2022
Was wir von Mose zum Thema Menschenführung lernen
April 2022


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Exodus 18 bis 20

Was wir von Mose zum Thema Menschenführung lernen

Die Verfasser leben in Utah.

Wir nehmen vier Erfahrungen unter die Lupe, die Mose einst gemacht hat und die auch uns helfen können, mit mehr Zuversicht unsere Berufung zu erfüllen.

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Mose zieht mit den Israeliten durch das Rote Meer

Berufungen in der Kirche sind immer mit Führungsaufgaben verbunden, und viele bringen auch Verwaltungsaufgaben mit sich. Doch nicht jeder von uns kann, wenn er berufen wird, auf Erfahrung in Menschenführung oder Verwaltung zurückgreifen. Wie können wir also lernen, anderen wirklich geistig zu dienen und zugleich die Arbeit richtig zu organisieren?

Wir können das Allgemeine Handbuch: Wie man in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage dient zur Hand nehmen und uns auch damit befassen, wie Propheten aus alter Zeit (wie eben auch Mose) ihre Führungsaufgaben bewältigt haben. Im Folgenden werden vier Grundsätze vorgestellt, die Mose angewandt hat und die auch uns als Vorbild dienen können.

1. Mose brachte sich ein, obwohl er sich ungenügend vorbereitet fühlte

Mose musste Ägypten Hals über Kopf verlassen, da er einen Ägypter getötet hatte, der einen hebräischen Sklaven schlug (siehe Exodus 2:11,12,15). Soweit wir wissen, lebte er danach zurückgezogen als Hirte im Hause Jitros, seines Mentors und späteren Schwiegervaters (siehe Exodus 2:21; 3:1).

Eines Tages erschien der Herr (siehe Joseph-Smith-Translation, Exodus 3:2) Mose und berief ihn, das Volk „der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land“ (Exodus 3:8).

Mose hatte zwar den einen Hebräer verteidigt, den der Ägypter geschlagen hatte, sah sich jedoch nicht als derjenige, der ganz Israel befreien könne. Schließlich lebte er nur als Bekehrter unter denen, die den Glauben ihr ganzes Leben lang gekannt und gelebt hatten.

Mose entgegnete Gott sogar: „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte?“ (Exodus 3:11.) Als Mose dann aufgefordert wurde, zu den Ältesten Israels zu sprechen (siehe Exodus 3:16), antwortete er dem Herrn: „Aber bitte, Herr, ich bin keiner, der gut reden kann, … mein Mund und meine Zunge sind nämlich schwerfällig.“ (Exodus 4:10.)

Der Herr versprach jedoch, ihn anzuweisen, was er tun solle (siehe Exodus 4:12), also ging Mose im Glauben voran (siehe Exodus 4:18,20). Mose zögerte zwar wegen der Schwächen, die er bei sich selbst sah, nahm die Aufforderungen des Herrn dann aber trotzdem an.

Was wir daraus lernen können

Vielleicht hatten Sie auch schon mal wie Mose das Gefühl, einer bestimmten Berufung nicht gewachsen zu sein. Die Berufung hat Sie vielleicht überrascht und demutsvoll gestimmt. So geht es den meisten von uns. Wir können uns jedoch vor Augen halten: Wer zu einer Aufgabe in der Kirche berufen wird, ist vom Herrn zu dieser Zeit für genau diese Berufung erwählt. Dieser Grundsatz trifft auf jede Berufung zu.

Jeder von uns hat Fähigkeiten, die über das hinausgehen, was auf den ersten Blick ersichtlich ist. Auch verfügen wir alle über Potenzial, das in diesem Leben nicht ganz zur Blüte gelangt. Doch wir können darauf vertrauen, dass uns der Herr zu gewissen Zeiten bestimmte Aufgaben anvertraut, damit wir selbst geistig wachsen und auch anderen eine Weiterentwicklung ermöglichen. Genau wie Mose können auch wir auf die Verheißung des Herrn bauen: „Ich bin mit dir.“ (Exodus 3:12.)

