2023
Ein doppeltes Jubiläum
Januar 2023


Ein doppeltes Jubiläum

Halle (Saale)/Wolgast (JW): Am 20. August 2022 konnten die Mitglieder der Gemeinde Wolgast samt Freundinnen und Freunden gleich zwei Jubiläen feiern: Nicht nur, dass die Gemeinde Wolgast seit nunmehr 90 Jahren besteht, auch das Gemeindehaus im Tannenkamp wurde vor mehr als 30 Jahren erbaut und dient den Gläubigen seit vielen Jahren als Ort der Andacht.

Bruder Christian Seidl, der gemeinsam mit den Brüdern Paul, Michael und Christian Wiese bei der Jubiläumsveranstaltung die Geschichte dieses Gemeindehauses präsentierte, verglich das Gebäude immer wieder mit einem „Leuchtturm der Hoffnung, der Freude und der Erbauung“. Im Weihungsgebet vom 17. Januar 1993, das damals der Siebziger Elder Robert K. Dellenbach sprach, wurde den Mitgliedern und auch Nichtmitgliedern verheißen, dass dieses Gebäude ein „Ort des Trostes und der Zuflucht“ sein werde für alle diejenigen, die es betreten oder es sehen.

Die Gemeindearbeit begann jedoch viele Jahrzehnte zuvor, als der Pantoffelmacher Bruder Wilhelm Skibbe mit seiner Frau Julianna in der gemeinsamen Wohnung in der Lange Straße 17 ab dem Jahr 1932 Hausversammlungen abhielt. Auch die Hilfe von Bruder Walter Krause, der in Wolgast ab 1946 als Missionar diente, führte dazu, dass die offizielle Gründung der Gemeinde am 6. April 1947 stattfinden konnte. Die Versammlungsräume mussten sowohl in den Nachkriegsjahren als auch in den Jahren darauf häufig gewechselt werden. Innerhalb der Stadt konnten jedoch immer wieder neue Räumlichkeiten für Versammlungen gefunden werden. So traf man sich in der oberen Etage des Kaufhauses „Magnet“, in den privaten Räumen der Familien Backhaus und Welter in der Wilhelmstraße, ab Juni 1949 im ehemaligen Speicher der Jacobschen Mühle am Tannenkampweg 4 und schließlich ab Frühjahr 1953 in einem Lagerraum der Familie Mettner in der Greifswalder Straße 19. Man musste an all diesen Orten für Gemütlichkeit sorgen, was die Mitglieder immer wieder auf sich nahmen. Im Herbst 1953 erfolgte dann ein Umzug in ein aus Barackenteilen aufgebautes Gemeindeheim (ein ehemaliger Schafstall) im Tannenkampweg 108. Hier konnte nach einigen Jahren sogar ein Taufbecken installiert werden. Dennoch wurde schnell deutlich, dass auch dieses Gebäude den Anforderungen nicht lange gerecht werden konnte.

Ab September 1987 verhandelte die Kirche mit den Behörden und der Stadt Wolgast über den Kauf eines Grundstücks am Tannenkampweg 51. Erst 1992 konnte der erste Spatenstich erfolgen und schließlich folgte der Umzug im November desselben Jahres. Damals zählte der Zweig etwa 30 Kinder und Jugendliche sowie 30 Erwachsene. Ein paar Mitglieder, die in Greifswald wohnten, zählten ebenfalls dazu. Die Tage der offenen Tür vom 14.–21. November 1992 boten auch vielen Interessierten die Möglichkeit, ein Blick in die neuen Räumlichkeiten zu werfen.

In seiner Ansprache beleuchtete Bruder Christian Seidl insbesondere die über die Jahre gefestigten Traditionen und Gruppen, die in diesem Gebäude entstanden. So waren in den neunziger Jahren die Jungen Damen unter der Mitwirkung von Schwester Eliza Seidl mit Dienstprojekten und gemeinsamen Aktivitäten besonders engagiert. Auch eine Scouttruppe wurde gegründet. Man traf sich ebenfalls zum Volleyball, Tischtennis, Basketball und natürlich auch zum Fußball. Hierfür trainierte man sogar mehrmals die Woche.

Im Zweig Wolgast übernahmen auch die Jugendlichen schon früh Berufungen, um anderen Menschen zu dienen. So wurden den jungen Menschen wichtige Aufgaben in den PV- oder Sonntagsschulleitungen übertragen. Auch die Aufgaben eines Zweigmissionars oder einer Zweigmissionarin sowie die Planung von Aktivitäten konnte von den Jugendlichen erprobt werden. Nicht selten fanden daher Jugendtreffen und sogar Jugendlager statt. Eines dieser Highlights war das Silvester-Treffen im Jahr 1995 mit ca. 130 Jugendlichen aus ganz Deutschland. Bruder Seidl erinnerte sich an Bruder Uwe Wiese. Er war bei den Planungen und Treffen immer mit dabei und die Jugendlichen schauten zu ihm auf.

Das Gemeindehaus bot auch viel Raum für Musik – vom Orchester, das bis in die 2000er Jahre regelmäßig unter der Leitung von Ruben Wiese probte, bis zum Gemeindechor, der auch auf Weihnachtsmärkten auftrat und Konzerte mit anderen christlichen Gemeinden veranstaltete. Das Sommerfest, das bis heute gefeiert wird, hatte seinen Ursprung bereits nach dem Zweiten Weltkrieg, als Bruder Walter Krause ein Sommerlager für die Mitglieder einführte. Nachdem im Jahr 1947 Autoplanen bei einem Hersteller in Dresden geordert wurden, konnten die Mitglieder mehrere Wochen in Sommerlagern in Karlshagen und später in Trassenheide zelten. In den warmen Monaten wuchs die Gemeinde an Sonntagen durch Besucher immer wieder stark an, die auch Ansprachen und Themen übernahmen. Bruder Seidl betonte: „Ich möchte erwähnen, dass wir alle diese Feiern und Festlichkeiten nie für uns Mitglieder der Kirche allein veranstalten wollten und [veranstaltet] haben. Es war uns immer wichtig, Freunde und Einwohner der Stadt einzuladen, unabhängig davon, ob sie sich für unseren Glauben interessierten. Sehr oft waren Gäste in der Überzahl.“

Im Jahr 2009 wurden die Zweige Wolgast und Greifswald zusammengelegt. Heute wird das Gemeindehaus an zwei Sonntagen im Monat für die Versammlungen des Zweiges Greifswald geöffnet. Die anderen Gottesdienste werden in den angemieteten Räumen in Greifswald abgehalten. Besonders gerne werden das Gemeindehaus und die dazugehörigen Außenanlagen auch für Aktivitäten genutzt. Dieses doppelte Jubiläum zeigt, dass man auch mit einer kleinen Gruppe Großes bewirken kann. Das Gemeindehaus in Wolgast war den Mitgliedern dabei in vielerlei Hinsicht eine große Stütze.