2012
Naturkatastrophen – wir brauchen uns nicht zu fürchten
August 2012


Heim und Familie

Naturkatastrophen

wir brauchen uns nicht zu fürchten

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Elder Stanley G. Ellis

Wenn wir uns um Führung vom Vater im Himmel bemühen, hilft uns der Heilige Geist, uns auf Naturkatastrophen vorzubereiten, sie zu überstehen und das Erlebte zu verwinden.

Die Letzten Tage sind gekennzeichnet von vielen Katastrophen und der Zunahme des Bösen in der Welt. Um uns gegen diese Bedrohungen zu wappnen, haben uns der Herr und seine Propheten Ratschläge dazu erteilt, wie man rechtschaffen lebt und Fallstricke und Übel meidet. Katastrophen wie Tornados, Erdbeben und Tsunamis ereignen sich aber offenbar willkürlich und suchen Gerechte wie Ungerechte heim. Solche Katastrophen jagen den meisten von uns große Angst ein. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass wir uns vor Naturkatastrophen nicht zu fürchten brauchen. Wenn wir im Evangelium verwurzelt sind und wenn wir vorbereitet sind, können wir jedem Sturm trotzen.

Vor dem Sturm: Machen Sie die Vorbereitung zur Familiensache

Im September 2005 war ich als Gebietssiebziger im Gebiet Nordamerika Südwest tätig, wozu auch beispielsweise Houston in Texas gehört. Wir erfuhren, dass der Hurrikan Rita – der stärkste Wirbelsturm, der seit Beginn der Aufzeichnungen im Golf von Mexiko beobachtet wurde – direkt auf uns zukam. Ich wurde beauftragt, die Katastrophenhilfe der Kirche in diesem Gebiet zu beaufsichtigen. Wir hielten täglich Telefonkonferenzen ab, an denen Priestertumsführer, Pfahlpräsidenten, Missionspräsidenten, Verantwortliche für Wohlfahrt und humanitäre Hilfe der Kirche sowie Beauftragte für Notfallhilfe teilnahmen. Wir besprachen alles Mögliche – ob das Vorratshaus des Bischofs in gutem Zustand war, wo man die Menschen unterbringen konnte und wie man die Aufräumarbeiten nach dem Sturm am besten koordinieren konnte. Die Hilfsmaßnahmen der Kirche waren sehr gut koordiniert, und das Ganze war eine bewegende Erfahrung.

Einer der Pfahlpräsidenten in diesem Gebiet hatte acht oder neun Monate vor dem Sturm das drängende Gefühl gehabt, er solle die Mitglieder des Pfahles dazu anhalten, sich vorzubereiten. Er sagte, er behaupte nicht, ein Prophet zu sein, aber er habe klare Eingebungen vom Heiligen Geist erhalten. Die Mitglieder des Pfahles führten die von der Kirche empfohlenen grundlegenden Vorbereitungsmaßnahmen aus. Als der Hurrikan auftraf, kam kein einziges Mitglied des Pfahles ums Leben. Darüber hinaus befanden sich die Mitglieder, die ja alles Notwendige beschafft und einen Plan aufgestellt hatten, in einer viel besseren Lage, als es sonst der Fall gewesen wäre. Sie hatten der Warnung des Heiligen Geistes Beachtung geschenkt.

Meine Familie und ich haben etwas Ähnliches erlebt. Etwa drei Monate vor dem Sturm hatten wir das Gefühl, wir sollten unseren Generator warten lassen. Viele Leute in dieser Region besitzen einen kleinen Generator, damit bei einem Stromausfall Kühlschrank und Gefriertruhe betrieben werden können, sodass die Lebensmittel nicht verderben. Als wir unseren Generator warten ließen, stellte sich heraus, dass er nicht funktionierte. Wir konnten ihn schon lange vor dem Sturm reparieren lassen. Nachdem der Hurrikan durchgezogen war, benutzten unsere Familie, Mitglieder der Gemeinde und Nachbarn unseren Generator. Dass wir ihn hatten reparieren lassen, erwies sich als großer Segen.