Elder Neal A. Maxwell (1926–2004) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat einmal den guten Rat gegeben, eine Berufung selbst dann anzunehmen, wenn man sich unvorbereitet fühlt: „Gott interessieren anfangs nicht unsere Fähigkeiten, sondern nur unsere Einsatzbereitschaft. Wenn wir dann Verlässlichkeit an den Tag legen, erweitert er unser Potenzial!“ 1

Präsident Thomas S. Monson (1927–2018) hat erklärt: „Wir stehen im Dienst des Herrn und haben deshalb ein Anrecht auf seine Hilfe. Wen der Herr beruft, dem gibt er auch die nötigen Fähigkeiten.“ 2

Elder David A. Bednar vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, wie er bei seiner Berufung zum Apostel sein Vertrauen in den Herrn setzte: „Ich glaube, ich weiß besser als jeder andere, dass es in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wirklich hunderte, ja, tausende Männer gibt, die besser qualifiziert und geeignet sind, … aber ich weiß, woher die Berufung stammt. Und daher ist es mir eine Ehre, sie anzunehmen. Ich freue mich darauf zu dienen und ich kann es kaum abwarten, etwas zu lernen.“ 3 Wir können ähnliches Vertrauen an den Tag legen, wenn wir uns darum bemühen, unsere Aufgabe zu erfüllen und zu lernen, auch wenn die Berufung unsere Fähigkeiten scheinbar übersteigt.

Mose wurde gesagt, Gott habe eine Arbeit für ihn (siehe Mose 1:6). Auch Joseph Smith wurde gesagt, Gott habe eine Arbeit für ihn (siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:33). Das Gleiche lässt sich über jeden von uns sagen. Das trifft nicht nur auf unsere Berufung zu, sondern gilt immer dann, wenn der Herr uns inspiriert, für andere da zu sein und uns „voll Eifer einer guten Sache [zu] widmen und vieles aus [unserem] eigenen, freien Willen [zu] tun und viel Rechtschaffenheit zustande [zu] bringen“ (Lehre und Bündnisse 58:27). Wir können als Tempelbesucher oder Verordnungsarbeiter tätig sein. Wir können bei JustServe.org oder anderen unterstützenswerten ehrenamtlichen Initiativen mitmachen. Wir können unseren Nachbarn gegenüber hilfsbereit sein. Natürlich können wir uns auch um die von uns zu betreuenden Mitglieder unserer Gemeinde einfühlsam und gewissenhaft kümmern.

Wenn wir „im Auftrag des Herrn“ handeln (Lehre und Bündnisse 64:29), ist es kaum möglich, alle sich uns bietenden Möglichkeiten auszuschöpfen.

2. Mose vertraute auf den Herrn

Der Herr versicherte Mose, es werde ihm trotz aller Hindernisse letztlich gelingen, Israel zu befreien. Nachdem der Herr Mose zu dem Werk berufen hatte, zeigte er ihm, dass er Wunder vollbringen könne. So hieß er ihn etwa seinen Stab auf den Boden werfen, der sich in eine Schlange verwandelte (siehe Exodus 4:2-4). Der Herr wies Mose an, mit seinem Bruder Aaron verschiedene Plagen heraufzubeschwören (siehe Exodus 7 bis 11). Alles begab sich genau wie vorhergesagt. Der Herr sagte Mose, der Tod werde die Häuser der Israeliten verschonen, wenn sie den Türsturz und beide Türpfosten mit dem Blut des Paschalammes bestrichen (siehe Exodus 12:3-13,21-23). Später erklärte der Herr Mose, dass die Menschen von tödlichen Schlangenbissen geheilt werden könnten, wenn sie ihren Blick einfach auf eine Kupferschlange richteten (siehe Numeri 21:8,9; Alma 33:19-22).

