1990–1999
Arbeit
April 1993


Arbeit

Bei harter Arbeit macht die zweite Meile den Unterschied zwischen dem Hochgefühl, etwas geleistet zu haben, und der Hinnähme von Mittelmäßigkeit aus.

Vor mehr als sechstausend Jahren erhielt Adam das Gebot: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.” (Genesis 3:19.)

Vor etwa zweitausendsiebenhundert Jahren machte der griechische Dichter Hesiod die Bemerkung: „Tugend kennt erst den Schweiß, so wolln’s die unsterblichen Götter, lang ist und steil der Weg hinan bis zum Ziele, zum Gipfel.”

Meine jungen Freunde vom Aaronischen Priestertum und Sie, die Ausbilder dieses großartigen Heeres Christi, das Prinzip der Arbeit wird seit der Gründung der Welt gelehrt. Arbeit ist der Ausgangspunkt für alles, was vorwärts zum Erfolg führt. Das beängstigende Verschwinden von Arbeit aus unserer Weltanschauung ist alarmierend. Immer wieder hören wir junge Leute sagen: „Das ist mir zu schwer”, „Gebt mir etwas Leichteres”, „Ich will es sogleich”, „So lang kann ich nicht warten”. Die häßliche Krankheit namens Nichtstun breitet sich unter uns wie eine Seuche aus. Sie untergräbt das Grundgefüge unserer Nation. Der Prophet Ezechiel definiert Schlechtigkeit und Laster deutlich als „in sorgloser Ruhe dahinleben” (16:49).

Was wir als Volk sind, beruht darauf, daß unsere Vorfahren sich vor ehrlicher, harter Arbeit nicht gescheut haben. Sie wußten, wie notwendig es ist, schwer zu arbeiten, und das bloße Überleben machte es nötig. Allen erfolgreichen Leuten ist eines gemeinsam: Sie wissen, was es heißt, den Preis des Erfolgs zu bezahlen. Dieser Formel - „Preis des Erfolgs” - liegt die innere Entschlossenheit zugrunde: „Ich tue, was erforderlich ist”, und das bedeutet: „Ich will hart und redlich arbeiten, um mein Ziel zu erreichen.”

Harte Arbeit ist ein Segen Gottes. Dazu gehört, daß man „mit ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft” darangeht (LuB 4:2). Dies allein ist der Unterschied zwischen Durchschnitt und Vortrefflichkeit.

Bedeutende Sportler arbeiten hart. Punkte, ein paar Zentimeter mehr, ein paar Sekunden weniger, gewonnene Meisterschaften - das alles ist das Ergebnis von vielen Stunden fleißigen Übens und harter Arbeit. Der größte Teil dieses Übens ist eure eigene Sache, wenn der Trainer nicht dabei ist. Sieger wird man, weil man eifrig gewesen ist und harte Arbeit auf sich genommen hat. Der Anblick eines Meisters, der Glanz, der ihn umgibt, darf nie vom langen Weg bis zu dieser Leistung überschattet sein. Es gibt eine Zeit des Vorbereitens und eine Zeit des Siegens. Bei harter Arbeit macht die zweite Meile den Unterschied zwischen dem Hochgefühl, etwas geleistet zu haben, und der Hinnähme von Mittelmäßigkeit aus.

In meiner Zeit als Missionspräsident sagten Missionare oft zu mir: „Präsident, ich will aber sogleich Taufen haben.”

Meine Antwort war damals (und wird es immer sein): „Sie müssen hart arbeiten, eifrig sein, demütig sein und Ihr Gebet des Glaubens verrichten.”

Junge Männer, verschwendet ihr etwa Zeit damit, euch zu wünschen, was ihr einmal sein möchtet, anstatt euch auf eine Ausbildung festzulegen und dann hart auf das hinzuarbeiten, was ihr einmal sein werdet? Ich war eines Abends mit zwei Missionaren bei einem jungen Untersucher, und er wurde aufgefordert, mit dem Lesen des Buches Mormon zu beginnen. Seine Antwort - er saß da zurückgelehnt in einem bequemen Polstersessel und schlürfte aus einer kleinen Dose, die er sich im Laden an der Ecke geholt hatte - war für uns niederschmetternd: „Das ist mir zu anstrengend.”

Jemand hat einmal gesagt: „Gott, du gibst uns alles Gute um den Preis der Mühe.” (David Hume, 1711-1776.)

Der genannte junge Mann hatte den Geist verspürt; aber leider fiel die Saat auf steinigen Boden, und er war nicht bereit, hart zu arbeiten und den Preis zu bezahlen, um ein eigenes Zeugnis zu erlangen. Wir waren besorgt, er könnte an dem Abend mit dem Ausspruch: „Das ist mir zu anstrengend” eine Entscheidung getroffen haben, die sein ewiges Leben aufs Spiel setzte.

