2013
Gerüstet für den Tag der Schlacht
Oktober 2013


Gerüstet für den Tag der Schlacht

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Elder Eduardo Gavarret

Mögen wir unser Vertrauen in den Erlöser, den Herrn der Heerscharen, setzen, auf dass wir für den Kampf gerüstet seien und nicht straucheln.

Im Jahre 1485 hatte König Richard III. den englischen Thron inne. Es war eine Zeit politischer Umwälzungen, und Richard musste seinen Anspruch auf die Krone mehr als einmal verteidigen. Aber er war ein erfahrener Soldat und ein tapferer und gewandter Heerführer mit einem acht- bis zehntausend Mann starken Heer.

In diesem Jahr forderte Heinrich Tudor, Earl of Richmond, der Anspruch auf den englischen Thron erhob, Richard heraus und stellte ihn an einem Ort, nach dem die Schlacht später benannt werden sollte: Bosworth Field. Im Gegensatz zu Richard war Heinrich kaum im Kampf erprobt und verfügte nur über fünftausend Mann. Aber ihm standen kluge Berater zur Seite – Adlige, die auch schon in ähnlichen Schlachten, selbst gegen König Richard, mitgekämpft hatten. Der Morgen der Schlacht brach an, und alles deutete darauf hin, dass Richard siegen würde.

Eine bekannte Erzählung fasst die dramatischen Ereignisse des 22. August 1485 zusammen. Am Morgen rüsteten sich König Richard und seine Männer für den Kampf gegen Heinrichs Heer. Der Sieger der Schlacht würde über England herrschen. Kurz vor der Schlacht sandte Richard einen Reitknecht zu den Pferden. Er sollte nachsehen, ob sein Lieblingspferd bereitstehe.

„Beschlag es rasch“, befahl der Reitknecht dem Schmied. „Der König möchte an der Spitze seiner Truppen in den Kampf ziehen.“

Der Schmied antwortete, der Knecht müsse sich gedulden. „Seit Tagen beschlage ich die Pferde für das gesamte Heer“, erklärte er, „und nun muss ich erst neues Eisen besorgen.“

Der ungeduldige Reitknecht entgegnete, er könne nicht warten. „Die Feinde des Königs rücken bereits heran, wir müssen ihnen auf dem Schlachtfeld begegnen“, stellte er fest. „Du musst mit dem auskommen, was noch da ist.“

Wie befohlen, fertigte der Schmied, so gut es eben ging, aus einem Stück Eisen vier Hufeisen an. Nachdem er die Hufeisen gehämmert hatte, nagelte er drei davon auf die Hufe des Pferdes. Als er das vierte Hufeisen befestigen wollte, stellte sich heraus, dass er nicht genügend Nägel hatte.

„Ich brauche noch ein, zwei Nägel. Es dauert eine Weile, sie zu formen“, ließ er den Reitknecht wissen.

Dieser wollte aber nicht länger warten. „Ich höre bereits die Fanfaren“, erklärte er. „Verwende einfach, was du noch hast.“

Der Schmied erwiderte, er würde sein Bestes geben, könne aber nicht garantieren, dass das vierte Hufeisen halten würde.

„Nagle es einfach an“, befahl der Reitknecht. „Und beeil dich, sonst wird König Richard auf uns beide nicht gut zu sprechen sein.“

Bald begann die Schlacht. Um seine Männer anzufeuern, ritt Richard auf dem Schlachtfeld hin und her, schwang selbst die Waffen und spornte seine Männer an: „Vorwärts! Vorwärts!“

Doch als Richard den Blick über das Feld schweifen ließ, stellte er fest, dass sich einige seiner Männer zurückzogen. Er befürchtete, weitere Soldaten könnten sich ihnen anschließen, und galoppierte auf die durchbrochenen Reihen zu, um die Männer anzufeuern. Doch ehe Richard sie erreichte, stolperte sein Pferd und kam zu Fall, und der König landete auf dem Erdboden. Bei dem rasenden Galopp hatte sich, wie der Schmied befürchtet hatte, ein Hufeisen gelöst.

