1990–1999
Zum Dienen berufen
April 1991


Zum Dienen berufen

„ Und so fordern wir euch großartige junge Priestertumsträger heute auf, fangt jetzt an, euch zeitlich und geistig vorzubereiten, damit ihr einmal ganz und gar würdig und bereit seid, die Berufung als Vollzeitmissionar, die ja etwas ganz Besonderes ist, anzunehmen.”

Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.

Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.” (Matthäus 28:18-20.)

Matthäus wählte diese Worte als Abschluß seines Evangeliums aus - den Bericht davon, wie der auferstandene Herr denen, die seinen Dienst bei den Völkern der Erde fortsetzen sollten, ihren Auftrag gab. Der Auftrag war deutlich: sie sollten lehren, taufen und nach der Taufe weiter lehren, damit ihnen die Früchte blieben.

Immer wenn das Evangelium auf der Erde ist, gilt der gleiche Auftrag, vor allem an das heilige Priestertum, nämlich: lehren, taufen und weiter lehren, um so vielen Kindern des Vaters im Himmel, wie wir ansprechen können, ein dauerhaftes Zeugnis zu vermitteln. Wir sind zum Dienen berufen! Wenn ich in aller Welt auf die jungen Priestertumsträger der Kirche treffe, stelle ich ihnen oft die Frage: „Zukünftiger Missionar?” Meist sagen sie strahlend ja. Dann fordere ich sie auf, heute damit zu beginnen, sich auf dieses großartige Erlebnis vorzubereiten.

Wie muß man sich auf diese spannende Aufgabe vorbereiten? An erster Stelle steht, und das ist auch am wichtigsten, daß der Herr es von uns erwartet. Er erwartet von uns, daß wir beim Aufbau seines Reiches mithelfen. Unsere Propheten erinnern uns immer wieder daran, daß jeder fähige, würdige junge Mann eine Mission erfüllen soll.

Vorbereitung bedeutet, daß ihr bereit sein müßt, eurem Bischof gegenüberzusitzen und ihm zu bestätigen, daß ihr für eine Vollzeitmission würdig seid. Das Interview mit dem Bischof fällt euch viel leichter, wenn er bereits euer Freund ist.

Nie werde ich das Interview vergessen, das ich mit meinem Bischof hatte, als ich mich auf meine Mission vorbereitete. Der Bischof war mein Vater. Wir waren viel zusammen. Er hätte mich zu Hause interviewen können, in der Scheune, auf dem Feld, im Auto oder sonst irgendwo, wo wir zusammen waren. Aber Vater wollte, daß dieses Gespräch etwas Besonderes war, das ich nicht vergaß.

Eines Tages rief er mich an. Er wollte mit mir einen Termin für ein Interview ausmachen. Das fand ich merkwürdig, weil er mich noch nie angerufen hatte, um mit mir irgendeinen Termin auszumachen. Wir verabredeten uns für das Treffen im Bischofsbüro. Als ich zu dem Termin kam, war sein Büro aufgeräumt, es lagen keine Papiere auf dem Schreibtisch, was recht merkwürdig war, weil er normalerweise mit Papieren bedeckt war. Aber diesmal lagen nur die heiligen Schriften darauf. Das Interview bestand aus dem gemeinsamen Schriftstudium mit meinem Vater.

Soweit ich mich erinnern kann, verlief es folgendermaßen: Er schob die Schriften zu mir herüber und bat mich,, Lehre und Bündnisse’ 59:6 aufzuschlagen und vorzulesen: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Du sollst nicht stehlen, auch nicht Ehebruch begehen … und auch sonst nichts Derartiges tun.”

Dann sprachen wir darüber, was es bedeutet, sittlich rein zu sein. Im Mittelpunkt standen die reinen Gedanken. Wenn sie rein bleiben, tun wir nie etwas, was uns daran hindert, eine Mission zu erfüllen. Bei den jungen Männern von heute finden wir allzu häufig die Vorstellung, sie könnten ein bißchen sündigen, mit den anderen Jungen ihren Spaß haben und dann, ehe sie berufen werden, eine Zeitlang ein geregeltes Leben führen, damit sie für den Missionsdienst würdig sind. Eine solche Anschauung ist sehr trügerisch!