Mose hatte weder das Wissen noch die Macht, auch nur eine dieser Taten aus eigenen Kräften zu vollbringen. Er vertraute jedoch voll und ganz darauf, dass der Herr das, was verheißen war, auch eintreten lassen werde. Weil Mose nach den Weisungen des Herrn handelte, ließ der Herr sein Volk viele Wunder erleben (siehe 1 Nephi 17:23-42).

Was wir daraus lernen können

Wenn wir uns dafür entscheiden, im Glauben zu handeln, zeigen wir gleichermaßen, dass wir auf den Herrn vertrauen. Präsident Henry B. Eyring, Zweiter Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hat erklärt, wie das geht: „Sie zeigen Ihr Vertrauen in Gott, wenn Sie in der Absicht zuhören, zu lernen und umzukehren, und dann hingehen und tun, was auch immer er Ihnen aufträgt.“ 4

Als von Nephi etwas Schwieriges verlangt wurde, sagte er: „Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat; denn ich weiß, der Herr gibt den Menschenkindern keine Gebote, ohne ihnen einen Weg zu bereiten, damit sie das vollbringen können, was er ihnen gebietet.“ (1 Nephi 3:7.) Mit dieser Einstellung im Herzen ging Nephi hin, ohne im Voraus zu wissen, was er tun sollte (siehe 1 Nephi 4:6). Er ging im Rahmen dessen hin, was für ihn in diesem Augenblick zu erkennen war, und vertraute darauf, mehr erkennen zu können, sobald er weiterging. Dann wurde ihm der nächste Schritt vor Augen geführt, daraufhin ein weiterer – bis er schließlich seine Aufgabe erfüllen konnte.

Wenn wir dem Herrn folgen, können wir darauf vertrauen, dass „alles zu [unserem] Guten zusammenwirken [wird]“ (Lehre und Bündnisse 90:24).

3. Mose lernte von Gott und unterwies dann andere

Mose 1 bis 4 entnehmen wir, dass der Herr Mose Welten ohne Zahl und die Erschaffung unserer Welt in einer Vision zeigte. Bei seiner Vorbereitung darauf, das Volk zu führen, bildete dies die Grundlage dafür, dass Mose Gottes Plan der Erlösung verstand. Später empfing Mose eine Reihe von Geboten, die es den Israeliten ermöglichen sollten, so zu leben, dass sie der Segnungen Gottes würdig waren (siehe Exodus 20:1-17). Mose erläuterte diese Gebote sodann seinem Volk. Das Unterweisen seines Volkes gehörte zu seinen wichtigsten Aufgaben.

Nachdem Jitro miterlebt hatte, wie oft die Leute Mose aufsuchten, um Angelegenheiten vor ihn zu bringen, die sie nicht alleine beilegen konnten, riet er ihm: „Unterrichte sie in den Gesetzen und Weisungen und mach sie mit dem Weg bekannt, auf dem sie gehen, und mit dem Tun, nach dem sie handeln sollen.“ (Exodus 18:20.)

Was wir daraus lernen können

Der Herr hält sein Volk seit jeher dazu an, sich um Erkenntnis und Wahrheit zu bemühen. Schon Adam wurde geboten, seinen Kindern die Lehre frei und offen zu verkünden (siehe Mose 6:58). In unserer Evangeliumszeit weist uns der Erretter an, „nach Wissen [zu trachten], ja, durch Studium und auch durch Glauben“ – und uns zu organisieren, um ein „Haus des Lernens, … ein Haus der Ordnung“ zu errichten (Lehre und Bündnisse 88:118,119; siehe auch Lehre und Bündnisse 93:36).

Wenn wir dann das Wort erlangt haben, sollen wir andere eifrig belehren (siehe Lehre und Bündnisse 11:21). Uns ist geboten, einander in der Lehre und den Grundsätzen des Evangeliums zu unterweisen (siehe Lehre und Bündnisse 42:12-14). Beim Unterweisen sollen wir einander erbauen und dazu motivieren, „in aller Heiligkeit vor [Gott] zu handeln“ (Lehre und Bündnisse 43:9; siehe auch Vers 7 und 8).