Zu den traurigsten Erfahrungen eines jeden Missionspräsidenten gehört es, zu sehen, wie Eiders und Schwestern auf Mission kommen, die nicht gelernt haben, hart zu arbeiten. Präsident Ezra Taft Benson gab uns in einer seiner Ansprachen über Missionsarbeit einen mächtigen Schlüssel: „Eines der größten Geheimnisse der Missionsarbeit ist Arbeit! Wenn der Missionar arbeitet, bekommt er den Geist; wenn er den Geist bekommt, lehrt er durch den Geist, und wenn er durch den Geist lehrt, rührt er die Menschen im Herzen an, und das macht ihn glücklich. Dann gibt es kein Heimweh, keine Sorgen um die Familie; denn all seine Zeit und seine Talente und Interessen konzentrieren sich auf seinen geistlichen Dienst. Arbeit, Arbeit und noch einmal Arbeit dafür gibt es keinen zufriedenstellenden Ersatz, besonders in der Missionsarbeit.” (The Teachings of Ezra Taft Benson, Salt Lake City, Bookcraft, 1988, Seite 200.)

Das ist es, Sie Väter und Ausbilder der künftigen Missionare. Das ist es, meine jungen Freunde, die ihr euch jetzt auf die Mission vorbereitet, und ihr, die ihr gerade auf Mission seid. Wenn ihr Erfolg haben wollt, fangt beim Ausgangspunkt an, nämlich mit Arbeit. Vor kurzem haben wir bemerkt, daß es in einer unserer Missionen eine starke Zunahme von Taufen gab. Der Missionspräsident wurde nach dem Grund dafür gefragt. Er sagte: „Taufen sind das Ergebnis harter Arbeit. Wir müssen noch geschickter und viel härter arbeiten.”

Der Prophet Alma brachte das sehr gut zum Ausdruck, als er sich über den Erfolg Ammons und seiner Brüder freute. Er sagte: „Siehe, sie haben sich über die Maßen gemüht.” (Alma 29:15.)

Das ist eine sehr gute Definition von Arbeit.

Es ist gerade acht Monate her, da zog ein verheerender Hurrikan über Florida hinweg. Jack Demaree vom Montgomery-Pfahl in Alabama und viele andere wie er, machten in ihrer Ferienzeit eine Fahrt von mehr als dreitausend Kilometern hin und zurück, um den Opfern des Wirbelsturms zu helfen. Er brachte nachher einen Ausschnitt aus einer Zeitung in Florida mit, worin es hieß: „An dem feuchtheißen Samstag schwärmten 12000 Freiwillige, darunter 9000 Mitglieder der Mormonenkirche, aus sechs Staaten nach Südflorida. Sie brachten Kettensägen, Sperrholz und Teerpappe mit. … Es waren so viele an der Arbeit, daß nur zweihundert an dem Samstagvormittag zu einem Gebetsgottesdienst im Freien erschienen, obwohl man dazu mehr als 5000 erwartet hatte.” (Ocala Sonntagsblatt vom 6. Sept. 1992.)

Als ich mit Bruder Demaree darüber sprach, sagte er: „Ich habe nichts anderes getan, als die Bäume zu zersägen, die der Hurrikan umgeworfen hatte.”

Brüder, wenn ich daraus eine Lehre ziehen darf: das Zersägen der Bäume ist wichtiger, als sich zu überlegen, wie man Bäume zersägt, oder das Zersägen zu planen. Wir sind dabei, Weltexperten im Nachdenken, Planen und Organisieren zu werden, nämlich wie man die Arbeit angehen soll, aber was wir tun müssen, ist, die Arbeit zu tun. Wir müssen arbeiten.

Während viele dasitzen und große, geschwollene Worte, die nur am Rande wirksam sind, von sich geben, manchmal sogar sehr laut, wird man stets hart arbeitende Heilige der Letzten Tage dabei antreffen, daß sie etwas tun und ihre Nachbarn mit Kartoffeln versorgen. Entgegen der Meinung vieler wird das „Sagen” und „Sitzen” niemals das „eifrige Tun” ersetzen können. Wenn ihr einen Auftrag annehmt oder euch verpflichtet, für jemanden zu arbeiten, so tut die Arbeit! Daß ihr euch dieser Verpflichtung auf ehrliche Weise entledigt habt, wird euch das ganze Leben lang begleiten. In jeder Gruppe von jungen Männern, in jedem Kollegium, weiß man genau, wer die Arbeiter sind - diese paar geheiligten Stillen, die einfach wissen, wie man etwas erledigt. Meine lieben Freunde im Aaronischen Priestertum, sagt weniger und tut mehr. Ihr müßt es schaffen!

Ich bin so sehr dankbar für meine Eltern, die mir das Arbeiten beigebracht haben. Bei uns zu Hause konnte man sich’s nicht aussuchen. Arbeit war ein unbedingtes Muß.

Väter in Zion, lehren Sie Ihre Kinder den Wert ehrlicher, harter Arbeit. Es gibt dafür keinen Ersatz, keine Alternative. Geben Sie acht, daß Sie sich nicht welche heranziehen, die den ganzen Tag vor der Glotze hocken. Bei allem, was wir unseren Kindern an Vorteilen zukommen lassen wollen, sorgen wir dafür, daß es auf ehrliche, harte Arbeit gegründet ist. Junge Männer, lernt das, und tut die Arbeit. Macht sie zu einem Teil eures Lebens.

Gott lebt, und ich weiß das. Dies ist sein Werk, und er erwartet von jedem von uns, daß wir darin arbeiten. Im Namen Jesu Christi. Amen.