Die Disziplin, die man durch den täglichen Gehorsam und ein reines und gutes Leben entwickelt, ist wie ein Schutzschild gegen die Versuchungen, die auf einen zukommen, während man durch das Leben schreitet. Ihr könnt mit einem reinen Gewissen von zu Hause fortgehen. Nun haben manche von euch sich vielleicht schon auf die Wege der Welt eingelassen. Die einzige Möglichkeit, eure Selbstachtung wiederzugewinnen, besteht darin, daß ihr Umkehr übt. Denkt immer daran, daß es mit Hilfe eures Bischofs einen Weg zurück gibt, und zögert nicht, ihn zu gehen!

Als nächstes lasen wir im Buch, Lehre und Bündnisse’, Abschnitt 89, Vers 18 bis 21:

„Und alle Heiligen, die darauf bedacht sind, diese Worte zu befolgen und zu tun und die in ihrem Wandel den Geboten gehorchen - Gesundheit werden sie empfangen in ihrem Nabel und Mark für ihr Gebein, Weisheit und große Schätze der Erkenntnis werden sie finden, ja, verborgene Schätze, laufen werden sie und nicht müde sein, gehen werden sie und nicht ermatten.

Und ich, der Herr, gebe ihnen die Verheißung, daß der zerstörende Engel an ihnen vorübergehen wird wie an den Kindern Israel und sie nicht töten wird. Amen.”

Dann sprachen wir vor allem darüber, was es bedeutet, unseren Körper zu einer gesunden Wohnstätte für unseren ewigen Geist zu machen. Schädliche Drogen und Getränke zerstören sowohl den Sinn als auch den Körper, und dann können wir uns nicht mehr vom Geist des Herrn führen lassen. Wir lasen weitere Schriftstellen, in denen es darum ging, daß wir den Propheten unterstützen und die Gesetze des Herrn befolgen sollen. Immer fragte mein Vater mich im Anschluß daran, ob mein Leben mit dem jeweiligen Grundsatz übereinstimme. Dann lasen wir schließlich gemeinsam, Lehre und Bündnisse’ 110, Vers l bis 4:

„Von unserem Sinn wurde der Schleier weggenommen, und die Augen unseres Verständnisses öffneten sich.

Wir sahen den Herrn auf der Brustwehr der Kanzel vor uns stehen, und die Fläche unter seinen Füßen war mit lauterem Gold ausgelegt, in der Farbe wie Bernstein. Seine Augen waren wie eine Feuerflamme, sein Haupthaar war weiß wie reiner Schnee, sein Antlitz leuchtete heller als der Glanz der Sonne, und seine Stimme tönte wie das Rauschen großer Gewässer, ja, die Stimme Jehovas, die sprach: Ich bin der Erste und der Letzte; ich bin der, der lebt, ich bin der, der getötet worden ist; ich bin euer Fürsprecher beim Vater.”

Wir sprachen darüber, daß uns das Sühnopfer unseres Herrn und Erretters in Ewigkeit Hoffnung schenkt und darüber, wie nötig es ist, an den heiligen Handlungen teilzunehmen, die der Vater im Himmel von allen seinen Kindern verlangt, ehe sie die größte Gabe erlangen können, die er zu vergeben hat, nämlich ewiges Leben.

Dann füllte Vater meine Missionarsempfehlung aus und ließ mich unterschreiben. Stehend drückte er mir innig die Hand und beglückwünschte mich dazu, daß ich würdig sei, eine Vollzeitmission zu erfüllen. Ich verließ sein Büro sehr glücklich, weil ich eine der wichtigsten Prüfungen meines Lebens bestanden hatte. Ich war für würdig erachtet worden, Vollzeitmissionar zu sein, was bedeutete, daß mein Vater, mein Bischof und mein Herr und Erretter mich guthießen. Als ich das Büro verließ, nahm ich mir fest vor, immer würdig zu leben, damit ich jegliches Interview mit einem meiner Priestertumsführer bestand.

Das Interview mit meinem Bischof bereitete mich auf dreierlei Grundlegendes vor, was ich für meine Mission brauchte. Erstens brauchte ich Erkenntnis vom Evangelium, wie es in den Schriften enthalten ist, und mußte ein Zeugnis davon haben, daß die Schriften wahr sind. Tägliches Beten und Studieren waren für meine Vorbereitung auf den Missionsdienst ganz wesentlich.

Zweitens ist die Rechtschaffenheit eine grundlegende Bedingung.

Drittens bestärkte mich das Interview mit dem Bischof in dem Verlangen, auf Mission zu gehen.

