1990–1999
Der Bekehrungsprozeß
Oktober 1991


Der Bekehrungsprozeß

„Das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi und seine Kirche waren die Antwort auf meine drängenden Fragen.”

Liebe Brüder und Schwestern, es bedeutet mir sehr viel, heute nachmittag im Anschluß an Eider Packer sprechen zu dürfen. Vor dreiundzwanzig Jahren kam nämlich sein Sohn Alan, der damals in Kolumbien auf Mission war, mit seinem Mitarbeiter zu uns in Bogota an die Tür. Das war unser erster Kontakt zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Ich möchte heute den Missionaren und ihren Eltern sowie denen, die sie unterstützen, und den Führern und Mitgliedern der Kirche, die es mit ihrer Liebe und Geduld ermöglicht haben, daß meine Frau Mary und ich uns der Kirche angeschlossen haben und die uns im Bekehrungsprozeß auch weiterhin unterstützen, meine Anerkennung aussprechen.

Als die Missionare kamen, um uns zu belehren, hatte ich gerade große Schwierigkeiten und manchen Kummer und hatte wichtige Entscheidungen zu treffen. Anfangs war mir allerdings nicht klar, daß die Botschaft von der Wiederherstellung des Evangeliums Jesu Christi und seiner Kirche die Antwort auf meine drängenden Fragen war. Mir war nicht bewußt, daß diese jungen Boten vom himmlischen Vater zu mir gesandt worden waren.

Jetzt kenne ich seine Barmherzigkeit, weil er uns seinen einziggezeugten Sohn, Jesus Christus, gesandt hat, der durch das Wunder seines Sühnopfers zu unserer Errettung sein Leben geopfert, die Bande des Todes zerrissen und dem Grab getrotzt hat und uns einlädt, ihm nachzufolgen.

Irgendwie war es für sie nicht leicht, mit unserer Belehrung anzufangen, aber nach vielen Besuchen und Gesprächen spürte ich den Geist und erklärte mich zur Taufe bereit - wie auch meine liebe Frau. Aber ich stellte ihnen etliche Bedingungen: sie sollten mich nicht „Bruder” nennen, ich wollte nicht alle Versammlungen besuchen, wollte in den Versammlungen nicht beten und auch keine Ansprachen halten, ich wollte keine Berufungen annehmen, und sie sollten mich auch nicht bitten, meinen Verwandten und Freunden von der Kirche zu erzählen usw.

Ich bezeuge, daß die Bekehrung ein fortdauernder Vorgang ist. Ich bin sicher, daß die Missionare gefastet und gebetet haben, ich möge meine Einstellung ändern, denn sobald wir anfingen, die Versammlungen zu besuchen, fing ich an, alles Mögliche zu kritisieren, zum Beispiel die geschmacklosen Bilder an den Wänden. Der Zweigpräsident, ein weiser und verständiger Mann, ernannte mich zur „Bilderaufsicht”, womit ich meine erste Berufung in der Kirche hatte. Ein solches Amt habe ich bisher in keinem Handbuch gefunden, aber es hat mir sehr geholfen, mich in den Dienst des Herrn zu stellen.

Mein Rat an die Führer und Mitglieder und die neugetauften Mitglieder, die sich darum bemühen, die Mitglieder in der Kirche zu halten und die weniger aktiven zu reaktivieren, lautet: Lassen Sie jeden Mann und jede Frau sich daran beteiligen, die Welt auf das Zweite Kommen des Herrn vorzubereiten; nehmen Sie die Berufungen und Entlassungen, die vom Herrn kommen, nämlich durch seine inspirierten Führer, freudig an. Bemühen Sie sich gemeinsam mit dem Herrn darum, „die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen”, wie es in Mose 1:39 heißt. Wir müssen darauf achten, daß alle Menschen Gelegenheit erhalten, ihre Zeit, ihre Talente und ihre Fähigkeiten einzusetzen, um anderen zu helfen, daß sie die Wahrheit finden. Auch meine erste Erfahrung mit der Evangeliumsverkündigung war spannend. Ich sah im Park in der Nähe meines Büros in Bogota eine Menschenmenge, und weil ich etwas Zeit hatte, ging ich hin. Meine Überraschung war groß, als ich die Missionare mit einer Ausstellung über die Kirche und mit dem Buch Mormon sah. Sie erkannten mich und baten, ich sollte mich mitten in den Park stellen, und zwar mit einem Banner, auf dem stand: „Werden Sie glücklich; werden Sie Mormone!” Ich stand eine ganze Weile an der Stelle; ich war zwar Mormone, aber in dem Augenblick war ich nicht besonders glücklich! Aber allmählich war mir so als Missionar wohler, und ich verlor die Angst davor, mit den Menschen über die Kirche zu sprechen. Ich ließ von meinen vielen Bedingungen ab, und mir wurde klar, daß dies eine Kirche der Liebe und des Dienens ist, der Opferbereitschaft und der Segnungen, des Glücklichseins und des ewigen Lebens.