Richard sprang auf die Beine. Das Pferd rappelte sich auf und galoppierte davon. Während Heinrichs Heer weiter vorrückte, schwenkte König Richard sein Schwert und schrie: „Ein Pferd! Ein Pferd! Ein Königreich für ein Pferd!“

Aber es war zu spät. Richards Gefolgsleute hatten sich aus Furcht vor Heinrichs anrückendem Heer bereits zur Flucht gewandt, und die Schlacht war verloren. Seit damals gibt es das Sprichwort:

Weil ein Hufnagel fehlte, ging ein Hufeisen verloren,

weil ein Hufeisen fehlte, ging ein Pferd verloren,

weil ein Pferd fehlte, war die Schlacht verloren,

weil die Schlacht verloren war, ging ein Königreich verloren,

und all das, weil ein Hufnagel fehlte.1

Festigen wir unsere Grundsätze!

Diese Geschichte bringt mich zum Nachdenken darüber, wie etwas so Einfaches wie ein schlecht sitzender Hufnagel eine solche Wendung der Ereignisse herbeiführen konnte. Der fehlende Nagel lässt sich mit den Grundsätzen des Evangeliums vergleichen. Wenn Evangeliumsgrundsätze und die damit verbundenen Werte und Verhaltensweisen fehlen, bleiben wir in der Schlacht gegen Versuchungen und das Böse womöglich hilflos zurück.

Welche Gewohnheiten fehlen in unserem Alltag und unserem Familienleben? Vernachlässigen wir das persönliche Gebet oder das Familiengebet? Eifriges Schriftstudium? Den regelmäßigen Familienabend? Das Zahlen des vollen Zehnten? Den Dienst an unseren Brüdern und Schwestern? Die Sabbatheiligung? Den Gottesdienst im Tempel? Die Liebe zu unseren Mitmenschen?

Jeder von uns kann in sich gehen und herausfinden, was ihm fehlt – welchen Grundsatz oder welche Gewohnheit er fester in seinen Alltag und das Familienleben einbinden muss. Nachdem wir festgestellt haben, welcher Grundsatz oder welche Gewohnheit noch fehlt, können wir eifrig und entschlossen handeln, um „den Nagel fest einzuschlagen“ – vollständiger nach diesem Grundsatz zu leben und uns und unsere Familie besser dafür zu rüsten, für das Rechte einzutreten.

Im Buch Lehre und Bündnisse legt uns der Herr ans Herz: „Nehmt den Helm der Errettung und das Schwert meines Geistes, den ich über euch ausgießen werde, und mein Wort, das ich euch offenbare; … und seid treu, bis ich komme.“ (27:18.)

Seinen treuen Knechten hat der Erlöser verheißen: „Ihr Arm wird mein Arm sein, und ich werde ihr Schild und ihr Schutz sein; und ich werde ihnen die Lenden gürten, und sie werden mannhaft für mich kämpfen; … und mit dem Feuer meines Unwillens werde ich sie bewahren.“ (LuB 35:14.)

Mögen wir bedenken: Auch wenn „das Ross … gerüstet [wird] für den Tag der Schlacht, [steht] doch der Sieg … beim Herrn“. So steht es in den Sprichwörtern (21:31). Mögen wir Moronis Aufforderung folgen und zu Christus kommen und in ihm vollkommen werden (siehe Moroni 10:32). Und mögen wir unser Vertrauen in den Erlöser, den Herrn der Heerscharen, setzen, damit wir für den Kampf gerüstet sind und nicht straucheln.

Anmerkung

  1. Siehe „For Want of a Horseshoe Nail“, zitiert in William J. Bennett, Hg., The Book of Virtues: A Treasury of Great Moral Stories, 1993, Seite 198ff.

Illustrationen von Greg Newbold