Wir müssen uns aber nicht nur in geistiger Hinsicht vorbereiten, sondern auch in zeitlicher. Die Finanzierung der Mission belastet die Familie zusätzlich. Das wäre nicht nötig, wenn die jungen Priestertumsträger schon in jungem Alter beschließen würden, daß sie diese Aufgabe zum großen Teil selbst übernehmen wollen. Das neue Gleichstellungsprogramm für die Missionare hat dem Rätselraten bezüglich der finanziellen Belastung für den Missionar in vielfacher Hinsicht ein Ende gemacht.

Zu den großen Vorteilen dieses Programms gehört es, daß die Missionare und ihre Eltern jetzt ziemlich genau absehen können, was die Mission kosten wird, und das Sparkonto dementsprechend geplant werden kann. Wenn ein Missionar schon frühzeitig angemessen spart, kann er seine Mission selbst finanzieren. Das nützt ihm auch insofern, als er schon in jungem Alter lernt, welchen Lohn ehrliche Arbeit mit sich bringt.

Um euch zu helfen, euch auf diese große Chance vorzubereiten, haben wir vor kurzem ein begeisterndes Video produziert, das den Titel Zum Dienen berufen trägt. Die Priestertumsführer in den englischsprachigen Gebieten werden darüber verständigt, wann dieser Film verfügbar sein wird. Wir hoffen, daß die Bischöfe und Zweigpräsidenten eine besondere Versammlung abhalten werden, um den Film zu zeigen, und daß sie dafür sorgen, daß jeder Junge und seine Familie den Film häufig sehen können, während der Junge sich auf seine Mission vorbereitet. Ich habe jedes Mal wieder einen Kloß im Hals, wenn ich mir den Film ansehe.

Wenn ihr auf die Leinwand schaut, könnt ihr Szenen aus diesem Film sehen. Es werden jetzt verschiedene angehende Missionare gezeigt, die den Brief erhalten, mit dem die Erste Präsidentschaft sie auf Mission beruft. Das ist der große Augenblick, auf den ihr euch vorbereitet habt. Wir hoffen, daß ihr eure Familie und eure Freunde daran teilhaben laßt. Wenn ihr den Brief lest, mit dem ihr berufen werdet, in einer der Missionen der Kirche zu dienen, dann bleibt euch diese Begeisterung euer Leben lang erhalten. Auf Mission geht die Zeit immer sehr schnell vorbei. Eure Tage sind mit dem Evangeliumsdienst ausgefüllt. Ich möchte euch nicht den Eindruck vermitteln, es werde keine schwierigen Zeiten geben, die gibt es nämlich wirklich. Dann entwickelt ihr euch aber auch. Und ihr werdet sehen, wie die Menschen, die das Evangelium annehmen, sich ändern. Euer Herz wird von der Freude erfüllt sein, die daher rührt, daß ihr die Wahrheiten lehrt, die der Vater im Himmel uns gegeben hat, damit wir danach leben.

Und so fordern wir euch großartige junge Priestertumsträger heute auf, fangt jetzt an, euch zeitlich und geistig vorzubereiten, damit ihr einmal ganz und gar würdig und bereit seid, die Berufung als Vollzeitmissionar, die ja etwas ganz Besonderes ist, anzunehmen. Seid so wie die Missionare, die ihr auf dem Fernsehschirm gesehen habt. Ich kann euch von ganzem Herzen verheißen, daß dies eine der größten Erfahrungen eures Lebens sein wird. Der Herr steht niemals in unserer Schuld. Je mehr ihr ihm gebt, desto mehr segnet er euch, ja, sogar hundertfach. Nehmen wir uns also heute Abend fest vor:

Auserwählt, zu dienen unserm König;

ja, zu Zeugen wählte er uns aus.

Weit und breit berichten wir vom Vater,

rufen seine Liebe aus.

Weiter, immer weiter in des Namens

Herrlichkeit!

Weiter, immer weiter in des Namens

Herrlichkeit!

Vorwärts, immer vorwärts, triumphieret

allezeit!

Freude, stärk uns, leit uns weiter vorwärts!

Seid zum Dienst bereit!

Gott lebt! Jesus ist der Messias. Wir stehen in seinem Werk, das bezeuge ich euch. Möge Gott jeden von uns mit missionarischer Begeisterung segnen. Darum bete ich im Namen Jesu Christi. Amen.