Meine Botschaft an die Missionare, an die Menschen, die jetzt die Kirche untersuchen, und an die Mitglieder lautet: Geben Sie nicht auf; bemühen Sie sich in diesem großartigen Werk weiter darum, das Beste zu erreichen.

Nach unserer Taufe folgten viele Verwandte, darunter auch unsere Eltern und mehrere Brüder und Schwestern und ihre Kinder unserem Beispiel und ließen sich taufen, übernahmen Führungsaufgaben im Priestertum und in den Hilfsorganisationen, gingen auf Vollzeitmission und vollzogen für ihre verstorbenen Vorfahren und für sich selbst die errettenden und erhöhenden heiligen Handlungen.

Vor achtzehn Jahren haben meine Frau und ich uns im Salt-Lake-Tempel aneinander siegeln lassen, und im darauffolgenden Jahr wurden unsere Töchter Liana und Maritza im Los-Angeles-Tempel an uns gesiegelt. Für all dies möchte ich dem himmlischen Vater und seinem Sohn, Jesus Christus, Dank sagen.

Mit Präsident Harold B. Lee kann ich sagen: „Man ist also bekehrt, wenn man mit den Augen sieht, was man sehen soll, wenn man mit den Ohren hört, was man hören soll, und wenn man mit dem Herzen versteht, was man verstehen soll. Und was man sehen, hören und verstehen soll, das ist die Wahrheit - ewige Wahrheit - und dann muß man sie praktizieren. Das ist Bekehrung.” (Stand Ye in Holy Places, Seite 92.)

Präsident Ezra Taft Benson hat 1974 auf der Gebietskonferenz in Schweden gesagt: „Nicht auf der Höhe des Erfolgs und des Wohllebens entwickelt man sich am meisten, sondern eher im tiefen Tal des Herzeleids und der Enttäuschung und der Rückschläge wird der Charakter stark.”

Ich weiß, was Umkehr und Vergebung im Vorgang der Umkehr durch Glauben an den Herrn Jesus Christus bedeuten. Ich habe die Segnungen erfahren, von denen es in Moroni, Kapitel 6, Vers l bis 4, heißt:

„Und nun spreche ich über die Taufe. Siehe, die Ältesten, Priester und Lehrer wurden getauft; und sie wurden nicht getauft, wenn sie nicht Frucht brachten, die zeigte, daß sie dafür würdig waren.

Auch nahmen sie keinen für die Taufe an, außer er trat mit reuigem Herzen und zerknirschtem Geist vor und bezeugte der Kirche, daß er wahrhaftig von all seinen Sünden umgekehrt war.

Und niemand wurde für die Taufe angenommen, der nicht den Namen Christi auf sich nahm mit der Entschlossenheit, ihm bis ans Ende zu dienen.

Und nachdem sie für die Taufe angenommen worden waren und nachdem durch die Macht des Heiligen Geistes auf sie eingewirkt worden war und sie gesäubert worden waren, wurden sie dem Volk der Kirche Christi zugezählt; und ihr Name wurde aufgenommen, damit ihrer gedacht würde und sie durch das gute Wort Gottes genährt würden, um sie auf dem rechten Weg zu halten, um sie beständig wachsam zu halten im Beten, sich allein auf die Verdienste Christi verlassend, des Urhebers und Vollenders ihres Glaubens.”

Brüder und Schwestern, ich bezeuge Ihnen: Gott lebt, und er liebt uns; er hat seinen Sohn, Jesus Christus, unseren Erlöser, zur Erde gesandt; Joseph Smith ist ein Prophet Gottes, der vorherordiniert und erweckt wurde, um in dieser Evangeliumszeit alles wiederherzustellen; Präsident Ezra Taft Benson ist heute unser Prophet, den der Herr dazu bestimmt hat, uns in der wahren Kirche, ja, der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, zu führen; das Buch Mormon und die Bibel sind Zeugen für Christus, den Messias. Daß wir dies alles sehen, hören und verstehen und danach leben mögen, erbitte ich von Herzen im Namen Jesu Christi. Amen.