn etwas zu Ende geht, dann beginnt immer auch etwas Neues.“ Sie hat die Prüfung wiederholt und bestanden und ist jetzt „glücklich als Lehrerin, die Freude daran hat, jeden Tag ihre Schüler zu unterrichten“.

Tina beschloss, darauf zu vertrauen, dass etwas sie erwartete, auch wenn es ihr schwerfiel, sich einer ungewissen Zukunft zu stellen. „Ich bildete mich weiter und studierte angewandte Kunst, ein Bereich, in dem ich gern arbeiten wollte, für den mir aber die notwendigen Voraussetzungen fehlten“, berichtet sie. „Jetzt bin ich bereit für ein neues Abenteuer, ein noch viel schöneres, und das habe ich der Weisheit meines Vaters im Himmel zu verdanken.“

Todd verbrachte weitere sechs Jahre damit, sich gelegentlich zu verabreden. Er arbeitete daran, Vertrauen in den Herrn zu entwickeln. Selbst wenn er eine Frau kennenlernte, die ihm sehr gefiel, musste er gegen seine aus der Vergangenheit herrührenden Zweifel ankämpfen, damit sie die Hoffnung auf die Zukunft nicht zerstörten. „Es fiel mir in den sechs Jahren wirklich schwer, gegen meine Zweifel anzugehen“, sagt er. „Aber ich versuchte beharrlich immer wieder, mir selbst zu beweisen, dass ich auf den Herrn und seine Eingebungen vertraute, obwohl ich auf ihn wütend gewesen war.“ Eine neue Beziehung führte schließlich zu einer Tempelehe.

„Ich frage mich oft, warum der Herr mich mit einer so wunderbaren Frau gesegnet hat, wo ich doch so lange darum gerungen habe, den Eingebungen des Geistes wirklich zu vertrauen“, überlegt Todd. „Für mich ist es ein Zeugnis, dass der Herr nur darauf wartet, uns zu segnen, aber es geschieht immer nach seinem Zeitplan.“

Alessia hat ein tieferes Zeugnis entwickelt, nachdem sie sich erneut dem Herrn zugewandt hat. „Der Erlösungsplan wurde für mich etwas Reales, und meine Bündnisse gewannen für mich an Bedeutung. Das Sühnopfer Christi war nicht länger nur eine Theorie, etwas, worüber ich – wahrscheinlich zu oberflächlich – einiges gelesen hatte. Mein Herz wandelte sich, und ich hatte ein sicheres Zeugnis.“ Heute fühle sie sich wie ein neuer Mensch, erklärt sie.

Ungeachtet der Wendungen, die unser Leben nehmen kann, ist das ewige Leben das Ziel, das der Vater im Himmel für seine Kinder vorgesehen hat (siehe Mose 1:39). Manche stellen sogar fest, dass „Plan B“ dazu da war, um Gottes „Plan A“ zu verwirklichen.