Dieses Prinzip – vorbereitet zu sein – gilt für Einzelne ebenso wie für Familien. Eltern, Sie können in der Familie viel bewegen, wenn Sie die Kinder in die Vorbereitungen mit einbeziehen und gemeinsam beim Familiengebet den Herrn um Führung bitten. Mit anderen Worten: Wenn Sie sich als Familie damit auseinandersetzen, wie gut Sie vorbereitet sind, sollte die Frage „Was sollen wir tun?“ beim Familiengebet eine wichtige Rolle spielen. Sie können solche Themen auch beim Familienabend besprechen und Gedanken dazu austauschen. Führen Sie dann Ihren Plan aus.

Nach diesen Grundsätzen zu leben, ist überdies das Beste, was Eltern tun können. Jemand hat einmal gesagt, dass Werte am besten durch gutes Beispiel vermittelt werden. Ich habe festgestellt, dass das stimmt. Wenn Kinder sehen, wie sich ihre Eltern um Führung durch den Heiligen Geist bemühen und entsprechend handeln, lernen sie, wie man sich durch Offenbarung leiten lässt.

Während des Sturms: Beherzigen Sie die Offenbarung, die Sie für Ihre Familie empfangen

Als der Sturm näherkam, stellte sich vor allem auch die Frage der Evakuierung. Sollte man das Gebiet verlassen oder nicht? Der Heilige Geist wies mich an, keine allgemeine Empfehlung für das gesamte Gebiet auszusprechen. Vielmehr sollte es jedem Pfahlpräsidenten, jeder Bischofschaft und jeder Familie überlassen bleiben, zu beten, die Lage einzuschätzen und selbst Inspiration zu empfangen, was zu tun sei. Im weiteren Verlauf der Ereignisse zeigte es sich, dass der Heilige Geist wusste, was für jede Familie am besten war.

Die Führungsbeamten eines Pfahles beispielsweise wussten, dass der Hurrikan direkt über sie hinwegziehen würde, und rieten den Mitgliedern, das Gebiet zu verlassen. Der Pfahlpräsident und seine Frau suchten im Haus seiner Schwester Zuflucht. Doch dann wechselte der Hurrikan die Richtung und zog wieder genau auf sie zu. Sie hatten sich direkt in den Sturm umquartiert!

Sie fragen sich vielleicht: „Was war denn das für eine Inspiration?“ Bedenken Sie jedoch, was dann geschah. Der Pfahlpräsident und seine Frau wussten, wie man ein Haus für einen Hurrikan rüstet, was seine Schwester nicht wusste. Sie konnten ihren Verwandten helfen, alle Vorbereitungen zu treffen, und als der Sturm durchzog, war der Schaden minimal im Vergleich dazu, wie es andernfalls gewesen wäre. Der Herr hatte sie dahin geführt, das zu tun, was am besten war.

Wir in meiner Familie hatten das Gefühl, wir sollten nicht fortgehen. Also blieben wir. Wir haben den Sturm sicher überstanden und konnten zudem anderen Menschen in unserer Umgebung helfen. Manche unserer verheirateten Kinder hatten das Gefühl, sie sollten ihr Haus verlassen, und gingen. Jede Familie, jede Gemeinde und jeder Pfahl profitierten davon, dass sie auf den Heiligen Geist gehört hatten.

Nach dem Sturm: Entfernen Sie den Stachel mithilfe des Evangeliums

Es kommt vor, dass gute Menschen durch Katastrophen Leid erfahren. Der Herr beseitigt das Leid nicht – es ist Teil des Plans. Beispielsweise wurde vor kurzem ein Pfahlzentrum in den mittleren Bundesstaaten der USA von einem Tornado zerstört. Der Tornado machte auch das Haus des Pfahlpräsidenten dem Erdboden gleich. Er und seine Familie verloren allen irdischen Besitz. Indes nicht mehr als das: irdischen Besitz. Es war zwar ein trauriger Verlust, aber im Hinblick auf die Ewigkeit wurde kein Schaden verursacht. Manchmal ist das, was wir für wichtig halten, eigentlich überhaupt nicht wichtig. Dies zu erkennen ist nicht unbedingt leicht, aber es stimmt, und wenn wir das begreifen, können wir beruhigt sein.