Auch Lukas 22:32 führt einen wichtigen Grundsatz an: „Wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder!“ Zuerst können wir uns selbst bemühen, uns Gott zu nahen; danach können wir auch unsere Mitmenschen durch Gottes Wort stärken.

Wenn wir eine Führungsposition bekleiden, können wir uns darauf konzentrieren, denjenigen, die uns anvertraut sind, die Lehre und die Grundsätze zu vermitteln, und sie dazu anhalten, sich zuerst „mit dem Herrn“ (Alma 37:37) und danach als Gruppe zu beraten. So lernt jeder, „für sich selbst [zu] handeln“ (Lehre und Bündnisse 58:28).

4. Mose lernte, wie man delegiert

Jitro gab Mose einen guten Rat, als sich dieser in seiner Funktion als Richter des Volkes übernommen hatte: „Das [Tragen der gesamten Last] ist zu schwer für dich; allein kannst du es nicht bewältigen.“ (Exodus 18:18.) Er riet Mose, andere zu Richtern auszubilden und eine Verwaltungshierarchie einzuführen, in der Mose nur die schwierigsten Angelegenheiten selbst entschied und weitere Richter die übrigen Angelegenheiten regelten (siehe Exodus 18:14-26). Später erhielten 70 von den Ältesten Israels die Gelegenheit, zusammen mit Mose den Herrn zu schauen und dem Volk in geistigen Belangen zur Seite zu stehen (siehe Exodus 24:9,10; Numeri 11:16,17,25).

Was wir daraus lernen können

In unserer Tätigkeit sollen wir uns nach Möglichkeit auf unsere wichtigsten Aufgaben konzentrieren. Viele dieser Aufgaben können wir dem Allgemeinen Handbuch entnehmen. Wir können uns um Weisung vom Vater im Himmel bemühen und entsprechend handeln, damit wir wissen, was wir selbst übernehmen und was wir delegieren sollen. Vielleicht neigen wir dazu, alles selbst erledigen zu wollen. Doch sollten wir uns vor Augen führen, welche organisatorischen Veränderungen etwa kürzlich erst eingeführt wurden, um den Bischöfen zu helfen, Teile ihrer Aufgaben abzugeben, sodass sie sich auf ihre wichtigsten Aufgaben konzentrieren können. Elder Quentin L. Cook vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Wie Sie wissen, wurden 2018 die Kollegien des Melchisedekischen Priestertums dahingehend angepasst, dass eine noch engere Zusammenarbeit mit der Frauenhilfsvereinigung erfolgt. Auf diese Weise können Ältestenkollegium und Frauenhilfsvereinigung – unter der Leitung des Bischofs – wichtige Aufgaben mit übernehmen, die bislang einen Großteil seiner Zeit eingenommen haben.“ 5

Elder Dieter F. Uchtdorf vom Kollegium der Zwölf Apostel hat uns ermahnt, uns im Dienst am Nächsten nicht zu verkünsteln:

„Darum müssen wir als Führungsverantwortliche die Kirche und das Evangelium in ihrer Reinheit und Klarheit sorgsam hüten und bewahren und es vermeiden, unseren Mitgliedern unnötig Lasten aufzubürden.

Und als Mitglieder der Kirche müssen wir alle eine bewusste Anstrengung unternehmen, unsere Energie und Zeit dem zu widmen, worauf es wirklich ankommt, nämlich unsere Mitmenschen aufzurichten und das Reich Gottes aufzubauen.“ 6

All dies sind Beispiele dessen, was wir von Mose und auch von neuzeitlichen Führern der Kirche lernen, die dem Meister der Menschenführung schlechthin – Jesus Christus – nachfolgen. Überlegen wir uns bei unserem eigenen Engagement im Gottesreich, wie wir es schaffen, bei uns selbst und auch bei anderen genau solche Führungseigenschaften auszubilden.