Der allerschlimmste Fall bei einer Katastrophe ist der Verlust eines Menschenlebens. Das ist etwas sehr Trauriges. Aber wir kennen die Wahrheit und wissen, dass selbst ein solcher Verlust Teil von Gottes Plan ist. Wir wissen, worum es im Leben eigentlich geht, wir wissen, warum wir hier sind und was mit uns geschieht. Dank dieser ewigen Sichtweise kann der Schmerz gelindert werden. Das Wissen um den Erlösungsplan nimmt dem Tod den Stachel (siehe 1 Korinther 15:55).

Vor langer Zeit sollten Schadrach, Meschach und Abed-Nego in einen glühenden Feuerofen geworfen werden, weil sie sich weigerten, einen falschen Gott anzubeten, und sie wussten nicht, was geschehen würde. Sie sagten zum König: „Unser Gott [wird] uns erretten. … Tut er es aber nicht[:] Auch dann verehren wir deine Götter nicht.“ (Daniel 3:17,18.)

Ebenso waren viele Pioniere der wiederhergestellten Kirche bereit, den Versuch zu wagen, Mitte des 19. Jahrhunderts die nordamerikanische Prärie zu überqueren, obwohl das ihren Tod bedeuten konnte. Im Buch Mormon wird berichtet, wie gute Menschen getötet wurden, und es heißt über sie, sie seien „gesegnet, … denn sie [seien] hingegangen, bei ihrem Gott zu wohnen“ (Alma 24:22).

In all diesen Fällen haben sich Menschen dem Tod glaubensvoll gestellt. Für sie war mit dem Frieden, den das Evangelium bringt, dem Tod der Stachel genommen. Auch wenn es schmerzhaft ist, jemanden zu verlieren, den man liebt, und obwohl die meisten von uns auf keinen Fall sterben wollen, weil es so viel Wunderbares gibt, wofür wir leben wollen, bleibt die Tatsache bestehen, dass jeder irgendwann sterben muss. Wer den Evangeliumsplan kennt, weiß, dass der Tod nicht das Ende der Welt bedeutet. Wir existieren weiter, und Familienbeziehungen können fortbestehen, auch nachdem unser sterblicher Körper ins Grab gelegt wurde. Im Gesamtplan ist der Tod aus ewiger Sicht nichts Verheerendes. Elder Russell M. Nelson vom Kollegium der Zwölf Apostel sagt dazu: „Wir leben, um zu sterben, und wir sterben, um wieder zu leben. Wenn man die Ewigkeit im Blick hat, ist der Tod nur dann vorzeitig, wenn man nicht bereit ist, Gott zu begegnen.“1 Die Ewigkeit im Blick zu haben, macht einen Teil des Friedens aus, den das Evangelium uns schenken kann.

Der Herr kennt uns. Der Herr liebt uns. Und er möchte uns helfen. Katastrophen werden sich ereignen, aber wir brauchen sie nicht zu fürchten. Wenn wir bereit sind, uns führen zu lassen, und den Herrn um seine Führung bitten, wird er uns durch den Heiligen Geist helfen, uns auf Naturkatastrophen vorzubereiten, sie zu überstehen und das Erlebte zu verwinden.

Anmerkung

  1. Russell M. Nelson, „Begegnen Sie der Zukunft mit Glauben“, Liahona, Mai 2011, Seite 34

Vorletzte Seite: Helfer durchsuchen die Trümmer eines Hauses, das bei dem Erdbeben in Haiti im Januar 2010 eingestürzt war.

Foto von Jeffrey D. Allred © Deseret News

Die Bevölkerung verlässt Houston, bevor der Hurrikan Rita die Stadt erreicht.

Ein ehrenamtlicher Helfer der Mormon Helping Hands durchsucht Trümmer in Joplin in Missouri, das im Mai 2011 von einem Tornado heimgesucht wurde.

Foto von Carmen Borup